Ein Interview mit Youtuber Sami Slimani, alias HerrTutorial

Für die einen ist es die Kunst des Banalen, nichts weiter als eine mediale Selbstinszenierung, grenzelose Zeigefreude und Lust am Voyeurismus. Für andere ist es die Zukunft des Fernsehens. Unbestritten ist: Youtube ist inzwischen die zweitgrößte Suchmaschine der Welt. Jeden Tag werden dort mehr als zwei Millarden Videos gesehen, jede Minute mehr als 24 Stunden Film hochgeladen. Und für immer mehr Filmemacher lohnt sich das Engagement inzwischen auch finanziell. Sami Slimani, 21, alias HerrTutorial ist einer der erfolgreichsten deutschen Youtuber. Mit der Karrierebibel sprach er über seine Motivation und Zukunftspläne.

Herr Slimani, wie sind Sie zu Youtube gekommen?

Das war vor rund zweieinhalb Jahren, am 8. März 2009. Da war ich gerade 19 und auf der Suche nach Pflegetipps für Männer. Mich haben einige Leute immer wieder auf der Straße angesprochen, warum ich so reine Haut oder so weiße Zähne habe. Es gab also eine Nachfrage – im Netz und insbesondere auf Youtube aber kein entsprechendes Angebot. Also habe ich selbst einen Film darüber gemacht.

Und der wurde gleich ein Erfolg?

Das kann man so sagen. Der Clip schaffte es sofort auf die Startseite von Youtube und innerhalb von einer Woche auf rund 300.000 Klicks.

Daraus ist dann “HerrTutorial” entstanden… mit drei aktiven Kanälen?

Genau. Aber natürlich nicht sofort. Das hat sich so entwickelt. Heute habe ich einen Hauptkanal, HerrTutorial eben, einen Reisekanal und einen persönlichen, der zugleich mein Charity-Kanal ist. Das heißt, die Einnahmen von dort spende ich an Hilfsorganisationen wie UNICEF. Das ist eine gute Sache und dem Image schadet das auch nicht.

Wie viele Videos veröffentlichen Sie denn so pro Woche und wie oft werden diese gesehen?

Ich versuche mindestens ein Video pro Woche zu produzieren, maximal aber zwei. Die werden im Durchschnitt etwa 150.000 Mal angesehen. Im Monat erreiche ich mit meinen Clips inzwischen so zwischen 1,8 und 2,4 Millionen Zuschauer.

Und wie viel Zeit investieren Sie in Ihr Hobby?

An einem normalen Video sitze ich bis zu drei Stunden. Eine Stunde davon ist reine Drehzeit, der Rest Schnitt. Aber ein Hobby ist das schon lange nicht mehr, das ist inzwischen mein Beruf. Ich studiere in Stuttgart zwar derzeit noch Medienmanagement, möchte danach aber irgendwann mit meinen Geschwistern eine Agentur gründen oder eine eigene Pflegeproduktlinie rausbringen.

Wie viel verdienen Sie denn aktuell mit Ihren Videos? Gerüchte sagen, das seien locker 10.000 Euro im Monat.

Darüber möchte und darf ich nichts sagen. Youtube verbietet seinen Partnern über die Einnahmen öffentlich zu sprechen.

Dann anders gefragt: Wie viel investieren Sie in Ihren Kanal und Ihre Ausrüstung?

Angefangen habe ich mit meinem Laptop und der eingebauten Webcam. Das reicht für den Anfang auch voll und ganz. Inzwischen habe ich natürlich aufgerüstet: Ich drehe meistens mit meiner HD Kamera. Außerdem besitze ich noch zwei Spiegelreflexkameras, eine wasserdichte Kodak Play Sport-Kamera und einen iMac. Alles zusammen kostet das so um die 10.000 Euro. Das ist wirklich nicht viel, verglichen mit einer TV-Produktion, und der Kanal ist ja sowieso kostenlos. Man muss sich bei Youtube ja auch weiterentwickeln und seien Zuschauern etwas Neues bieten: bessere Bilder oder neue Effekte.

Haben Sie dabei nicht Angst, irgendwann Ihre Authentizität zu verlieren?

Nein, ich bin genau so wie in meinen Videos. Natürlich muss man seine Videos auch vermarkten, um erfolgreich zu sein. Damit ein neues Video so hohe Einschaltquoten erzielt, muss man es damit beispielsweise binnen 48 Stunden auf die Startseite von Youtube schaffen. Trotzdem ist Youtube anders als Fernsehen. Da zählt Persönlichkeit wesentlich mehr als ein reines Fernsehgesicht. Man muss dort nicht perfekt sein, aber authentisch, anfassbar und originell…

…und vermarktbar.

Das auch. Youtube wird natürlich auch für Unternehmen immer interessanter. Die Vielfalt der Formate ist dort riesengroß. Und sie können dort ihre Zielgruppen sehr genau erreichen. Mit Comedy lässt sich zurzeit viel Aufmerksamkeit erregen. Aber langfristig brauchen die werbetreibenden Unternehmen auch ein produktbezogenes Umfeld.

Das zum Beispiel Sie ihnen bieten?

Schon irgendwie. Als ich im Sommer ein 24-Stunden-Deo vorgestellt habe, war das jedenfalls nach rund 24 Stunden in allen Online-Shops ausverkauft.

Der Zahnpasta-Hersteller Blend-a-med hat Sie erst kürzlich zur Fashion-Week nach New York eingeladen …

… um das schönste Lächeln der Fashion-Week zu suchen und zu filmen.

Haben Sie bei solchen Aktionen nicht das Gefühl, sich zu prostituieren?

Nein, ich mag das Produkt, sonst würde ich es nicht machen. Ich sage meinen Zuschauern aber auch ehrlich, dass ich persönlich eine andere Zahncreme verwende: Signal. Ich weiß um den Einfluss, den ich inzwischen habe und habe auch Respekt davor. Ich versuche das nicht auszunutzen. Aber warum sollte ich eine solche Aktion nicht mitmachen, wenn es transparent geschieht? Das macht doch auch Spaß.

Haben Sie Ihren Zuschauern denn schon mal einen falschen Tipp gegeben?

Ja, das kam auch schon vor. Irgendwann hab ich meinen Zuschauern mal was zu Antibiotika erklärt, wie sie wirken und was mit den Bakterien passiert. Das war nicht richtig. Ich habe das dann später durch entsprechende Anmerkungen im Video korrigiert. Das kann man nachträglich mit allen Youtube-Videos machen. Auch das ist anders als im Fernsehen.