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Silberkind
von Rena Larf

Diese Kurzgeschichte ist Teil der Kolumne:

RENA LARF
A. Bionda
35 Beiträge / 7 Kurzgeschichten / 1 Artikel vorhanden
Tanja Meurer Tanja Meurer
© http://www.tanja-meurer.de/
Vor 11 Jahrhunderten lebte in der Ebene des Wasserwaldes von Tamor ein Paar mit Namen Sham und Miranda. Sie hatten eine Tochter, die von ihnen wegen ihres langen, fast silberfarbenen Haares liebevoll Silberkind genannt wurde.
Das Mädchen wuchs zwischen Mondbäumen und lilafarbenen Sternblumengärten auf. Ihre Spielgefährten waren sanft schimmernde Schmetterlingselfen und Paras, kleine Naturgeister, die im Wasserwald die Baumspitzen behausten und die Bewohner vor den gefürchteten Sonnenstürmen warnten. Diese Stürme zogen in unregelmäßigen Abständen über die Schattenwelten des Wasserwaldes und verwüsteten mit ihrer sengenden Hitze Tausende von Bäumen. Der Himmel über Tamor verdunkelte sich daraufhin für viele Monde durch große Mengen von Staub und machte den Menschen und Tieren im Wald die Atmung schwer.

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Die Jahre zogen ins Land, Mond und Sonne wechselten die Herrschaft am Himmel und aus Silberkind wurde eine wunderschöne junge Frau. Sie hatte zarte, lange Glieder und ihr silbriges Haar leuchtete schon von weitem durch das Gehölz des Wasserwaldes. Am hellsten schien es, wenn sie ihr Gewand am Ufer des Silbersees ablegte und unterhalb des Sonnenbaumes ein Bad nahm.
Sham hatte es ihr verboten, weil die halbwüchsigen jungen Männer aus der Dorfgemeinschaft sie dabei beobachteten und ihr Begehr danach, sie zu freien, immer stärker wurde.
„Aber Vater“, sagte sie mit einer Stimme, der Sham nichts abschlagen konnte. „Mir ist nicht nach Spielen mit dummen Nachbarsjungen. Ich bin anders als ihr Anderen. Der Sonnenbaum ist mein Gemahl. Verstehst du das denn nicht?“
Silberkind kümmerte sich nicht um Shams besorgtes Gesicht und schwamm mit einem hellen Lachen zwischen den Wurzeln des Sonnenbaumes und den bunten Seerosen ihre Runden. Dabei lag ihr ebenmäßiger Körper, der im strahlenden Licht des Sonnenbaumes wie Elfenbein schien, wie ein wunderschöner Blickfang auf einer Blumenbank.

Vom Senat des Walddorfes wurde Silberkind daraufhin zur Hüterin des Geheimnisses des Sonnenbaumes bestimmt. In einer nur für die Ältesten zugänglichen Zeremonie, die über drei Tage ging, wurde Silberkind über das jahrhundertealte Geheimnis aufgeklärt und ihr ein Mondauge als Amulett übergeben, das sie niemals ablegen durfte. Das Mondauge war das Pfand des Sonnenbaumes für die Hüterin und sorgte dafür, dass es kein böses Erwachen aus den Tagträumen des Wasserwaldes von Tamor gab.

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Die Zeit verging, aber Silberkind alterte nicht um nur einen Tag. Die Nachbarsjungen heirateten und gründeten Familien. Aber immer wenn sie am Silbersee vorbeigingen und sahen, wie glücklich und jung Silberkind auf den Wurzeln des Sonnenbaumes saß und leise für ihn sang, blieben ihre Münder vor Erstaunen offen stehen. Für die Hüterin schien es keine Zeit und keinen Raum zu geben. Silberkind blieb die Jungfrau, der ihr ganzes sehnsüchtiges Sehnen galt.

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Die glücklichen Tage des Wasserwaldes von Tamor nahmen ein jähes Ende just in dem Moment als sich der Nebelmond auf Silberkinds Hand spiegelte und kurz ihre Aufmerksamkeit erhaschte. Einen Bruchteil später loderten wie von der dürren Hand des Bösen geführte Flammen durch die Baumspitzen des Wasserwaldes, in denen die Paras hausten. Die Naturgeister konnten die Menschen vor der herannahenden Gefahr nicht mehr warnen. Ein furchtbarer Feuersturm von nie da gewesener Größe zerstörte fast alles. Er entzündete ihr Zuhause, die Flammen sprangen von Ast zu Ast und der Wind trieb sie an, immer weiter – bis zum Silbersee.
Als die Hüterin des Sonnenbaumes die Gefahr erkannte, war es indes schon zu spät. Menschen und Tiere waren in Richtung Tamor auf die Berge geflohen, um dem Feuer zu entkommen.
Silberkind stand langsam auf und streckte ihre zartgliedrigen Finger nach ihrem Amulett aus, das sie und den Sonnenbaum schützen sollte.
Der Flammenbruder, dem die wundersame Verbindung Silberkinds mit dem Sonnenbaum schon lange ein Dorn in seinem eifersüchtigen Herzen gewesen war, schritt mit seinem Schwert durch den See auf sie zu.
„Gib mir das Mondauge und sage dich los von diesem morschen Gehölz, du liebliche Jungfrau. Ich will dich zu meinem Weibe nehmen und mit dir den Traum von Tamor leben.“
Silberkind rannte zu den Wurzeln des Sonnenbaumes und umklammerte seinen Stamm, dessen Rinde weich wie menschliche Haut war, wenn sie ihn berührte.
„Scher dich weg, du Schwertträger. An deiner Waffe klebt das Blut meines Volkes. Ich verachte dich für deine abscheulichen Taten und wünsche dir den Tod. Niemals, niemals hörst du, werde ich den Sonnenbaum für einen Mordgesellen des Bösen verlassen!“
Ihre Stimme klang schrill und voller Angst und dennoch hatte sie ihr Kinn stolz erhoben, als sie ihm ihren ganzen Hass entgegenschleuderte.
Der Eindringling rannte wutentbrannt ob der Abfuhr, die Silberkind ihm wegen eines Baumes zuteil werden ließ, durch den See und streckte sie im Dunstschleier des Nebelmondes mit einem einzigen Schlag seines scharfen Schwertes nieder.
Dann riss er ihr das Amulett mit einem irren Schrei vom Hals. Silberkind sank blutüberströmt zu Boden. Ihr Körper verfärbte sich grünlich und ihr Blut floss über die knorrigen Wurzeln des Sonnenbaumes. Dann verflüssigte sich ihre menschliche Hülle und wand sich die Uferböschung hinab in den Silbersee des Wasserwaldes.

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Die Legende besagt, dass der Sonnenbaum daraufhin aus tiefer Trauer sein strahlendes Leuchten, sein jahrhundertealtes Geheimnis verlor und zur Trauerweide mit hängenden Ästen wurde.
Der Flammenbruder hatte mit seiner Tat den Auszug der Menschen aus dem Traumtal von Tamor erreicht. Aber sein eifersüchtiges Herz blieb leer. Silberkind verließ ihren geliebten Baum auch nicht im Tode, sondern wurde zum Wassergeist, zur Hüterin des Geheimnisses der Trauerweide.
Und jedes Jahr wenn der Nebelmond zurückkehrt an den Silbersee, kann man mit wachen Augen zwischen den Schleiern des Nebels Silberkind lächeln sehen….

21. Okt. 2008 - Rena Larf

Bereits veröffentlicht in:

Im Magazin: Elfenschrift-Spezial: Märchenwelten, Dezember 2004

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