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An eigenen Texten schreibe ich grundsätzlich nur abends.Interview mit Andrea Reichart, geführt von Alisha Bionda am 19. Mar. 2013.Dieses Interview ist Teil der Kolumne:
A.B.: Liebe Andrea, zuerst möchte ich Dir einige persönliche Fragen stellen: Was gibt es über Dich als Mensch zu sagen? A.R.: Wenn Du etwas über meinen Beruf wissen möchtest, dann wäre zu sagen, dass ich Jahrgang 60 bin, Buchhändlerin gelernt und meinen Magister in Anglistik und Germanistik gemacht habe. 1992 gründete ich den Item-Verlag, 1995 die Item-Buchhandlung – beides in Essen. 2006 durfte ich das literarische Konzept für das Literaturhotel in Iserlohn entwickeln, das 2008 eröffnete, und das ich bis Ende 2009 auch leitete. Seit 2010 ist das Hotel in professionellen Händen und ich bin wieder selbstständig mit meiner Agentur Leseziel, die jedoch keine Manuskripte vermittelt. Ich arbeite als Lektorin, als Autorin und Ghostwriter, als Workshop-Leiterin und vor allem nach wie vor als Verantwortliche für das Programm im Literaturhotel. Im Lokalfunk Iserlohn moderiere ich außerdem noch eine literarische Sendung. Verheiratet, keine eigenen Kinder, 1 Hund namens Norbert. Ich lebe und arbeite in Iserlohn. A.B.: Was zeichnet Dich in Deinen Augen aus? A.R.: Grenzenloser Optimismus und eine gute Portion Humor. A.B.: Was magst Du, und was eher nicht? A.R.: Ich mag kreative, nette Menschen und gehe Miesmachern, Dogmatikern und Schwarzsehern geflissentlich aus dem Weg. Vor allem aber schlägt mein Herz für Hunde. A.B.: Welche Hobbies hast Du? A.R.: Was andere als Hobby bezeichnen, gehört bei mir zum Beruf: Lesen und Schreiben vor allem. Meinen Hund degradiere ich nicht auf das Niveau eines Hobbys, damit könnte ich wohl fast sagen: keins. A.B.: Wolltest Du immer schon Schriftstellerin werden oder war es eher eine Folge Deiner persönlichen Entwicklung? A.R.: Mit 12 wollte ich Fotografin werden, mit 18 Hotelfachfrau, mit 20 Wissenschaftlerin, mit 22 Verlegerin, mit 25 erfolgreiche Geschäftsfrau. Das Schreiben lief immer im Hintergrund, an eine Karriere als Autorin habe ich kaum gedacht. Dazu war einfach keine Zeit. A.B.: Wann hast Du zu schreiben begonnen? Und womit? A.R.: Ich schreibe seit ich schreiben kann, habe in den frühen Neunzigern wissenschaftlich publiziert und nebenbei für Mann und Maus gedichtet und getextet, allerdings aus Spaß an der Freude. Seit 2010 lege ich Wert darauf, dass meine Text auch publiziert werden. A.B.: Hast Du eine fest strukturierte Methode, wie Du ein Projekt „umsetzt“? A.R.: Sei mit deinen Charakteren auf Du, plotte bis ins Detail, verstehe, worüber Du schreiben willst – wenn all das geklappt hat, dann kannst Du nicht nur in ein gutes Exposé, sondern auch einen guten Roman schreiben. Kurzgeschichten sehe ich als entspannende Fingerübung. A.B.: Schreibst Du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht Dein Tagesablauf aus? A.R.: An eigenen Texten schreibe ich grundsätzlich nur abends. Der Tagesablauf ist dem anderer Hundebesitzer nicht ganz unähnlich. Morgens, mittags, abends mit dem Hund raus, dazwischen arbeiten (lektorieren etc.) und essen, spät ins Bett. Am Wochenende ins Literaturhotel, Lesungen moderieren usw. A.B.: Bevorzugst Du eine bestimmte Atmosphäre oder benötigst Du besondere Ruhe wenn Du schreibst? A.R.: Ich brauche Ruhe. A.B.: Schreibst Du an mehreren Projekten gleichzeitig oder trennst Du das strikt? A.R.: Ich bin „Zwilling“ – wir haben immer mehrere Eisen im Feuer. Wenn ein Projekt jedoch ernst wird, dann schreibe ich das auch in einem Rutsch zu Ende. A.B.: Welchen Genres ordnest Du Dich zu? Und welches reizt Dich am meisten? A.R.: Gute Frage. „Nenn mich Norbert“ würde für den DeLiA Literaturpreis 2012 nominiert, als schönster Liebesroman 2011. Das hat mich erstaunt, weil ich nicht vorgehabt hatte, einen Liebesroman zu schreiben. „Safranträume“ ist nun ausdrücklich ein Liebesroman, wie ich hoffe mit Tiefe und übrigens auch für Jugendliche. Ich arbeite nun an einem Krimi und einem historischen Roman. A.B.: Dein Roman SAFRANTRÄUME ist beim Oldigor-Verlag erschienen. Schilder uns doch bitte, was den Leser darin erwartet. A.R.: Zwei Jugendliche, die mehr als nur aneinander hängen, werden mit 14 auseinandergerissen und müssen jeder den eigenen Weg finden, bis sie sich mit fast 18 endlich wieder begegnen. Ohne die Hilfe von drei engagierten Erwachsenen wäre das nicht so ohne weiteres möglich gewesen, und die haben eigene innere Hürden zu überspringen, ehe sie wirkliche Hilfe werden können. Es geht um Liebe, Verantwortung und den Glauben an das kreative Potenzial, das in einem Menschen stecken kann, dem man es nicht zutraut. Ganz nebenbei geht es ums Kochen, ums Schreiben und um den Tierschutz. A.B.: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Oldigor Verlag? A.R.: Wir sind uns bei Facebook begegnet, dann im realen Leben im Literaturhotel, Andrea Wölk und ich sind absolut auf einer Wellenlänge – ich hatte ja auch 17 Jahre lang einen kleinen Verlag – und literarisch überschneiden sich unsere Präferenzen eben auch. Ich bot ihr den Roman an, sie fand ihn klasse – so geht das eben manchmal im Leben. Inzwischen sind wir sehr gut befreundet. Ein Tag ohne eine Telefonpause mit ihr ist – irgendwie skurril. A.B.: Hast Du ein Vorbild – literarisch und/oder allgemein? A.R.: Da ich seit 1995 beruflich lese und buchstäblich tausende von Büchern gelesen habe, kann ich literarisch weder einen Favoriten benennen noch ein Vorbild, es gab einfach viel zu viele gute Autoren, die mir unterwegs begegnet sind. A.B.: Schreibst Du lieber alleine oder würdest Du auch mit einem Co-Autor arbeiten? Wenn ja, wer würde Dich da reizen? A.R.: 1986 war ich Co-Autorin von meinem lieben Baedeker-Kollegen Peter Gustav Bartschat, und wir veröffentlichten bei Eichborn die Buchhandels-Stilblütensammlung „Bücher welken nicht“ – inzwischen ein Klassiker, der im März in einer wieder veränderten Auflage zum 4. Mal neu erscheint, als „Goethe hat ausgecheckt“ – bei Oldigor. Ich habe auch einmal als Herausgeberin fungiert bei der Anthologie „Sprung“, die 2010 im Mönnig Verlag erschien. Wenn Elke Heidenreich oder irgendein anderer Star der literarischen Szene mich anriefe, ob ich Lust hätte ihre oder seine Co-Autorin zu werden, würde ich bestimmt nicht nein sagen, aber derzeit sehe ich solche Projekt nicht auf mich zurasen. A.B.: Liest Du regelmäßig? Wenn ja, was bevorzugt? A.R.: Wie schon gesagt, ich lese immer, seit 1995 vorwiegend aus beruflichen Gründen. Für Lustlesen ist da wenig Raum. Gäbe es den, würde ich sicher zu guter Fantasy oder Science Fiction neigen. A.B.: Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu Deinen Lesern? A.R.: Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand bei dieser Frage sagen würde „absolut unwichtig“. A.B.: Wie gestaltet sich dieser? A.R.: Ich habe im realen Leben sehr viel Kontakt zu meinen Lesern, weil es mit dem Literaturhotel ja einen Ort gibt, wo sie mich treffen können. Virtuell pflege ich gerne den Kontakt bei Facebook, obwohl mich dort eher der Tierschutz interessiert – allerdings kommen sehr viele meiner Leserinnen und Leser aus diesem Bereich. Ich mag es sehr, meine Leser zu treffen, aber so, wie ich nicht nur „Autorin“ bin, sind sie nicht nur „meine Leser“. Schön wird es immer dann, wenn wir noch andere Gemeinsamkeiten entdecken. A.B.: Gibt es Menschen, die Dich bei Deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In Deinen Anfängen und jetzt? A.R.: Meine Familie freut sich über die Erfolge, meine Freunde und Kollegen auch. Viel Unterstützung bekommen ich von meinen Freunden & Kollegen im Literaturhotel, sie sind meine größten Fans, glaube ich. Das tut gut, motiviert und inspiriert. A.B.: Welchen Rat würdest Du Newcomer-Autoren für die Verlagssuche geben? A.R.: Finger weg von DKZ, Texte anständig und professionell lektorieren lassen und lieber etwas langsamer an die Suche herangehen als holter-die-polter-kopf-zuerst-durch-die-wand. A.B.: Worin siehst Du die Vor- und Nachteile in der Klein- und Großverlagsszene? A.R.: Ich kann das ja inzwischen aus allen Blickwinkeln beurteilen. Ich war Klein-Verlegerin, habe als Buchhändlerin und über das Literaturhotel mit den Großverlagen zu tun, arbeite mit zahllosen bekannten Autorinnen und Autoren und ebenso vielen unbekannten oder nur regional bekannten und kenne die Literaturszene. Die Antwort ist aber einfach zu komplex für ein Interview, sorry. Ganz unsäglich stark gestrafft? Es gibt Mechanismen, nach denen der Handel mit Literatur funktioniert, der „Erste Literaturmarkt“ mit großen Verlagen, guten Agenten, bekannten Autoren, hohen Auflagen, Buchpräsenz in allen Buchhandlungen läuft nicht einfach „nur so“, da geht es um sehr viel Geld und entsprechend gibt es Regeln, Strategien, Sieger und Verlierer. Daneben gibt es den riesigen Bereich, in dem sich mittlere und kleinere Verlage und zahllose unbekanntere Talente bewegen, - verlegt und noch nicht verlegt – wobei ich hier noch kein Wort zur Qualität sage! Oder doch: Im Verborgenen gibt es die größten Schätze zu entdecken, das mal als Kompliment an das Engagement der Szene jenseits des „ersten Literaturmarktes“ – und den größten Mist. Im Gegensatz zum „1. LM“ kann man damit aber im Verborgenen kein Geld verdienen *schmunzel*. A.B.: Woran arbeitest Du derzeit? Auf was dürfen sich die Leser künftig freuen? A.R.: Wie schon erwähnt, in meinem Kopf kreisen zwei Projekte, ein kriminalistisches und ein historisches. Wenn die mal so weit sind, dass sie das Licht der Welt erblicken sollen, dann erzähle ich dazu gerne mehr, jetzt noch nicht. A.B.: Vielen Dank für das geduldige Beantworten meiner Fragen. A.R.: Gern geschehen. [Zurück zur Übersicht] |
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