Literaturgefluester

2013-04-08

Für reife Leser

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:08

Jetzt kommt wieder ein wahres Schmankerl, bzw. ein Buch nach meiner Wahl, denn ich lese ja sehr gerne Bücher übers Lesen und bin da offensichtlich auf einen wahren Bibliopholen, bzw. Büchernarren, wie der Klappentext wirbt, gestoßen, nämlich auf Kurt Bracharz „Für reife Leser“, ein Buch, das man, wie ich den Amazon-Rezensionen entnehme, keinen Genre zuordnen kann.
Der 1947 geborene Vorarlberger Kurt Bracharz, mit dem ich 2005 in Erikas Kronabitters Text und Kritik Werkstatt war und dessen Kriminalroman „Die grüne Stunde“, ich einmal bei einem der Büchertürme der Literatur im März Veranstaltungen fand, den ich wahrscheinlich im Sommer 2004 in Harland gelesen habe, als ich dort eine Schreibwerkstatt veranstalten wollte und nicht recht wußte, wie man das macht, ist nämlich, wie er in seiner Einleitung schreibt, im November 2005, mit achtundfünfzig Jahren in eine Schreibkreise geraten. Da gibt es einen Romanbeginn, den er schon lange mit sich herumschleppt, vielleicht hat er aus ihm auf der Silvretta Höhe gelesen, ich kann mich jedenfalls an einen Text, in dem es um einen Schreibaufenthalt in Italien ging, erinnern und auch daran, daß Kurt Bracharz das Lenthos in Graz angesiedelt hatte und ich nicht recht wußte, ob das ein Fehler oder Absicht war?
Jedenfalls zweifelte Kurt Bracharz ein halbes Jahr später, wie es mit seiner Schreibkarriere weitergehen soll, da fiel ihm Alberto Manguels „Tagebuch eines Lesers“, in die Hände, in dem der offenbar beschlossen hat, in einem Jahr jedes Monat eines seiner Lieblingsbücher wieder zu lesen und Kurt Bracharz hatte einen Plan aus der Schreibkrise wieder herauszukommen.
Denn das läßt sich bei einem Bibliophilen, der Kurt Bracharz offenbar ist, ja ebenfalls so machen und so war die zwölf Bücherliste, die bis dreißigsten November 2006 gelesen sein sollte, bald aufgestellt.
Kurt Bracharz entschied sich für William S Burroughs „The nacked Lunch“, Wilhelm Buschs „Der Schmetterling“, Elias Canettis „Die Blendung“, Salvador Dalis „Verborgene Gesichter“, Don de Lillos „Mao II“, Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“, Witold Gombrowiczs „Kosmos“, George Harrimans „Krazy Kat“, James Joyces „Ein Portrait des Künstlers als junger Mann“, Christine Lavants „Das Kind“, Henry Michaux „Ein gewisser Plume“ und Vladimir Nabokovs „Plin“ und hielt sich in den weiteren zweihundertachtzig Seiten nicht sehr daran. Denn das was folgt ist ein Tagebuch eines Bibliophilen, eines kritischen Menschen, der sich für Politik interessiert, nach Wien und Zürich reist, in Ausstellungen geht, Bücher kauft und sie liest und hin und wieder auch ein paar Zeilen, zu dem von ihm Gewählten schreibt, aber wenn man etwas über diese Bücher erfahren will, sollte man sie besser selber lesen oder nach ihnen googlen, wahrscheinlich war das auch die Absicht des Buchs.
Eine interessante Mischung urteilen die Rezensenten, von Busch zu Döblin, von Borroughs zu „Krazy Kats“ ist der Bogen weit und Kurt Bracharz interessiert sich auch für Kochbücher, schreibt Kolumnen und Krimis, scheint aber auch über Bücherberge zu verfüge über die er immer wieder ganz erstaunt stolpert und erstaunt ist, was sich da so alles angesammelt hat.Stammgast bei Antiquaren ist er auch. Am Schluß gibt es auch eine Bücherliste, die über die angeführten zwölf weit hinausgeht und als er im November 2006 angekommen ist und zweihundertsiebenundfünzig Seiten geschrieben hat, fügt er an, daß er davon ausgeht, daß die Leser seine zwölf Bücher alle kennen.
Da fürchte ich, überschätzt er den Durchschnittsleser und ich, die ich das ja eigentlich nicht bin, habe die „Blendung“ gleich zweimal gelesen, den „Alexanderplatz“ und nicht verstanden und sonst eigentlich nicht viel. Von De Lillo kenne ich „Falling Man“, von Nabokov „Lolita“, Borrough, die „Krazy Kats“ und auch noch einiges andere sind mir gänzlich unbekannt.
Trotzdem ist es ein Buch, das ich sehr genossen habe, der Witz und der Intellekt Kurt Bracharz, der vom Hundersten ins Tausenste kommt, hat mich sehr beeindruckt. Da geht er von Wortspielen aus. Was bedeutet „Vater sein dagegen sehr?“ Daß es die Väter schwer haben im Gastarbeierpidgin? Ich habe den Inhalt dieses Filmtitels auch sehr lange nicht verstanden. Erzählt die Geschichte, wo der FKK Gegner Johannes R. Becher eine nackte Frau am Strand entdeckt und „Schämen Sie sich nicht, nackte Sau!“, zu ihr sagt, dann Anna Segners in ihr erkennt, der er später den Nationalpreis überreichen muß. Man erfährt sehr viel in diesen Buch, wenn auch nicht unbedingt über die zwölf angeführten Bücher, aber die kann man, wenn man will, ja selber lesen.
Ich freue mich in Kurt Bracharz einen genauso, wenn vielleicht auch etwas intellektueller agierenden Bibliophilen gefunden zu haben. Von dem Buch habe ich im Jänner 20011 in den „Tonspuren“, gehört und es ein Jahr später bei Morawa in der Abverkaufskiste gefunden und ich lese ja sehr gerne Bücher übers Lesen und weil ich mir darüber auch Gedanken mache, frage ich ich mich, wer dieses Buch gelesen hat und wieweit man sich in der Literatur auskennen muß, um mitzukommen und Vergnügen daran zu haben? Denn Bracharz macht es seinen Lesern nicht so leicht, er hüpft vom Hundertsten ins Tausendste, schreibt „BA“, wenn er Berlin Alexanderplatz meint, zitiert noch viele andere Bücher, so daß ich, die ich das im Literaturgeflüster ja auch gerne mache, eigentlich bezweifelt, daß die Durchschnittsleser mitkommen, aber Bracharz spricht ja auch die „reifen“ an. Die Rezensenten sprechen auch von einer ungewöhnlichen Zusammenstellung, einem ungewöhnlichen Buch man und einem Büchernarren, Haymon hat es gedruckt und mir hat es, die ich mich ja sehr mit Büchern beschäftige, gefallen. Es ist ein Buch bei dem man sehr viel googlen muß, das macht aber nichts und wenn ich so auf die Bücherlisten der anderen Bücherblogger schaue, erlebe ich da auch oft Überraschungen, von mir völlig unbekannten Büchern, obwohl ich ja glaube mich in Sachen Buch ganz gut auszukennen und ein weiteres Werk eines möglichen Büchernarren habe ich auch noch auf meiner Leseliste, nämlich Nick Hornbys „all you can read“ und bin gespannt, was mich da erwartet.

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