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emperor-miniature
Honigdornen von Antje Ippensen
Gaby Hylla © http://www.gabyhylla-3d.de Meine Freundin Josephine und ich lebten seit sieben Jahren „miteinander und auch zusammen“, wie wir es gern nannten, und wir hatten eine Menge gemeinsam: die Liebe zur Kunst, zu Waldspaziergängen, Italowestern und ungewöhnlichen Gedankengängen … und nicht zuletzt eine gewisse Neugier. Oder sagen wir: Experimentierfreude.
Wir waren abgeschieden und unerkannt und fern von den anderen. Denen schienen wir so fremdartig, als kämen wir von der Venus. Mindestens. Wir: Echte Randexistenzen, mit allen Wassern der Absonderlichkeit gewaschen.
Herbst und Winter waren immer unsere schönste Zeit. Das leicht Morbide, die tiefgoldenen Sonnenstrahlen, Nebelteiche am Morgen und diese feuchte schwarze Erde im Wald, die nach Moder und Pilzen roch.
Ganz besonders liebten wir den Advent, und wenn die Adventssonntage verregnet waren, war unser Glück perfekt. Das anheimelnde Geräusch, mit dem der Regen sich gegen die schrägen Fensterscheiben unserer Dachwohnung warf … dieses zarte Prasseln, böig wiederkehrend. Schnee gab es ja im Dezember schon längst nicht mehr. Wenn es überhaupt jemals in einem Winter schneite, das hatte ja schon absoluten Seltenheitswert.
An jenem ersten Advent erwachte ich und die ganze Wohnung duftete bereits nach Weihnachtsgebäck. Koriander, Zimt, Mandeln, Tannennadeln, Leder … hmmm … Moment mal, Leder?
Josy kam zu mir, legte kurz den Finger auf die Lippen und sagte dann: „Sssshht, du brauchst nicht zu reden. Hände auf den Rücken, Süße.“ Und ich gehorchte. Im nächsten Moment spürte ich die Manschetten sich um meine Gelenke winden wie lederne Schlangen und mein Herzschlag beschleunigte sich. Wie oft hatten wir darüber schon gesprochen? Ohne es je in die Tat umzusetzen. Dass Josy nun einfach so damit anfing, schockte mich nicht wenig. Gleichzeitig stieg warme Erregung in mir auf, ließ meinen Mund trocken werden.
Ich war nackt, und nachdem sie mich gefesselt hatte, drehte Josy mich sanft auf den Rücken und strich über meine festen weißen Brüste. Sie kniete neben mir. Sie ist nicht mehr jung, aber meistens merke ich ihr das nicht an. Ihr Gesicht mit den tiefblauen leuchtenden Augen und der markanten Nase sprüht vor Lebendigkeit, macht die Fältchen und Linien zu tanzenden Schriftzeichen inmitten der Antlitzlandschaft.
Meine Brüste haben große caramelfarbige Höfe, aber kleine Spitzen, die sich nun verlangend aufrichteten … doch Josy wandte ihre Aufmerksamkeit erst einmal dem Gesamtkunstwerk zu. Sie zog mich in die Höhe, bis ich am Bettrand saß.
„Augen zu“, wisperte sie an meinem Ohr, und ich gehorchte auch diesmal. Ein glattes reibendes Geräusch … der Lederduft verstärkte sich. Weil das Leder sich diesmal meinem Gesicht näherte. Ein Halsband. Mit geübter Hand legte sie es mir an, und ich erahnte mehr als ich ihn spüren konnte: den großen Metallring, der dranhing.
Mein Herz klopfte. Vor Liebe, vor Lust, vor leiser Furcht. Dass sie das wirklich tat … schon lange hatte ich mir ein Halsband gewünscht. Wir hatten auch dies in unsere Unterhaltungen mit einbezogen, doch stets war dabei ein spöttisches Funkeln in Josys Augen erschienen, und sie hatte die Brauen hochgezogen.
Ich hob die Lider und sah sie an, erwartete, dies wieder zu sehen, erwartete, davon ernüchtert zu werden … aber nichts dergleichen. Es wirklich zu tun, erregte sie ebenfalls, ich sah es an ihrem piratinnenhaften Gesichtsausdruck … wie der fein gezeichnete Mund lächelte, wie sich ihr Kinn vorschob ... mhm … ja, es WIRKLICH in die Tat umzusetzen, machte Josy an, während sie das bloße Darüber-Reden als etwas albern empfunden hatte – insbesondere die Sache mit dem Halsband!, Vergessen schien dies. Jetzt musterte sie mich streng, prüfte den Sitz des Bandes. Alles war richtig.
Dann fragte sie: „Hab ich dir vielleicht erlaubt, die Augen zu öffnen?“ Ihre Stimme klang metallisch.
Ich schluckte, spürte dieses Schlucken ganz anders, intensiver, durch das eng angezogene lederne Band um meinen Hals.
„Nein“, sagte ich kleinlaut.
Mit einem winzigen Lächeln, das um meine Lippen spielte.
Unversehens waren wir in unser Spiel hineingeglitten, zum allerersten Mal.
„Nuuuun“, antwortete Josy, das Wort genießerisch in die Länge ziehend, „dafür bestrafe ich dich noch. Aber nun darfst du dich erst einmal anschauen.“
Sie führte mich zu unserem großen Spiegel, der im kombinierten Schlaf-Wohnzimmer an der Wand hing.
Da betrachtete ich mich und atmete schwer vor Seligkeit … ich sah das Halsband mit dem Ring, sah vor meinem geistigen Auge auch schon, wie Josy eine Leine daran befestigte und mich auf allen Vieren durch die Wohnung laufen ließ, … lange zärtlich gehegte Träume, flaumig in ihren Kokons, die sich jetzt entpuppten und Flügel bekamen.
Meine Freundin trat hinter mich und legte mir die Arme um den Leib, streichelte mich am Bauch, an den Lenden … dann streiften ihre Finger flüchtig über meine Schamlippen … ich schloss wieder die Augen, fühlte ihr Lächeln an meinem Hals, als sie mein tiefes Seufzen genoss.
Auch die Momente, die wir gern in den Bernstein der Ewigkeit gießen möchten, auf dass sie dort jung bleiben wie eingeschlossene Insekten, gehen vorüber, und als sie schließlich meine Fesseln löste, brannte mein ganzer Körper von innen heraus lichterloh, und die Bewegung, mit der ich meine Augenlider hochklappte, war mühsam, fast schmerzhaft. Jetzt erst gewahrte ich, dass Josy Reithosen trug und darüber ein goldbesticktes Wams. Cognacfarbene hohe Lederstiefel, die ihr wie angegossen passten. Ihr rotblondes, noch immer dichtes Haar trug sie zu einem strengen Zopf zurückgebunden.
Ihr Atem ging ebenfalls rau und stoßweise, heiser-erregt war auch ihre Stimme. „Es fehlt noch ein kleines Abschlussritual. Und, Süße …“
„Ja …?“, fragte ich scheu.
„Für den Rest des Tages bleiben wir hier, und du trägst nur diesen entzückenden Halsschmuck.“
Nach dieser Anweisung, die ich mit gesenktem Kopf annahm, führte sie mich zu unserem runden Holztisch, auf dem der Adventskranz stand. Ich bemerkte, dass er verändert war … aber was mir zuallererst auffiel, waren die vier schwarzen Kerzen, die nur in speziellen Shops erhältlich waren. Das Wachs war, wenn flüssig, weniger heiß als das normale und verursachte keine Verbrennungen. Eine Kerze brannte, offenbar schon seit einer Weile.
Ich musste mich bäuchlings über einen geflochtenen Hocker legen.
„Du bist nicht mehr gefesselt, aber ich erwarte, dass du trotzdem schön stillhältst.“
Pah, ein paar Tropfen heißes Wachs auf meinem Hintern, wird schon nicht so schlimm sein, dachte ich fast geringschätzig.
Doch es kam anders. Von ein paar Tropfen konnte keine Rede sein, als Josy die Kerze nahm und sie offenbar – ich konnte ja nichts sehen, mein Kopf hing nach unten – mit Schwung und einem Schwall flüssigen schwarzen Wachses über meine rechte Pobacke ergoss.
Mein Kopf flog hoch, mein ganzer Körper spannte sich an. Glühheißer Schmerz, tief stechend! Doch es gelang mir – wie weiß ich nicht – nicht die Fassung zu verlieren oder meine Haltung aufzugeben.
Josys zärtlicher Stolz belohnte mich dafür vollkommen.
Und der erste Adventssonntag verging, war bald nur noch ein Regentropfen unter vielen, wenngleich ein regenbogenfarbiger.
Mit einem höchst, höchst angenehmen Prickeln im Bauch erwartete ich den 2. Advent, kämpfte mich durch meine werktäglichen Jobs hindurch wie durch zähe Melasse, was mir jedoch kaum etwas ausmachte; vom Lamento meiner Kollegen über zu wenig Interviews und schlechte Quote blieb ich unberührt, meine Leistung steigerte sich sogar noch, ich fühlte mich lebendig bis in die Fingerspitzen. Mit meinen beiden Callcenter-Nebenjobs hielt ich Josephine und mich hauptsächlich über Wasser, sie hatte nur ihre kleine Rente, und unsere Kunst warf nicht viel ab. Es störte uns kaum jemals … wir brauchten auch nicht viel. Hin und wieder verkaufte sie eine Tonskulptur oder eine kleine Bronzefigur, oder ich gewann einen Lyrikpreis … Josy war handwerklich geschickt und ich fit in Kommunikation, wann immer es sein musste.
Am liebsten zogen wir uns aber in unsere eigene Welt zurück. In der Tat also verdiente ich den Großteil unseres Lebensunterhaltes, ich dominierte in diesem Bereich amüsanterweise … mhm, eben deshalb nahm ich gern den devoten Gegenpol ein bei den erotischen Spielen mit meiner Freundin, ja, das vermuten Sie völlig zu Recht … AUCH deshalb.
Am 2. Advent schien die Sonne. Ungewöhnlich genug! Wir fuhren mit dem Auto in eine etwas entfernter liegende Stadt, wo es einen leicht verwahrlosten Park geben sollte. Ich hatte kaum auf dem Beifahrerinnensitz Platz genommen, als Josy mir mit sanfter Stimme wieder den bereits vertraut anmutenden Befehl gab: „Hände auf den Rücken, Süße.“ Beinahe hätte ich protestiert, sah dann aber ihren Blick, sie schnalzte mit der Zunge, ich legte gehorsam die Hände zusammen und spürte mit einem leisen Schauder diesmal kaltes Metall an meinen Gelenken. Polizeihandschellen.
Fürsorglich gurtete Josy mich an. Sie grinste. Meine Fesselung und meine daraus folgende Hilflosigkeit gab ihr Gelegenheit, immer mal wieder meinen Minirock hochzustreifen und mich zu reizen, zu stimulieren, bis ich stöhnte und mich vergebens wand … unter dem Rock trug ich, verabredungsgemäß, nur Strümpfe und einen breiten Strapsgürtel. Der war aus glänzendem Lackleder und ich mochte ihn, weil er mein Bäuchlein, meine kleinen Pölsterchen schön verbarg. An unserem Ziel angekommen, nahm Josy mir die Fesseln zunächst ab – „Hände nach vorn“, kommandierte sie - , um sie mir sogleich wieder anzulegen. Gekreuzt vor meinem Leib. Solange ich den Mantel zugeknöpft trug, lose umgehängt, fiel es nicht auf, dass ich gefesselt war.
Der ungepflegte Park erstrahlte in Altgold, und kupferbraune Blätter mischten sich mit weichen zitronenfarbenen, und rasch fand Josy eine Gruppe verkommener alter Männer, die Gartenschach spielten. Sie scherzte mit ihnen und begann eine Partie, und irgendwann schickte sie mich, die mit wachsender Erregung dabeistand und nichts anderes fühlen konnte als die eng angelegten Handschellen und die Nässe, die mir aus dem Schoß floss und sich langsam einen Weg bahnte bis zum Spitzenabschluss meiner Strümpfe, immer häufiger musste ich mir auf die Lippen beißen, um nicht zu laut zu seufzen und zu stöhnen – irgendwann schickte Josy mich zum Kaffeeholen, nachdem sie mir zuvor den Mantel aufgeknöpft hatte.
Ich wurde blutrot. Sie lächelte sardonisch. „Meinen bitte mit Milch und Zucker, Kleines“, sagte sie und gab mir einen winzigen Schubs.
Jeder, der mich von vorn ansah, erblickte nicht nur mein äußerst großzügiges porzellanfarbenes Dekolleté, sondern musste auch bemerken, dass ich womöglich gerade aus Polizeigewahrsam entflohen war.
Das völlig Verblüffende aber war: Mir begegneten schätzungsweise zwanzigtausend Menschen (so kam es mir jedenfalls vor), meist männlichen Geschlechts, und SIE ALLE gafften einzig und allein in meinen Ausschnitt.
Bloß der Junge in der hölzernen Imbissbude sah meine Fesseln und wurde sehr verlegen. „Ähm … äh … ja … Sie …?“, quoll es aus ihm hervor. „Zwei Kaffee zum Mitnehmen“, wiederholte ich meine Bestellung, ich errötete und versuchte gleichzeitig cool zu sein: „Keine Sorge, das hier ist Teil eines Spiels.“ Es kam ein bisschen zittrig raus. Der junge Mann lief tomatenrot an.
Es war alles andere als leicht, da von den Fesseln behindert, mit den Styroporkaffeebechern und Milch und Zucker zurückzukehren zum Schachspiel, wo auch die in die Partie vertieften alten Männer nichts mitbekamen von meinen „Armbändern“.
„Brav, Süße“, sagte Josy und küsste mich sehr innig, was sie in der Öffentlichkeit selten tut.
„War es geil für dich?“, flüsterte sie dann.
„Ja“, erwiderte ich atemlos. Und ich meinte es auch so.
Später, zu Hause, ließen wir diesen Adventssonntag beinahe normal ausklingen bei Glühwein und Anisplätzchen.
Allerdings brannten inzwischen zwei schwarze SM-Kerzen am Adventskranz. Der geschmückt war mit kleinen glitzernden Miniaturhandschellen und mit – Stacheldraht.
Insgeheim hoffte ich, es würde weniger heftig werden als das letzte Mal … weit gefehlt. Diesmal musste ich mich über Josys Knie legen und sollte die Gesäßbacken fest zusammenpressen. Sie zog mein Röckchen hoch. Im nächsten Moment traf mich auch schon der heiße Wachsschauer – RECHTER PO! Ich stöhnte laut, es ging nicht anders, wenngleich ich es schaffte, nicht zu zappeln. Oh, tat das weh …! Und kaum hatte ich mich ein bisschen erholt, ließ sie die zweite Kerze in rascher Folge auf mich tröpfeln … LINKE BACKE. Ich schrie mehrmals auf.
„Dzdzdz“, sagte sie, strich mir aber wie mitfühlend über Haar und Nacken.
„Ich werde dich nun für dein Geschrei und für das verbotene Augenöffnen vom letzten Mal bestrafen“, sagte sie. „Insgesamt 25, habe ich gedacht.“
25 wovon?, dachte ich mit einer höchst intensiv glühenden Mischung aus Lustangst und Erregung, als auch schon ihre Handfläche auf meinen gewachsten Po niedersauste. Wieder und wieder, und nachdem ich mich von meiner Überraschung erholt hatte – schon seit langem hatte ich mir auch dies gewünscht, doch Josy hatte es immer abgelehnt – versuchte ich wimmernd mitzuzählen, verwirrte mich mehrmals, woraufhin sie mahnend: „Na, na …“ sagte und stetig weiterschlug; längst hatte sie die Wachsschicht auf diese Weise entfernt … aber ab dem 10. Hieb legte sie jedesmal besänftigend ihre köstlich-strenge Handfläche auf die geschlagene Stelle, und ich fühlte eine nie gekannte Nähe und Zuwendung.
Der dritte Adventssonntag dämmerte raureifgrau herauf und verharrte auch so unter einem stahlblechfarbenen niedrigen Himmel. Am Tag zuvor war ein großes Paket für Josy gekommen, das ich nicht aufmachen durfte. Wir standen nebeneinander am Fenster und blickten auf die Baumwipfel, die in dunkles mattes Silber gekleidet waren. Ich trug bereits mein Adventsoutfit: schwarze Büstenhebe und Spitzenstring ouvert, und ich bebte leicht in banger Vorfreude. Schwarze High Heels trug ich ebenfalls.
„Kleines, du wirst jetzt erst einmal schön brav in der Ecke knien und die Augenmaske tragen. Muss ich dich fesseln oder kann ich mich darauf verlassen, dass du nicht schummelst und die Maske so rein zufällig verrutscht und du über deine Schulter lugst?“
Ich versicherte ihr, sie könne sich auf mich verlassen. Es war auch viel angenehmer, zu knien ohne Fesseln, da konnte ich es mir ab und an etwas bequemer machen; ich vermutete, es kam noch einiges auf mich zu, und so verharrte ich in absolutem Gehorsam, während hinter mir Geräusche des Auspackens und Bastelns und einmal sogar von der Bohrmaschine erklangen. Und das am heiligen Adventssonntag, die Nachbarn würden sich aufregen! Tatsächlich klopfte einer wütend von unten gegen seine Decke, also unseren Fußboden. Ich hörte daraufhin Josys kraftvolles Lachen. Das ruhestörende Bohren dauerte auch nicht lange.
„So“, sagte meine Freundin endlich, „jetzt darfst du schauen.“
Ich nahm die Maske ab, drehte mich um und riss die Augen vor ehrfürchtigem Staunen weit auf: So viel wert waren ihr also unsere neuen Spiele, dass sie das erstanden und aufgebaut hatte?! Vor mir an der Wand erblickte ich ein schönes Andreaskreuz, mit rotem Leder und schwarzen Nieten, eigentlich frei stehend, aber sicherheitshalber und auf kreative Weise hatte Josy es außerdem noch an der Mauer befestigt. Die Handwerkerin stand daneben.
„Es ist wunderv…“, begann ich, und dann stockte ich, denn mein Blick hatte sich verhakt an der mehrschwänzigen Striemenpeitsche, die locker von Josys Handgelenk baumelte. Oh! Oh, ich glaubte nicht, dass ich dafür schon bereit war. Am Sonntag zuvor das Spanking mit der Hand, das war schön gewesen und hatte mich, gemischt mit Zärtlichkeitsaustausch direkt danach, zu einem besonders intensiven Höhepunkt gebracht … Josy las die Furcht in meinen Augen. „Vertrau mir“, sagte sie liebevoll, „und lass es uns jetzt gleich ausprobieren. – Das Kreuz, meine ich.“
Wenig später war ich daran befestigt, mit Lederfesseln an Armen und Beinen, die aus mir ein perfektes menschliches X machten.
„So, und da du mir letztes Mal ein bisschen zu laut warst, kriegst du jetzt das hier. Mund auf.“
Ich gehorchte, und zwar einfach nur deshalb, weil es mich namenlos erregte. Meine Augen weiteten sich, als sie mit einem schwarzen Ballknebel, der mit Schnüren um den Kopf herum festgemacht wurde, auf mich zukam. Aber ich protestierte nicht.
Kurz darauf raubte mir der Knebel fast jede Sprache, ich konnte nur noch „Hnnngh hnnngh“ sagen.
„Du siehst unglaublich schön aus, so“, meinte Josy, deren Stimme wieder angeraut war – und mit schnellen Handgriffen stellte sie alles bereit, was sie für das Modellieren mit Ton benötigte. Die Arbeitsplatte, das Wasserschüsselchen, die Holzwerkzeuge, den erdgrauen Tonklumpen. Ebenfalls flink waren ihre Bewegungen, mit denen sie eine Figur zu formen begann, und ich konnte ihr dabei zuschauen. Ab und zu kam sie zu mir und berührte mich. Sie streichelte mich auch mit der Peitsche, sehr lange, bis ich fast schnurrte und beinah jegliche Furcht vor dem Schlaginstrument verlor.
Plötzlich aber meinte sie: „Da fehlt noch etwas.“
Sie ging zur Kiefernholzkommode, holte etwas zart Klirrendes hervor und brachte es mir, und dabei grinste sie auf ganz bestimmte Weise. Ich hatte es fast geahnt und seufzte nur ergeben, und zwar gedämpft … Josy schnipste mehrmals gegen meine Nippel, bis sie sich stark genug aufgerichtet hatten, und dann schmückte sie sie mit einer goldenen Kette, die an beiden Enden Klammern trugen. Die Klammerzähnchen bissen fest in mein zartes Fleisch, und ich bäumte mich auf, riss an den Fesseln und brauchte eine ganze Weile, um mich an diesen hellen Schmerz zu gewöhnen, in ihn hineinzuatmen … dann aber … Josy gönnte mir diese Zeit und fühlte grob zwischen meinen Beinen nach. „Gefällt dir“, konstatierte sie knapp.
Und zog an der Kette.
„HNNNNGH!“, stöhnte ich.
Sie ließ los. Es war zu deutlich zu merken, wie sehr sie meine Reaktionen und meinen Anblick genoss … allein das brachte mich dazu, durchzuhalten, und allmählich stellte sich auch echte Lust wieder ein. Erst zaghaft, dann durchdringender.
Sie modellierte mich in Ton, etwa 25 cm groß, und als Knebel diente später eine schwarze Perle, die sie dem Figürchen zwischen die Lippen steckte … Die Klammern nahm sie mir nach zehn Minuten wieder ab, was noch schmerzhafter war als das Anlegen. Meine Tränen küsste sie weg.
Das war unser dritter Adventssonntag 2007, an welchem ich feststellte, dass zur Dekoration des Adventskranzes golden lackierte Wäscheklammern hinzugekommen waren. Es sah äußerst bizarr aus. Ach ja, nachdem sie mich losgebunden hatte, folterte sie mich noch mit den drei Adventskerzen, die dieses Mal brennen durften … und es war ganz gut, dass ich noch immer den Knebel trug, denn das Wachs der dritten Kerze bekam ich auf die hochempfindliche linke Brust. Damit verglichen, war es für mein Gesäß diesmal ein fröhliches Fest gewesen.
Der vierte Advent kam, so sicher wie das Amen in der Kirche, und als ich erwachte, war ich bereits an Händen und Füßen kunstvoll mit Seilen gefesselt … im Halbschlaf hatte ich es gespürt und murmelnd akzeptiert, weil ich Josy vollkommen vertraute … und weil es mich geil machte … morgens war ich meistens besonders empfänglich für das Geschenk der Lust.
„Ich liebe unsere Spiele“, sagte Josy und gab mir einen langen tiefen Kuss; mehr musste sie nicht sagen, und auf ihre Frage, ob ich bereit sei, nickte ich nur.
Sie hatte unsere Dachwohnung verdunkelt, um eine mystische Atmosphäre zu schaffen und um die vielen entzündeten und golden leuchtenden Kerzen … viel mehr als vier … zur Geltung zu bringen. Stimmungsvolle Mittelaltermusik, gemischt mit modernen Elementen, tönte leise im Hintergrund. Herbe und würzige Räucherharze verbreiteten ihren die Sinne stimulierenden und die Phantasie anregenden Duft.
Es war soweit.
Ich durfte noch einen Blick auf den Adventskranz werfen, ehe es losging. Seine Kerzen brannten noch nicht.
Er war jetzt zusätzlich mit Miniaturweidenrutenbündeln und kleinen dünnen Bambusstäbchen geschmückt, und auch eine winzige silberne Peitsche fehlte nicht.
Ach ja … und es gab auch einen frischen grünen Pinienzweig.
Und als Josy die Rolläden hochzog, nachdem wir uns erholt hatten, und als wir dann engumschlungen am Fenster standen, sahen wir staunend Tausende von fedrigen Schneeflocken, die von einem seidengrauen Himmel schwebten.
Es schneite!
Noch ein weiteres Wunder in dieser Nacht.
Ich schmeckte noch immer den Nachklang jener herrlichen Empfindungen, die unser Spiel in mir geweckt hatte, und ich sah meine Gefühle in ihren tiefblauen Augen gespiegelt. „Bald ist schon Whynachten, Süße“, sagte sie. „Freust du dich darauf?“, fragte sie mit einer ganz speziellen Betonung, und ich erwiderte: „Ja! Ja!“
Mein Gesäß pochte dabei, es war übersät mit Spuren, die ich voller Stolz trug, purpurfarbene Striemen waren darunter und andere, beglückende Male, die ich in qualvoller Lust empfangen hatte.
Wir wollten uns außerdem, ausnahmsweise einmal einem gesellschaftskonformen Klischee folgend, an diesem Tag, am 25. Dezember, verloben. Um bald darauf das einzugehen, was hierzulande sperrig „eingetragene Lebenspartnerschaft“ genannt wird.
Aber erst einmal schwang in mir nur der tiefe volle Klang der Lust wie ein bronzener Gong, der mich vollkommen tönend ausfüllte, mich erzittern ließ.
Und ich freute mich vor allem aus diesem anderen Grund auf Weihnachten.
Tic-tac, tic-tac. Schon gleitet die Zeit vorüber, mit Rosen aus Eis und Nektarkristallen.
Heiligabend war vorüber, und wir hatten uns „Spiel mir das Lied vom Tod“ auf DVD angesehen. Wir kannten den Film in- und auswändig, fanden ihn nach wie vor wunderbar anregend, und allmählich glitten wir beim Schauen wieder in unser Spiel hinein, so dass ich auf einmal auf dem Boden kauerte, meine Wange an Josys in Lederhosen steckende Beine geschmiegt.
Anfangs machte ich es mir bequem, bis ich ihre strenge Hand im Nacken fühlte.
„Knien.“
Rasch gehorchte ich, legte auch die Hände auf dem Rücken zusammen, wie sie es gern sah.
Eine Stunde später – der Film war vorüber und meine Knie taub – spielte sie genießerisch an meinen Brüsten, um dann in mein Ohr zu flüstern, ob ich ihr vertrauen würde.
Ich nickte scheu.
„Vertraust du mir wirklich?“
„Ja, Josy.“
Ich schaute lächelnd zu ihr auf.
Bald darauf waren wir im Auto unterwegs, und ich hatte willig, wenn auch mit gemischten Gefühlen, die neue Kostümierung hingenommen, die Josy für mich auswählte: einen Harness aus Metallringen und darüber nur einen Webpelz. Außerdem war ich gefesselt – das verstand sich beinahe von selbst. Mit glänzenden schwarzen Seilen diesmal.
Der weiße Winter hatte sich in die Berge zurückgezogen, und genau dorthin fuhren wir.
Songs von Rosenstolz und „Braut haut ins Auge“ begleiteten uns, garniert hin und wieder von ein bisschen Melissa Etheridge und auch gewürzt mit etwas Johann Sebastian Bach.
Ich war sehr entspannt, als wir endlich hoch oben ankamen.
Auf dem schneebedeckten Gipfel eines Berges, und die Morgenröte tauchte den Himmel in rosenfarbige Glut.
Josy ließ mich eine Weile im Auto warten, und an einer Stelle, die für mich nicht einsehbar war, machte sie sich an irgendetwas zu schaffen. Ich zog den gewebten schwarzen Pelz enger um mich. Ich mochte diese durchdringende Schneekälte nicht, milde ausgedrückt.
Die Sonne stieg empor.
Hier oben herrschte einem Adlerschrei ähnliche Einsamkeit, und ich sah mich um, während die Gebirgshöhe mehr und mehr in eisigem Blau und gleißendem Gold erstrahlte.
Und dann führte Josy mich – zu ihrem selbst gebauten Iglu.
„Oh …!“, entfuhr es mir, ich war ergriffen, begeistert, dieses Rund aus festen Schneeblöcken passte so gut zu Josy und mir, und als sie mich eintreten hieß, zitterte ich leise, aber nicht vor Kälte. Drinnen war es ohnehin anheimelnd warm von einem batteriebetriebenen Heizofen, und noch dazu war das Iglu vollkommen mit Tierfellen ausgekleidet. Brennende Kerzen fehlten ebenfalls nicht, und es roch nach gebrannten Nüssen, Bratäpfeln, Fichtennadeln … sehr weihnachtlich.
Weniger weihnachtlich fand ich den Gegenstand, den Josy auf einmal hervorzauberte und in ihrer Hand hielt.
Es war das Instrument, das ich am meisten fürchtete.
Er passte weniger zu Weihnachten als vielmehr zu Nikolaus, war aber selbst dafür zu hart.
Ein Rohrstock.
Ich stöhnte unwillkürlich auf. Im Grunde hatte ich geahnt, dass es genau dazu kommen würde.
„Ja“, sagte Josy ruhig und fest, „ich möchte, dass du für mich diese Prüfung ablegst. Betrachte es als Initiation, Süße …“
Sie zog mich nackt aus, nicht einmal den spärlichen Harness durfte ich behalten. Schutzlos war ich. Sie löste auch meine Fesseln und gebot mir, mich auf dem Bauch auszustrecken.
Bebend gehorchte ich.
Oh … dass ich ungebunden blieb, unterstrich noch den Charakter der Freiwilligkeit, mit der ich die Prüfung auf mich nahm – und ich wusste, ich hatte das Folgende zu ertragen, ohne mich allzu sehr zu winden oder gar die Hände nach hinten auszustrecken.
Insgeheim staunte ich. Innerhalb weniger Wochen hatte sich meine verhalten dominante Freundin in eine Herrin verwandelt, die ihresgleichen suchte.
„Du darfst mitzählen“, sagte sie freundlich, eine kleine Erleichterung. Dieser Satz erlaubte es mir, eine Frage zu stellen.
„Bis zu welcher Zahl, meine Gebieterin?“
„Dreißig.“
Ja. Und sie würde keine Gnade walten lassen. Und dabei trug mein Po ja noch immer die halb verblassten Zeichen der letzten Züchtigung …
„Außerdem“, fügte sie weich hinzu, „ist das nur der erste Teil der Probe, der du unterzogen wirst. Du weißt, wovor du dich noch mehr fürchtest als vor dem Stock?“
Das wusste ich, aber alles in mir sträubte sich dagegen.
Die Härchen in meinem Nacken stellten sich auf.
Als meine angstvolle Erwartung ihren Höhepunkt erreichte hatte – wie gut Josy das spürte – hockte sie sich neben mich und wärmte erst einmal ganz behutsam meinen Hintern mittels leichten Schlägen ihrer Hand.
Ich beruhigte mich, auch wenn ich wusste, dass dies erst der Anfang war. Und es schmerzte schon jetzt mehr als sonst, da ich noch gezeichnet war …
Sie zog jetzt ihren eigenen silbernen Webpelz aus … darunter kam ein eng anliegendes schwarzes Lackkostüm zum Vorschein. Es sah klasse an ihr aus. Aber ich bekam kaum Gelegenheit, das zu denken, denn der Rohrstock zischte herunter und schnitt in meine Haut.
Dumpfes Stöhnen entrang sich mir, und das war erst der Anfang.
„Eins!“, stieß ich schnell hervor, wohl wissend, was mir blühte, wenn ich vor lauter Schmerz es versäumte mitzuzählen. (Josy erhöhte dann mitleidlos die Anzahl der Hiebe um fünf).
Dreißig. Das sagt sich so leicht, dehnt sich aber zur Ewigkeit, wenn Rohrstockschläge gemeint sind …
Paradoxer- und perverserweise liebte ich die Striemen, die er auf meinem Gesäß hinterließ, mehr als alles andere. Sie waren langanhaltend und geschwollen und die süßen Schmerzen drangen tief ins Innere ein. Ich liebte den Rohrstock. Und hasste ihn.
Mehrmals schnellte mein Oberkörper in die Höhe unter der Züchtigung, obwohl ich mir geschworen hatte, das nicht zu tun, und meine Wehlaute wurden jammernder, mein Stöhnen verwandelte sich in Schluchzen.
Die Nummer 29 vergaß ich mitzuzählen, und ohne jegliches Erbarmen erhöhte Josy auf 35. Wohl wissend, dass sie damit meine Grenze berührte, so dass es leise knirschte … aber wir beide hielten durch.
Mein Herz schlug wild, ich war unglaublich nass, eine leichte Übelkeit verflog augenblicklich, als Josy mich nach dieser Prüfung sanft in die Arme nahm.
Und da spürte ich auch ihr eigenes Herz heftig klopfen. Eng kuschelte ich mich an sie. Wieder ein zeitloser bernsteinfarbener Moment.
Er verstrich.
Aber ich fühlte mich schon jetzt so reich beschenkt, dass meine Kräfte wuchsen wie dunkle Flügel.
Nackt wie ich war, stand ich auf, mit glühendem Hintern trat ich an den Iglueingang heran.
Diamanten glitzerte der Schnee, wie mit Messern durchschnitt mich die Kälte.
Ich spürte Josy hinter mir stehen, spürte ihr gespanntes Warten.
Würde ich das tun, obwohl ich wirklich echte, schnatternde, schaudernde Furcht davor hatte, Schnee an meine bloße Haut zu lassen? Nicht einmal eine Schneeballschlacht ertrug ich, wenn dabei das grässliche weiße Zeug in meinen Nacken rutschte oder mein Gesicht damit eingerieben wurde, und sei es auch nur ganz kurz!
Jetzt aber sprang ich urplötzlich vor, eine wilde Musik toste durch meinen ganzen Körper, meinen Geist, meine Seele hindurch, und in meinem Evaskostüm warf ich mich aufschreiend in den jungfräulichen Schnee!
Wälzte mich einmal heftig herum, auf den Rücken – schneeige, furchtbare, BLAUE Kälte prallte zusammen mit dem Brennen meines von Striemen übersäten Gesäßes – ich schrie laut, jubelnd, befreit, starrte in den flammend blauen Winterberghimmel und bewegte meine Arme kraftvoll auf und ab.
Formte einen Engel im Schnee für sie. Für UNS.
Dann sprang ich sehr sehr rasch wieder auf und flüchtete mich in die Geborgenheit von Josys Körperwärme, den Fellen, die sie mir gleich überwarf … sie setzte mich nah an den Heizlüfter und gab mir heißen Kräutertee zu trinken.
Ich spürte alles unglaublich intensiv, fühlte mich wie neugeboren.
Und an Josys hingerissener, erleichterter Reaktion sah ich, dass sie gefürchtet hatte, es würde schiefgehen und das Wagnis in einem Absturz enden. Langsam zog sie sich aus.
Ich küsste sie zärtlich, dankbar, ich bot ihr meine Brüste dar.
Vanilleduft um uns herum. Ihre Finger drangen in meinen Schoß ein. Nachdem sie mich mit kundigen Händen zum Höhepunkt gebracht hatte, leckte ich sie, und ich tat es wilder, leidenschaftlicher denn je. Bohrte meine Zunge in ihre Weiblichkeit hinein, nahm ihre zarteste Stelle in Besitz, und sie genoss es.
„Mhmmm das hatte ich … mir … gewünscht …“, stieß sie hervor und zuckte immer stärker … unsere Rollen, beinahe vertauscht, ein Gefühl zärtlicher Macht durchströmte mich und ich packte ihre Schenkel fester.
Erst nach einer Weile schälten wir uns aus unserer Erschöpfung, und es kam für Josy und mich der richtige Augenblick, gemeinsam die kleine Samtschatulle zu öffnen.
In der zwei Ringe aus Sterlingsilber lagen. Sie wirkten unscheinbar, waren aber etwas ganz Besonderes. Im Kerzenlicht schimmerten die eingravierten filigranzarten Triskelen, wie auch die beiden Frauenzeichen und die Buchstaben. Sie steckte mir den J-Ring an den Finger, während ich ihr den A-Ring gab, und wir mussten kein Wort sagen,
Nur unsere Augen sprachen.
Draußen heulte leise und fern der Wind, als wir uns küssten.
Aus: ZARTVIOLETTES GLÜCK
Achter Verlag, 2011, Edition 8 Geschichten
ISBN: 9 783981 456219
22. Jul. 2012 - Antje Ippensen
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