Groll’s Arbeitsrechtskolumne
Peter Groll ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt. Für die Karrierebibel analysiert und kommentiert er regelmäßig wichtige und aktuelle Urteile aus dem deutschen Arbeitsrecht. So bleiben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Fach- und Führungskräfte stets über ihre Rechte und rechtliche Fallstricke informiert.
Kein Kneifen bei dokumentierten Überstunden
Az.: 6 Sa 1941/11 Wie vom Chef angewiesen trug die Arbeitnehmerin ihre tägliche Arbeitszeit in eine eigens dafür vorgesehene Anwesenheitsliste ein. Dabei kamen allerlei Überstunden zutage, penibel dokumentiert. Als sie diese dann bei der Geschäftsführung geltend machen wollte, stellte diese jedoch auf Durchzug. Zu Unrecht. Die Richter des LAG Berlin-Brandenburg urteilten, dass die Überstunden bezahlt werden müssen. Wenn der Vorgesetzte eine Zeiterfassung anordnet, könne diese nur als Billigung der Überstunden verstanden werden. Auch die Anzahl der insgesamt 378,57 Überstunden innerhalb von zwölf Monaten läge keinesfalls außerhalb der Realität eines Arbeitslebens.
Keine Kündigung nach Beleidigung
Az.: 3 Sa 461/10 Es kam zu einem fachlichen Streit zwischen dem Oberarzt und seiner Assistenzärztin. Dabei sollen wohl auch einige unsachgemäße Äußerungen seitens des Oberarztes gefallen sein, so was wie: “Leck mich, f… dich selbst!” Der hierüber informierte Arbeitgeber kündigte dem Oberarzt daraufhin fristlos, hilfsweise ordentlich. Beide Kündigungen hatten jedoch keinen Bestand vor den Richtern des LAG Sachsen-Anhalt: Die Aussage des Klägers stelle zwar eine Pflichtverletzung dar, es fehle jedoch an einer hierfür erforderlichen Abmahnung. Zudem handele es sich nach überraschender Ansicht der Richter nicht um eine sexuelle Belästigung.
Keine Abfindung nach Beschimpfungen
Az.: 9 Sa 103/11 Immer wieder gab es Kündigungen des Arbeitgebers – allesamt unwirksam. Doch irgendwann wurde es der Lehrerin zu viel: Jetzt stellte sie einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses, allerdings unter Verurteilung des Arbeitgebers, der ihr noch eine Abfindung zahlen sollte. Grund hierfür waren die angeblich beleidigenden Aussagen ihres Schulleiters in einem Vier-Augen-Gespräch: Dieser habe sie unter anderem als “blond, zickig und bockig” bezeichnet. Das Sächsische Landesarbeitsgericht lehnte den Antrag ab. Begründung: Es sei nicht zu klären, ob die Äußerungen tatsächlich gefallen seien. Unstreitig aber sei, dass der Schulleiter inzwischen dort nicht mehr arbeite, weshalb künftige Auseinandersetzungen nicht zu erwarten seien.