Dr. Klaus Gauger schrieb uns am 23.05.2006
Thema: Helge Schmid: Trauma, Drogenrausch, Gewaltrausch
Liebe Redaktion von literaturkritik.de,
ich habe gerade eben die Rezension von Helge Schmid zu meiner Dissertation gelesen, die übrigens seinerzeit an der Freiburger Uni ein "magna cum laude" erhielt. Ich bin verwundert, dass die "Abstrafung" meiner Arbeit unter dem Schwerpunkt "Rechtsintellektualismus" geschieht, mit dem ich absolut nichts am Hut habe (aber vielleicht denkt man in ihrer Redaktion, dass jeder, der sich ernsthaft mit Ernst Jünger beschäftigt, ein "Rechtsintellektueller" ist). Im übrigen bin ich über die Unzahl absurder Unterstellungen verblüfft, die ich in diesem Artikel lesen musste: Hier wird polemisch von meiner "einfachen These" geredet und mir ein biographischer Ansatz unterstellt, ebenso wie ein naiver Authentizitätsbegriff. Nun sind nun mal die meisten der frühen Kriegsschriften von Jünger autobiographisch, auf eine biographische Leseart kann man hier schwerlich verzichten, und ich mache in meiner Arbeit absolut klar, dass Jünger diese Kriegswirklichkeit im eigenen Sinne deformiert und überhöht. Dann soll ich mich in meiner Arbeit an den Verwundungen und Heldentaten Ernst Jüngers berauschen, obwohl ich an seinem Pathos und seiner Kriegsverherrlichung starke Kritik übe. Auch die Behauptung, ich würde den Roman "Die Zwille" und Poes Zentralbild des "Malstroms" mit dem Gestus des Authentischen wiedergeben, ist lächerlich, ein keiner Stelle lasse ich daran Zweifel, dass es sich hier um fiktionale Texte handelt, im übrigen hat schon Freud in seinen Literaturinterpretationen fiktionalen und autobiographischen Texten Hinweise zur mentalen und psychischen Struktur von Autoren entnommen, dies ist in der psychoanalytischen Literaturinterpretation so üblich. Den Nachweis für mein falsches Deutsch bleibt Helge Schmid schuldig, ebenso wie dass ich in Sachen Freud nicht "sattelfest" bin, über meine wissenschaftliche Qualifikation werde ich hier nicht diskutieren, sie ist mir von Germanistikprofessoren der Freiburger Uni zugewiesen worden, und die verstehen davon vielleicht mehr als ein "nobody" wie Helge Schmid. Im übrigen ist es gerade meine Hauptthese, dass traumatische Erfahrungen unter anderem auf lustvolle Weise abgearbeitet werden, womit ich mich natürlich auf eines der zentralen Theoreme von Freud stütze. Dass meine Anmerkungen kulturelles Wissen in allgemeinster Form bietet, ist hohle Polemik, ich bin übrigens sicher, dass Helge Schmid über dieses allgemeine kulturelle Wissen genauso wenig verfügt wie über präzise Kenntnisses des Werks Ernst Jüngers. Dass die Werkimmanente Methode in der Nazizeit - natürlich von "Nazis" (!) - entwickelt wurde, ist Unfug, die werkimmanente Methode wollte sich gerade vom ideologisierenden Missbrauch der deutschen Literatur durch die "völkischen" Interpreten (dies war die Methode der Nazizeit!) absetzen und propagierte deshalb eine eher artistische, "immanente" Interpretationsweise. Die werkimmanente Methode hatte ihren wissenschaftsgeschichtlichen Höhepunkt bezeichnenderweise erst nach 1945 bis etwa 1965, unter ihren Vertretern befanden sich sowohl belastete ehemalige Nazis, als auch Vertreter aus dem Exil und unbelastete Wissenschaftler. Helge Schmid ist diese Einsicht wohl nicht zu vermitteln, er sitzt den krudesten linken Mythen auf, anstatt sich einmal in einem ganz gewöhnlichen Handbuch zur Literaturwissenschaft über die werkimmanente Methode zu informieren. Und natürlich: Wer die "nazistische" werkimmanente Methode verwendet oder sie als klassisch bezeichnet, muss wohl - so das Endergebnis dieses linken Traktätchens - ein böser Rechtsintellektueller sein, bei dem man nicht mal erwähnen muss, dass es sich hier um eine Dissertation handelt. Ich finde Ihre Website nicht schlecht, bin aber enttäuscht, dass solche polemischen und verzerrenden Elaborate wie die von Helge Schmid in einer Website Eingang finden, die unter anderem auch von professionellen Germanisten betreut wird. In diesem Sinne,
mit besten Grüssen, Ihr
Klaus Gauger
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