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Startseite > Bücher > Paranormale Romance > Oldigor Verlag > Inka-Gabriela Schmidt > VALENTINE > Leseproben > Leseprobe 1

Leseprobe 1

VALENTINE

Inka-Gabriela Schmidt
Roman / Paranormale Romance

Oldigor Verlag

Taschenbuch, 300 Seiten
ISBN: 978-3-9814764-3

Apr. 2012, 12.90 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen / auch als eBook erhältlich

Die Unruhe, die Valentine in den Nächten heimsuchte, quälte sie auf eine fast unerträgliche Weise, Wann sie genau angefangen hatte, daran erinnerte sich Valentine nicht mehr. Es geschah schleichend, aber mit immer stärker werdender Intensität. Bei nüchterner Betrachtung hatte es vermutlich damit zu tun, dass ihr Leben neuerdings völlig auf dem Kopf stand.
All die Zeit seit dem Überfall auf ihre Familie, noch bis vor wenigen Wochen, war sie der Mittelpunkt im Leben ihres Bruders gewesen. Nicht, dass sie ihn darum gebeten hätte. Manchmal war es ihr sogar lästig. Für Frédéric, als Familienoberhaupt einer der edelsten Blutlinien der Vampirgesellschaft, war es selbstverständlich, sich um seine Schwester zu kümmern.
Doch nun galt Frédérics Aufmerksamkeit an erster Stelle Aliénor, seiner geliebten Elfe. Aufregende Wochen lagen hinter den beiden, bis aus ihnen endlich ein Paar geworden war. Valentine freute sich über das Glück ihres Bruders.
Schon in der Zeit, bevor Frédéric seine Elfe kennen gelernt hatte, hatte er Valentine bedrängt, mit ihm gemeinsam den einen oder anderen Ort zu besuchen und sich nicht länger zuhause zu verstecken. Durch die schrecklichen Ereignisse, die sich weit in der Vergangenheit zugetragen hatten, war sie eine Gefangene ihrer eigenen Ängste geworden, und inzwischen ärgerte sie dieser Zustand sogar mehr, als dass sie ihn fürchtete. Frédéric selbst hatte Sorge getragen, dass das Schloss sicherer war als jede Festung. Sicherer als damals, als ausgerechnet ihr Zuhause ihr keinen Schutz geboten hatte. Aber was sollte dieser Schutz, dieses Sich-zuhause-verstecken, wenn man sich damit selbst isolierte?
Der Zeitpunkt, dies zu ändern, war überfällig. Ein Umstand, für den Frédéric nichts konnte. Es war allein Valentines Entscheidung. Er hätte sie jederzeit mitgenommen, wenn sie es selbst gewollt hätte. Aber sie war dafür noch nicht bereit gewesen.
Unschlüssig betrachtete Valentine den Inhalt ihres Waffenschranks. Er befand sich direkt in ihrem Zimmer, damit sie alles Nötige jederzeit griffbereit hatte. Unbewaffnet loszuziehen würde an Selbstmord grenzen, auch wenn sie davon ausging, weder mit Menschen noch mit Vampiren in eine Konfrontation zu geraten.
Es war auszuschließen, dass die Krypta von irgendjemandem aufgesucht wurde außer von Archäologen, und diese arbeiteten in der Regel nicht nachts. Solange sich dort unten keine Menschen herumtrieben, war das Labyrinth unterirdischer Gänge für andere Vampire kaum von Interesse. Sollte sich dort zufällig eine Gruppe übermütiger partylustiger Jugendlicher aufhalten – was ziemlich unwahrscheinlich war –, so würde sie diese rechtzeitig bemerken und ihnen ausweichen.
Also gut, eine leichte Pistole, mit Kugeln aus einer speziellen Silberlegierung geladen, und ein Kurzschwert für den Nahkampf würden genügen. Beides konnte sie problemlos zwischen ihrer hautengen Lederkleidung und ihrem langen Ledermantel verbergen.
Zwei- bis dreimal die Woche absolvierte Valentine ihr Kraft- und Kampftraining und übte in der hauseigenen unterirdischen Schießanlage mit diversen Waffen. Nur für den Schwertkampf bedurfte es eines Gegners, und diesen Part übernahmen im Wechsel die männlichen Vampire im Haus. Jeder – außer Emanuele del Castello.
Seit der spanische Edelmann als Gast bei ihnen weilte, versprühte er einen geradezu unerträglichen Charme und hatte vom ersten Tage an ein Auge auf Valentine geworfen. Ihre abweisende Haltung spornte ihn umso mehr an, ihr auf die Nerven zu gehen. Natürlich hatte er sich ausgeschlossen gefühlt, als Frédéric ihm knapp und bestimmend mitgeteilt hatte, dass Valentine mit ihm nicht trainieren wolle. Es hielt Emanuele jedoch nicht ab, weiter um sie zu werben. Vielleicht würde er sie in Ruhe lassen, wenn er wüsste, warum sie kein Interesse an ihm zeigte. Aber darüber wollte sie auf keinen Fall reden.
Für einen kurzen Augenblick überlegte Valentine, ob sie doch jemanden über ihr Vorhaben in Kenntnis setzen sollte, entschied sich aber dagegen. Womöglich käme Frédéric auf die Idee, sie zu ihrem Schutz zu begleiten. Nein, sie musste diesen Schritt allein bewältigen und ins sprichwörtlich kalte Wasser springen.
Unbemerkt verließ sie ihr Zimmer, eilte den Flur mit den Privatgemächern entlang und lief die elegante Treppe zur Eingangshalle hinauf. Ein letzter Blick zurück, alles war ruhig, dann schlüpfte sie hinaus.
Tief durchatmend lehnte sich Valentine gegen die Eingangstür und blickte in den Himmel. Es war eine trübe Nacht. Die Regenwolken drückten schwer herab und verhüllten den Mond über dem Château. Dieses befand sich seit Jahrhunderten im Besitz ihrer Familie. Äußerlich fast unverändert, stets in Stand gehalten, barg es im Inneren eine wohl abgestimmte Mischung aus altem Bestand und praktischen Errungenschaften der Technik, was Valentine durchaus zu schätzen gelernt hatte. Über Bücher, Tages- und Wissenschaftszeitungen, Radio und Internet hatte sie den Transfer durch die Jahrhunderte erlebt. Zumindest theoretisch. Wirklich in Kontakt gekommen war sie mit dem modernen Leben bislang nicht. Wie würde es sein, sich in den Städten der Gegenwart, zwischen Autos und Geschäften zu bewegen, unter Menschen, die heutzutage völlig anders lebten?
Ihr Herz fühlte sich im Augenblick nicht weniger schwer an als sonst, wenn sie überlegt hatte, das Château zu verlassen. Am liebsten hätte sie sich jetzt auf dem Absatz umgedreht und wäre wieder zurückgegangen. Was wäre wenn … nein, sie durfte sich nicht länger den Kopf zerbrechen, ob sie der Begegnung mit irgendeinem anderen Wesen oder einem fremden Vampir gewachsen war. Wenn nicht jetzt, wann sollte der richtige Zeitpunkt dafür sein?
Kurz entschlossen dematerialisierte sie sich, nahm auf halber Strecke zum Ziel für einige Minuten Gestalt an. Erleichtert stellte sie fest, dass diese Position sich immer noch mitten auf dem Land befand, weit vom nächsten Ort oder einer Straße entfernt, ganz so wie einst. Die Luft war kühl und frisch. In der Ferne glitzerten ein paar Lichter, wahrscheinlich die Fenster eines Bauernhofes, in dem die Nacht noch nicht eingekehrt war. Das Brummen eines Motors war zu hören. In den Jahrhunderten ohne Elektrizität war die Nacht mit der Dunkelheit hereingebrochen, heutzutage machte man die Nacht fast zum Tag.
Ein kleiner Schauer von Glück und Zufriedenheit überflutete die Vampirin, während sie sich um die eigene Achse drehte und ihren Blick schweifen ließ. »Ich schaffe es«, murmelte sie. »Ich habe die Kraft, es zu schaffen. Ich bin darauf vorbereitet.«
Ihre Hand tastete über die Schulter nach dem vertrauten Knauf des Schwertes auf ihrem Rücken, dann dematerialisierte sie sich erneut und stand wenige Augenblicke später mit nun vor Nervosität laut klopfendem Herzen in der Altstadt Kölns. Ihre Zielposition hatte sie aus dem Vergleich eines alten Stadtplans, so wie sie Köln in Erinnerung hatte, auf einen neuen aus dem Internet adaptiert. Es hatte funktioniert.
Niemand nahm Notiz von der Gestalt im schwarzen Mantel, die mit dem Rücken an einer Hauswand lehnte, Gesicht und Haare binnen Sekunden regennass. Die Menschen hasteten vorbei, den Kopf gesenkt, tief in Jacke oder Mantel geduckt. Regenschirme berührten sich, ohne dass jemand sich dafür entschuldigte. Alle hatten es eilig, möglichst bald ins Trockene zu kommen.
Alle – außer Valentine. Der Regen auf ihrem Gesicht erschien ihr wie die Rückkehr ins Leben. Er prickelte auf ihrer Haut wie tausend kleine Nadelstiche. Wie hatte sie es nur so lange ausgehalten, sich in den Mauern des Schlosses zu verbarrikadieren? Sie schluckte. Niemand kannte die Gründe dafür besser als sie selbst, und nur sie konnte die Vergangenheit überwinden und den Dämonen ihrer Erinnerung trotzen. Deswegen war sie hier: ihre Ängste zu überwinden und ihre Aufgabe als Mitglied der Sucher zu vervollkommnen.
All die Jahre hatte sie als Sucher von zuhause gearbeitet und die Schriften studiert, die die anderen Vampire ihr brachten. Niemand hatte Anstoß daran genommen, dass sie nie nach draußen ging. Gut, vielleicht hatte Frédéric Fragen darüber abgewehrt. Mit der Bearbeitung der Dokumente, die die anderen mitbrachten, war sie hinlänglich beschäftigt gewesen. Von den Orten, an denen diese Hinweise zur Entschlüsselung der Prophezeiung gefunden wurden, wusste sie nur aus Erzählungen. Gesehen hatte sie keinen von ihnen.
Angespannt beobachtete sie, was um sie herum geschah. Wie anders sich die Menschen bewegten, anders als früher zu ihrer Zeit, vor allem die Frauen. Selbstbewusst, aber auch eilig, ohne Rücksicht auf Etikette, viele ohne Begleitung. Auch wenn sie das alles aus den Medien kannte, es wahrhaftig zu erleben, war etwas völlig anderes. Innerhalb von Minuten galt es, Jahrhunderte zu überspringen und sich anzupassen.
Valentine bemühte sich – atemlos vor Neugier und Aufregung – alles in sich aufzunehmen. Ein Fahrradfahrer ohne Licht. Ein Auto mit der Aufschrift »Taxi«. Ein Mann mit einem großen Hund, der ängstlich einen weiten Bogen um Valentine machte. Hohe Häuser, riesige, prall gefüllte Schaufenster, blinkende Leuchtreklamen, hoch oben elektrische Straßenlaternen, in der Ferne das Brummen von Autos auf einer größeren Straße, Stimmengewirr aus einem gekippten Fenster …
Allmählich beruhigte sich ihr nervöser Herzschlag. Es war vielleicht doch nicht so schwierig für sie, sich in dieser modernen Welt zu bewegen. Einen Schritt hatte sie schon geschafft. Sie durfte über diesen kleinen Erfolg stolz auf sich sein.
Aufmerksam schaute sie sich noch einmal um, ob sie jemand beachtete, ehe sie den Blick hob, die mächtige Fassade des Doms empor. Schon in früheren Jahrhunderten, seit seiner Entstehungsphase, hatte er sie beeindruckt, obwohl sie wie alle Vampire nicht an Gott glaubte und nicht verstand, warum die Menschen ihm huldigten. Aber gleichgültig, warum sie es taten, ihr Glaube war zu allen Zeiten Ansporn gewesen, auf dem Gebiet der Kirchenarchitektur Großartiges zu vollbringen.
Das Domarchiv befand sich ganz in der Nähe. Vielleicht sollte sie zuerst dorthin gehen und lesen? Nein, die Nacht war lang, und sie konnte später die Pergamentrollen studieren, von denen Frédéric ihr erzählt hatte. In dieser oder einer anderen Nacht, die Rollen liefen ihr nicht davon.
*
Nur ein einziges Mal hatte Frédéric seiner Schwester den verborgenen Zugang beschrieben. Da sie aber in der Regel nichts vergaß, was sie einmal gelesen oder gehört hatte, gelang es ihr mühelos, ihn zu finden und den verschlungenen unterirdischen Gängen bis zur Domausgrabungsstätte zu folgen.
Ein Bewegungsmelder setzte die Beleuchtung in Gang, und Valentine fuhr erschrocken zusammen. Zwar gab es auch im Schloss einige Flure, in denen das Licht automatisch anging, aber dort war es ihr vertraut. Beruhigt, dass hiervon keine Gefahr ausging, wanderte ihr Blick über Steinblöcke und Gerätschaften. Die Archäologen würden hier wohl noch eine Weile mit ihren Ausgrabungen und Forschungen beschäftigt sein.
In Sekundenbruchteilen materialisierte Valentine sich auf die andere Seite des Ausgrabungsfeldes. Dort entdeckte sie den winzigen Durchlass, von dem ihr Bruder gesprochen hatte. Sie wand ihren Kopf hin und her, inspizierte noch einmal die Umgebung. Alles war in Ordnung. Ihre Wahrnehmung funktionierte einwandfrei. Sie ortete niemanden, nicht einmal eine Maus oder eine Spinne. Sie war allein, und das war überaus beruhigend.
Instinktiv tastete ihre Hand nach dem Inhalt der linken Manteltasche. Es war eine halbe Ewigkeit her, dass sie ihren Mantel getragen hatte, auf einem Spaziergang durch den Schlosspark. Sie schmunzelte, als sie die Taschenlampe fühlte, die die ganze Zeit dort auf ihren Einsatz gewartet hatte.
Als Frédéric seiner Schwester diese Taschenlampe geschenkt und sie zugleich als praktische Erfindung der Menschen gewürdigt hatte, hatte sie ihn ausgelacht. Vampire brauchen kein Licht, um im Dunkeln zu sehen, hatte sie gesagt. Er widersprach ihr nicht, sondern bat sie lediglich, das kleine Gerät auszuprobieren. Sie werde feststellen, dass sie ihre Sinne noch besser auf andere Dinge konzentrieren könne, wenn sie ihre Augen von der Dunkelheit entlastete. Nun war die Gelegenheit gekommen, dies auszuprobieren.
Im Lichtstrahl der Taschenlampe setzte Valentine zu Fuß ihren Weg fort. Sich über der Erde von einem Ort zu einem anderen zu materialisieren war ohne allzu große Risiken. Hier unten jedoch, wo sich Mauerwerk, Felsgestein und Erde abwechselten, bestand für Valentine die Gefahr, sich ernsthaft zu verletzen. Eine Korrektur im letzten Moment war fast unmöglich, und sie durfte kein Risiko eingehen.
Der Gang war schmal und extrem niedrig, so dass Valentine ihren Kopf leicht einzog, um sich nicht zu stoßen. Eine kribbelnde Erregung bemächtigte sich ihrer. Gleich, gleich würde sie am Ziel sein, wenn Frédérics Beschreibung stimmte, woran zu zweifeln kein Grund bestand …

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