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Ich gehe gerne über Grenzen, sodass meine Geschichten zuweilen in dem einen Genre beginnen und in einem anderen enden.Interview mit Dimitrios Athanassiou, geführt von Alisha Bionda am 27. Sep. 2012.Dieses Interview ist Teil der Kolumne:
A.B.: Lieber Dimitrios Athanassiou, zuerst möchte ich Dir einige persönliche Fragen stellen, damit Dich die Leser besser kennenlernen: Was gibt es über Dich als Mensch zu sagen? D.A.: Was kann man schon über sich selbst sagen? Ich bin natürlich einfach klasse! Oder meintest Du meinen Werdegang? Also gut, Spaß beiseite: Meine Eltern sind Griechen, ich bin aber hier in Deutschland geboren und habe eigentlich immer im Rheinland gelebt. Das macht mich wohl zu einem seltsamen hellenistisch-rheinländischen Mix. Ich habe mich früh für die Naturwissenschaften begeistert. Besonders Astronomie und Paläontologie. Später habe ich Letzteres u.a. studiert. An die Uni-Zeit denke ich aber ungern zurück. In der Phase meines Lebens lief vieles verkehrt. Inzwischen arbeite ich als freiberuflicher Filmjournalist. Ein Idealistenjob, genau wie Schriftsteller. A.B.: Was zeichnet Dich in Deinen Augen aus? D.A.: Die Fähigkeit immer wieder aufzustehen, die vermutlich aus einer Mischung aus Flexibilität und Beharrlichkeit hervorgeht. A.B.: Was magst Du, und was eher nicht? D.A.: Ist das eine intime Frage oder was meinst Du? Ich mag vieles! Käsekuchen beispielsweise. Ich denke aber, dass Deine Frage von der Intention her auf etwas Anderes zielt: Ich bin ein absoluter Demokratie- und Freiheitsverfechter. Die Menschen sollten gelegentlich, außer den schönen Büchlein aus dem TextLustVerlag, auch unser Grundgesetz als Bettlektüre zur Hand nehmen und darüber nachdenken, wie viel davon bereits erodiert ist. Was ich somit nicht mag, ist natürlich Rassismus in jeglicher Form; Gewalt von links oder von rechts, religiöser Fundamentalismus; Menschen, die engstirnig, intolerant oder borniert sind oder sich selbst erhöhen. A.B.: Was ist Dir im Umgang mit Menschen wichtig? D.A.: Offenheit und Toleranz. Ich versuche zunächst jedem Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Aber es gibt Grenzen dessen, was ich noch zu tolerieren bereit bin … A.B.: Welche Hobbies hast Du? D.A.: Keine! Alle! Ich interessiere mich für so viele Dinge … Ich mag den Begriff 'Hobbies' aber nicht gern. Leider bleibt mir kaum Zeit, um die Dinge zu tun, die ich gerne tun würde. Als Freiberufler muss man ständig schaffen und die wenige Zeit, die bleibt, gehört dem literarischen Schreiben. A.B.: Wolltest Du immer schon Schriftsteller werden oder war es eher eine Folge Deiner persönlichen Entwicklung? D.A.: Ja und Nein. Ich habe schon als Jugendlicher sehr viele Kurzgeschichten verfasst, allerdings nur so für mich. Als ich mich dann zusehends mit den Werken meiner Lieblingsautoren, wie Kafka, Poe, Lovecraft, Hemingway, Chandler auseinandersetzte, stoppte ich sofort mit dem Schreiben – einfach aus der Ernüchterung heraus, es nie so gut wie die zu können. Es dauerte dann über fünfzehn Jahre bis ich, abgesehen vom journalistischen Schreiben, wieder damit begann. Ich bereue heute, diese Zeit nicht genutzt zu haben. A.B.: Wann hast Du zu schreiben begonnen? Und womit? D.A.: Wie schon gesagt, als Jugendlicher. Damals vornehmlich mit Science-Fiction-Kurzgeschichten. Allerdings hatte ich schon früh einen Hang zur Mystery. Ich habe vermutlich eine dunkle Seele. A.B.: Hast Du eine fest strukturierte Methode, wie Du ein Projekt umsetzt? D.A.: Die Idee steht am Anfang. Sie muss mich geradezu anspringen und danach verlangen, auf dem Papier geboren zu werden (manchmal sogar unter Schmerzen). Ich muss jedoch auch schnell den epischen Bogen überblicken können. Du benötigst schon zu Beginn eine Vorstellung davon, wie alles weitergehen soll und wie es ungefähr enden wird. Ohne das stirbt deine Geschichte. Das bedeutet aber nicht, dass sich diese Dinge im Verlauf nicht ändern können. Schreiben ist ein Prozess, und der Weg ist das Ziel. Ein gewisses Wissen wie man einen Plot webt, ein dramaturgisches Gebäude zimmert und Charaktermasken zeichnet, schadet zudem nicht. Ein Drittel ist Talent, ein Drittel Handwerkszeug und ein Drittel klug abgeschaut. A.B.: Schreibst Du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht Dein Tagesablauf aus? D.A.: Als freiberuflicher Journalist habe ich oft wenig Struktur in meinem Tag. Ich habe mir deshalb angewöhnt, sowohl beruflich wie auch literarisch, in den Abendstunden, mitunter auch nachts, zu schreiben. A.B.: Bevorzugst Du eine bestimmte Atmosphäre oder benötigst Du besondere Ruhe wenn Du schreibst? D.A.: Ruhe ist nicht verkehrt. Ich muss schon allein sein und in Frieden gelassen werden, um mich warmzuschreiben. Dann beginnt alles zu fließen. Eine besondere Atmosphäre ist aber nicht nötig. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Wer glaubt, es reicht eine Flasche edlen Rotweins zu öffnen und schon wird man von der Muse geküsst und schreibt einen Bestseller, der irrt, ganz heftig! Zum Schreiben gehört viel Disziplin. A.B.: Schreibst Du an mehreren Projekten gleichzeitig oder trennst Du das strikt? D.A.: Parallel an mehreren Geschichten zu arbeiten, bringt meist nicht viel. Du kommst dann selten von der Stelle. Es kommt aber vor, dass ich eine Geschichte bis zu einem bestimmten Punkt führe und sie dann für eine Weile liegen lasse. Auch Geschichten müssen manchmal reifen. In der Zwischenzeit versuche ich dann eine andere Story fertig zu stellen. A.B.: Welchen Genres ordnest Du Dich zu? Und welches reizt Dich am meisten? D.A.: Ich mag keine Genreabgrenzungen. Ich gehe gerne über Grenzen, sodass meine Geschichten zuweilen in dem einen Genre beginnen und in einem anderen enden. Ich dekonstruiere gerne die vordergründige Realität, um dann eine neue zu erschaffen. Gerade kürzlich habe ich eine Kurzgeschichte fertig gestellt, die eine Mischung aus Western, Fantasy/Horror und Weihnachtsgeschichte ist. Generell reizt mich aber das Dunkle. Meine Geschichten haben oft einen deutlichen Noir-Einschlag A.B.: Jüngst ist in dem Kurzgeschichtenband “NUR EIN FLÜSTERN VOM WIND” (Kaffeepausengeschichten, Band 3) im TextLustVerlag Deine Story “Fronturlaub” erschienen. Schilder uns doch bitte kurz, was den Leser darin erwartet. D.A.: Es ist eine Erzählung in der Ich-Form aus den Schützengräben des I. Weltkriegs. Das war ein Krieg, der wirklich furchtbar war, aber durch das Grauen des II. Weltkriegs wenig Beachtung findet. Und zudem oft völlig zu unrecht auch noch romantisiert wird. Der Leser wird sich in meiner Geschichte mit einer Portion ungeschminkter Wahrheit konfrontiert sehen, aber es gibt darüber hinaus noch mehr, doch ich will nicht zuviel verraten. Sagen wir einfach die Geschichte liegt irgendwo zwischen Erich Maria Remarque und Edgar Allan Poe. A.B.: Wie gefällt Dir das Layout der Reihe? D.A.: Wirklich gut! Auch allen meinen Freunden und Bekannten hat es sehr gut gefallen. Hoffentlich gefällt ihnen der Inhalt auch so gut. A.B.: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem TextLustVerlag? D.A.: Ich fand die Ausschreibung zu 'Kaffeepausengeschichten' im Internet und mir gefiel das Konzept. In einer normalen Anthologie geht man als Autor ein wenig unter. Hier ist man einer von dreien, das hat was Exklusives. Und für den Leser ist sozusagen bereits der Rahm abgeschöpft. Anstelle zwanzig Geschichten zu liefern, die zwangsläufig nicht alle im selben Maße begeistern können (selbst auf dem Musikalbum seiner Lieblingsband finden sich schließlich nicht nur Songs, die hundertprozentig gefallen), werden hier lediglich jene Geschichten geliefert, die es bereits aufs Siegerpodest geschafft haben. Bronze, Silber und Gold kann der Leser dann selber vergeben. A.B.: Wird es künftig weitere Beiträge von Dir im TextLustVerlag geben? D.A.: Ich hoffe doch! Ich werde sicherlich noch weitere Geschichten einreichen. Darunter auch längere, die dann vielleicht als Kurzroman veröffentlicht werden könnten. A.B.: Hast Du ein Vorbild – literarisch und/oder allgemein? D.A.: Vorbilder habe ich keine. Es gibt natürlich Autoren, die mich stark beeinflusst haben. Einige habe ich schon genannt. Jules Verne hat meine Phantasie als Kind unheimlich angeregt, später waren es dann SF-Schriftsteller wie Isaac Asimov. Robert Heinlein, Alan Dean Foster. Jack Haldemans Roman 'Der Ewige Krieg' erachte ich persönlich als den bedeutendsten Roman der Science-Fiction-Literatur. Welcher Mensch mir darüber hinaus im allgemeinen Respekt abnötigt, ist Nelson Mandela. Siebenundzwanzig Jahre zu Unrecht weggesperrt und danach dennoch nicht zu hassen. Ich könnte das nicht. A.B.: Schreibst Du lieber alleine oder würdest Du auch mit einem Co-Autor arbeiten? Wenn ja, wer würde Dich da reizen? D.A.: Dass habe ich noch nie probiert. Viele Köche machen das Gericht nicht unbedingt besser, aber man sollte niemals nie sagen. A.B.: Liest Du regelmässig? Wenn ja, was bevorzugt? D.A.: Früher habe ich viel gelesen. Heute bleibt mir kaum noch Zeit. Wenn doch, dann meist kürzere Sachen oder Sachbücher. A.B.: Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu Deinen Lesern bzw besteht dieser schon? D.A.: Ich finde den Kontakt zu den Lesern unheimlich wichtig, Schließlich schreibe ich für diese Menschen. Es ist wie bei einer Symbiose. Das eine kann ohne das andere nicht sein. A.B.: Wie gestaltet sich dieser bisher? D.A.: Durch regelmäßige Auftritte auf regionalen Lesebühnen. Ich habe sogar selbst eine ins Leben gerufen. 'Die Katze aus dem Sack'. Gemeinsam mit einigen anderen Autoren/innen trat ich eine Zeitlang in Köln auf. Aktuell sucht die Mieze ein neues Zuhause. A.B.: Hältst Du auch Lesungen ab? Oder kann man Dich künftig auf Cons antreffen? Wenn ja, auf welchen? D.A.: Wie gesagt, Lesungen schön länger. Auf Cons bisher noch nicht. Kommt vielleicht noch. A.B.: Gibt es Menschen, die Dich bei Deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In Deinen Anfängen und jetzt? D.A.: Das ist ein eher trauriges Kapitel. Wenn man erzählt, dass man sich vorstellen könnte, ein Leben als Schriftsteller führen zu können, wird man meist belächelt, oft für einen Spinner gehalten. Alternative Lebensentwürfe haben in unserer Gesellschaft ohnehin wenig Raum. Ich habe aber eine gute Freundin, die stets sagte: „Du musst veröffentlichen!“ Also gut, das habe ich dann getan. A.B.: Worin siehst Du die Vor- und Nachteile in der Klein- und Großverlagsszene? D.A.: Ich glaube die Großverlage haben ein sehr breites Angebot, aber wenig Tiefe, gerade in speziellen Genrebereichen oder wenn es experimenteller oder avantgardistischer wird. Dort sehe ich dann die Kleinverlage, die nicht unbedingt auf Massenkompatibilität setzen. A.B.: Woran arbeitest Du derzeit? Auf was dürfen sich die Leser künftig freuen? D.A.: Derzeit an zwei Kurzromanen. Einer ist eine Mischung aus History, Krimi und Fantasy und der andere ist richtig schön schräg. Erinnert ein wenig an Noir-Krimis von Raymond Chandler, besitzt Fantasyelemente und auch Passagen, die einiges von einem Theaterstück haben. Des Weiteren bereite ich noch eine Erzählung für eine Anthologie vor, die zum ersten Mal nicht der Phantastik angehören, sondern eine reine Prosaerzählung mit starkem autobiografischem Anteil sein wird. A.B.: Zum Abschluss noch die Frage: Wirst Du von einer Agentur vertreten? D.A.: Nein, derzeit noch nicht. A.B.: Vielen Dank für das ausführliche Beantworten meiner Fragen. [Zurück zur Übersicht] |
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