Bertold Brecht an Oskar Maria Graf:
Als das Regime befahl,
Bücher mit schädlichem Wissen
Öffentlich zu verbrennen,
und allenthalben Ochsen gezwungen,
Karren mit Büchern
Zu den Scheiterhaufen zu ziehen,
entdeckte ein verjagter Dichter,
einer der Besten,
die Liste der Verbrannten studierend,
entsetzt,
dass seine Bücher vergessen waren.
Er eilet zum Schreibtisch,
zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
Verbrennt mich, schrieb er mit fliegender Feder,
Verbrennt mich!
Tut mir das nicht an!
Lasst mich nicht übrig!
Hab ich nicht immer die Wahrheit berichtet
In meinen Büchern?
Und jetzt, werd ich von euch wie ein Lügner behandelt!
Ich befehle euch:
Verbrennt mich!

Dies ist nur ein bescheidener Teil meiner eigenen Bibliothek, mit Autoren, die auf der „Schwarzen Liste“ aufgeführt waren
Ein trauriges Ereignis jährt sich heute zum achtzigsten Mal. Am 10. Mai 1933 wurden in etlichen deutschen Universitätsstädten zehntausende Bücher, im Zusammenhang mit der “Aktion wider den undeutschen Geist” auf öffentlichen Scheiterhaufen verbrannt. Erich Kästner war vielleicht der einzige Autor, der auf der „Schwarzen Liste“ stand, sich unter die Zuschauermenge mischte und zusah, wie seine Bücher ein Raub der Flammen wurde.
Der Bayerische Rundfunk hat vor fünf Jahren einen hörenswerten Beitrag gesendet, mit Originaltönen und gelesenen Texten von betroffenen Autoren, die nach wie vor erschrecken und mich traurig stimmen.
Für viele der Autoren bedeutete dieser Tag der Aufbruch in die Emigration mit einer ungewissen Zukunft, an ungewissem Ort. Die einen starben, andere kamen in Gefangenschaft und wieder andere wählten gar den Freitod. Was für eine Tragödie!
Zur Zeit begleiten mich einige Autoren im Roman „Mit dem letzten Schiff“. Einer von ihnen ist Walter Mehring, der in Marseille folgenden Zweiteiler verfasste:
Der beste Jahrgang deutscher Reben
liess vor der Ernte so sein Leben
Widmen wir ihnen den heutigen Tag und erinnern uns an diese Künstler und lesen doch wieder einmal eines ihrer Bücher. Sie sollen niemals vergessen gehen!
Hier nur einige der Autoren: Heinrich Mann, Thomas Mann, Erich Kästner, Anna Seghers, Walter Mehring, Stefan Zweig, Joseph Roth, Nelly Sachs, Arthur Schnitzler, Upton Sinclair, John Dos Passos, Bertold Brecht, Joseph Breitbach, Max Brod, Alfred Doeblin, Kurt Tucholsky, Franz Werfel, Ernest Hemingway (In einem andern Land), Lion Feuchtwanger, Maxim Gorki, Erich Maria Remarque, Ivan Olbracht, Mascha Kaléko, Rosa Luxemburg
weitere sind auf dieser Seite zu finden
Pingback: Schachnovelle | Literaturgefluester
Liebe Büchermaniac,
das ist ja ein schöner Zufall (so weit man in diesem Zusammenhang von „schön“ reden kann), dass Du Deinem Post über die „Bücherverbrennung“ ein Gedicht von Bert Brecht über Oskar Maria Graf vorangestellt hast. Ich kannte dieses Gedicht noch nicht. Anlässlich des 80. Jahrestages der Bücherverbrennung hatte mein Freund in seiner Buchhandlung eine Veranstaltung, bei der es u.a. um Oskar Maria Graf ging. Ich hatte vor Jahren einmal „Das Leben meiner Mutter“ von Graf gelesen – was mir damals sehr gut gefiel – und habe deshalb und auch, weil ich Grafs Haltung gegenüber den Nazis, die ja auch in Brechts Gedicht sehr gut zur Sprache kommt, sehr beeindruckend fand, einen Post über Graf auf den „Seitenspinnerinnen“ verfasst.
Liebe Grüße
Beate
Liebe Beate
Ich musste mich ja erst schlau über Oskar Maria Graf machen. Er war wohl ein bodenständiger Mensch und sehr speziell, da er in New York mit seiner Lederhose rummarschiert ist. Seine Bücher kenne ich eben auch nicht, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass mir das eine oder andere auch gefallen könnte. Ich werde mir deinen Tipp auf alle Fälle gerne notieren.
Herzliche Grüsse
buechermaniac
Ünerhaupt: Walter Mehring. Dessen Buch „Die verlorene Bibliothek“ ist auch ausgesprochen lesenswert und beschreibt, was wir verloren. 1952 auf Deutsch erschienen und 1978 neu aufgelegt, ist es heute vergriffen. Er konnte nach dem Exil und der Rückkehr nach Europa nicht mehr an seine Erfolge aus den 20er Jahren anknüpfen.
Ja, das ist leider so, lieber Jarg. Er war nirgends mehr richtig zu Hause, auch in der Schweiz mal in dem Hotel und mal in einem anderen. Das finde ich ausgesprochen traurig.
Ich werde mich nach „Die verlorene Bibliothek“ auf die Suche machen.
Liebe Grüsse
buechermaniac
Reblogged this on Jüdische Lebenswelten.
Liebe Büchermaniac,
habe auch gerade „nebenan“ bei Jarg, der ebenfalls die Bcherverbrennungen thematisiert, dazu kommentiert. Es gibt ein sehr gutes Buch von Volker Weidermann: “Buch der verbrannten Bücher”. Das kann ich nur sehr empfehlen zu diesem Thema. Darin zeigt sich auch, dass viele Autoren leider ganz und gar nicht zu Klassikern, sondern tatsächlich vergessen wurden.
Liebe Grüße
Petra
Liebe Petra
Vielen Dank für den interessanten Hinweis. Ich glaube dir sofort, dass da auch Autoren dabei sind, die vergessen wurden – leider. Mich würde auch das Buch von Walter Mehring „Die verlorene Bibliothek“, interessieren, in dem sich Mehring an die Bücher aus der Bibliothek seines Vaters erinnert.
Liebe Grüsse
buechermaniac
Stimmt, mich auch!
Liebe Buechermaniac,
dies ist ein Post, bei dem es mir schwer fällt, einfach nur auf den Like Button zu klicken, weil dies ein einfach so wichtiges Thema ist. Ich danke dir für diese interessanten Informationen und vor allem für den Link.
Liebe Grüße
Mara
Liebe Mara
Würde ich in Deutschland wohnen, wo heute diverse Aktionen zu diesem Thema durchgeführt werden, wäre ich in der ersten Reihe mit dabei. Es ist ein wirklich sehr trauriges Ereignis und erschüttert noch heute alle Kulturliebhaber, denn es betraff ja nicht nur die Literatur, sondern auch Maler, allen voran Marc Chagall oder Paul Klee, Politiker und Philosophen.
Sei herzlich gegrüsst
buechermaniac
Vielen Dank für Deinen informativen – und ganz wichtigen – Beitrag, der doch ziemlich beklemmende Ereignisse in Erinnerung ruft, die wir in Europa hoffentlich so schnell nicht wieder erleben, aber für die sich weltweit ja immer wieder Beispiele finden lassen. Und vielen Dank auch für Deine Links.
Betroffene Grüße, Claudia
Liebe Claudia
Da kann man als Antwort schlecht sagen „gern geschehen“. Ich wünschte, man müsste nicht daran erinnert werden. Ich finde es schon schrecklich, wenn durch ein Unglück ganze Bibliotheken, ob öffentliche oder private, ein Raub der Flammen werden. Wenn sie durch Krieg und wegen Wahnsinnigen vernichtet werden und die Menschen gleich mit ihnen, ist das für mich unfassbar.
Gestern saß ich mit Beate beim Tee und sie erzählte mir über eine Veranstaltung über Oskar Maria Graf. Ich hatte zuvor noch nie etwas von ihm gehört, fand seine Story so aberwitzig, dass ich unbedingt einen Roman von ihm lesen will.
Die Liste der Autoren auf der schwarzen Liste ist wahrlich lang. Ein kleiner Trost ist es für mich, dass so viele davon längst Klassiker der Literatur geworden sind. Und die, die mir noch nichts sagen, will ich jetzt bald lesen. LG Mila
Liebe Mila
Oskar Maria Graf kenne ich auch nicht wirklich, ausser dass er Empfänger der erwähnten Zeile war. Deshalb werde ich mich einmal genauer über ihn informieren. Ich bin froh, ist die Literatur, von Autoren, die auf der schwarzen Liste aufgeführt waren, für uns noch zugänglich. Wie du selber sagst, viele sind Klassiker geworden. Das ist gut so.
LG buechermaniac