30.12.2011

Hier ist ...

Pause

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24.12.2011

Rafik Schami: Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte ***

Buch-CoverIn diesem schmalen Büchlein erzählt Rafik Schami aus seiner Kindheit, von seinem geliebten Großvater und wie er selbst zum Erzähler heranwuchs und reifte.

Darüber hinaus philosophiert er über die Kinder von heute bzw. ihre Kindheit im Vergleich zu seiner früher, über den Unterschied zwischen einem Erzähler und einem Schriftsteller, über die Wechselbeziehung zwischen Erzähler und Publikum, über Märchen und deren Bedeutung in der Literatur und für die Entwicklung des Menschen.

Unter anderem enthält das Buch auch die Vorlesung, die er zum Antritt seiner Brüder-Grimm-Professur an der Universität Kassel im Jahr 2010 gehalten hat. Auch da zeigt sich wieder, dass er durch und durch ein Erzähler ist, denn er führt einen Dialog mit Ibo Aristo, der die theoretischeren Teile des Vortrags »übernimmt« und erzählt von Don Quijote, der für ihn so eine Art heimlicher »Mentor« darstellt und verwebt auch noch Teile seiner eigenen Lebensgeschichte in diesen Vortrag.

Das ist durchaus interessant und aufschlußreich zu lesen aber ich war ehrlich gesagt doch ein bisschen enttäuscht, weil ich irgendwie darauf eingestellt war, hauptsächlich neue Erzählungen bzw. Geschichten/Märchen von Schami zu lesen. Das kommt davon, wenn man den Klappentext möglichst nicht vorab liest und dann nicht weiß, was man wirklich zu erwarten hat - wobei das kann einem auch nach Lektüre mancher Klappentexte passieren.

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16.12.2011

Derek Meister: Todfracht ****

Buch-CoverUnd Ostsee die Dritte! Diesmal wieder mit den Hanser Rungholt, der im mittelalterlichen Lübeck zuhause ist und zum vierten Mal versucht ein Verbrechen aufzuklären.

Rungholt wird zusammen mit seinem Freund, dem schonischen Kapitän Marek, Zeuge wie ein paar Mordgesellen ein Paar überfallen, dass sich gerade auf einem Schiff umschaute. Den Mann kann Rungholts und Mareks Eingreifen nicht mehr retten aber wenigstens die Frau, Cyrielle. Als sie endlich in der Lage ist auf Rungholts Fragen zu antworten, erzählt sie eine berührende Geschichte. Sie und ihr Mann waren auf der Flucht und es sind Engländer, die ihnen nach dem Leben trachten. Rungholt nimmt die fremde Frau in sein Haus auf und versucht die Mörder ihres Mannes ausfindig zu machen. Doch die Attentäter lassen nicht locker und machen weiter Jagd auf seinen Gast. Warum sind sie so unerbittlich darauf aus auch noch die Frau zu ermorden?

Fast gleichzeitig wird in einer Sickergrube eine tote Dirne gefunden. Da tritt der ehemalige Rychtevoghede Kerkering wieder auf den Plan und erpresst Rungholt mit seinem Wissen über dessen Vergangenheit, diesen Fall aufzuklären.Schnell finden sich zwei Zeugen, die behaupten, als letztes ausgerechnet den neuen Lübecker Rychtevoghede Plönnies mit ihr gesehen zu haben. Allerdings handelt es sich bei den Zeugen um zwei rechte Galgenvögel und Rungholt wittert, dass sie falsches Zeugnis ablegen. Doch warum? Was haben sie wirklich gesehen? Und wieso reagiert Plönnies so aufgebracht als er ihn befragt. Hat er vielleicht doch die Dirne ermordet?

Aus diesen beiden Erzählsträngen knüpft Derek Meister wieder einen spannenden Fall, der eine gänzlich unerwartete aber durchaus historisch denkbare Wendung nimmt. Mir ist der bärbeißige Rungholt inzwischen fast ein bisschen ans Herz gewachsen und so habe ich mich wieder gut unterhalten gefühlt. Der nächste Band der Serie soll im nächsten Jahr erscheinen. Ich bin gespannt, wie es weitergehen wird.

# ~ 4_Sterne ~ kein Kommentar



14.12.2011

literarischer Jahresrückblick 2011

Top 10 Bücher 2011

Wie jedes Jahr, so auch diesmal, mein literarischer Jahresrückblick. Meine persönlichen Top-10 Romane des Jahres 2011 (sprich, in diesem Jahr von mir gelesen), von Platz 1 bis 10

1. Schalansky, Judith
Atlas der abgelegenen Inseln

Rezension

2. Fallada, Hans
Jeder stirbt für sich allein

Rezension

3. Florescu, Catalin Dorian
Jacob beschließt zu lieben

Rezension

4. Jonasson, Jonas
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Rezension

5. Rosenfeld, Astrid
Adams Erbe

Rezension

6. Fforde, Jasper
Grau

Rezension

7. Stefánsson, Jón Kalman
Der Schmerz der Engel

Rezension

8. Steinsdottir, Kristin
Im Schatten des Vogels

Rezension

9. Capus, Alex
Léon und Louise

Rezension

10. Keyserling, Eduard von
Wellen

Rezension

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13.12.2011

Volker Harry Altwasser: Letzte Fischer ****

Buch-CoverOstsee, die Zweite! Von Volker Harry Altwasser und seinen Romanen hatte ich in den vergangenen Jahren öfter mal gehört bzw. gelesen und mein Interesse war geweckt worden. Leider erwies es sich bisher als für mich nicht möglich, an die Romane »Letzte Haut« und »Letztes Schweigen« zu gelangen. Die bilden die ersten beiden Bände einer inhaltlich zusammenhängenden Trilogie, deren letzter Band nun »Letzte Fischer« ist. Es ist übrigens kein Problem, die Romane einzeln für sich stehend zu lesen.

Mit einem Auszug aus »Letzte Fischer« hat Volker H. Altwasser übrigens dieses Jahr auch am Bachmannpreis-Wettbewerb teilgenommen, wo ich erneut auf ihn aufmerksam wurde.

In »Letzte Fischer« erzählt Altwasser von Robert, Mathilde und Luise Rösch. Robert und Mathilde sind verheiratet und leben an der Ostsee. Luise ist Mathildes Tochter. Robert ist Hochseefischer und immer fünf Monate am Stück auf See. Luise ist arbeitet für ein Sicherheitsunternehmen und schützt mit ihrem Spezial-Team Schiffe vor Piratenangriffen. Mathilde wünscht sich, dass Robert nicht mehr zur See fährt. Ihr schwebt vor, dass er zum Fischwirt an Land umsattelt.

Robert fährt zu einem Fisch-Tourn auf der Saudade in die somalischen Gewässer. Während des Tourns will er entscheiden, ob es sein letzter sein wird oder ob er bei der Hochseefischerei bleibt. Er ist einer von weltweit zehn Experten für das Enthäuten der sog. Kurznasen-Seefledermaus. Für diese Häute werden immense Summen bezahlt und mit seiner Fähigkeit trägt er dazu bei, dass den Seeleuten am Ende eines Tourns ein zusätzlicher Bonus gezahlt werden kann. Dementsprechen hoch ist sein Ansehen bei seinen Kollegen.

Luise wird beauftragt, mit ihrem Team den Walfänger Rimbaud mitsamt seiner Ladung sicher in den Hafen von Spitzbergen zu geleiten. Es wird befürchtet, dass Greenpeace Aktionen gegen die Walfänger startet. Auf der Rimbaud ist auch der gerade 18jährige Tommy, der als Schiffsjunge seine erste Fahrt erlebt. Zwischen Luise und Tommy kommt es zu einer Liason, was zu zusätzlichen Spannungen an Bord führt.

Während ich ja beim vorher gelesenen Roman bemängelt habe, dass die Ostsee kaum eine Rolle spielt, ist es in diesem Fall ganz anders. Volker Harry Altwasser nimmt seine Leser mit hinaus auf die See, die Ostsee und auch die See vor Somalia und er erzählt vom Leben der Fischer und ihrer Arbeit, wie sie heute auf den Schiffen stattfindet. Soviel über den modernen Walfang aber auch die Jagd auf andere Fische, wie in diesem Roman, habe ich bisher noch nirgendwo gelesen und gelernt. Altwasser erzählt von den Männerritualen auf den Booten, von den Piraten und was sie dazu hat werden lassen, von den Schutzmassnahmen gegen ihre Überfälle, von der Verarbeitung der Wale und anderer Fische, von der Problematik der Überfischung und den neuen Trend der sog. Fischfarmen, die heute oft weit weg von der Küste liegen.

Mich hat »Letzte Fischer« ziemlich in seinen Bann gezogen, es entwickelt trotz ruhiger Erzählweise eine ganz eigene Dynamik und Wucht und setzt den vielleicht bald »letzten Fischern« ein literarisches Denkmal. Es ist ein großartiger Roman über das Meer, die Fischer und ihr Leben.

# ~ 4_Sterne ~ kein Kommentar



09.12.2011

Veronika Peters: Das Meer in Gold und Grau ***

Buch-CoverIch liebe das Meer und besonders die Ostsee, so hat ein Roman, der an der Ostsee spielt bei mir schon mal einen Pluspunkt an sich. Veronika Peters Roman »Das Meer in Gold und Grau« spielt an der Ostsee, an ihrem westlichen Ende.

Katia, ihre Protagonistin und die Erzählerin im Roman, steht nicht nur kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag sondern auch vor den Scherben ihres bisherigen Lebens. Sonderlich erfolgreich war das bisher auch nicht aber sie hatte zumindest eine Arbeitsstelle und einen Freund. Dumm nur, dass er ein Kollge und auch verheiratet ist und er ihr als die Affaire auffliegt den Laufpass gibt, womit der Job gleich auch futsch ist.

Katia flüchtet sich an die Ostsee, wo eine ihr unbekannte Tante, die Halbschwester ihres Vaters, wohnt und ein kleines Strandhotel, namens »Palau«, betreibt. Tante Ruth nimmt sie auf und so lernt Katia auch Tante Ruths Mitstreiterin Elisabeth und den ganzen Rest der mehr oder weniger dauerhaften Bewohner des Hotels kennen. Den Koch Sergei, die polnischen Putzfrauen Anita und Bascha, den alten dozierenden Heinrich, den seine eigene Familie nicht aufnehmen wollte, Frank, den Nachbarn und den Doc. Ein kleiner Mikrokosmos, der sich da für Katia auftut.

Tante Ruth ist ein recht herber Charakter aber Katia ist trotzdem fasziniert von ihr und nach und nach wird sie zu einem Teil der »Palau-Familie« und trägt ihren Teil zur Aufrechterhaltung des Hotelbetriebs bei. Doch die Idylle an der Ostsee täuscht und nach und nach wird auch für Katia deutlich, dass hier ein Kampf ums Überleben stattfindet und das in mehrfacher Hinsicht. Für sich selbst stellt sich wieder einmal die Frage: Bleiben oder weglaufen.

Soweit so gut. Leider hat mich der Roman nicht wirklich überzeugen können. Die Figuren bleiben teils doch sehr holzschnittartig und wirklich neue Erkenntnisse hat mir der Roman auch nicht gebracht. Richtig unterhaltsam fand ich ihn leider auch nicht, was vermutlich daran liegt, dass man das alles so oder ähnlich schon öfter in anderen Romanen gelesen hat. Schade, man hätte mehr aus der Grundidee machen können und die Ostsee selber, das Meer in Gold und Grau, spielt nur eine kleine Nebenrolle.

# ~ 3_Sterne ~ kein Kommentar



08.12.2011

Laura Joh Rowland: Der Wolkenpavillon ****

Buch-CoverEndlich hat es mich mal wieder ins mittelalterliche Edo verschlagen, wo Laura Joh Rowlands Held, der Samurai Sano Ichiro, nicht nur Verbrecher verfolgt, sondern über die Jahre auch eine einflußreiche politische Position als einer von zwei Kammerherrn des Shogun errungen hat. Sein größter Rivale Yanigasawa ist der zweite Kammerherr und zum ersten Mal scheint so etwas wie Friede zwischen ihnen zu herrschen. Gemeinsam setzen sie ihren immensen Einfluß ein, um Japan so gut wie möglich zu führen.

Da verschwindet Sanos Cousine Chiyo, spurlos und ihr Vater bittet ihn um Hilfe bei der Suche. Der Kontakt zwischen Sano und diesem Teil des Familienclans ist seit Jahren abgebrochen, denn seine Mutter, die dem Clan angehört, wurde aus dem Clan verstoßen. Doch Sano kann und will dem Onkel trotzdem seine Bitte nicht abschlagen und seine Cousine ihrem Schicksal überlassen.

Dann taucht die Chiyo plötzlich wieder auf. Ihr Entführer hat sie wieder laufen lassen, doch sie wurde vergewaltigt. Sano versucht weiter den Täter zu ermitteln und muss feststellen, dass Chiyo nicht das erste Opfer war. Schon zwei andere Frauen, eine alte Nonne und die Tochter eines Bandenchefs, wurden auf ähnliche Weise entführt und mißbraucht. Fieberhaft jagen Sano und seine Männer den oder die Täter, um weitere Opfer zu verhindern, doch das gestaltet sich überraschend verzwickt und schwierig. Dann aber nimmt der Fall eine völlig unerwartete Wende, als die Frau des Shogun selbst entführt wird. Der Shogun setzt Sano und Yanisawa eine Frist bis zu der sie seine Frau gefunden haben müssen, sonst droht ihnen und ihren Familien die Todesstrafe.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie Laura Joh Rowland ihre Krimi-Serie fortschreibt und welchen Wendungen und Auf und Abs des Schicksals sie ihren Helden aussetzt. Es ist und bleibt spannend, die Geschichte und das Schicksal des sympathischen Sanos und seiner Familie zu verfolgen.

# ~ 4_Sterne ~ kein Kommentar



07.12.2011

Jón Kalman Stefánsson: Himmel und Hölle *****

Buch-CoverNachdem ich kürzlich den jüngsten Roman des isländischen Schriftstellers Jón Kalman Stefánsson, »Der Schmerz der Engel« gelesen habe und dabei feststellte, dass mir einer seiner Romane, der die Vorgeschichte zu diesem Roman erzählt, entgangen war, habe ich nun auch diesen gelesen.

Jón Kalman Stefánsson versteht es wahrlich von Himmel und Hölle zu erzählen und von allem anderen, den elementaren Dingen des Lebens, die sich dazwischen zutragen.

In »Himmel und Hölle« ist es die Geschichte zweier Jungen, die zusammen ihr Geld beim winterlichen Kabeljaufang vor Islands Küste verdienen und dabei jedes Mal ihr Leben risikieren und in die Waagschale werfen. Einer von ihnen, Bár∂ur, liebt die Bücher und hat in einem Ort den erblindeten ehemaligen Kapitän Kolbeinn kennengelernt, der über eine große eigene Bibliothek verfügt, damals eine Rarität. Nicht nur das, er darf dort Bücher ausleihen. Seinen namenlosen Freund nimmt mit dort hin und leiht eines Tages Miltons »Das verlorene Paradies« aus, dieses große epische Gedicht, das ein anderer Isländer mühevoll in seine Sprache übersetzt hat. Bár∂ur ist hingerissen von dem, was er da liest und kann sich kaum davon losreißen und es gelingt ihm auch seinen Freund zu faszinieren. Noch kurz vor einem neuen Fischfang, prägt sich Bár∂ur einen weiteren Satz, der ihm gefällt, ein und vergisst dabei, seinen Anorak unter dass Ölzeug zu ziehen. Es ist ein Satz wie ein Menetekel »«Nichts ohne dich ist süß."

Bár∂ur Versäumnis rächt sich bitter, denn ein Eissturm kommt auf und Bardur ist diesem Eissturm zu lange und zu leicht bekleidet ausgesetzt. Alle Versuche seines Freundes, ihn zu retten, nutzen nichts. Als die Fischer schließlich mit ihrem Boot zurückkehren, ist Bardur tot. Das Buch, das er geliebt hat, hat ihn mit einem Satz getötet, so sieht es jedenfalls sein namenloser junger Freund, der am Boden zerstört ist. Er beschließt, zu Kapitän Kolbeinn zurückzukehren, das geliehene Buch im Namen seines Freundes Bardur zurückzugeben und die Nachricht seines Todes zu überbringen. Danach will er eigentlich nur noch selber sterben, denn ohne seinen Freund, scheint ihm das Leben sinnlos geworden zu sein. Doch im Ort begegnet er auch Geirpruthur, die schon den blinden Kolbeinn aufgenommen hat, und sie und viele andere im Ort helfen mit ihren eigenen Geschichten auch dem Jungen, seine Trauer zu und schließlich auch wieder loszulassen und sich neu auf das Leben zwischen Himmel und Hölle einzulassen.

Ich habe schon mehrfach erwähnt, dass ich Stefánsson wirklich für einen der bedeutendsten lebenden isländischen Schriftsteller halte und auch dieser Roman ist ein leuchtendes Beispiel für seine Erzählkunst. Präzise und verdichtet, kann er ganze Schicksale, die grandiose isländische Natur und den Überlebenskampf des Menschen, Schuld und Sühne, Hass und Liebe - eben alles, zwischen Himmel und Hölle in Worte fassen. Wer das, was Stefánsson schreibt für Trivialliteratur, Allgemeinplätze und Binsenwahrheiten hält, der hat weder das Leben noch die Menschen verstanden.

Am Ende möchte ich auch den Übersetzer der Romane von Stefánsson einmal erwähnen. Karl-Ludwig Wetzig versteht es wunderbar, diese poetischen Romane ins Deutsche zu übertragen und für uns Leser hier zugänglich zu machen.

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03.12.2011

Jasper Fforde: Grau *****

Buch-CoverVor Jahren las ich den ersten Band von Jasper Ffordes Thursday-Next-Reihe, der mir gut gefiel. Irgendwie kam es dann aber immer nicht dazu, dass ich weitere Bände dieser Reihe gelesen hätte. Als ich dann vor kurzem mitbekam, dass Jasper Fforde eine neue Reihe begonnen hat, wollte ich den ersten Band dazu unbedingt lesen.

Dieser erste Band trägt den schlichten Titel »Grau« und ist der Auftaktband zur Eddie-Russett-Trilogie, die die Leser in eine fremde Welt entführt, die streng auf Regeln basiert, die ein gewisser Munsel vor hunderten Jahren aufgestellt hat. Schon das Nachdenken über eine Änderung von Regeln oder Vorschläge diese auch nur leicht abzuwandeln und vielleicht an die Gegebenheiten besser anzupassen, führt zu Problemen. Wer gegen die Regeln verstößt oder sonstwie unangenehm auffällt, wird bestraft und im schlimmsten Fall zum sog. »Reboot« geschickt. Es ist eine Diktatur entstanden, die es schafft, nicht sofort als solche zu erscheinen, so dass sich ihr die meisten Menschen willig unterwerfen.

Der Rang innerhalb dieser Gesellschaft und im Grunde auch der Lebensweg ist von Beginn des Lebens an so gut wie völlig festgelegt, denn er hängt von der eigenen Fähigkeit der Farbwahrnehmung ab. Diese Welt ist nämlich schwarz-weiß. Farben sind eine Kostbarkeit, die größtenteils synthetisch hergestellt werden. Die Bewohner dieser Welt können jeweils nur eine einzige Farbe in Abstufungen wahrnehmen. Wer eine hohe Farbwahrnehmung hat, steht in der Gesellschaft ganz oben, wer Farben nicht wahrnehmen kann, gehört zu den sog. Grauen, die ganz unten auf der Leiter stehen.

Und dann ist da besagter Eddie Russett, der kurz davor steht, den »Initationsritus« zur Aufnahme in die Welt der Erwachsenen bzw. vollgültigen Bürger der Gesellschaft, zu durchlaufen. Bei diesem Ritus, wird die Farbwahrnehmung jedes einzelnen Anwärters überprüft und festgeschrieben und zwar endgültig. Eine Wiederholung des Tests ist ausgeschlossen und das Ergebnis hat immense Auswirkungen auf die eigene Zukunft.

Eddie ist ein sog. »Roter«, denn er kann diese Farbe wahrnehmen und so wie es den Anschein hat, sogar zu einem recht hohen Prozentsatz, was seine Heiratsaussichten sprunghaft hat ansteigen lassen. Als potentielle Braut gilt die Tochter der Oxbloods, Erbin eines Bindfadenimperiums. Doch dann wird Eddie wegen ungebührlichen Verhaltens zur Strafe in die sog. Randzone geschickt, wo er zur Strafe eine Stuhlzählung vornehmen soll. Diese Reise wird für Eddie in vielerlei Hinsicht zu einem Wendepunkt und das nicht nur, weil er dort Jane, eine Graue, trifft, die ihm als erstes androht, ihn zu ermorden.

Mehr will ich hier über den Inhalt des Romans gar nicht verraten. Auf jeden Fall zählt »Grau« zu den unterhaltsamsten, phantasievollsten, intelligentesten Romanen, die ich dieses Jahr gelesen habe. Meisterlich hat Jasper Fforde hier eine Geschichte begonnen, die durch ihre vielen Ideen, Anspielungen, den manchmal schrägen Humor aber auch die unterschwelligen ernsten Themen zu bestechen weiß.

Ich bin sehr gespannt, wie es mit Eddie Russett weitergeht und hoffe, dass sich Jasper Fforde nicht zuviel Zeit lässt, den Nachfolgeband zu schreiben und ich bin fest entschlossen, mich diesmal nicht davon abhalten zu lassen, Band zwei und drei auch zu lesen. Und in der Wartezeit auf die Nachfolgebände schaffe ich es vielleicht ja doch noch, die bisher erschienen Bände der Thursday-Next-Reihe endlich zu lesen.

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29.11.2011

Umberto Eco: Der Friedhof in Prag ***

Buch-CoverDer italienische Universalgelehrte Umberto Eco, der vor allem durch seinen Roman »Der Name der Rose« weltbekannt wurde, hat mal wieder einen neuen Roman vorgelegt, in dem er sich mit Themen wie Weltverschwörungstheorien, Geheimlogen, Fälschern, realen Politik-Affären und Teilen der französischen und italienischen Geschichte des 19. Jahrhunderts, sowie der Geschichte der berüchtigten Protokolle der Weisen von Zion, einem üblen antijüdischen Weltverschwörungs-Pamphlet, das schon viel Schaden angerichtet hat und bis heute wirkt, befasst und daraus ein Konglomerat macht, das einen als (normalen) Leser schwer herausfordert und ich denke teilweise auch schlicht überfordert.

Das ist natürlich eine meisterliche Leistung von ihm - wie übrigens auch die Übersetzung dieses Romans durch Burkhart Kroeber! -, der in diesen Materien zuhause ist, wie wohl kaum noch ein anderer.

Bis auf seinen Protagonisten Simone Simonini - einen widerlichen Antisemiten und wohl überhaupt Menschenhasser -, sind alle Figuren im Buch historisch belegt. Will man die Zusammenhänge verstehen, muss man allerdings öfter auch mal Google zu Rate ziehen und eine überdurchschnittliche Allgemeinbildung hilft bei der Lektüre ganz sicher.

Die Geschichte selber fand ich jetzt nicht wirklich spannend und die Hauptfigur, eben jenen Simone Simonini, fand ich abstoßend und widerlich in seinen Ansichten, Taten und rassistischen wirren Theorien.

Interessant fand ich für mich die Erkenntnis, dass die »Protokolle der Weisen von Zion« im Grunde nicht mal nur eine Fälschung sind (was wissenschaftlich mehrfach und überzeugend nachgewiesen ist), sondern im Grunde auch ein Plagiat, denn sie speisen sich aus anderen antisemitischen Hetztexten und Vorlagen, die dort verwurstet wurden ohne dass es explizit erwähnt wurde. In der aktuellen Debatte um Plagiate gerade auch in der Wissenschaft und im Literaturbereich, ist es vielleicht ganz gut, wenn man sich daran erinnert, dass so tatsächlich übelste Machwerke entstehen können, die einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf Wissenschaft, Lehre, Politik und Geschichte haben können, wenn andere sie arglos oder bewußt übernehmen, weitertragen und/oder sogar noch weiter ausbauen.

Umberto Eco ist ganz sicher ein Schriftsteller in einer eigenen Kategorie und seine Romane - mal abgesehen von »Der Name der Rose« eher nicht massentauglich. Ich bin nun aber auch nicht wirklich ein Anhänger oder gar Bewunderer von Weltverschwörungstheorien oder rassistischen Bewegungen und Strömungen, geschweige denn von obskuren esoterischen u.ä. Unterströmungen im Laufe der Weltgeschichte und auch von daher hat mch der Roman nicht packen können.

Wer sich in diesen Bereichen sehr gut - sprich wissenschaftlich - auskennt, wird vermutlich in der Lage sein, diesen neuen Roman Umberto Ecos angemessen würdigen oder kritisieren zu können, alle anderen nur bruchstückhaft. Mit meinem Halb- oder eher nur Viertel-Wissen, was diese Themen angeht, und meinem Leser-Empfinden, vergebe ich drei Sterne für »Der Friedhof in Prag«.

# ~ 3_Sterne ~ kein Kommentar



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