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Mich fasziniert es die Liebe zu einem gewissermaßen verwunschenen Mann zu beschreiben.

Interview mit Barbara Büchner, geführt von Eric Hantsch am 09. Dez. 2011.


Barbara Büchner Barbara Büchner
E.H.: Hallo Frau Büchner, haben Sie vielen Dank für Ihre Bereitschaft zu diesem Interview! Als gestandene Autorin mit mehreren Auszeichnungen, hat die Liste Ihrer Veröffentlichungen schon eine beträchtliche Länge erreicht. Darunter finden sich, neben Sach-, Jugend-, Krimi- und Historiebüchern, auch viele phantastische Werke – meist der unheimlichen Art. Was reizt Sie gerade an diesem Zweig der Literatur?
B.B.: Die unheimliche Phantastik war immer das Gebiet, das mich am Meisten interessiert hat, und es taucht auch in fast allem, was ich schreibe, dieses Moment des Unheimlichen auf, und sei es nur in der Wahl des Themas - wie bei einem meiner Lieblingsbücher, „Der Pestarzt“, einer im Wien des 19. Jahrhunderts spielenden Historie, die auf tatsächlichen Vorfällen beruht.

E.H.: Gibt es ein Schlüsselerlebnis, das Sie zur Phantastik geführt hat?
B.B.: In meinem Elternhaus waren Gespenstergeschichten, neben Kriminalromanen, sehr beliebt, und meine Eltern besaßen Unmengen Bücher. Ich habe schon als Kind Autoren wie E.T.A. Hoffmann gelesen.

E.H.: Woher bzw. woraus schöpfen Sie Ihre Ideen?
B.B.: Aus allem, was mir begegnet. Letzthin war es der Anblick eines Strahlenschutzanzuges, der mir die Idee zu einer Geschichte eingegeben hat. Ich lese aber auch viel „authentische Berichte“ über unheimliche und rätselhafte Ereignisse. Dabei will ich mich nicht festlegen, ob sie wahr sind oder nicht, ich nehme sie einfach als Motiv für eine short story oder ein Buch.

E.H.: Wenn Ihnen eine neue Geschichte vorschwebt, wie sieht der Arbeitsprozess aus? Schreiben Sie einfach drauf los oder bereiten Sie diesen intensiv vor?
B.B.r: Ich schreibe drauf los. Mein Agent ist ganz verzweifelt, weil ich es nie fertigbringe ein Exposee zu schreiben. Wenn ich ein Buch anfange, kenne ich wohl das Thema und den Schauplatz, und vor allem kenne ich die Figuren, die ich sehr sorgfältig ausarbeite, aber die Handlung ergibt sich dann fortlaufend aus dem bereits Geschehenen. Ich wundere mich oft selber dass zuletzt ein logischer Plot daraus wird.

E.H.: Wenn Sie Zeit zum Lesen finden, welche Bücher bevorzugen Sie?
B.B.: Am Liebsten lese ich authentische Berichte, Romane sprechen mich weniger an. Ich lese gerne über außergewöhnliche Menschen und Ereignisse. Im Augenblick lese ich ein Buch über eine Besteigung des Mount Everest. Mich fasziniert der Gedanke, in eine solche Landschaft vorzudringen. Dabei bin ich selber ein richtiger Ofenhocker!

E.H.: Gibt es Autoren, die Sie beeinflusst haben und deren Werke Sie noch heute gern lesen?
B.B.: Eine ganz Reihe. H.P. Lovecraft natürlich und E.A. Poe, an denen kommt ja man ebenso wenig vorbei wie an E.T.A. Hoffmann und M.R. James. Dann J.R.R. Tolkien. Er ist aber der einzige Fantasy-Autor und „Der Herr der Ringe“ der einzige Fantasy-Roman, die mir wirklich gefallen. Und Arthur Conan Doyle - alles, nicht nur Sherlock Holmes. Und weniger bekannte Autoren wie Dino Buzzatti und die Brüder Benson.

E.H.: Können Sie sich vorstellen, mit einem oder mehren Kollegen an einem Projekt zu arbeiten, oder sind Sie mehr ein Einzelkämpfer?
B.B.: Ich lebe und arbeite sehr zurückgezogen. Nein, ich bin keine gute Teamarbeiterin. Aber ich schreibe für Anthologien und lese dann gerne, was Kollegen aus demselben Thema gemacht haben.

E.H.: Gibt es einen oder mehrere Titel aus Ihrem reichen Schaffen, die Ihnen besonders lieb sind?
B.B.: Ja. „Hurrikan“, das ich für eines meiner besten Bücher halte, obwohl es in dem kleinen BRENDOW Verlag herauskam und entsprechend im Schatten stand. Es geht darin um den Untergang der Stadt Galveston im Jahre 1900. Und „Das Haus der Phantome“, das kürzlich im BLITZ-Verlag erschien. Das ist eine wirklich verrückte Geschichte, die ich einfach aus dem Bauch heraus geschrieben habe ohne mich darum zu kümmern ob sie je gedruckt werden wird.

E.H.: In den letzten Jahren waren Sie an vielen Phantastik-Projekten (z.b. DARK LADIES, ARS LITTERAE) von Alisha Bionda beteiligt. Wie kam es zum Kontakt zwischen ihnen?
B.B.: Sie hat mich wegen einer Kurzgeschichte für eine Anthologie angeschrieben, und wir haben uns dann bald literarisch und auch persönlich sehr gut verstanden.

E.H.: In der Reihe ARS LITTERAE ist ihre Roman DER SCHWARZE SEE erschienen, der einen „All-Age-Phantastikroman in lovecraftscher Tradition“ verspricht. Mit der Bezeichnung „All-Age“ assoziieren die meisten Leser einen spannenden Fantasy-Roman mit Happy End, Lovecraft ist jedoch mehr für sein „Kosmisches Grauen“ und den unausweichlichen Untergang des jeweiligen Protagonisten bekannt. Wie passt das zusammen und was verstehen Sie unter „lovecraftscher Tradition“?
B.B.: Also ehrlich, diese seltsame Beschreibung ist nicht von mir, und ich weiß damit nicht viel anzufangen. Es ist eine eher skurrile Geschichte über einen Stausee, der zum Tor in eine andere Welt wird, und Aliens, die zwar wie Lovecrafts alte Wesen aussehen, aber schnell lernen, menschliche Gestalt anzunehmen. Eigentlich geht es darum, dass sowohl die Irdischen wie die Alten Wesen unheimlich geldgierig und imperialistisch eingestellt sind und nur daran denken können die jeweils andere Welt zu kolonialisieren. Die jugendlichen Helden sind die Einzigen, die wirklich Helden im Sinn von guter Fantasy sind.

E.H.: Was hat Sie zum Schreiben dieses Romans inspiriert?
B.B.: Ein Film über einen Stausee und ein Dorf, das bei dessen Inbetriebnahme überflutet wird. Ich habe Geschichten von im Meer oder einem See versunkenen Städten immer gern gelesen; es ist ein so phantastischer Gedanke, dass alles noch da ist, nur eben in einem anderen Element.

E.H.: Einstmals beim Sieben Verlag erschienen, wird ARS LITTERAE nun im Fabylon Verlag fortgeführt. Darf man auf weitere Titel von Ihnen in dieser Reihe hoffen?
B.B.: Ich habe jedenfalls noch eine Menge halbfertiger Manuskripte auf Halde, und ich halte es nicht aus länger als ein paar Tage nicht zu schreiben.

E.H.: Im Verlag Voodoo Press ist Ihr neuer Roman DIE WEIHNACHTSBRAUT erschienen. Könnten Sie kurz umreißen, um was es in diesem Buch geht?
B.B.: Da können Sie jetzt die „lovecraftsche Tradition“ zitieren. Ein schon etwas spätes Mädchen lernt über eine Heiratsannonce einen Mann kennen, der in einem alten Patrizierhaus am Fluss lebt, nur Meeresfrüchte isst, seltsame Schätze von den Südseeinseln hortet und merkwürdigerweise jedes Jahr zu Weihnachten die Bekanntschaft einer Heiratskandidatin macht, die dann nie wieder gesehen wird. Wie zu erwarten stecken ein finsterer alter Opferkult und amphibische Wesen aus dem Meer dahinter, aber es ist auch eine sehr zarte Liebesgeschichte zwischen zwei Spezies, die „konnten zusammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief“, wie es in der Ballade von den beiden Königskindern heißt.

E.H.: Was ist für Sie so reizvoll an den Geschichten eines Poe und Lovecraft?
B.B.: Bei Lovecraft gefällt mir, dass seine Alten Wesen wirklich Aliens sind - nicht einfach Menschen mit etwas größeren Köpfen und dreifingrigen Händen. Sie sind fremd in jeder Hinsicht, man kann sich mit ihnen nicht verständigen. Und was Poe angeht, so gefällt mir bei vielen seiner Geschichten die geradezu diabolische Art, wie ein Verbrechen sich rächt - etwa in „Das verräterische Herz“, „Die schwarze Katze“ oder, am Eindrucksvollsten, „Der Kobold der Perversion“. Ich mag moralische Geschichten und es gefällt mir, wenn die Bösen bestraft werden, vor allem die Hochmütigen und Rücksichtslosen wie Prinz Prospero oder der böse Herrscher in „Hoppefrosch“. Die kann es nicht grausam genug treffen.

E.H.: Buzzatis Prosa weist oftmals kafkaeske Züge auf. In wie weit haben seine Werke Ihr Schaffen beeinflusst?
B.B.: Ich habe von Kafka nur „Die Verwandlung“ gelesen, und da muss ich sagen, wie ein Wiener Liedermacher über Mozart sagte: „Ich weiß, er ist grandios, aber dieses Grandiose, es erschließt sich mir nicht.“ An Buzzatti fasziniert mich seine tiefe Frömmigkeit, die in allen seinen Geschichten durchkommt, und zwar ganz ohne Frömmelei. Das ist eine sehr seltene Fähigkeit.

E.H.: Auffallend ist in vielen Fantasy-Büchern der Gegenwart – hier auch meist wieder mit dem „Anhang“ All-Age –, dass sich zwischen den Protagonisten im Laufe der Handlung eine Romanze entspinnt. Auch in DER SCHWARZE SEE geschieht diese zwischen den bei beiden Charaktere Birgit und Patrick; und auch DIE WEIHNACHTSBRAUT kommt nicht ohne dieses Ingredienz aus. Kann ich daraus schließen, dass Liebesbeziehungen in Ihren Geschichten eine essentielle Rolle zukommen?
B.B.: Beim SCHWARZEN SEE wurde ich vom Verlag unter Druck gesetzt: Es müsse unbedingt eine Romanze rein. An sich war keine vorgesehen, und man merkt wohl auch – Alisha Bionda hat mir dasselbe gesagt – dass diese aufgezwungene Romanze ein Fremdkörper ist. Bei der WEIHNACHTSBRAUT ist das ganz anders. Da geht es um den Schwarzen Prinzen, den dämonischen Liebhaber, der ja im Märchen so oft auftaucht; um die Liebe zu einem unheimlichen, fremdartigen und gefährlichen Mann. Hier ist die Liebesbeziehung das Zentrum der Geschichte.
Spielen Liebesbeziehungen bei mir eine essenzielle Rolle? Ja, aber in ihrer unheimlich-phantastischen Form. Mich fasziniert es die Liebe zu einem gewissermaßen verwunschenen Mann zu beschreiben. Ich war noch ein ganz kleines Mädchen als ich die uralte Verfilmung von „La Belle et la Bete“ gesehen habe, und ich hätte keinen Augenblick gezögert, dieses aufregende, kuschelige Ungeheuer mit den langen Krallen zu heiraten! Ich schreibe ja auch erotische Storys, und da kommt dieses Thema ganz stark heraus.

E.H.: Nun ist Lovecraft ja nicht unbedingt für seine romantischen Plots bekannt. Wie „tief“ geht also diese „lovecraftsche Tradition“ in DIE WEIHNACHTSBRAUT?
B.B.: Lovecrafts Meerwesen sind, wie schon gesagt, durch und durch fremd und abstoßend. Meine sind Mischlinge zwischen Menschen und Alten Wesen, und damit haben sie einen menschlichen Teil. Manche sind so vermenschlicht, dass sie eine Ahnung von Liebe empfinden können. Aber, und hier schlägt die lovecraftsche Tradition durch, ein Happy End gibt es nicht, nur einen Heldentod.

E.H.: An welchen Werk arbeiten Sie zur Zeit und könnten Sie dem Leser schon etwas darüber verraten?
B.B.: Ja, ich arbeite da wieder mit Alisha Bionda zusammen. Und es geht wieder um einen teuflischen Verführer, diesmal allerdings einen ganz klassischen Dämon, der eine verzückte Anhängerschaft um sich schart. Vertreiben kann ihn nur der Urenkel eines Scharfrichters. Glücklicherweise ist der neue Freund der Heldin ein solcher. Es wird eine traditionelle Geschichte, ganz ohne Lovecraft diesmal, mit einem Heldenpaar, das eher Mulder-Scully gleichkommt, aber einer Menge ganz schräger Erotik zwischen dem Dämon und seinen Anhängern, denn der ist ein richtiger Buhlteufel, wunderschön und böse zugleich

E.H.: Vielen herzlichen Dank für dieses interessante Interview!
Barbara Büchner
© Barbara Büchner

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