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rezension einer ausstellung die ich leider verpasst habe
letzte woche war ich bei karstadt in der haushaltswaren-abteilung im 5. stock.
auf der rolltreppe nach oben fährt man normalerweise an saisonalem dekogedöns und werbung vorbei. meist sind das so etagenübergreifende fahnen mit aufdruck.
vor ner weile zb. mit werbung für ne kaffeemarke und letzte woche wars die „Art Week Hamburg 2012“.
(dass es womöglich 2011 auch schon eine gab hab ich garnicht mitbekommen – warscheinlich war ich da nicht bei karstadt).
weil dieses Art Week dings auch in meinen facebook einladungen ständig aufgetaucht ist hab ich gerade mal gegoogelt was das überhaupt ist.
eine webseite scheint es schonmal nicht zu geben oder sie wird von google nicht indexiert. der erste treffer ist stattdessen der veranstalter: eine werbeagentur. sie schreibt:
Mit der Hamburg Art Week 2011 konzipieren, realisieren und implementieren die Kommunikationsprofis eine neue künstlerisch-kulturelle Grossveranstaltung in der Hamburger Innenstadt. Ziel der Veranstaltung ist es, Hamburg als künstlerisch-kulturelle Metropole zu fördern und den Dialog zum Thema Kunst und Kultur neu anzuregen.
9 Tage lang wird die Hamburger Innenstadt alle Fascetten der Kunst zeigen
der vollständigkeit halber hätten sie eigentlich schreiben müssen “Ziel der Veranstaltung ist es, Hamburg und die Firma Karstadt als künstlerisch-kulturelle Metropole zu fördern” zumal karstadt zu ihren kunden zählt aber klingt vielleicht nicht so schmissig. ausserdem scheint ein teil des textes zu fehlen und vielleicht kam darin ja noch was über karstadt.
einen link zur webseite finde ich hier jedenfalls auch nicht.
der nächste treffer bei google ist eine seite namens hamburgskreative.de, eine seite über „DESIGN WERBUNG FOTOGRAFIE ILLUSTRATION UND MEHR“ (kunst läuft hier also unter “und mehr”). hier wurde der PR-text nochmal ein bischen umformuliert:
Die Initiatoren haben es sich zum Ziel gesetzt, aus der Hamburg Art Week ein jährlich wiederkehrendes, internationales Kunst-Ereignis zu formen, das mit derTeilnahme von mehr und mehr Hamburger Institutionen, Galerien und Künstlern wächst. In diesem Jahr wurde der Anfang gemacht – und damit der Grundstein dafür gelegt, die Hamburg Art Week als ein anerkanntes Kunst-Event für Hamburg zu etablieren, das weit über die Stadtgrenzen hinaus strahlt.
(endlich schreibt mal wieder jemand vom hamburger strahlen, was man ja noch von der alten horrorkoffer kennt, die hamburg auch zu mehr glanz verholfen wollte.)
hier finde ich aber auch endlich den offizellen Art Week link.
leider gibt es auf der Art Week seite kaum was zu sehen. keine bilder, keine texte, nur irgendwelche namen ohne links dazu. eine ganze latte ausstellungen stehen einfach schnöde untereinander gelistet: unter anderem bei karstadt, der bleichenhofpassage, und der ENDO klinik.
ich frage mich, ob das wohl auch alles kunden der werbeagentur sind und ob man als marketingmensch nicht wissen müsste, dass webseiten ohne bilder und vor allem ohne links nicht viel bringen. man hätte doch wenigstens die webseiten der künstler verlinken können, wenn über die auch sonst keinerlei infos geliefert werden.
aus langeweile klicke ich mal auf “Partnerhotels” und nehme alles wieder zurück: hier gibt es bildmaterial, ausführliche texte und sogar einen angeblichen “kunstbezug” der hier beworbenen gastronomie:
Hamburg hat viele Attraktionen, doch eine gewinnt zusehends an Bedeutung: Kunst. Gerade als touristisches Erlebnis zeigt die Kunstszene der Hansestadt eine auf- und anregende Vielfalt. Aus diesem Grund bietet die HAMBURG ART WEEK eine Auswahl aus dem breiten Angebot an großartigen Hotels in Hamburg an. Alle vier Häuser weisen einen engen Kunstbezug auf, verfügen über ein breites kulturelles Programm und liegen nahe an den Veranstaltungszentren der HAMBURG ART WEEK. Mehr Informationen über die Hotels finden Sie auch auf den jeweiligen Seiten.
unter “Kontakt“ gibts auch nochmal ein paar links zu den veranstaltern und der künstlerischen leitung.
letztere hat eine frau dr. seehusen, deren webseite animationstechnisch ordentlich was hermacht.
wer wie ich wissen will was die kuratorin bisher so gemacht hat, klickt warscheinlich auf “About Me” und liest dann dies:
Responsable Arts Management is our profession. New ideas and perspectives through the integration of art in businesses, interiors and architecture bring us closer to our goal. Art and design further not only individuality and creativity but support branding and company culture. Inspiration and aethetic demand collaborate effectively with the demands of the market. For many art connoisseurs, be it an art collector or a personal art lover the acquisation of a piece of art is also an investment in the future. [...]
ok, das hat also nicht geholfen. ich klicke also mal auf “Artists” und eine reihe bilder poppen auf. von wem die bilder sind erfährt man nicht.
unterstützt wurde die Art Week übrigens von meinen alten freunden: der hamburgischen kulturstiftung und der hamburger kreativgesellschaft.
was die Art Week Hamburg nun eigentlich ist, kommt, wie ich finde, besonders gut in diesem clip rüber, den ich zuletzt noch gefunden hab:
leider ist die Art Week schon vorbei – ohne dass ich sie überhaupt gesehen hab. vielleicht geh ich stattdessen heut abend einfach mal wieder in den kunstverein. da solls ne ausstellung mit vasen und windlichtern aus keramik geben.
shoppen in osdorf
gerade meine radierungen hier hin gebracht.
heute und morgen kann man die und ganz viel anderes erlesenes zeug dort kaufen.
zurück in hamburg
gestern galerien-rundgang in hamburg.
wenn man gerade die hallen der berliner durchschritten hat, kommen einem die hamburger 1-zimmer-galerien irgendwie sehr kuschelig vor.
wenn man dann noch mit dorothea schlueter anfängt, die mit cirio eher mundgerechte formate präsentiert, hätte der kontrast zu berlin nicht grösser sein können.
in der ausstellung haben mir insbesondere die bleistiftzeichnungen von aleksandra chaushova gefallen. ein bischen wie dennis scholl, nur nicht so überkandidelt.
die nächste station war die admiralitätsstrasse. weil ich zu früh war vertrödelte ich die überflüssige zeit bei sautter & lackmann, der beste kunstbuchladen der stadt und vielleicht sogar der welt: seitdem ich dort mal mit namen angesprochen wurde, bin ich sautter & lackmann fan. ausserdem hatten die bis vor kurzem sogar einen katalog von mir. den hab ich dann aber selbst gekauft, weil ich keinen mehr hatte.
im hinteren ladenteil traf ich annette streyl. ich fragte sie, was das eigentlich für tolle steinskulpturen seien, die ich letztens irgendwo von ihr gesehen hätte.
nun macht annette streyl öfter mal was in stein, sie ist gelernte steinbildhauerin. was es denn genau gewesen sei, wann und wo ich es gesehen hätte, wollte sie wissen und hier endete der dialog.
das meiste, was in den admi-galerien gezeigt erinnere ich aber genauso wenig.
ganz gut gefallen hat mir christoph blawert bei den produzenten und völlig begeistert, fast verstört, hat mich khalil rabah bei sfeir-semler.
hängen geblieben bin ich ausserdem vor einem kassettenrekorder in der galerie priess, einer arbeit von wolfgang müller, der stimmen ausgestorbener vogelarten hat imitieren lassen.
hier gibt es ein ganz lesenswertes interview dazu.
erinnert hat mich das übrigens an dieses vogelgezwischter-projekt, was hier noch genauer erklärt wird.
die nächsten etappen waren die von mir sehr verehrte ingrid scherr bei white trash contemporary, danach alexandra birken im kunstverein und zuletzt stefan panhans bei conradi.
den kunstverein fand ich, naja ziemlich unmöglich.
vor einem strumpfhosenbild traf ich julia mummenhoff und quatschte mich fest. zehn lange minuten stand ich dabei vor den strumpfhosen und musste leider feststellen, dass man mich mit strumpfhosen, bügelbrettern, schaukelpferden und wäscheständern jagen kann.
als ich im zweiten semester war hantierte garantiert jede zweite kunststudentin mit strumpfhosen, latex und fell herum (ichselbst eingeschlossen) und jede die strickten konnte oder häkeln häkelte oder strickte. und zwar HAARGENAU SO!
ok, abgesehen von den zur zeit üblichen retro-einflüssen (in diesem fall arte porvera und objektkunst).
falls übrigens jemand das H&M plakat dazwischen kapiert hat, lasse ich mir das gerne in den kommentaren erklären.
apropos erklären: bevor mir ich ausstellung ansah, hatte ich die künstlerin ein bischen gegoogelt und stiess dabei auf einen text des kunstvereinsleiters waldvogel. ein auzug hieraus:
Durch die Kontextverschiebung erfahren ihre Fragmente eine Nobilitierung und brechen aus der reinen Selbstbezüglichkeit der Kunst aus. Die hybriden Konstellationen und die Kontrastierung der verschiedenen Materialien beziehen das “Außen” mit ein. Der Betrachter wird eingeladen, die Leerstellen zu synthetisieren und erfährt durch die offene Struktur des Werkes eine aktive rezeptionästhetische Konsequenz.
mehr worthülsen und komplett austauschbare phrasen sind wohl nicht möglich. für wen und zu welchem zweck man sowas schreibt, wird mir immer ein rätsel bleiben.
(aber immerhin muss man sowas dank internet ja nicht mehr selber schreiben)
in der gleichen rubrik gibt es übrigens auch einen text von harald falckenberg zu markus vater und (ausgerechnet) den würde ich sogar als ein beispiel dafür anbringen, dass es solche texte auch in “lesbar” gibt. falckenberg sagt darin so so schöne sätze wie:
Die großen menschlichen Themen scheint Markus Vater aus der Sicht eines halb schlafenden Schülers in der letzten Reihe des Klassenraums zu behandeln.
aber ich schweife ab.
die letzte etappe war stefan panhans bei conradi.
weil ein freund dort auf mich wartete musste ich mich etwas beeilen. ich war mit dem fahrrad unterwegs und obwohl ich schon oft dort gewesen bin, rief ich den freund von unterwegs noch mehrfach an, um mir den weg beschreiben zu lassen.
weil ich das orientierungsvermögen eines brummkreisels hab fuhr zunächst mehrmals an der galerie vorbei. ich rief abermals den freund an (“HIER IST KEINE GALERIE!”) und war schon kurz davor aufzugeben, da erblickte ich bekannte gesichter am strassenrand.
in der galerie war es abgedunkelt und leise, es lief ein video. auf der suche nach dem freund musste ich leider mehrmals durchs bild laufen und weil ich befürchtete, dass der freund inzwischen gegangen war, rief ich ihn einfach nochmal an.
das telefon klingelte ein paar meter hinter mir, klang aber wie neben mir weil der freund eine sirene als klingelton hat. die passte dafür aber ganz gut zum film.
stefan panhans kannte ich schon, als er noch in kleinen finnischen clubs spielte stricklieselwürste ausstellte. das war vor 20 jahren in einem schaufenster in der friedensallee, gemietet von den kommilitonen silvana toneva und christian jankowsi. alle fanden die würste ziemlich bescheuert aber panhans selbst trotzdem irgendwie gut.
mittlerweile hat er schätzungsweise aufgehört zu stricken. zumindest stellt er es nicht mehr aus, sondern videos und fotos. er ist einer der zähesten und umtriebigsten hamburger künstler und halte ihn für ziemlich herausragend, nicht nur seine arbeiten sondern ihn insgesamt.
besonders empfehlen würde ich übrigens seine stilleben-fotos und damit schliesse ich für heute.
hochwasserbassin
jahrelang hatte vor unseren ateliers ein hässlicher parkplatz die aussicht versaut und dann hiess es vor etwa einem jahr plötzlich, wir würden einen park bekommen. von heute auf morgen wurde ein bauzaun errichtet und der asphalt weggerissen. mit weggerissen wurde zwar auch ein romantisches kleines wildes birkenwäldchen, das im parkkonzept offenbar nicht vorgesehen ist, aber hauptsache park.
das mit dem wäldchen fiel im konzept wohl unter den programmpunkt “entschlackung”:
ENTSCHLACKUNG
Der dicht verwobene Bestand an eingezäunten Sportstätten, brachliegenden Gebäuden, struppigen Ruderalbiotopen und abweisenden Gewerbearealen vereinnahmt derzeit den zukünftigen Grünzug.
So wird an den richtigen Stellen mit dem Skalpell gearbeitet, um aus dem vorgefundenen Heterogenen durch behutsame Intervention eine zusammenhängende Parkanlage in Hammerbrook herauszuarbeiten. Zu erhaltende Sportbereiche werden auf ein funktional vertretbares Volumen beschnitten um an geeigneter Stelle allgemein nutzbare Erweiterungen entwickeln zu können (offene Parkräume, vernetzte Biotopbereiche, nutzbarer Künstlercampus…).
aber zurück zum thema.
auf der gegenüberliegenden seite des parks steht das sogenannte hochwasserbassin. das sind 3 gebäude, die schon seit 10 jahren leer stehen. im zuge der parkgeschichte hat sich die stadt überlegt, dass da ja auch irgendwas “kreatives” rein könnte und weil es ja jetzt die “hamburger kreativgesellschaft” gibt, haben die das projekt jetzt übernommen.
heute morgen hab ich eine mail erhalten mit einem link zur offiziellen ausschreibung der “hamburger kreativgesellschaft” für das hochwasserbassin.
da ich die seite der “kreativgesellschaft” nicht so häufig besuche (heute das erste mal) habe ich alle 4 besichtigungstermine verpasst.
zufällig habe ich dann aber jemanden gesprochen, der den letzten besichtigungstermin wahrgenommen hat und das, was hier beschrieben wird noch ergänzen konnte.
demnach handelt es sich um drei stark sanierungsbedürftige gebäude und 4.500 m² gesamtfläche. die soll entweder komplett oder aber in drei teilen (weil 3 gebäude) vermietet werden.
die vermietung ist auf 20 jahre begrenzt weil das gebäude dann abgerissen werden soll. der oder die mieter finanzieren auf diese weise den abriss.
der vermieter übernimmt die sanierung der äuseren hülle, den rest muss der mieter selbst finanzieren. und dieser rest sind ua. sanitäre anlagen, elektrik, heizung etc. – laut meines bekannten sehe es in den gebäuden “ziemlich krass” aus.
die miete liegt ab einzug bei 2-3 €/m² kalt.
jetzt frage ich mich nur: gibt es in hamburg irgendwelche künstler, die 4500 m² zu 2-3€ für ein komplett sanierungsbedürftiges projekt zahlen können? oder künstlerkollektive die 9.000 bis 13.500€ im monat aufbringen wollen um dann ein jahr lang daran zu arbeiten, dass sie irgendwann mal funktionierende klos haben und dafür auch nochmal bereit wären, keine-ahnung-wieviel kohle abzudrücken?
gibt es künstler, die tatsächlich in der lage wären, ein ernstzunehmendes nutzungskonzept für so eine große fläche auszuarbeiten, für die man eigentlich architekten bräuchte, die auch wieder bezahlt werden müssen?
oder spricht die hamburger “kreativgesellschaft” in dieser sache etwa garkeine künstler an sondern werbeagenturen und architekturbüros?
aber es sind ja noch 2 wochen zeit bis zum abgabetermin, vielleicht fällt uns ja noch was cooles ein.
–
UPDATE:
eben kam per mail rein, dass noch ein besichtigungstermin angeboten wird:
Aufgrund von Nachfragen bieten wir im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens einen weiteren Besichtigungstermin an: Am nächsten Montag, den 14. Mai 2012 um 10.00 Uhr. Treffpunk ist wieder der Innenhof. Wenn Sie an dieser Besichtigung teilnehmen möchten, dann melden Sie sich bitte kurz [...] an.
Zu Ihrer Information: Auf unserer Internetseite finden Sie mittlerweile die Pläne der Gebäude als dwg-Dateien: http://kreativgesellschaft.org/de/schwerpunkte/projekte/entwicklung-hochwasserbassin
Hamburg Kreativ Gesellschaft mbH
Hongkongstr. 5 / 3. Boden – 20457 HamburgTelefon +49. 40. 87 97 986-17
Telefax +49. 40. 87 97 986- 20
hallo leipzig
ich komm auch mit!
wo meine sachen aufgestellt werden ist noch offen. ein paar kisten sind aber schon hier
A wie alkohol
sucht man ein beispiel für die negative korrelation zwischen alkohol und alter kann man diese gerade bei künstlern besonders schön beobachten. das sog. “sich tot saufen” gehört bei künstlern gewissermassen zum berufsrisiko.
im moment in dem ein künstler verkündet, er trinke nicht, erntet er entweder betretenes schweigen oder verständnisvolles nicken.
mir fallen auf anhieb nur einige wenige künstlerinnen ein die „von natur aus“ wenig trinken und nur einer, der mit absicht abstinent ist.
die meisten rappeln sich am tag danach wieder einigermassen auf mit kaffee und aspirin, ich kenne aber auch einige, die statt kaffee ein schönes glas bier zum frühstück trinken.
künstler trinken alkohol weil illegale drogen, um es kurz zu machen, illegal sind. künstler sind traditionsbewusst und künstler haben immer schon gesoffen – wieso sollte sich das also ändern?
während meines studiums gab es im mensavorraum einen bierautomaten, der war das herz der hochschule. ein halber liter kostete nur 1,50 DM und hinzu kam, dass er wie eine slot machine funktionierte: nicht selten kamen alle biere auf einmal unten rausgefallen. plötzlich knallten dort 20, 30 dosen raus. was natürlich bewirkte, dass wir umso mehr geld oben reinwarfen – immer in der hoffung auf einen hauptgewinn.
das erste bier trank man gegen 17 uhr, und das auch nur so spät weil man eh nie vor 14 uhr in der schule war. einer machte sich auf den weg zum automaten und holte die erste runde. selten verliess man die schule vor 22 uhr, als der haupteingang vom völlig besoffenen pförtner geschlossen wurde – da kamen einige liter zusammen.
wenn man schliesslich gegen 1 oder 2 uhr morgens irgendwo ein offenes fenster als ausgang gefunden hatte rief man sich ein taxi und fuhr damit zur kneipe.
zum thema arbeit unter alkoholeinfluss hatte ich bereits vor meinem studium in london ausführliche tests durchgeführt. ich malte damals mit vorliebe nachts und trank wein oder bier und manchmal teilte ich mir einen joint mit meinem mitbewohner.
die kombination aus alk, dope, lauter musik und der späten stunde liess mich in eine art mal-ekstase abgleiten. ich malte berauschend schöne bilder. collagen aus pornos, lack, teebeuteln und echten schamhaaren! ich war eines der größten unerkannten genies der gegenwart!
jahre später lud mich ein kommilitone zu einer gruppenausstellung ein, bei der man seine schlechtesten arbeiten zeigen sollte. ich lehnte ab. die bilder aus meiner london-phase waren für die ausstellung zu schlecht.
künstler, die so wie ich bei der arbeit nicht trinken können, können dies dafür umso mehr auf eröffnungen. auf vielen galerien gibt es alkohol umsonst. aber selbst wenn dort ein glas billiger aldifusel für 4€ verkauft wird: künstler bleiben so lange bis alle flaschen leer sind. legt man als galerist wert auf ein volles haus sollte man also dafür sorgen, dass genügend stoff da ist.
andererseits gibt es auch viele galeristen die nur zwei flaschen in eine ecke stellen und schon auf der einladung bekannt geben, wann feierabend ist. um 22 uhr wird das licht ausgemacht und die gruppe trunkener pudelmützelträger hinaus auf den bürgersteig geschoben. denn galeristen wissen: künstler als gäste lockern zwar die verklemmte atmosphäre etwas auf aber künstler kaufen nicht und kommen nur zum saufen.
der grund warum die meisten künstler auf vernissagen so viel saufen ist: dass sie anders kaum zu ertragen sind. nicht die kunst, die erträgt man auch nüchtern. aber wegen der kunst geht kaum keiner auf vernissagen. die meisten gehen wegen des sogenannten „go-sees“ oder auch „sehen und gesehen werdens“. man zeigt sich unter den lebenden, verteilt einladungen und bekommt einladungen. man steht rum und auf die fragen, was man gerade so mache, beklagt man sich über zuviel stress aber ansonsten laufe wie immer alles hervorragend! während man das sagt kuckt man elegant am gesprächspartner vorbei und sucht nach leuten, denen man noch eine einladung geben könnte.
um dies einigermassen zu überstehen gehe ich seit jeher als allererstes, noch bevor mir überhaupt jemand eine einladung zustecken kann, an die bar.
auf diese weise erarbeitete ich mir mit der zeit sogar einen überreginoalen ruf. bei einem austellungsaufbau in der schwäbischen provinz passierte es mir zb. dass der kurator mir wortlos eine flasche wein an den platz stellte. auf meine frage, womit ich das denn verdient hätte, erklärte er mir, dass er gerade mit einem hamburger kurator telefoniert hätte, der ihm den tipp gegeben hätte, dass ich sehr gerne trinke.
heute halte ich meine vernissagenaufenthalte meist eher kurz. 15 minuten reichen völlig, bevor man sich aus langweile gar ein glas wasser bestellt und jemandem erklären muss, wieso man nichts trinke.