Mit dem Frühjahr beginnt wieder die Zeit der Geschäfts- und Auslandsreisen: Neukundenakquise, Beziehungspflege, Kooperationserweiterungen – die Anlasse sind ebenso zahlreich, wie die Optionen in diverse kulturelle Fettnäpfchen zu treten. Andere Länder, andere Sitten – man kennt das ja. Oder eben auch nicht. Tatsächlich tun sich die vielreisenden Deutschen mit gutem Benehmen auf internationalem Parkett erstaunlich schwer. Die einen gebärden sich viel zu direkt und drängen auf einen schnellen Abschluss, statt ihr Gegenüber erst einmal kennenzulernen. Andere setzen sich mit dem Reiseland zu wenig auseinander und verschenken so wertvolle Sympathiepunkte. Vor allem mit den Manieren in China (33,7 Prozent), Frankreich (29,7 Prozent), USA (24,8 Prozent) und Japan (23,6 Prozent) tun sich deutsche Manager nach eigenem Bekunden schwer.
Um herauszufinden, wie sicher Sie sich auf internationalem Terrain bewegen, können Sie vorab unser kleines Auslandsknigge-Quiz absolvieren. Oder aber Sie lesen sich die folgende Liste mit den wichtigsten Tipps für das richtige Benehmen im Ausland durch. Schaden kann es auf keinen Fall. Mit den genannten vier Problemländern machen wir schon mal den Anfang…
Allgemeine Manieren
Egal, welches Land Sie bereisen und welche Benimmregeln dort gelten: Solange Sie die folgenden drei Grundregeln und Attitüden beachten, reduzieren Sie das Risiko eines Fehltritts bereits auf ein Minimum:
- Rücksicht. Begegnen Sie den Menschen stets mit Wertschätzung und Respekt. Sie sind der Gast in ihrem Land, akzeptieren Sie also landesspezifische Eigenarten und bewerten Sie diese niemals – egal, wie komisch diese auf Sie wirken. Umgekehrt geht das vielen mit deutschen Sitten und Gebräuchen genauso.
- Interesse. Zeigen Sie Interesse an der Landessprache, den jeweiligen Sitten oder Speisen. Wenn Sie nicht sicher sind, was richtig ist, fragen Sie danach. Jemandem die Gunst zu erweisen, das eigene Land zu erklären oder dafür zu schwärmen, bringt immer Sympathien und entschuldigt manchen Fehltritt. Erst recht, wenn Sie dabei bescheiden und lernwillig bleiben und viel lächeln.
- Nachmachen. Sei es bei der Kleidung oder Körpersprache: Üben Sie sich anfangs in kleinen und leisen Gesten sowie gedeckter Kleidung. Aufdrehen können Sie später immer noch, wenn Sie das Gefühl haben, es ist angebracht. Der doppelte Vorteil: Wenn Sie nicht forsch auftreten, können Sie unauffällig abwarten und zusehen, was Ihr Gegenüber macht. Ahmen Sie ihn anschließend behutsam nach, können Sie nichts mehr verkehrt machen.
China
Begrüßung. Umarmungen und enger Körperkontakt sind hier tabu. Der Handschlag nicht allzu verbreitet, allenfalls wenn Ihr Gegenüber sich schon auf Europäer eingestellt hat, wird er Ihnen die Hand reichen. Ansonsten ist die leichte Verbeugung üblich. Hierbei gilt: Neigen Sie sich möglichst ähnlich tief, wie Ihr Gegenüber. Beugen Sie sich tiefer, stellen Sie sich im Rang unter ihn, ist es deutlich höher, werten Sie Ihr Gegenüber ab. Das gilt in abgeschwächter Form auch für das Kopfnicken – also die Andeutung einer Verbeugung. Ganz wichtig aber: Immer lächeln dabei. Und: Begrüßen Sie stets den Ranghöchsten zuerst!
Kleidung. Erscheinen Sie im Zweifel lieber overdressed. Für seinen Geschäftspartner in edle Markenkleidung zu schlüpfen, drückt Wertschätzung aus und wird durchaus registriert. Manche Chinesen lassen deshalb auch gerne mal das Markenschild an ihrem Anzug hängen – was hierzulande eher als schwerer Fauxpas gilt. Dunkle Farben sind aber ein Muss – Weiß zum Beispiel wird auf Beerdigungen getragen.
Geschäftsessen. Essen dient in China eher der Nahrungsaufnahme und wird weniger zelebriert. Die einzelnen Gänge werden deshalb oft zusammen serviert, zügig verputzt und auch wieder abgeräumt. Lautes Schlürfen gilt als Zeichen, dass es Ihnen schmeckt. Vorsicht indes beim Reis: Stäbchen nie in den Reis stecken, das symbolisiert den Tod. Und falls Sie eingeladen haben: Wundern Sie sich nicht, dass Ihr Gegenüber nur zurückhaltend isst. Chinesen möchten mehrfach aufgefordert werden, kräftig zuzulangen. Das gilt als höflich. Der eigentliche Smalltalk und die Verhandlungen werden erst nach dem Essen, vorzugsweise an der Bar begonnen.
Smalltalk. Privates gehört hier zum Plaudern unbedingt dazu. Chinesen werden sich deshalb gerne nach Ihrer Familie oder den Kindern erkundigen. Wer eine große Familie und viele Söhne hat, sammelt hier durchaus Pluspunkte. Auch Fragen nach dem Gehalt sind nicht unüblich. Ebenso wird sich gerne nach dem Hotel erkundigt, in dem Sie wohnen. Achtung: Wählen Sie daher ruhig ein besseres Hotel – das wertet Sie sofort auf.
Körpersprache. Chinesen mögen weder hektische noch ausladende Bewegungen. Wenn Sie etwas erklären oder durch Ihre Körpersprache unterstreichen möchten, machen Sie daher möglichst ruhige Gesten und lassen Sie die Arme nah am Körper. Ebenso wichtig: leise sprechen. Flüstern sollten Sie freilich auch nicht, aber wer laut wird, verliert sein Gesicht.
Blumen. Egal, ob Sie privat eingeladen sind oder jemanden zum Geschäftsessen treffen: Bringen Sie bloß keine Blumen mit, das gilt im Land der aufgehenden Sonne als Unglücksbote und daher als Beleidigung. Mit Pralinen oder anderen Süßigkeiten machen Sie indes nichts verkehrt. Am besten handelt es sich dabei noch um edle Markenware. Allerdings: Achten Sie darauf, dass nichts, was Sie verschenken in irgendeiner Weise mit der Unglückszahl Vier zu tun hat. Acht dagegen ist die Glückszahl.
Frankreich
Pünktlichkeit. Für die deutsche Primärtugend gibt es bei unserem Nachbarn eine sehr dehnbare Auslegung: Pünktlich ist man auch noch, wenn man sich um bis zu 15 Minuten verspätet. Was in Paris aber auch gerne mit der Metro entschuldigt wird.
Geschäftsessen: Franzosen regeln geschäftliche Dinge gerne beim Essen. Korrekter wäre allerdings: nach dem Essen. Denn erst nach dem Dessert wird über den Job gesprochen – die Zeit davor dient ausschließlich dem Smalltalk. Bevor Sie sich irgendwo hinsetzen: Warten Sie auf jeden Fall, bis der Kellner Ihnen einen Platz zuweist. Den können Sie auch ablehnen, nur selber aussuchen wäre grob unhöflich. Eine Einladung zum Essen abzulehnen übrigens auch. Wenn Sie wenig Zeit haben, wechseln Sie lieber ins Bistro. Lautes Anstoßen oder sich Zuprosten gilt hier als unfein, das Glas wird lediglich erhoben. Dabei sieht man jeden einmal kurz an. Ebenso verpönt sind in Frankreich getrennte Rechnungen. Wer einlädt, zahlt auch für alle.
Kleidung. Die darf in Frankreich schon mal etwas legerer sein, aber nicht zu leger. Die Krawatte ist nicht immer zwingend erforderlich, der Anzug oder eine Kombination indes schon. Jeans geht nicht.
Smalltalk. Der Deutsche prahlt schon mal ganz gerne mit seinen Leistungen und Errungenschaften. Fatal! Franzosen empfinden es als tugendhafter, auch mal über die eigenen Fehler zu sprechen. Auch sollte man nie offen widersprechen – unfein. Das haben die Franzosen mit den Asiaten gemein: Man wahrt stets das Gesicht des anderen und redet lieber um den heißen Brei.
USA
Termine. Amerikaner erwarten von Deutschen Pünktlichkeit, halten sich aber selbst nicht unbedingt daran. Als grob unhöflich indes gilt, zu früh zu erscheinen, vor allem bei Abendveranstaltungen. Überhaupt: Wenn Sie sich geschäftlich mit Amerikanern treffen wollen, sollten Sie das nicht abends machen. Zwar wird in den USA oft abends länger gearbeitet – danach aber zieht es die Amerikaner nach Hause zur Familie. Wenn sich der Abendtermin also partout nicht vermeiden lässt, laden Sie lieber zu einem informellen Treffen mit der Familie ein – ein Barbecue zum Beispiel. Die generelle Attitüde, die Sie sich in den USA unbedingt aneignen sollten, strahlt Freundlichkeit, Selbstbewusstsein und Optimismus aus.
Begrüßen. Auf das obligatorische angelsächsische “How are you” antworten Sie bitte niemals ehrlich, sondern stets positiv, also “I’m fine, thank you”. Überhaupt darf in den USA alles ein bisschen größer und überschwänglicher sein. Komplimente etwa. Wenn Sie etwas loben – das Büro, den Blick aus dem Meetingraum, die Stadt -, dann ist das mindestens “great”, besser noch “awesome”. Tabu dagegen: Jede Form von Kritik oder Gejammer sowie Komplimente zum Aussehen. Insbesondere gegenüber Personen des anderen Geschlechts könnte das als sexuelle Belästigung ausgelegt werden. Ihr Händedruck ist dagegen kurz und kräftig.
Geschäftsessen. In den USA gelten andere Tischmanieren als bei uns. Fleisch oder Fisch wird dort in der Regel erst in mundgerechte Happen geschnitten und dann mit der Gabel und der rechten Hand gegessen. Die Linke bleibt dabei unter dem Tisch im Schoß liegen. Als Europäer dürfen Sie aber ihre gewohnten Tischsitten beibehalten, das wird akzeptiert – auch wenn anpassen freilich netter wäre.
Alkohol. Ist im Business verpöhnt. Zum Mittagessen sowieso tabu – es sei denn, Sie sind Charly Sheen. Trinken Sie lieber Wasser oder Softdrinks wie Eistee oder Cola.
Smalltalk. Tabu ist alles, was schwierig werden könnte: Religion, Rasse, Sex, Politik. Vor allem Politik! Unterstehen Sie sich, den Präsidenten zu kritisieren! Das dürfen nur Amerikaner, aber keine Ausländer. Dafür lieben Amerikaner ihr Land zu sehr. Nörgeln Sie umgekehrt aber auch nicht an den hiesigen Politikern rum – unfein. Viel wichtiger ist dafür, sich möglichst oft und für alles zu bedanken und Leute miteinander bekannt zu machen und positive Leistungen oder Erfolge lobend zu erwähnen. Ob Sie mit Ihrer Charmeoffensive erfolgreich waren, können Sie hinterher an der Visitenkarte ablesen: Die verteilen Sie nämlich nicht einfach, sondern fragen lieber zuerst nach der Ihres Gegenübers. Sind die ihm leider “ausgegangen”, hat er kein weiteres Interesse.
Trinkgeld. Mit dem sogenannten Tip sollten Sie in den USA großzügig sein. In Europa ist es zum Beispiel so: Je weiter man in den Süden kommt, desto mehr Trinkgeld wird erwartet. In den USA aber liegen die Gehälter in vielen Dienstleistungsberufen so niedrig, dass die Angestellten auf Trinkgeld angewiesen sind. Der Hotelpage, der Ihnen etwa das Gepäck aufs Zimmer bringt, erwartet bis zu zwei Dollar pro Gepäckstück. Und die Kellnerin bis zu 20 Prozent des Rechnungsbetrages.
Japan
Begrüßen. Anders als Südeuropäer wahren Japaner beim ersten Kennenlernen körperliche Distanz. Umarmen, Schulterklopfen, Händeschütteln, überhaupt Berührungen aller Art sind hier verpöhnt. Eine Verbeugung oder ein Nicken reichen. Und beides sollte – wie in China – so tief ausfallen wie bei Ihrem Gegenüber.
Hierarchie. Ist in Japan unbedingt zu beachten. Wer einen hohen Rang hat, erwartet, dass Sie das bemerken und respektieren. Was bedeutet, dass Sie dieser Person die größte Aufmerksamkeit und Ehre bekunden. Tipp: Die Visitenkarte kann Ihnen hierzu erste wertvolle Hinweise geben. Je weniger draufsteht, desto wichtiger Ihr Gegenüber. Steht dort gar nur sein Name, erwartet er, dass Sie wissen, wer er ist.
Visitenkarten. Eine Visitenkarte zu überreichen, kommt in Japan einem Ritual gleich. Nie sollten Sie diese aus der Hosentasche zücken. Allein angebracht ist, diese aus der Jackentasche und einem edlen Etui zu nehmen sowie sie anschließend mit beiden Händen zu überreichen. Zu dem Ritual gehört dann allerdings auch, die Karte nicht sofort wegzustecken, sondern sich noch ein wenig über das Aufgedruckte oder manche Schriftzeichen zu unterhalten. Respektsbekundung! Überreichen Sie überdies noch ein Geschenk, sollten Sie dies mit der Formel “Es ist zwar wertlos, aber nehmen Sie es bitte trotzdem an” tun. Klar, das Ihr Präsent sehr wohl wertvoll ist! Und wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Gegenüber das Mitbringsel vorerst ungeöffnet zur Seite legt – er will nur nicht habgierig wirken.
Geschäftsessen. Auch hierbei wird stark auf die Hierarchie geachtet. Je höher der Rang, desto weiter von der Tür weg werden Sie oder Ihr Gast platziert. Falls Sie in einem traditionellen Restaurant auf Tatami-Matten Platz nehmen, fläzen Sie sich bitte nicht, sondern nehmen Sie den Schneidersitz ein. Ganz wichtig: Weil Sie dazu die Schuhe ausziehen müssen, sollten Sie unbedingt auf edle und lochfreie Socken achten. Fußgeruch ist ein schwerer Fauxpas. Ebenso sollten Sie sich beim Trinken niemals zuerst nachschenken. Gießen Sie dem anderen zuerst etwas ein – Sakeschalen sind aber vorher zu leeren. Und falls Sie die Rechnung bezahlen wollen, müssen Sie das unauffällig dem Kellner sagen. Ansonsten wird die Rechnung automatisch an den Japaner gehen – und der wird sie wortlos bezahlen. Eine Rechnung zu prüfen gilt als unfein.
Kleidung. In Asien legt man generell großen Wert auf Qualität, teures Tuch, angesagte Marken und dezente Noblesse. Ein legeres Outfit wird gern mit Nichtachtung gleichgesetzt. Nichts verkehrt machen Sie mit einem dunklem und teuren Anzug oder Kostüm. Achten Sie aber unbedingt auch auf Socken, Schuhe und deren Innenleben – zumal Schuhe auf Tatamimatten gerne ausgezogen werden und jeder dann einen Blick darauf wirft. Aber auch beim Reisegepäck können Sie sich verraten. Egal, ob Trolley oder Reisetasche – achten Sie auf erkennbare Markenware, etwa von Rimowa, Vaude oder Strellson.
Komplimente. Japaner lieben und brauchen Harmonie. Deswegen werden hier Konflikte auch nie offen ausgetragen, sondern allenfalls indirekt. Auch Gefühle, wie etwa Unbehagen oder Enttäuschung, werden nicht offen angesprochen. Umgekehrt sollten Sie auch keine direkten Komplimente machen. Das wirkt auf Japaner wie eine Ausrede – und damit Kritik. Betonen Sie lieber eigene Schwächen, um Ihr Gegenüber aufzuwerten – oder fragen Sie um Rat. Höchste Anerkennung.
veela
Schade nur, daß sich die Menschen aus anderen Ländern keine Gedanken um unsere Sitten und Gebräuche machen, wenn sie hier zu Besuch sind, sondern auch hier davon ausgehen, daß man nach ihren Regeln spielt….
Jochen Mai
“Keine” würde ich jetzt nicht sagen. Ich habe auch schon viele Deutschland-Interessierte kennengelernt. Und selbst wenn dem nicht so ist, kann man es ja besser machen.