Groll’s Arbeitsrechtskolumne

Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.

Auch alte Strafverfahren dürfen nicht verschwiegen werden

Az.: 7 SA 524/11 Gerade im Vorstellungsgespräch gilt: immer die Wahrheit sagen. Wer dem künftigen Arbeitgeber wesentliche Dinge verschweigt, öffnet Tür und Tor, dass dieser später den Vertrag anfechten oder gar kündigen kann. So geschehen bei einem habilitierten Oberarzt, der im November 2009 bei einem Krankenhaus im Raum Darmstadt Chefarzt und Leiter der Gynäkologie und Geburtshilfe wurde. Dabei versicherte er schriftlich, dass kein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft und verpflichtete sich eingeleitete Verfahren und Verurteilungen zu melden. Ein Jahr später wurde er wegen fahrlässiger Tötung eines Neugeborenen zu einer Geldstrafe von 13.500 Euro verurteilt. Er hatte 2002 in einer Klinik in Niedersachsen gearbeitet und dort einen Kaiserschnitt zu spät eingeleitet. All das verschwieg er seinem aktuellen Arbeitgeber. Als die Klinik aus der Presse von seiner Verurteilung erfuhr, schmiss sie ihn fristlos raus. Das Hessische Landesarbeitsgericht bestätigte die Kündigung – exakt: weil er die einschlägige Verurteilung verschwiegen hatte.

Kündigen per E-Mail geht nicht

Az.: 2 Ca 5676/11 Arbeiten ohne E-Mail? Im Geschäftsleben ist das heute kaum noch möglich. Eine Ausnahme aber bleibt: Gekündigt werden darf nur per Brief. Das kam einem Mitarbeiter zu Gute, der am 30. September 2011 ein eingescanntes und unterschriebenes Kündigungsschreiben in seinem E-Mail-Postfach fand. Das postalisch verschickte Original erhielt er erst zwölf Tage später. Der Mann hatte aber eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartal, so dass ihm die Originalkündigung nicht mehr rechtzeitig zuging, um ihn Ende Dezember zu kündigen. Er klagte beim Arbeitsgericht Düsseldorf und bekam Recht. Die Richter verurteilten das Unternehmen, den Mitarbeiter drei Monate länger zu bezahlen – jetzt bis zum 31. März 2012. Die Kündigung per Mail war unwirksam und verstieß gegen die gesetzliche Schriftform.

Gutes Zeugnis war Indiz für Diskriminierung

Az.: 8 AZR 364/11 Fast immer verrät ein Arbeitszeugnis mehr, wenn man zwischen den Zeilen liest. In dem Fall einer türkischstämmigen Sachbearbeiterin war das jedoch mal zum Nachteil der Ausstellers. Der Träger einer gesetzlichen Unfallversicherung hatte ihren befristeten Arbeitsvertrag nicht verlängert. Die Dame empfand das als Diskriminierung – insbesondere, weil in dem Unternehmen kaum Mitarbeiter mit nichtdeutscher Herkunft beschäftigt seien. Das Unternehmen verneinte das, zum Ausscheiden erhielt die Ex-Mitarbeiterin ein gutes Zeugnis. Der Streit ging trotzdem vor Gericht. Die Mitarbeiterin klagte auf Schadensersatz – und bekam vom Landesarbeitsgericht tatsächlich 2500 Euro zugesprochen. Da marschierte der Arbeitgeber zum Bundesarbeitsgericht – jedoch mit geringem Erfolg: Die Richter hielten das Urteil in der Sache für richtig, nur die Begründung sei falsch. Das BAG störte sich daran, dass der Arbeitgeber im Prozess widersprüchliche Aussagen gemacht hatte. Er begründete zwar die Trennung mit den angeblich schlechten Leistungen der Frau, doch das stand im Widerspruch zum guten Zeugnis.