Stephan Porombka: Kritiken schreiben. Ein Trainingsbuch

BuchSaiten machte mich auf dieses Buch aufmerksam und neugierig. Ich mag Bücher über das Schreiben, ein paar Anregungen für Verbesserungen sind immer gut.

Allerdings schaffte es Porombka bereits auf den ersten Seiten, mich gegen ihn aufzubringen. Er zerlegt eine amazon-Rezension (die es wirklich gibt) als Beispiel für einen misslungenen Text. Erst nachdem er damit fertig ist (auf Seite 23) kommt die Relativierung:
Wir haben uns die Kritiken, die auf den Seiten von Onlinebuchhandlungen lediglich daraufhin angeschaut, ob sie gut gemacht sind. Wir haben uns allerdings nicht gefragt, ob sie nicht in ihrem Rahmen, an ihrem Platz ihre Funktion sehr gut erfüllen (…) könnte. Immerhin haben Medienforscher festgestellt, dass diese – vom Standpunkt des erfahrenen Kritikers aus – misslungenen Statements nicht nur von den Onlinebuchhandlungen, sondern auch von den Lesern sehr geschätzt werden.“

Eben. Eine amazon-Kritik wie eine Feuilleton-Rezension zu behandeln ist in etwa so absurd, als würde man einen Krimi an Chick-Lit messen und sich dann beschweren, dass die Liebesgeschichte zu kurz kommt.
Die detaillierte (negative) Auseinandersetzung mit der amazon-Kritik finde ich schlicht unangebracht. Als gäbe es nicht genug schlechte professionelle Kritiken die man als Beispiel hätte heranziehen können.
Ich konnte generell mit „Kritiken schreiben“ nicht allzu viel anfangen. Porombkas Herangehensweise ist interessant, aber nicht meine Art. Ich will kein Journal führen oder literarische Texte verfassen oder meine Beobachtung schärfen. Der Rat, Kritiken zu lesen und zu analysieren, gute und schlechte zu sammeln, don´t-Listen zu erstellen etc, ist sicher gut. Ebenso fand ich das 6. Kapitel, „Erzählen“, wo auf verschiedene Erzählmodelle eingegangen wird, sehr aufschlussreich. Ernüchternd ist der Satz „Wie man Kritiken gut erzählt, lässt sich allerdings kaum in Regeln fassen.“ (Seite 183). Womit für mich klar ist, dass ich mit falschen Vorstellungen an dieses Buch herangegangen bin. Genau diese Regeln habe ich mir erwartet.

Das hier ist wohl nach Porombkas Ansicht eine „schlechte Kritik“. Nur: es ist gar keine Kritik, es soll auch keine sein. Es sind ein paar Gedanken zu einem Buch das ich gelesen habe.

Mittlerweile scheue ich davor zurück, die Texte in diesem Blog „Rezensionen“ zu nennen. Ob ich den Autor vorstelle oder eine Inhaltsangabe abliefere ist meist von meiner Laune abhängig. Mir geht`s nicht um eine ausgewogene Berichterstattung über ein Buch, ich fasse lediglich meine Gedanken zur Lektüre zusammen (deswegen auch die Links am Ende – mir ist die Lückenhaftigkeit sehr wohl bewusst). Mit dem Feuilleton will ich mich nicht messen, auch wenn ich es gelegentlich kritisiere – abgeschriebene Verlagstexte oder in allen Medien gleich gestaltete Interviews mit Autoren statt Rezensionen sind ja auch keine kulturelle Leistung. Ein Blog-Autor, dessen Geschmack ich gut einschätzen kann, ist in solchen Fällen ein besserer Informant.

Porombka hat mich durchaus zum Nachdenken gebracht. Aber ich bleibe bei meinen unvollständigen flüchtigen Leseeindrücken. Texte, die strengen formalen Kriterien genügen müssen, schreiben ich beruflich genug. Das hier ist mein Spielplatz, mein privates Vergnügen, und hier mache ich die Regeln.

Stephan Porombka (Wikipedia)
Literaturhaus
literaturkritik.de
André Schwarz
Welt online

Ergänzung August 2010:
Wer auf der Suche nach praktischen Tipps für das Schreiben von Rezensionen ist, dem empfehle ich Soleils Text „Wie schreibt man eine Rezension?“.

10 Gedanken zu “Stephan Porombka: Kritiken schreiben. Ein Trainingsbuch

  1. Interessant, denn da habe ich ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, seit ich meine Eindrücke über die Bücherm die ich lese, zusammenfasse und auf meinem Blog oder bei Thalia veröffentliche.
    Ich nenne es noch Rezension, weil das gut klingt, es sind aber keine und sollen auch nur meinen sujektiven Eindruck und das, was ich über das Buch so weiß zusammenfassen.
    So gesehen, habe ich mich auch nicht damit beschäftigt, was das Kriterium einer wissenschaftlichen oder professionellen Rezension ist.
    Aber, ich lese manchmal solche und da habe ich dann oft Schwierigkeiten, mit dem was dort steht und denke mir, daß ich das so nicht machen würde!
    Und natürlich finde ich es gut, daß jetzt viele Leute über ihre Bücher schreiben, egal, ob sie es Rezension nennen und das den Berufskritikern gefällt.

  2. Hallöchen!
    Schön, dass ich dich auf das Buch aufmerksam machen konnte. Nicht so schön, dass es dir nicht gefällt.
    Das mit der Amazon-Rezension fand ich auch etwas schwierig, allerdings ist es die Form von „Kritiken“, die sich in der letzten Zeit lauffeuerartig ausbreitet und bei der Laien vielleicht am ehesten Lust haben etwas zu verbessern. Auch wenn es für die Autorin der Rezension nicht gerade schön ist als leuchtendes Beispiel voran zu gehen, wie man es nicht machen sollte, hat man doch gemerkt wo die Fehler liegen. Zumal auch die Länge der Rezension entscheidend war.

    Wie man das was man im Blog als Kritik/Rezension usw. betitelt hat auch bei mir schon Diskussionen ausgelöst. Allerdings bin ich der Meinung, man kann seine Gedanken zur Lektüre getrost „Rezension“ nennen, denn schließlich kann der Leser selbst entscheiden ob er das Geschriebene als solches zu Rate zieht. Mir persönlich gefallen gerade die unprofessionellen Rezensionen, weil sie ehrlich sind und keinen Hintergrund verfolgen (Werbung zB.).

    Liebe Grüße
    Katrin

  3. Vielen Dank, das ist sehr wohl eine gute Kritik. Ich erhoffe mir von einer Kritik, dass ich anschließend eher einordnen kann, ob das Buch oder der Film oder was auch immer mich interessieren würde. Danke Deiner Meinung weiß ich, dass ich das Buch jetzt von meiner Liste streichen kann, da ich die gleiche Erwartung hatte wie Du.
    Ich schreibe auch nicht wirklich Rezensionen, nenne sie aber. Leseeindrücke ist eigentlich die passendere Bezeichnung. Aber ich lese gerne die Leseeindrücke oder Rezensionen andere, daher werde ich auch weiterhin meine veröffentlichen. Vielleicht gefallen sie ja auch dem ein oder anderen.

    Viele Grüße
    Emily

  4. leselustfrust schreibt:

    Ich fand das Buch schon interessant, nur eben nicht nützlich für mich.

    Von amazon-Rezensionen halte ich generell nicht so viel. Oder von Foren, wo alle alles toll finden, egal, wie schlecht das Buch wirklich ist. Mir sind Blogs lieber, vor allem, weil der Geschmack des Autors gut abschätzbar ist. Mir geht´s ja nicht darum, ob ein Buch objektiv gut ist sondern darum, ob es mir gefallen könnte.

    Schlimm sind aber professionelle Kritiken die nur den Verlagstext umformulieren. Hier ist der Informationsgehalt gleich null. Bei der besprochenen amazon-Kritik kaufe ich der Schreiberin wenigstens ab, dass sie das Buch gelesen hat. Man kann auch nachschauen, welche Bücher sie noch rezensiert hat – und das kann durchaus hilfreich für die Einordnung sein. Außerdem stehen beim besprochenen Buch sehr viele Meinungen – wozu hätte sie das alles wiederholen sollen? Es reicht in diesem Kontext auf ein, zwei Punkte, die einem persönlich aufgefallen sind, hinzuweisen.

  5. Mittlerweile scheue ich davor zurück, die Texte in diesem Blog „Rezensionen“ zu nennen.

    Das kommt mir bekannt vor, deshalb schreib ich bei mir immer nur „Kommentar“. Dass dabei jeder Kommentar anders aufgebaut ist – was sowohl von meiner Laune, Zeit und natürlich stark vom Buch abhängig ist –, bereitet mir ehrlich gesagt keine schlaflosen Nächte. 😉

    Ich denke, so ein Buch kann sicher wirklich die eine oder andere Anregung geben und auf Dinge hinweisen, derer man sich gar nicht so bewusst ist. Aber da ich persönlich kein professioneller Kritiker werden will, ist es für mich und meine Intention wohl verzichtbar.

  6. Rezensionen sollen ja die Meinung des Leser widerspiegeln und ich finde, das hast Du gut gemacht. Ich scheue mich davor, solche Bücher zu lesen, weil sie meist entweder am Ziel vorbei schießen, zu belehrend sind oder eben auch keine „Lösung“ anbieten. Wie auch, bei einem Feld, das so groß ist?

    Was Rezis angeht: Wer sagt, dass man da Autor und Inhaltsangabe vorstellen muss? In meinem Forum mache ich das sehr wohl, aber in einem Blog? Hallo? Da ist meist nicht genug Platz. Und wenn ich ehrlich sein soll, lese ich äußerst ungerne lange Rezis, so viel Zeit habe ich ja gar nicht. Ich will kurz den Inhalt und kurz eine Einschätzung, die alle Seiten beleuchtet. Für ellenlange Texte in unserer heutigen Wissensgesellschaft einfach keine Zeit mehr.

  7. Ich fand Auszüge aus dem Buch interessant, aber auch nur ansatzweise nützlich.
    Letztlich ist es mir aber auch wurscht, ob sich meine Eindrücke tatsächlich Rezension nennen dürfen oder ob ich dazu noch Infos über den Autor reinpacken muss.
    Ich versuche, kurz und knapp den Inhalt wiederzugeben und zu bestimmten Punkten, die ich als wichtig erachte, etwas zu schreiben, um dem Leser eine Hilfestellung zu geben, ob das Buch etwas für ihn sein könnte oder nicht. Wenn ich irgendwo etwas weniger gut mache, darf man mir das aber auch gerne sagen. 😉
    Letztlich lese ich selbst aber auch immer mehr als eine Kritik, um einschätzen zu können, ob sich das jeweilige Buch für mich lohnt oder nicht. Außer, die Rezension/Kritik/Whatever stammt von einer Person, deren Geschmack sich in der Vergangenheit schon oft mit meinem gedeckt hat.
    Von daher @Emily – ja, mir gefallen deine Besprechungen. Also, weitermachen! 😉

  8. Interessanter Artikel, vielen Dank! Ein bisschen schade finde ich, dass du deine Texte nicht mehr „Rezensionen“ nennen möchtest. Natürlich kann man darüber streiten, ob sie diesen Namen „verdienen“, um es jetzt mal ganz ironisch auszudrücken (so kommt es ja in diesem Trainingsbuch rüber: dass eine Rezension formale Kriterien erfüllen muss, um die Bezeichnung „Rezension“ zu verdienen!). Allerdings wirst du mehr Besucher über das Wort „Rezension“ bekommen. Und ganz ehrlich: In meinem Blog hat sich noch nie jemand beschwert, meine Rezensionen wären nicht genug „Rezension“ *gg* Das sind doch immer nur die vom Feuilleton, die sich aufregen, weil sie merken, dass ihre in den Zeitungen veröffentlichten Texte immer weniger wahrgenommen werden, weil durch das Internet jeder – mal mehr, mal wieder gut – zu allem seine Meinung kundtun kann. Stiftung Warentest regt sich ja auch nicht auf, dass die Verbraucherbewertungen zu Spühlmaschinen etc. keine richtigen Tests wären ….! Also weiter so!

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