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Uns geht es gut
von Thomas Backus

Lothar Bauer Lothar Bauer
© http://www.3d-grafik-welt.de/
Wir schreiben das Jahr 3008. Uns geht es gut. Befriedigt schaue ich aus dem Fenster. Was ich sehe gefällt mir. Die Umweltverschmutzung haben wir in den Griff bekommen. Überall grünt uns blüht es. Vögel zwitschern munter ihre Lieder. Auf den Wiesen vor der Stadt grasen friedlich Kühe, Schafe und Schweine. Die Tiere sind glücklich. Dazu haben sie auch einen guten Grund. Früher hat man sie gegessen, heute dürfen sie einfach nur leben.
Ein Autobus fährt an der Wiese vorbei. Seine gesamte Oberfläche ist eine einzige Solarzelle. Wir haben uns von den fossilen Brennstoffen abgewandt und nutzen nur noch Sonnen-, Wind- und Wasserkraft. Technisch war es einfach, ein neues Verkehrswesen zu entwickeln. Man musste es nur konsequent durchsetzen. Gut, das ging nicht von heute auf morgen. Der Egoismus war weit verbreitet, im alten Millennium. Die Leute hatten nur Geld im Kopf, und Wohlstand und die eigene Bequemlichkeit. Kein Wunder, dass die Welt vor die Hunde ging. Die großen Konzerne kümmerten sich nicht darum, umweltfreundlich zu produzieren. Sie trachteten nach dem größtmöglichen Gewinn. Die Umwelt brauchten sie ja nicht zu bezahlen.

Szenentrenner

Am Schlimmsten waren Auto-Konzerne. Sie verbrauchten Unmengen von Rohstoffen, um große, verschwenderische Fahrzeuge zu bauen. Sie sorgten dafür, dass ein Auto zum Status-Symbol wurde. Wer kein Auto hatte, war ein Versager. Jeder musste ein Auto haben, möglichst mit vielen PS. Fahrgemeinschaften wurden gar nicht erst gebildet, öffentliche Verkehrsmittel gemieden.
Die vielen Abgase machten das Atmen zur Qual. Feinstaub schwebte in der Luft.
Aber die Autos gehörten zum Leben, wie der Krebs, den die Abgase erzeugten.
Man kaufte sich ständig neue Modelle, sportlicher und dynamischer, moderner. Die Vorgängermodelle stapelte man auf den Autofriedhöfen.
Aber die Autos waren so widernatürlich, dass sie nicht einmal verrotten konnten.

Szenentrenner


Um die Menschen von der Schlechtigkeit ihres Lebenswandels zu überzeugen, brauchte es eine starke Hand. Man braucht Macht, um Reformen durchzusetzen.
Doch erst mal mussten sich die Menschen helfen lassen wollen.
Meine Chance kam Anfang 3000. Durch den Beginn des neuen Millenniums waren die Menschen in einer Art Weltuntergangsstimmung. Dann erschütterten Skandale die Demokratie. Es fing in Deutschland an. Millionen an Schwarzgeld wurden auf illegalen Konten der großen Parteien gefunden, während die Bevölkerung immer heftiger mit Steuern und Reformen geschröpfte wurde.
Dann führten sie eine umfassende Gesundheitsreform durch. Die Menschen litten an Krankheiten, weil sie sich einen Arztbesuch nicht mehr leisten konnten. Sie starben früh, was sehr praktisch war, da die Politiker auch die Renten abgeschafft hatten.
Nur wenige Menschen, die Aktionäre, Manager und Politiker lebten in Saus und Braus. Aber sie begingen den Fehler, mit ihrem Reichtum zu protzen. Die Führer der Gewerkschaften wollten ihr Stück vom Kuchen abhaben und verkauften die Arbeiter für Bodellbesuche und teure Urlaubsreisen.
Erst als der Strom so teuer wurde, dass sich die Menschen das Fernsehen nicht mehr leisten konnten, gingen sie auf die Straßen. Sie demonstrierten zu Tausenden.
Jetzt suchten sie einen Mann, der nach eisernen Prinzipien lebte.
Mich.

Gut, ich hatte mich schon eine Weile aus dem System zurückgezogen. Ich lebte auf dem Lande und versorgte mich aus einer ökologischen Landwirtschaft.
Und ich war unbeugsam gegen das System. So hatte ich mich zeitlebens geweigert, Steuern zu bezahlen, die eine korrupte Regierung in ihrer Macht festigte.
Diese Standhaftigkeit gegenüber einer korrupten Regierung bewunderten die Menschen. Nachdem sie mich aus dem Gefängnis befreit hatten, baten sie mich, für ihre Interessen einzutreten.

Szenentrenner


Mir war es nicht Recht, dass die Nacht des Umsturzes Menschenleben kostete, aber es war notwendig. Es ging um das Wohl eines ganzen Volkes.
Demoerprobte Studenten beschäftigten die Polizei mit Molotowcocktails, während ich mit einer Gruppe Stahlarbeiter den Bundestag stürmte.
Die politischen Parteien hatten sich allesamt in zahlreichen Schmiergeldaffären beschmutzt, sie wurden von mir kurzerhand zu kriminellen Vereinigungen erklärt und verboten.
Die fett und schlaff gewordenen Politiker setzten uns keinen nennenswerten Widerstand entgegen. Dienstwagen, Zweitwohnungen, Sekretärinnen und Diäten. für all die Privilegien der Politiker hatten sich die Arbeiter krumm geschuftet, jetzt präsentierten sie die Rechnung.
Wir brauchten für sie keine Gefängnisse, die Politiker wurden kurzerhand aufgeknüpft.

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Doch damit war es ja nicht getan. Auch einzelne Menschen sind schwach. Vom ehrenwerten Konzernchef mit dem dicken BMW und der 14-Zimmer-Villa bis zum gehobenen Beamten, der Staatsaufträge gegen Bares vergibt. Am Anfang versuchten wir, all diese Blutsauger zu eliminieren. Aber sie waren sehr viele. Diese Machenschaften konnte ich letztendlich nur mit einem sehr drastischen Schritt unterbinden: Ich schaffte das Geld ab!
Damit waren natürlich eine Menge Probleme verbunden.
Wer sollte denn noch arbeiten gehen, wenn er dafür keinen Lohn mehr bekam? Und vor allen Dingen, womit sollte er sein täglich Brot bezahlen?
Wir hatten ja anhand der gescheiterten Kommunisten gesehen, dass das nicht so einfach ist. Aber wie gesagt, ich hatte eine starke Hand, und ich setzte diese Neuerung durch.
Alles gehörte jedem, und jeder konnte sich an allen Konsum-Gütern bedienen - wenn er seine Arbeitsleistung erbrachte.
Jeder konnte genau das tun, was er wollte. Und er konnte auch seinen Beruf so oft wechseln, wie er wollte. Nur wer nicht arbeitete, der musste gemaßregelt werden.

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Gefängnisse schaffte ich ab. Es war erwiesen, dass sie einfach nichts nutzten. Sie boten nur einen Ort, wo sich Kriminelle untereinander verabredeten, noch krimineller zu werden. Und das noch unter staatlicher Obhut.
Ich verfügte hingegen, dass jeder, der einem anderen Schaden zufügte, arbeiten musste, um diesen auszugleichen.
Ein großer Schaden entstand den anderen, wenn jemand nicht arbeitete, und seinen Teil zum Erhalt der Gesellschaft nicht beisteuerte. Diese Querdenker gab es zu allen Zeiten. Bettler und Schmarotzer, die lieber in den Tag hinein lebten, als einem Tagewerk nachzugehen.
Für diese Asoziale gründeten wir Arbeitslager.
Die Menschen waren erstaunt und erfreut darüber, dass jemand aussprach, was sie alle dachten. Zulange hatten sie die Schlangen vor den Sozialämtern mit angesehen. Wo sich Arbeitsunwillige auf ihre Kosten den Bauch voll schlugen. Sogar die Handy-Gebühren wurden vom Sozialamt getragen!
Bei mir gab es das nicht. Handys wurden verboten. Vorbei die Zeiten, wo irgendwelche Angeber ständig und zu jeder Zeit die Ruhe störten. Vorbei waren die Zeiten des ständigen Klingelns und des lauten Sprechens.
Vorbei auch die Zeiten der verräucherten Kneipe. Alkohol und Zigaretten habe ich aus gesundheitlichen Gründen natürlich auch verboten!

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Ich schaffte auch die Fernseher ab. Die Geräte, die von jeher von Regierungen eingesetzt wurden, das Volk ruhig zu stellen. Brot und Spiel hatten das alte Rom vor Unruhen bewahrt, und Fernseher hatten die Demokratie mit all ihren Missständen geschützt.
Ich verbot all diese stumpfsinnigen Talk-Shows. Ebenso all die Spiel-Shows, die nur die Gier der Zuschauer nach Geld anstachelten.
Eine funktionierende Gesellschaft brauchte kein Verdummungs-Medium.

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Natürlich mussten wir auch die Bücher und Zeitungen abschaffen. Ein Schritt, der mir zugegebenermaßen nicht leicht gefallen ist. Doch zu viele Bäume mussten sterben, um sie herzustellen.
Die Computer boten eine angenehme Alternative. Die Menschen konnten sich die Informationen ganz leicht aus dem Internet beschaffen.
Aber all der Sex und die rassistischen Schmierereinen mussten natürlich aus dem Internet verschwinden. Das war aus Deutschland heraus nur schwer zu schaffen, da viele Netzinhalte in fremden Ländern mit lascheren Gesetzten lagerten.
Ich setzte ein paar fähige Programmierer auf das Problem an, und sie schufen wirkungsvolle Viren, die gewisse Netzinhalte zerstörten – und die Festplatten von Internetnutzern formatierte, die gewisse Suchbegriffe googelten...

Szenentrenner


Die anderen Regierungen der Welt hielten uns für Spinner, weil wir ohne Geld und wirtschaftliche Zwänge lebten. Sie hatten sich an das süße Leben gewöhnt und wollten ihre Macht nicht abgeben. Aber die Völker dieser Länder schauten voller Neid auf uns.
Es kam zu blutigen Revolutionen. Dann schlossen sie sich uns an.
Widerstände bildeten sich beim Militär, aber meine Programmierer setzten die Elektronik in den Bordcomputern von Panzern, Flugzeugen und Raketen lahm. Widerstand war zwecklos!

Szenentrenner


Anfänglich war die Verständigung recht schwierig. Aber da sie alle zu uns kamen, um sich Ratschläge zu holen, wurde Deutsch bald zu einer Weltsprache.
Das Ganze wurde natürlich beschleunigt, als ich alle anderen Sprachen verbot.
Niemand sollte Gesetze brechen können, weil er sie aufgrund einer anderen Muttersprache nicht verstanden hatte.
Unter meiner schützenden Hand vermehrte sich die Menschheit sehr schnell. Es gab keine Morde mehr und auch keine Verkehrstoten. Die Pille wurde ebenso verboten, wie Abtreibungen.
Wir bauten riesige Städte, um all den Menschen ein Heim zu bieten. Einzelunterkünfte gab es natürlich nicht mehr, dafür hatten wir keinen Platz. Wir bauten Generationenhäuser, und natürlich öffentliche Bäder und Fitnesscentren. Hygiene war uns genauso wichtig wie die Volksgesundheit.
In dieser Hinsicht spielte natürlich auch die Ernährung eine große Rolle. Es war nicht einfach, diese Menschenmassen zu ernähren. Erst als wir die wichtigsten Nährstoffe synthetisieren konnten bekamen wir den Hunger in der Welt gestillt.
Jeder Mensch auf dieser Erde bekommt seitdem genau nach Bedarf seine Nahrungskonzentrate dosiert. Über- oder Untergewicht gibt es seitdem nicht mehr.

Szenentrenner


Die Welt konnte nur überleben, weil wir alle an einem Strang zogen.
Aber wir haben es geschafft! Alles ist wunderschön friedlich. Wir leben harmonisch mit unserer Umwelt. Und wir leben harmonisch miteinander.
Ich sehe befriedigt aus dem Fenster. Was ich sehe, gefällt mir. Auf den Wiesen vor der SF-City grasen friedlich Kühe, Schafe und Schweine. Die Tiere sind glücklich. Ich habe verboten, sie zu essen!
Ein Autobus fährt an der Wiese vorbei. Sein Motor läuft mit Sonnenenergie. Benzinmotoren habe ich abgeschafft, Privatautos generell verboten.
Es war nicht einfach, die Menschen von der Notwendigkeit zu überzeugen. Viele dachten nur an Geld und Wohlstand, an die eigene Bequemlichkeit. Doch mit einer starken Hand habe ich mich durchgesetzt.

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Der Bus hält vor dem Regierungsgebäude. Er ist vollbesetzt mit Landarbeitern. Sie haben Schaufeln und Harken dabei. Wahrscheinlich wollen sie die Felder bestellen. Ich sehe voller Stolz auf die Bauern. Wir leben jetzt alle vegetarisch.
Die Leute sind erregt. Mit heftigen Gesten und lauten Parolen schreiten sie auf die Stadt, auf das Regierungshaus zu. Sie schwingen ihre Schaufeln und Harken wie Waffen.
Warum?
Ich habe die Politiker abgeschafft! Ich bin allein hier!
Unterstützung brauche ich keine, denn ich regiere mit einer starken Hand. Das Wohl der Gemeinschaft ist wichtiger als persönliche Bequemlichkeit.
Uns geht es doch gut, oder?

27. Sep. 2008 - Thomas Backus

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