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Das Fuchshorn
von Fabienne Siegmund

Gaby Hylla Gaby Hylla
© http://www.gabyhylla-3d.de
Im Herbst beginnen sich die Nächte zu verändern.
Sie werden dunkler. Verwandeln sich in Eis.
Ashley hatte das nie etwas ausgemacht, denn wenn man in einem warmen Haus lebt, sind Herbstnächte nicht anders als alle Nächte.
Doch dann beschlossen ihre Eltern umzuziehen, als sie fünfzehn wurde und alles änderte sich.
Das Haus, in das sie zogen, war größer und älter als das, aus dem sie kamen.
Ashley war das neue Haus unheimlich.
Nicht nur wegen des Waldes, der es umschloss.
Auch wegen der langen Gänge, die in noch längere Gänge führten, zu deren Seiten Zimmer lagen, in denen vergessene Erinnerungen lebten.
Das Haus war alt.
Fast ein Schloss.
„Ein Schnäppchen“, hatte ihr Vater lachend gesagt, „du darfst dir das schönste Zimmer von allen aussuchen.“
Und sie hatte es getan und gedacht, dass er gut lachen hätte, weil er ja nie da war. Immer unterwegs. Bei Kunden.
Sie hätte gerne ein Zimmer ohne Sicht auf den Wald gehabt, aber es gab kein Fenster, aus dem man nicht in den Wald blickte.
Am Ende war es ein Erkerzimmer geworden, im zweiten Stock des Hauses, weil ihre Mutter den vielen Büchern ein Zuhause im ersten Stock geben wollte. Ihre Mutter liebte Bücher. Ihr waren das Rascheln der Seiten und die tintenschwarzen Worte genug Unterhaltung.
Ashley hatte ihre Bücher bei sich im Zimmer. Es waren nicht viele, nur alte Märchen aus ihrer Kindheit, die wie enge Freunde waren, hier in der Fremde, wo es weit und breit niemanden gab.

Szenentrenner


Die ersten Nächte hatte sie nicht schlafen können. Die klopfenden Astfinger an ihren Fensterscheiben hatten sie ebenso wachgehalten wie die knarrenden Geräusche des Hauses.
Vielleicht hätte sie sich daran gewöhnen können, und im Sommer, einige Wochen nach ihrem Einzug, schien es auch, als wäre es ihr gelungen.
Doch dann war der Herbst gekommen, und mit ihm seine Nächte.
Voll Dunkelheit und Eis.
Der Wald verschluckte die Sterne.
Und Ashley hörte das Flüstern. Nacht für Nacht für Nacht.
Zuerst dachte sie, es käme aus dem Wald, dass es nichts weiter sei als ein Blätterrascheln.
Sie hatte den Wald noch nicht betreten.
Sie fürchtete ihn, weil Menschen von jeher Unbekanntes fürchten.
Früher war der einzige Wald, den sie gekannt hatte, ein Park gewesen. Mit Wegen aus Beton und Kies. Nicht mit kleinen und unsichtbar verschlungenen Pfaden.
Ashley war sich sicher, dass das Flüstern von dort kam, aber es blieb auch, wenn man das Fenster schloss.
Im ganzen Haus schien es zu sein, in jeder Ritze, in jedem Stein.
Ashley versuchte, sich mit ihren Büchern abzulenken
Es funktionierte nicht.
Manchmal waren Seitenrascheln und stumme Druckschriftworte nicht genug.
Sie sprach mit ihrer Mutter.
Die sagte, sie sei verrückt, las weiter in ihrem Buch und gab ihr eines, das das Flüstern mit seinen Worten übermalen sollte.
Märchen.
Aus der Gegend, in der sie waren.
Ashley freute sich und tatsächlich gelang es dem Buch, das Flüstern für diese Nacht zu vertreiben.
Sie las von Immerlichtern, die nie erloschen und eisige Dunkelheit wärmer machten.
Von Fuchshörnern, deren rotes Fell im Herbstlaub zu rotem Frauenhaar wurde und die im Sommer fuchsigen Einhörnern gleich durch die Wälder strichen.
Und von anderem.
Nie hätte Ashley gedacht, dass diese Geschichten das Flüstern verstärken würden.
Als wüsste es, was sie nun wusste.
Als kenne sie die Lösung eines ihr noch unbekannten Rätsels.
Doch das Flüstern wurde in dem Moment lauter, als sie das Buch zuschlug.
Das Flüstern kannte jetzt ihren Namen.
Ashley zog sich die Decke über den Kopf und wünschte, es würde aufhören.
Das tat es nicht.
Es wurde lauter, und irgendwann konnte Ashley nicht mehr so tun, als würde sie es nicht hören.
Sie schlug die Decke zurück und stand auf.
Das Flüstern wurde zu einer fröhlichen Melodie, als würde es sich freuen, dass sie ihm endlich zuhörte.
Vorsichtig öffnete sie die Tür und blickte hinaus auf den langen Flur voller geschlossener Türen.
Auch dort war nichts.
Bis ihr das Licht auffiel.
Es war das einer Kerzenflamme, doch nirgends im Haus gab es eine Kerze. Ihre Mutter mochte sie nicht, weil Feuer zu oft an Büchern knabberte.
Mit klopfendem Herzen lief Ashley zur nächsten Ecke, bog ab und – erstarrte.
Auf halber Höhe des nächsten Ganges, kurz vor der Treppe nach unten, schwebte eine Kerzenflamme mitten in der Luft.
Sie schien sie, obwohl sie kein Gesicht hatte, anzulächeln, flackerte dann kurz und huschte die Treppe hinunter.
Ashley blinzelte. Das konnte doch nicht sein. Schwebende Lichter – die gab es nur in Märchen. Hatte sie nicht eben noch das Märchen vom Immerlicht gelesen, das Geister begleitete und aus sich selbst heraus brannte, weil es ein Seelenleuchten war?
Das Licht wartete am Treppenabsatz auf sie.
Ashley folgte ihm, weil sie neugierig war und das Flüstern um sie herum nicht leiser wurde.
Immer noch rief es ihren Namen.
Das ganze Haus schien wispernd nach ihr zu schreien.
Als sie neben dem Licht ankam, machte es einen kleinen Hüpfer und huschte dann abermals fort, und Ashley folgte ihm, bis sie an der Haustür stand, wo das Licht lautlos gegen das Schloss stieß.
Ashley öffnete die Tür und das Licht entschwand nach draußen, flog in den Wald, wo es wie eine kleine Sonne zwischen rot beblätterten Bäumen schien.
Ashley zögerte. Sie wollte nicht in den Wald.
Doch auch die Nacht, die kalt und herbstlich war, flüsterte ihren Namen, und so ging sie, zitternd vor Angst und Kälte, immer dem Licht nach, das sie in den Wald lockte.
Ashley wusste, dass es vielleicht dumm war, dem Licht zu folgen.
Was, wenn es sie ins Verderben führte?
Irrlichter taten so etwas, warnten die Geschichten.
Aber hier war kein Moor, und ein Immerlicht war kein Irrlicht, oder?
Sie wusste es nicht und folgte dem Licht weiterhin, denn wenn man nur ein Licht in der Finsternis hatte, tat man dergleichen.
Das Licht führte sie bis zu einem Baum, dessen Stamm so breit war, dass Ashley ihn nicht hätte umfassen können.
Das Laub des Baumes war so rotbuntgolden wie das aller Bäume in diesem Wald, und jetzt, da Ashley darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass dieser Forst nie richtig grün gewesen war, seitdem sie ihn kannte.
Das Licht tauchte in den Baum hinein und erlosch.
Die Nacht legte sich um sie wie ein Mantel aus flüssigem Eis.
Kein Stern stand am Himmel.
Ashley vermisste das Licht.
Es hatte die Eisnacht erhellt. Erwärmt.
Doch stattdessen wurde die Nacht noch eisiger, schlang Arme aus Frost und Reif um Blätter, Bäume und Ashley, die am liebsten fortgerannt wäre.
Das Licht hatte sie in die Irre geführt.
Mit dem Frost verstummte das Flüstern. Es war still jetzt, zu still.
Ashley hatte Angst.
Sie sah sich um.
Ein Knacken erklang.
Ein Heulen.
Und dann wieder das Flüstern.
Es sagte etwas anderes als ihren Namen: „Niemand sonst hat mich gehört.“
Ashley fuhr herum. Ihr Herz blieb einen Moment stehen, nur um im nächsten rasend weiterzuschlagen.
Vor dem Baum – nein, falsch – in dem Baum – stand eine Frau.
Wunderschön war sie, das Haar fiel in herbstlaubroten Wellen bis zu ihren Hüften, ihr Gewand war weiß, verfärbte sich aber nach unten hin in die Farben ihrer Umgebung, die Falten ihres Kleides formten sich zu den Wurzeln des Baumes.
Ihre Haut war grau und ihre Augen leuchteten so golden wie das Abendlicht.
Alles an ihr war durschimmernd, als wäre sie Nebel.
Sie sah Ashley ernst an. In ihrem Blick lag Traurigkeit.
Und Ashley?
Sie stand einfach nur da, wie festgewachsen, wünschte sich, woanders zu sein.
Aber ihre Beine bewegten sich kein Stück.
Hinter der Frau tauchte das Licht wieder auf, umsurrte sie begrüßend und blieb dann zwischen ihnen schweben.
„Mein Immerlicht hat dich gefunden“, sagte die Frau, deren Stimme wie Eis und Nebel und Traurigkeit war.
Ashley begriff, dass sie die Kälte war, die in der Nacht lag.
Das Immerlicht flog ein wenig näher zu ihr, um sie zu wärmen und es funktionierte. Die Eisblumen um sie herum verschwanden.
Die Frau neigte den Kopf.
„Du bist nicht die, die ich suche. Du bist zu jung. Es ist zu spät.“
Ashley begriff nicht.
Ihr Herz pochte immer noch so schnell und schlug die Fragen nieder, die sie stellen wollte.
„Und doch hast du mich gehört“, wisperte die Frau, die das Flüstern war.
Irgendwann schaffte Ashley zu fragen: „Wer bist du?“
Nur zögernd und bruchstückhaft verließen die Worte ihren Mund.
Die Frau sah auf.
„Ich bin das Herz dieses Waldes. Ich bin seine Zeit. Ich bin das Fuchshorn“, und jetzt sah Ashley, dass ihre Augen die einer Füchsin waren und sie dachte an die Geschichte, die ihr das Buch erzählt hatte.
Vom Fuchshorn, das die Jahreszeiten bringt und im Herbst eine Frau ist, die vom Abschied des Sommers singt.
Ashley schaute sie an. Versuchte zu verstehen, was geschehen war.
Betrachtete den Wald, der den Sommer nicht gesehen hatte.
Das Immerlicht surrte leise und die Frau beantworte Ashleys unausgesprochene Frage.
„Einst schoss mich ein Jäger. Nahm mein Fell. Raubte mein Horn.
Und ich blieb, was ich ohne Fell im Herbstzauber werde und wurde, was mein fehlendes Horn aus mir machte, und der Wald blieb es auch, denn er ist ich und ich bin er.“
Sie bewegte die Hand ein wenig und ein kalter Schauer lief Ashley über den Rücken, weil sie verstand, dass es der Wald war, der die Kälte brachte, der Wald und die Frau, die ein Geist war.
Was sie nicht verstand, war, weshalb sie hier war.
Auch wenn sie es ahnte.
Sie war dem Flüstern gefolgt, hatte damit in einen Handel eingewilligt, der alt und ewig war. So war das in Märchen.
Die Frau las in ihren Augen, was sie dachte und nickte. „Solange der Jäger hat, was er mir nahm, solange muss ich rufen, denn ich leide mit dem Wald, der im Herbst steht und nicht fort kann.“
Das Immerlicht knisterte tröstend und die Frau lächelte leicht.
„Du kannst finden, was mir fehlt. Du kannst greifen, was mein Licht nicht fassen kann.“
Ashley nickte, denn sie wusste, dass ihr nichts anderes übrig blieb.
Es gab Situationen, da hatte man die Entscheidung mit dem ersten Schritt gefällt.
Die Frau deutete auf die Bäume um sie herum. „Der Wald wird dir helfen. Mein Immerlicht wird bei dir sein. Ich werde warten.“
Und dann schwieg sie, und in ihrem Schweigen wurde sie eins mit dem Baum.

Szenentrenner


Das Immerlicht aber führte Ashley zurück zum Haus und es blieb bei ihr, bis der Morgen graute und es verblassen ließ.
Es hatte Ashley erzählt, was es wusste.
Die Jagd, die einst stattgefunden hatte, war eine Hatz auf das Fuchshorn gewesen.
Der Jäger, der sie führte, ein Prinz, zu Gast in diesem Haus.
Die Herbstfrau hatte er fangen wollen, weil er von ihr geträumt hatte.
Doch um sie zu bekommen, musste man das Fuchshorn erhaschen, denn sie sind immer eins.
Dem Prinzen aber war es nicht gelungen.
Er tötete den Fuchs, weil er glaubte, die Frau zu befreien, und tatsächlich war sie da, als er Fell und Horn entfernte, doch war sie tot, wie auch der Rest von ihr gestorben war, und der Prinz kehrte in das Haus zurück, mit Fell und Horn und allem, was von ihr geblieben war, und er blieb dort, bis er sein Ende fand.
Das Immerlicht brachte sie zu einem Zimmer, in dem sie schon gewesen war. Schrecklich hatte sie es gefunden, voll von ausgestopften Tieren, die sie mit kalten Glasaugen angestarrt hatten.
Nichts weiter war dort, außer einem Sessel und einem großen, dunklen Holzschrank. Auch ihn hatte Ashley entdeckt, doch er hatte sich nicht öffnen lassen.
Das Immerlicht flimmerte ein wenig davor herum, dann verschwand es im Inneren des Schrankes, und für einen Moment glaubte Ashley, es würde das alte Möbelstück in Brand setzen, so laut knisterte es, aber dann wurde das Flüstern um sie herum zu einem Wehklagen und sie begriff, dass die Frau im Wald ihr vermisstes Kleid durch die Augen des Immerlichts sah und danach schrie.
Ashley hielt sich die Ohren zu, aber das Jammern wurde nicht leiser, und schließlich ließ sie die Hände wieder sinken und versuchte abermals, den Schrank zu öffnen, doch wie schon am Nachmittag blieb er verschlossen.
„Der Jäger muss den Schlüssel haben“, wisperte das Flüstern aus dem Wald und das Immerlicht kam wieder zu ihr geflogen, um mit ihr nach dem Jäger zu suchen.
Ashley hatte schon eine Idee, denn auf ihren Streifzügen durch das Haus hatte sie auch ein Bild gefunden, das einen Jäger zeigte.
Sie führte das Licht dorthin und sie betrachteten das Bild. Sahen einen Mann, in einem Raum, der dem mit den Jagdtrophäen glich. Aus den Fenstern konnte man den Wald sehen, es war Herbst, wie jetzt. Er hielt in der einen Hand ein Gewehr und in der anderen – das gewundene Fuchshorn.
Ashley wusste, dass es nur das sein konnte, denn das Immerlicht weinte und flog wieder und wieder gegen das Bildnis, als wäre es ein Vogel und das Bild eine Fensterscheibe.
Dann kam es zu Ashley geflogen, flackerte vor ihren Augen und forderte sie summend auf, es auch zu versuchen.
Zuerst schüttelte Ashley den Kopf, verstand nicht, was es bringen sollte, doch dann trat sie dicht an das Gemälde, streckte die Hand nach dem Horn aus und – hatte es mit einem Male in der Hand.
Mehr noch.
Sie selbst stand in dem Bild.
Vor ihr der Jäger, die Augen wütend auf sie gerichtet, die Hand fest um das Horn geklammert.
Panisch sah sich Ashley um. Hinter ihr, dort, wo sie eben herausgestolpert war, hing ein Bild. Es zeigte einen Flur und das Immerlicht.
Es flackerte aufgeregt hin und her.
Ashley sah den Jäger wieder an.
Dessen Augen glühten unheilvoll rot.
„Du nimmst mir nicht meinen Schatz“, zischte er, und sein Atem roch nach Moder und Verderben.
Ashley schluckte. Ihre Hand hielt immer noch das Horn.
Sie wusste einfach, dass sie nicht ohne es würde gehen können. Nirgendwohin, nicht einmal nach Hause.
Der Jäger erhob sich von seinem Stuhl und blieb doch sitzen, denn nur ein durchschimmernder Geist war es, der nun vor ihr schwebte, während der Jäger selbst auf dem Stuhl blieb, ein loses Skelett in mottenzerfressenen Sachen.
Erst jetzt sah sie den Schlüssel, der an einer Kette um den knochigen Hals hing.
Alt war der Schlüssel, und voller Schnörkel, gefertigt aus dunklem Metall, das den Verschlägen an dem großen Schrank dahinter glich.
Das Fell, fuhr es Ashley durch den Kopf.
Sie musste also auch den Schlüssel holen.
Doch wie?
Der Geist des Jägers hielt sie in Schach, auch wenn er sich nicht rührte und keine Anstalten machte, sie anzugreifen.
Vielleicht wenn sie einfach einen Schritt zur Seite … nein … der Geist verfolgte ihre Bewegungen.
„Hilfe“, flüsterte sie, weil Flüstern das einzige war, das ihr einfiel, „Hilfe.“
Und als ob sie gehört worden wäre, begannen die Bäume draußen vor den Fenstern, mit ihren Ästen gegen die Scheibe zu donnern, schlugen dagegen, bis sie barsten. Und dann kam der Wald in das Zimmer, rot und gelb, orange und braun, feucht, kalt und dunkel. Er griff nach dem Skelett, zog es fort, auseinander, und wie das Skelett zerfiel, so tat es auch der Jäger. Der Schlüssel fiel in den Sessel, verschwand unter seiner Kleidung, und der Geist löste sich kreischend in Nebelfetzen auf. Auch das Horn war nun frei, und Ashley schnappte sich den Schlüssel, bevor der Wald auch nach ihr griff. Aber das Laub raschelte freundlich und machte ihr den Weg frei, und keine Minute später sprang sie in das Gemälde, das ihr den Flur und das Immerlicht zeigte, wo sie einen Wimpernschlag später selbst wieder war – mit Schlüssel und Horn und voller Staub.
Das Immerlicht begrüßte sie stürmisch, aber Ashley sah zu dem Gemälde.
Der Raum, den es eben noch gezeigt hatte, war fort. Nur noch Wald war zu sehen, rotgoldener Herbstwald. Für einen Moment meinte Ashley, Nebel zu sehen, der eine Silhouette bildete, aber dann war er fort, und das Immerlicht riss ihre Blicke von dem Bild.
Es umkreiste ihre Hand mit dem Schlüssel und erinnerte sie an den Schrank im wirklichen Trophäenraum.
Ohne noch einmal zurückzuschauen rannte Ashley los, das Immerlicht neben ihr, und gemeinsam erreichten sie den Raum mit den toten Tieren.

Szenentrenner


Der Schlüssel passte und mit einem widerspenstigen Knarzen, als wolle der Schrank sein Geheimnis nicht preisgeben, öffnete sich die Tür und gab den Blick auf eine Reihe von alten Mänteln frei.
Fast alle waren aus Pelz, aber nur auf einem Bügel leuchtete es so rot wie das Feuer in den Haaren der Herbstfrau.
Das Fell des Fuchses.
Ohne zu zögern, griff Ashley danach, und als sie es herauszog, lief ein Schaudern durch den Schrank, als wäre er erleichtert, von dieser Last befreit zu sein.
Ashley blickte das Immerlicht an und es lächelte, und dann griff sein Feuer nach ihr, dem Horn und dem Fell, und eine Sekunde später standen sie im Wald, denn auch Immerlichtern wohnt ein Zauber inne.
Neben ihnen war der Baum, die Herbstfrau, die das Fuchshorn war, sah sie an. Sie lächelte dankbar und Ashley reichte ihr zuerst das Fell.
Sie legte es sich um und kurz darauf stand ein Fuchs vor ihr.
Das Tier sah Ashley aus den goldenen Augen der Frau an und das Mädchen legte das Horn auf den Boden.
Der Fuchs nickte zufrieden und schnappte dann nach dem Immerlicht, als wäre es ein Stück Fleisch, das man aus der Luft pflücken konnte.
Entsetzt beobachtete Ashley, wie der Fuchs das Licht verschlang und dann das Horn mit der Schnauze packte.
Doch noch ehe sie etwas tun konnte, blendete sie ein gleißend helles Licht, und als es verlosch, nur Sekundenbruchteile später, stand das Fuchshorn vor ihr, und von seinem Horn ging das Leuchten des Immerlichts aus.
„Danke“, sagte es, und dann verschwand es im Wald, und das Licht nahm es ebenso mit sich wie den Tag. Dann kam die Nacht, und wie jede Herbstnacht war auch diese dunkel und eisig, doch Ashley hatte keine Angst mehr vor dem Wald und seinen versteckten Pfaden. Sicher führten die Bäume sie nach Hause, wo es still war und kein Flüstern mehr nach ihr rief.
Nur das Gemälde war noch dort, mit dem Wald und manchmal dem Nebel. Und ganz selten, mit einem Licht in der Dunkelheit, das von goldenen Augen begleitet wurde.

26. Okt. 2011 - Fabienne Siegmund

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