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Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich die Nacht hindurch schreiben.

Interview mit Tatjana Stöckler, geführt von Alisha Bionda am 20. Sep. 2012.


Dieses Interview ist Teil der Kolumne:

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A. Bionda
5 Beiträge / 61 Interviews / 20 Kurzgeschichten / 16 Galerie-Bilder vorhanden
Tatjana Stöckler Tatjana Stöckler
Alisha Bionda führte ein umfangreiches Interviews via Mail mit Tatjana Stöckler

A.B.: Liebe Tatjana, zuerst möchte ich Dir einige persönliche Fragen stellen, damit Dich die Leser besser kennenlernen: Was gibt es über Dich als Mensch zu sagen?
T.S.: Zunächst einmal möchte ich mich herzlich für das Interview bedanken und hoffe, die Leser mit meinen Gedanken genauso zu unterhalten wie mit meinen Geschichten. Mein Leben verlief bisher ziemlich abwechslungsreich und ich denke, Ruhe werde ich wohl kaum bekommen. Will ich eigentlich auch nicht. Ein gewisses Chaos gehört zu mir, aber zum Glück habe ich die Fähigkeit, daraus erträgliche Ordnung zu schaffen. Erträglich insofern, dass ich mich wohlfühle und das auch meiner Familie und meinen Freunden biete.

A.B.: Was zeichnet Dich in Deinen Augen aus?
T.S.: Meine Vielseitigkeit. Heutzutage werden nur noch Spezialisten ausgebildet, im Gegensatz dazu nehme ich mir für mich das Recht heraus, von vielem etwas zu wissen. Man sehe sich die Lebensläufe von wirklich bedeutenden Menschen an: Da finden wir keine Spezialisten, sondern Leute mit breiter Allgemeinbildung, die über ihren Tellerrand blicken konnten. Ohne Allgemeinwissen nehme ich mein winziges eigenes Stück viel zu wichtig und versage dem Mitmenschen die Aufmerksamkeit, die er verdient. Wenn ich mehr von einem Gebiet wissen muss, kann ich mir das zusammensuchen, aber ohne den groben Überblick weiß ich nicht, wo ich suchen muss. Recherche ist für meine Bücher enorm wichtig, und da kommt mir meine Eigenschaft zugute. Ich spreche viel mit anderen Menschen, interessiere mich für sie und werde mit ihrem Wissen dafür belohnt. Für einen Roman kann es genauso wichtig sein, wie man richtig eine Grube aushebt, wie das Titrieren von Nitroglycerin.

A.B.: Was magst Du, und was eher nicht?
T.S.: Ich mag ruhige Tage, möglichst im Herbst, an denen ich ohne Störung an meinem Computer sitzen kann, ein Kännchen Tee neben mir, ein Kater auf dem Schoß und jede Menge Ideen im Kopf, die ich aufschreibe. Es darf gerne regnen oder stürmen, der Frost mag knacken, dann fließen die Worte nur so aus mir heraus. Und wenn ich dann so richtig in meine Geschichte versunken bin, dann mag ich es nicht, wenn durch das Haus quengelt: „Mama, meine Schwester hat mal wieder …“ Dann ist die Idee weg und der Alltag hat mich wieder.

A.B.: Was ist Dir im Umgang mit Menschen wichtig?
T.S.: Ehrlichkeit. Ich kann fast alles verzeihen, aber dass man seine eigenen Fehler vertuschen will, indem man sie einem anderen in die Schuhe schiebt, kann ich nicht leiden. Das ist allerdings eine menschliche Eigenschaft – niemand wird gerne mit seinen eigenen Fehlern konfrontiert, auch nicht vor sich selbst -, aber es gibt Leute, die übertreiben das. Und nur diesen gegenüber benutze auch ich mal eine Notlüge („Furchtbar viel zu tun im Moment, leider etwas dazwischengekommen …“), wenn ich nichts mit ihnen zu tun haben will.

A.B.: Welche Hobbies hast Du?
T.S.: In erster Linie das Schreiben. Und dann das Schreiben. Wenn ich Zeit zwischendurch habe, beschäftige ich mich damit, was andere schreiben. Es gefällt mir, jungen Autoren zu helfen, darum bin ich in der Jury der Storyolympiade und lektoriere.

A.B.: Wolltest Du immer schon Schriftstellerin werden oder war es eher eine Folge Deiner persönlichen Entwicklung?
T.S.: Es war mein Kindheitstraum, aber die Realität hat ihn mir entfremdet. Erst später, als ich mich schon damit abgefunden hatte, dass ich nur für mich alleine schreibe, fand ich Gleichgesinnte, die mich ermutigten, auch mal an die Öffentlichkeit zu treten. Nichts hat mich jemals mehr gefreut als die Bestätigung, dass ich Talent zum Schreiben habe. Seitdem komme ich nicht mehr davon los.

A.B.: Wann hast Du zu schreiben begonnen? Und womit?
T.S.: Es gibt eine tragische Liebesgeschichte, die noch immer als blassgrün handgeschriebene Blättersammlung in meiner Schublade liegt. Ich schrieb sie mit etwa 14 Jahren. Ab da nutzte ich Füller und Bleistifte ab, bis ich die Reiseschreibmaschine meines Vaters vor dem Sperrmüll rettete. Den ersten Homecomputer nutzte ich zur Textverarbeitung, ich kaufte einen billigen Plotter, weil Drucker fast unerschwinglich waren. Meine Texte wurden von einem Computersystem zum nächsten umformatiert und mittlerweile muss ich auf der Festplatte richtig suchen, wenn ich einen bestimmten Text brauche. Mit dem Internet änderte sich auch meine Art zu schreiben, statt acht geöffneter Bücher stehen jetzt geöffnete Websites im Hintergrund meiner Textverarbeitung. Dank Laptop arbeite ich im Garten oder im Park. Ich bin gespannt, welche neue Entwicklung ich als Nächstes in mein persönliches Schreiben einbinde!


A.B.: Hast Du eine fest strukturierte Methode, wie Du ein Projekt umsetzt?
T.S.: Teils – teils. Kurzgeschichten schreibe ich „einfach so“ in einem weg. Natürlich werden sie noch überarbeitet, aber wenn ich im Laufe des Schreibens merke, dass ich den Punkt nicht treffe, werfe ich sie weg und schreibe neu. Bei Romanen muss ich mir selbst eine Struktur setzen, weil ich mich sonst verzettele. Die Geschichte läuft dann irgendwohin, wo sie nichts zu suchen hat, schlimmstenfalls im Kreis. Also schreibe ich höchstens das erste Kapitel, dann muss ein Exposee her. Das unterscheidet sich zunächst von dem, was später ein Verlag bekommt, außerdem ist es nicht bindend. Aber zumindest eine Schnur, an der ich mich entlanghangele.

A.B.: Schreibst Du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht Dein Tagesablauf aus?
T.S.: Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich die Nacht hindurch schreiben. Leider stört mich das wirkliche Leben dabei: Die Kinder müssen früh zur Schule. Allerdings habe ich danach den halben Vormittag über eine ruhige Zeit, in der ich ganz für mich allein schreiben kann. Dummerweise reißen mich ab und zu die Buchführung und das Telefon aus dem Fluss, aber das muss nun einmal sein. Wir sind selbständig und haben manchmal so viel zu tun, dass wir kein Auge zubekommen, aber dann auch Zeiten, in denen ich mich ungestört meinen Welten widmen kann.

A.B.: Bevorzugst Du eine bestimmte Atmosphäre oder benötigst Du besondere Ruhe, wenn Du schreibst?
T.S.: Ruhe ist schön, muss aber nicht unbedingt sein. Ich liebe Musik im Hintergrund, die zu meiner Stimmung passt – oder die mich in eine Stimmung bringt. Wenn mich mein Schreiben so richtig gepackt hat, kann es sogar im Hintergrund turbulent werden, ohne dass ich mich gestört fühle. Nur wenn man mich direkt anspricht, tauche ich auf.

A.B.: Schreibst Du an mehreren Projekten gleichzeitig oder trennst Du das strikt?
T.S.: Wenn es mich so richtig gepackt hat, schreibe ich fünfhundert Seiten in einem durch, vernachlässige Essen und Schlafen und lasse die Geschirr- und Wäscheberge anwachsen. Aber es gibt auch Pausen, da muss ich überlegen, wie es am besten oder in welcher Reihenfolge weitergehen soll. Um meine Gedanke in andere Bahnen zu bringen, konzentriere ich mich dann auf etwas ganz Anderes, eine Kurzgeschichte oder die Überarbeitung eines anderen Romans. Manchmal werde ich durch den Beruf herausgerissen und weiß hinterher nicht mehr, was ich schreiben wollte. Auch dann hilft es mir, mich einer ganz anderen Geschichte zu widmen.

A.B.: Welchen Genres ordnest Du Dich zu? Und welches reizt Dich am meisten?
T.S.: Am Meisten reizt mich das Genre, in dem ich gerade schreibe. Mich auf ein Genre festlegen mag ich gar nicht. Ich habe schon fast alles versucht: Liebesroman, Fantasy, Krimi, Science Fiction, Horror, auch Historische Romane. Jedes Genre hat seinen besonderen Reiz und natürlich auch seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Manchmal liebe ich es, absichtlich diese Gesetze zu brechen und die Genregrenzen zu überschreiten.

A.B.: Jüngst ist Dein Kurzroman “Leitstelle ins Glück” (Teezeitgeschichten, Band 2) im TextLustVerlag erschienen. Schilder uns doch bitte kurz, was den Leser darin erwartet.
T.S.: Eine (fast) wahre Geschichte. Orson, der Pilot einer kleinen Frachtmaschine fliegt regelmäßig die karibische Insel Aruba an und wird immer von der gleichen Stimme aus dem Tower begrüßt. Er braucht lange, bis er den Mut fasst, Julia um ein Rendezvous zu bitten, denn er trauert noch immer um seine verstorbene Ehefrau. Als er schließlich Julia kennenlernt, bricht die Vorstellung, die er sich von ihr gemacht hatte, wie ein Kartenhaus zusammen. Julia entspricht so gar nicht seinem Typ! Allerdings weckt sie seinen Beschützerinstinkt, als sie von den Schwierigkeiten berichtet, in denen sie steckt. Die beiden kommen sich näher. Dummerweise scheint sich die ganze Welt verschworen zu haben, dass die beiden nicht zusammenfinden, und am Schluss bedroht sie sogar ein Hurrikan.

A.B.: Darüber hinaus ist Deine Kurzgeschichte "Serengeti" in den Kaffeepausengeschichten, Band 4 erschienen. Worin siehst Du die Vorteile einer Short-Story?
T.S.: Der Name ist Programm: Kaffeepausengeschichten. Wer gerne im Bus oder in der Bahn oder in der Kaffeepause liest, hat bestimmt schon mal erlebt, dass er so tief in eine Geschichte eingetaucht ist, die Haltestelle zum Aussteigen zu verpassen – oder zu spät zum Job zurückzukehren. Auch in eine Kurzgeschichte kann man versinken, aber zwangsläufig wird man nach kurzer Zeit wieder herausgerissen. Nach einer guten Kurzgeschichte muss man noch einige Augenblicke nachdenken, bis man in die Wirklichkeit zurückgefunden hat, was einen aber nicht daran hindert, aus dem Bus auszusteigen oder wieder den Arbeitsplatz aufzusuchen. Aber auch als kurze Lese-Ration vor dem Einschlafen eignet sich eine Kurzgeschichte manchmal besser als ein Roman: Sie ist abgeschlossen, während man einen Roman vor dem Schlafen oft zerliest, die wichtigen Hinweise verpasst und an Stellen einschläft, die doch eigentlich spannend sein sollten. Nach einer Kurzgeschichte kann man das Buch beruhigt zur Seite legen, weil man weiß, wie die Story endet. Meiner Meinung nach wird die Kurzgeschichte durch die Verbreitung der E-Reader und I-Phones zu neuer Blüte aufsteigen. Es ist so einfach, sich schnell eine kleine Geschichte hochzuladen, die man sofort konsumiert.

A.B.: Was präferierst Du persönlich? Kürzere oder längere Texte?
T.S.: Ganz unterschiedlich. Manchmal erstreckt sich eine meiner Geschichten über mehr als tausend Seiten, andere sind nach fünfzig Seiten beendet. Kurzgeschichten stellen den Autor vor wieder ganz andere Probleme. Da kann man keine Charaktere langsam aufbauen, keine Geschichte entwickeln, nie alle Geheimnisse entschlüsseln. Da gibt es nur eine Szene, in der alles passieren muss, in der dem Leser eine ganze Welt in wenigen Minuten erklärt wird. Jedes einzelne Wort muss sitzen, jede Wortwiederholung fällt auf. Je kürzer der Text, desto anspruchsvoller ist er auch. An manchen Kurzgeschichten habe ich schon länger geknobelt als an einem Roman.

A.B.: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem TextLustVerlag? Und wie gestaltet sich diese? Was beinhaltet sie alles?
T.S.: Die Verlegerin Angela Mackert und ich kennen uns schon länger, als es den TextLustVerlag gibt. Damals war ich Herausgeberin einer Anthologie, zu der sie eine Geschichte beisteuerte. Wir lektorierten die Geschichte gemeinsam und wurden uns sympathisch, aber persönlich kennengelernt haben wir uns erst bei einer gemeinsamen Lesung in einer richtig schnuckeligen Buchhandlung. Als der Verlag gegründet wurde, bot ich spontan meine Hilfe an. Den Roman „Leitstelle ins Glück“ konnte ich mir gut im Verlagsprogramm vorstellen, wo er dann auch seinen Platz fand. In den Wettbewerb um die „Kaffepausengeschichten“ wollte ich mich zuerst nicht hineindrängen, da schon vorher beschlossen war, dass ich lektorieren würde, aber dann sprang ein Autor ab, weshalb wir alle froh waren, dass meine Geschichte „Serengeti“ so gut zu den anderen passte. Auch weiterhin werde ich beim Lektorat mitarbeiten und bei Gelegenheit sicher wieder entweder Kurzgeschichten oder auch Romane beisteuern.


A.B.: Hast Du ein Vorbild – literarisch und/oder allgemein?
T.S.: Meine Vorbilder kann ich schlecht an einer einzelnen Person festmachen. Oft fasziniert mich ein Aspekt einer Persönlichkeit, ein anderer gefällt mir allerdings nicht so gut. Ich suche lieber Ideale, Leitbilder. Personen sind Menschen mit all ihren Fehlern und Schwächen, die man akzeptieren kann, aber nicht bewundern sollte. Nach einem Ideal können wir uns richten, immer im Bewusstsein, es niemals erfüllen zu können. Das ist allerdings nicht schlimm, denn auch wir sind nur Menschen, denen das verziehen werden muss.

A.B.: Schreibst Du lieber alleine oder würdest Du auch mit einem Co-Autor arbeiten? Wenn ja, wer würde Dich da reizen?
T.S.: Ich habe mehrere Anläufe gestartet, mit anderen Autoren zusammenzuarbeiten. Meistens lief es nicht so gut, wobei ich nicht sagen will, dass es niemals an mir lag. Meiner Ansicht nach macht sich jeder Autor ein anderes Bild von „seiner“ Welt und kann schwer verkraften, wenn ein anderer auf einmal ein anderes Bild hat. Dann wird manchmal um Kaisers Bart gezankt, die Gemüter erhitzen sich, es gibt Streit oder man gibt einfach auf. Bisher ist noch keines der Projekte zu einem guten Ende gekommen, in dem zusammen mit mir andere Autoren gleichberechtigt waren. Eine Zusammenarbeit sehe ich viel besser, wenn Autoren gegenseitig in die Rollen Autor-Lektor schlüpfen. Da mag der Lektor auch tiefer in die Geschichte eingreifen, eigene Ideen einbringen und über vieles diskutieren, aber bitte nicht das Bild zerstören, das der Autor von seiner Welt in sich trägt!

A.B.: Liest Du regelmäßig? Wenn ja, was bevorzugt?
T.S.: Genauso vielseitig wie ich schreibe, lese ich auch: Einmal quer durch das Regal des Buchhändlers oder der Bibliothek. Das spiegelt sich auch in meinem eigenen Bücherregal wieder, dort gibt es von jedem etwas. Wenn mir ein Buch gefällt, lese ich es in einer Nacht durch – egal, was mich am nächsten Tag fordert. Selten nur lege ich ein Buch beiseite, das ich nicht beenden mag. Oft besorge ich mir ein Fachbuch für eine ganz bestimmte Recherche, aber wenn ich dieses Kapitel beendet habe, verschlinge ich auch noch den Rest des Buches. Manche Bücher lese ich mehrfach, wenn z. B. die Fortsetzung endlich erscheint, gönne ich mir vorher erneut den ersten Band. Zum Glück lese ich schnell, sonst bliebe mir am Tag kaum Zeit, etwas anderes zu tun. Außer ich schreibe. Dann rühre ich manchmal wochenlang kein anderes Buch an.

A.B.: Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu Deinen Lesern bzw. besteht dieser schon?
T.S.: Das ist mir sehr wichtig, aber leider bekomme ich nicht so viele Rückmeldungen, wie ich mir wünsche. Eine jede Rezension ist für mich wie ein Geburtstagsgeschenk: Nicht immer freut man sich darüber, aber man weiß zumindest, das Buch wurde gelesen und war jemandem so wichtig, dass er seine Meinung äußern wollte. Und positive Rezensionen sind natürlich das Brot des Autors! Kaum etwas beflügelt so sehr wie ein fundiertes Lob.

A.B.: Wie gestaltet sich dieser bisher?
T.S.: Der direkteste Kontakt zum Leser geschieht während einer Lesung. Da kann man die Zuhörer direkt ansprechen, erhält sofort Rückmeldung. Allein schon die Mienen der Zuhörer zeigen, wie man ankommt. Natürlich trifft man nicht jeden Geschmack, der eine möchte mehr Sozialkritik, dem anderen ist es zu gruselig, aber das größte Kompliment ist es dann, wenn nach der Lesung viele so beeindruckt waren, dass sie die ausliegenden Bücher kaufen.

A.B.: Hältst Du auch Lesungen ab? Oder kann man Dich künftig auf Cons antreffen? Wenn ja, auf welchen?
T.S.: Zu Lesungen werde ich oft eingeladen, wobei es am schwierigsten war, im Heimatort einen Termin zu bekommen. Der Prophet im eigenen Lande … Das gelang erst, als ich einen Literaturpreis gewann. Die damit verbundene Lesung war übrigens meine schönste: Es gelang mir, etliche eingeschlafene Pflichtzuschauer zu wecken und so mitzureißen, dass es am Ende stehenden Applaus gab. Das war toll! Für den Kontakt mit anderen Autoren und mit Lesern, die man vielleicht schon über Foren im Internet kennt, finde ich Cons sehr wichtig. Die BuCon in Dreieich bei Frankfurt ist mir sehr wichtig, dieses Jahr werde ich auch die MucCon in München besuchen, wahrscheinlich auch dort lesen. Noch besseren Kontakt bekommt man bei ganz kleinen Messen, zum Beispiel werde ich im Oktober bei einer winzigen Messe in Karlsruhe lesen. Besonders stolz bin ich, dass ich dieses Jahr in meiner Heimatstadt die Halloweenlesung halten darf. Da werde ich auch die Geschichte „Serengeti“ vom TLV vorstellen.

A.B.: Gibt es Menschen, die Dich bei Deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In Deinen Anfängen und jetzt?
T.S.: Ganz viel verdanke ich meinem Mann. Er war der Erste, der mich ermutigt hat zu schreiben. Leider beschränkt sich seine Lesevorliebe auf Gebrauchsanleitungen, aber er versteht, was mir das Schreiben bedeutet, und fördert mich, wie er kann. Mit meinen Kindern bespreche ich die Geschichten, lese ihnen vor und freue mich auch über Anregungen. Besonders freut mich, dass meine beiden Mädchen auch gerne selbst an Geschichten basteln und sie aufschreiben. Und dann gibt es in der Bekanntschaft noch einige Testleser, die mir unverblümt die Meinung sagen und auch das nötige Lob spenden.


A.B.: Worin siehst Du die Vor- und Nachteile in der Klein- und Großverlagsszene?
T.S.: Bei einem großen Verlag verdient man als Autor ungleich mehr Geld, aber zu veröffentlichen bedeutet automatisch Stress. Man hat starre Termine, muss sich einem strengen Programm anpassen und hat oft nicht die Freiheit, die Geschichten zu schreiben, die einem am Herzen liegen. Mein Schreiben ist ein Hobby – und das soll es auch bleiben. Außerdem beschränke ich mich nicht auf ein Genre. Da bleibt es mir nur, für Kleinverlage zu arbeiten, und das tue ich gerne. Bei meiner Produktivität reicht mir leider nicht ein Verlag aus, sondern ich schreibe für mehrere, da die unterschiedlichen Genres das Verlagsprogramm sprengen. Außerdem möchten die Verleger auch andere Autoren betreuen, nicht nur mich. Und mit der Zusammenarbeit in einem Kleinverlag bin ich rundum zufrieden. Schade ist es nur, dass die Präsenz in den Buchhandlungen nicht das Maß erreicht, das man sich als Autor wünscht. Die meisten Verkäufe geschehen durch das Internet. Aber zum Glück wissen die Leser, die sich mit Massenware nicht zufrieden geben wollen, dass sie außerhalb der hohen Stapel der Buchhändlerketten suchen müssen. Viele Kleinverlage haben Stammleser, die mit ihrem Verlag genau das Programm geboten bekommen, das sie bevorzugen. Ich glaube, das ist der große Unterschied zwischen kleinem und großem Verlag: Der Leser eines Großverlags orientiert sich am Autor („Den Sowieso lese ich gerne.“), der Leser eines Kleinverlags eher am Verlag („Beim Sowieso Verlag finde ich immer, was mich interessiert.“). Leider nur sind die Bücher eines Großverlags aufgrund der großen Auflage viel günstiger als die eines kleinen Verlags. Wenn ich aber von mir auf andere schließen darf: Das ist nicht das Argument zur Kaufentscheidung.

A.B.: Woran arbeitest Du derzeit? Auf was dürfen sich die Leser künftig freuen?
T.S.: Momentan bereite ich die Veröffentlichung eines historischen Romans vor: Eine professionelle Diebin wird als Hexe angeklagt, kann aber dem Inquisitor entkommen. Mit ihren Fähigkeiten zahlt sie ihm die erlittene Demütigung heim und dreht den Spieß um. Ein zweites Projekt hängt noch in der Schwebe: eine 500-Seiten-Space-Opera, eines der Projekte, die ich niemals zu Ende bringen werde, weil die Geschichte immer weiter geht. Ich könnte zehn Bände damit füllen. Und dann stehen noch diverse Kurzgeschichten auf meiner Liste, die ich versprochen habe oder für Ausschreibungen einsenden möchte.

A.B.: Zum Abschluss noch die Frage: Wirst Du von einer Agentur vertreten?
T.S.: Nein. Eine Zeitlang habe ich einen Agenten gesucht, aber da ein Agent von einer lukrativen Vermittlung lebt, also möglichst an einen Großverlag, ist es fast genauso schwer, einen fähigen Agenten zu finden, wie ohne Agent von einem Großverlag angenommen zu werden. Auch unter Agenten tummeln sich windige Hunde, genauso wie unter Verlegern, und man muss vorsichtig sein. Wenn man über den Tisch gezogen wird, darf man die Reibungshitze nicht mit Nestwärme verwechseln! Ich würde gerne jemandem völlig vertrauen, um mich nur auf das Schreiben zu konzentrieren, nicht auf die Verlagssuche, aber bisher hat sich noch keine Zusammenarbeit ergeben. Vielleicht eröffnen sich spontan Möglichkeiten, an die ich noch gar nicht gedacht habe.

A.B.: Vielen Dank für das ausführliche Beantworten meiner Fragen.


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