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Wenn jemand redet, sollte man zuhören.

Interview mit Ruth Kornberger, geführt von Alisha Bionda am 27. Dez. 2012.


Dieses Interview ist Teil der Kolumne:

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A. Bionda
5 Beiträge / 61 Interviews / 20 Kurzgeschichten / 16 Galerie-Bilder vorhanden
Ruth Kornberger Ruth Kornberger
Alisha Bionda führte ein umfangreiches Interview via Mail mit Ruth Kornberger

A.B.: Liebe Ruth, zuerst möchte ich Dir einige persönliche Fragen stellen, damit Dich die Leser besser kennenlernen: Was gibt es über Dich als Mensch zu sagen?
R.K.: Ich habe schon immer gern Dinge erfunden. Wäre ich nicht bei den Geschichten hängen geblieben, hätte ich wahrscheinlich einen Hobbykeller und würde aus alten Radios futuristische Apparaturen zusammenlöten.

A.B.: Was zeichnet Dich in Deinen Augen aus?
R.K.: Mich kann man leicht begeistern. In einer meiner Kindergeschichten sagt ein Mädchen zu jedem Vorschlag: „Klar, warum denn nicht?“ Ganz so bin ich zwar nicht, aber ich erwäge zumindest immer die Möglichkeit – viele Möglichkeiten, jeden Tag. Ohne einen Terminkalender, in dem ich festhalte, was ich unbedingt erledigen will, und was nur, wenn noch Zeit ist, würde ich mich total verzetteln.

A.B.: Was magst Du, und was eher nicht?
R.K.: Ist das eine Frage, die man spontan beantworten soll? Dann mag ich: Filme mit überraschenden Wendungen, die Musik von Soundgarden, die Beleuchtungsfunktion meines eBook Reader (damit im Dunkeln zu lesen hat etwas vom heimlichen nächtlichen Schmökern als Kind)
Und ich mag nicht: Diese Sommer, die immer heißer werden

A.B.: Was ist Dir im Umgang mit Menschen wichtig?
R.K.: Ich komme aus Norddeutschland und finde, es müssen nicht immer viele Worte gemacht werden, aber wenn jemand redet, sollte man zuhören.

A.B.: Welche Hobbies hast Du?
R.K.: Seit einem halben Jahr laufe ich. Früher habe ich mich über diesen Sport lustig gemacht, aber jetzt bin ich regelrecht süchtig nach ihm, und plane schon beim Dehnen danach, wann ich die nächste Runde drehen kann. Neulich habe ich bei einem Volkslauf mitgemacht, und die Atmosphäre war mitreißend.

A.B.: Wolltest Du immer schon Schriftstellerin werden oder war es eher eine Folge Deiner persönlichen Entwicklung?
R.K.: Meine Eltern haben erst einen Fernseher angeschafft, als ich vierzehn war, darum waren Bücher und Hörspiele meine einzigen Medien. Ich glaube, ich habe die Kinderbibliothek neben meiner damaligen Schule komplett durchgelesen, und wenn ein Buch zu schnell zu Ende war, habe ich eine Fortsetzung dazufantasiert.


A.B.: Wann hast Du zu schreiben begonnen? Und womit?
R.K.: Irgendwann mit achtzehn oder neunzehn habe ich schon einmal etwas geschrieben. Dann fing ich an, Medienwissenschaft zu studieren und verlor mich in der Internet- und Multimediablase, die es Ende der 90er gab. Mit siebenundzwanzig begann ich wieder, mit einer Kurzgeschichte. In der Nähe meiner damaligen Wohnung machte ein asiatischer Lebensmittelladen einen Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe. Die Regale waren schon beinahe leer, aber mitten im Raum stand noch eine Tiefkühltruhe, die bis zum Rand mit Langusten gefüllt war. Sie befanden sich kurz vor dem Verfallsdatum, und wie wahrscheinlich alle Kunden vorher, ging auch ich an ihnen vorbei. Aber das Bild lies mich nicht los. Ich fand, in dieser profanen Tiefkühlware lag der ganz Stoff für eine Tragödie. Die gute Hoffnung, die der Geschäftsinhaber gehabt hatte, als er die Ware kaufte, sein Scheitern. Gab es noch die Möglichkeit auf ein positives Ende? Auf dem Nachhauseweg vervollständigte ich die Geschichte im Kopf. Und weil sie eben da war, schrieb ich sie auf. Seither trainiere ich meinen Blick für Geschichten.

A.B.: Hast Du eine fest strukturierte Methode, wie Du ein Projekt umsetzt?
R.K.: Ich habe schon viele Methoden ausprobiert: die Schneeflockenmethode, automatisches Schreiben, Plotten in Stichwörtern. Mittlerweile ist es meistens so, dass ich grob plane und warte, bis ich eine einzelne Szene ganz deutlich vor meinem inneren Auge sehe. Dann setze ich mich hin und schreibe von dieser weg (wenn sie am Anfang steht) oder zu ihr hin. Darauf folgt das Überarbeiten. Das macht mir manchmal noch mehr Spaß, als das Schreiben selbst. Ich liebe das Kürzen und Verdichten.

A.B.: Schreibst Du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht Dein Tagesablauf aus?
R.K.: Ich habe einen Bürojob und schreibe abends und ein paar Stunden am Wochenende, wenn es geht. Im Moment bin ich mit meinem Sohn in Elternzeit und kann schreiben, wenn er mittags schläft und seine Schwester noch im Kindergarten ist. Ich habe auch schon versucht, früher aufzustehen, um zu schreiben, aber das fällt mir sehr schwer. Morgens bin ich nur zu nüchternen Tätigkeiten fähig.

A.B.: Bevorzugst Du eine bestimmte Atmosphäre oder benötigst Du besondere Ruhe wenn Du schreibst?
R.K.: Ich brauche Ruhe und bin am Liebsten allein. Ich trage Wollsocken, weil mir beim Schreiben schnell kalt wird, und trinke viel Wasser dabei.

A.B.: Schreibst Du an mehreren Projekten gleichzeitig oder trennst Du das strikt?
R.K.: Kreativ arbeite ich immer nur an einem Projekt gleichzeitig. Aber daneben überarbeite ich oft mehrere. Wenn es möglich ist, lasse ich eine Geschichte einige Wochen ruhen, bevor ich sie mir noch einmal ansehe, um die Betriebsblindheit zu überlisten.

A.B.: Welchen Genres ordnest Du Dich zu? Und welches reizt Dich am meisten?
R.K.: Ich habe mich schon an Kurzkrimis, Science-Fiction und historischen Geschichten versucht, aber die meisten meiner Texte kann ich keinem bestimmten Genre zuordnen. Ich würde sagen, sie sind tragisch-komisch und leben von ihren Charakteren.


A.B.: Jüngst ist in dem Kurzgeschichtenband “Der Geist des Fortschritts” (Kaffeepausengeschichten, Band 7) im TextLustVerlag Deine Story “Schneller” erschienen. Schilder uns doch bitte kurz, was den Leser darin erwartet.
R.K.: „Schneller“ ist ein historischer Krimi und spielt zur Zeit der ersten Kraftfahrzeuge. Die Protagonistin Karolin geht einem Mechaniker zur Hand, der Automobile „tuned“, wie man heute sagen würde. Ihr größter Wunsch ist, einmal für Carl Benz zu arbeiten. Sie ist ihrem Traum schon nahe, als eine Konkurrentin auftaucht. Es kommt zum öffentlichen Streit und am nächsten Morgen findet Karolin den Mechaniker tot in seiner Werkstatt. Aufgrund des Streits sind beide Frauen verdächtig und brauchen ein Alibi, das ihnen nur ein Auto verschaffen kann.

A.B.: Wie gefällt Dir das Layout der Reihe?
R.K.: Sehr gut. Man bekommt Lust, sich alle Bände ins Regal zu stellen.

A.B.: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem TextLustVerlag?
R.K.: Ich habe die Ausschreibung für die Kaffeepausengeschichten gelesen, fand das Konzept gut, habe meine Geschichte eingereicht und diese wurde genommen.

A.B.: Wird es künftig weitere Beiträge von Dir im TextLustVerlag geben?
R.K.: Das wäre schön.

A.B.: Hast Du ein Vorbild – literarisch und/oder allgemein?
R.K.: Ich bewundere T.C. Boyle für seine Detailverliebtheit und Personenzeichnungen, David Sedaris und Woody für ihren anarchistischen Humor, und die deutschen Pop-Literaten dafür, dass sie frischen Wind in die ernste Literaturszene gebracht haben.

A.B.: Schreibst Du lieber alleine oder würdest Du auch mit einem Co-Autor arbeiten? Wenn ja, wer würde Dich da reizen?
R.K.: Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie das zusammen schreiben funktioniert, aber ausprobieren – klar, warum nicht. Ich habe gerade „das siamesische Klavier“ von Christiane Neudecker gelesen. Wenn ich mir einen Co-Autor wünschen dürfte, dann jemanden, der so schreibt.

A.B.: Liest Du regelmäßig? Wenn ja, was bevorzugt?
R.K.: Ich lese gerne Kurzgeschichten, auch viele Englische. Die, die im New Yorker erscheinen, treffen meinen Geschmack ziemlich gut. Als Ausgleich widme ich mich ab und zu einem richtig dicken Schmöker, ich mag Familiendramen wie von Jonathan Franzen, oder Pionierromane, wie „Rausch“ von John Griesemer.

A.B.: Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu Deinen Lesern bzw besteht dieser schon?
R.K.: Der Kontakt ist mir wichtig, ansonsten schickt man seine Texte in die Welt hinaus und weiß nicht, ob sie überhaupt jemanden erreichen. Ich habe einen Homepage, einen Blog und eine E-Mail-Adresse, über die man mich erreichen kann.

A.B.: Wie gestaltet sich dieser bisher?
R.K.: Wie gesagt, man kann mir schreiben, und in diesem Jahr habe ich auch eine Geschichte in einer Anthologie veröffentlicht, zu der es eine Leserunde bei lovelybooks.de gab. Die Leser konnten Feedback geben und Fragen stellen, die wir Autoren beantwortet haben. Das hat Spaß gemacht.

A.B.: Hältst Du auch Lesungen ab? Oder kann man Dich künftig auf Cons antreffen? Wenn ja, auf welchen?
R.K.: Ich habe schon gelesen, allerdings nie allein, sondern im Rahmen von Wettbewerben, bei denen ich es in die Endauswahl geschafft hatte. Darüber hinaus habe ich auch einmal ein kurzes Programm mit einem befreundeten Musiker zusammen gemacht, und zweimal hat jemand anders eine meiner Geschichten gelesen. Letzteres hat mir auch sehr gut gefallen. Es ist interessant zu hören, wie der eigene Text interpretiert wird, und auch viel entspannter, mit einem Getränk in der Hand zu lauschen, als selbst dort vorn zu sitzen, denn die geborene Rampensau bin ich nicht, ich leide unter Lampenfieber.

A.B.: Gibt es Menschen, die Dich bei Deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In Deinen Anfängen und jetzt?
R.K.: Mein Freund liest alles zuerst und sagt mir, ob eine Geschichte stimmig ist. Von Lektoren, die mir Hinweise zum Überarbeiten geben, lerne ich viel. Aber was mich antreibt, sind natürlich Rückmeldungen von Menschen, denen meine Geschichten gefallen haben. Und dann gab es noch ein Ereignis, wegen dem ich das Schreiben wahrscheinlich nie mehr aufgeben kann: Ich habe an einem kleinen Wettbewerb meines Lieblingsschrifttellers T.C. Boyle teilgenommen, bei dem es darum ging, sich einen Traum auszudenken, den eine seiner Protagonistinnen nach einem dramatischen Erlebnis gehabt haben könnte. Meine knapp fünfhundert Wörter haben es auf einen der beiden ersten Plätze geschafft. Der Preis waren ein signiertes Buch und eine Begründung von Boyle, warum er den Traum mochte, verpackt in einem der kunstvollen Schlangensätze, für die er berühmt ist. Anscheinend hat er sich amüsiert. Das motiviert mich noch immer.

A.B.: Worin siehst Du die Vor- und Nachteile in der Klein- und Großverlagsszene?
R.K.: Bislang habe ich nur bei Kleinverlagen veröffentlicht und kann als Autorin nichts zu Großverlagen sagen. Meine Wahrnehmung als Leserin ist, dass Kurzgeschichten bei den Großen eher stiefmütterlich behandelt werden. Zwar verlegen sie Anthologien, aber ich kann mich nicht erinnern, für eine schon einmal Werbung bemerkt zu haben. Auf Plakaten sehe ich immer nur Krimis, Thriller und Chick Lit. Kleinverlage, das ist mein Eindruck, engagieren sich viel stärker für Kurzgeschichten – auch wenn ihre Mittel geringer sind.

A.B.: Woran arbeitest Du derzeit? Auf was dürfen sich die Leser künftig freuen?
R.K.: Momentan nehme ich noch an verschiedenen Ausschreibungen teil, und warte selbst gespannt auf Nachricht. Schreiben würde ich gern einmal etwas Längeres, oder eine Reihe von Geschichten, die thematisch zusammengehören. Letztes Jahr habe ich aus sieben älteren Geschichten, für die ich die Verwertungsrechte nicht abgegeben habe, ein eBook erstellt. Vielleicht bekomme ich nächstes Jahr genug für ein weiteres zusammen. Selfpublishing finde ich einen interessanten Trend.

A.B.: Zum Abschluss noch die Frage: Wirst Du von einer Agentur vertreten?
R.K.: Nein.

A.B.: Vielen Dank für das ausführliche Beantworten meiner Fragen.


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