|
Zwei wie Pech und Schwefel von David Grashoff
Miguel Worms © http://www.mw-illustration.com/ „He, Ralle! Warum hast du der Ische den Kopf wegeschossen? Die war doch voll scharf!“
„Sie war von einem Dämon besessen, Pitbull.“
„Trotzdem war die scharf.“
Mit der Spitze seiner abgesägten Schrotflinte, drehte Pitbull die Leiche der Ex-Dämonin und Ex-Ex-Aldi-Kassiererin um und betrachtete sie einen Augenblick lang mit einem kindlichen Schmollen.
„Du denkst doch gerade nicht darüber nach …“
Ralle ließ das Satzende im Kühlraum des Discount-Marktes verhallen.
„Ist ja nur der Kopf kaputt, der Rest ist doch in Ordnung?“
„Du bist ein kranker Bastard, Pitbull. Lass uns lieber verschwinden, bevor die Bullen aufkreuzen.“
Ralle und Pitbull verließen die Aldi-Nord Filiale und traten in den Gelsenkirchener Regen. Diese besondere Art des Niederschlags war, wie die Stadt selbst, nicht Fisch und Fleisch. Es war kein richtiger Regen, der dich innerhalb von Sekunden so durchnässte, dass die Plörre dir die Rinne runter lief, aber auch kein leichter Nieselregen. Es war gerade genug, damit es dir auf den Sack ging – und Ralle ging der Regen gehörig auf die Eier.
Er beeilte sich in seinen altehrwürdigen Opel Commodore einzusteigen und wartete bis Pitbull es ihm gleichgetan hatte. Ralles Partner trug seinen Spitznamen nicht, weil er ein besonderes Faible für Kampfhunde hatte, sondern weil er selbst einer war. Im Duden fand man neuerdings neben dem Wort Kompakt ein Bild von Pitbull und der alte Werbespruch „Quadratisch, Praktisch, Gut“ traf immerhin in zwei Punkten auf ihn zu. Dass er dabei nicht mehr nur aus Muskeln bestand, hatte er dem ausgiebigen Verzehr von alkoholischen Getränken zu verdanken, doch ihn fett zu nennen, konnte schnell damit enden, dass man seine eigenen Zähne von Angesicht zu Angesicht kennen lernte.
Dabei war dieser Berg aus Fleisch und Muskeln beinahe vollständig von Tätowierungen überdeckt. Soweit Ralle wusste, hatte sich Pitbull absichtlich in jungen Jahren nicht beschneiden lassen, damit er eine Stelle mehr hatte, die er tätowieren lassen konnte. Lediglich sein Kopf war frei jeglicher Zeichnung, aber auch nur weil er Kinder keinen Schrecken einjagen wollte.
Seit acht Jahren waren die beiden ein Team. Sie waren die staatlich ungeprüften Dämonen-und-anderes-Gesocks-in-den-Arsch-Treter im idyllischen Ruhrpott.
Sie sorgten mit Schrot und Faust für Recht und Ordnung und auch wenn ihre Methoden manchmal so subtil waren wie eine Hasenjagd mit der Kalashnikov, so hatten sie bisher immer zu einem guten Ergebnis geführt.
Immer wieder blickte Ralle in den Rückspiegel, um sicher zu gehen, dass die Bullen nicht plötzlich hinter ihnen auftauchten. Pitbull drehte sich eine Zigarette und schwallte ihn zu.
„Wie kommt so ein Dämon auf die verblödete Idee Gammelfleisch in einen Aldi zu schmuggeln? Die Idee ist doch noch dämlicher, als damals dieser Vampir, der dachte mit Lichtschutz-Faktor 50+ in die Sonne treten zu können. Junge, Junge, war das ein schönes Feuer. Kurzweilig aber schön.“
Als sich Ralle sicher war, dass sie nicht verfolgt wurden, fuhr er zurück zu ihrer Basis, einer alten Fabrikhalle im Gelsenkirchener Osten. Er parkte den Wagen vor dem Rolltor und während Pitbull das eiserne Ungetüm mit einer Hand aufmachte, ließ er nochmal seinen Blick durch die Umgebung schweifen. Sicher war sicher.
Er bemerkte nichts Außergewöhnliches, auch nicht die rothaarige Frau, die sich an einen Stromkasten gelehnt eine Zigarette anzündete und ihn beobachtete.
***
Aranea hatte Hunger. Zu gerne hätte sie sich den drahtigen Kerl oder seinen kleinen, fetten Kumpanen geschnappt, aber dafür war es noch zu früh. Außerdem mochte sie es, wenn sie erst mit ihrem Essen spielen konnte.
Sie stieg in ihren 68er Alfa Romeo Spider, den sie um die Ecke geparkt hatte, und fuhr in Richtung Innenstadt. Mit Freude hätte sie das Verdeck geöffnet und den Fahrtwind genossen, aber das Wetter in dieser Gegend war wirklich abscheulich.
Schon einen Kilometer bevor sie das Babylon erreicht hatte, konnte sie den Bass spüren. Ihr Erschütterungssinn war dermaßen ausgeprägt, dass sie sogar das Lied erkannte, das gerade in der Großraumdiskothek gespielt wurde.
Sie hielt vor dem Eingang und warf lässig ihren Schlüssel einem der Türsteher zu.
Sie genoss die giftigen Blicke der anderen Gäste, als sie vorbei an der Warteschlange in das Lokal geführt wurde.
Die Trance-Beats brachten ihren Körper zum Vibrieren, während die Lichter der Lightshow sie, wie die Hände eines ungeduldigen Liebhabers umschmeichelten.
Aranea tauchte in die Menge der schwitzenden Menschen ab und begann sich mit geschlossenen Augen lasziv zum Rhythmus hin und her zu wiegen. Ihre Bewegungen waren langsamer als die der anderen Tänzerinnen und Männer begannen sich unbewusst nach ihr umzudrehen. Waren sie erst einmal von ihrem Anblick gefangen, konnten sie nicht anders, als diese rothaarige Schönheit anzustarren, die ihren Körper so verlockend zu Schau bot.
Aranea roch die Lust um sich herum und es zauberte ihr ein Lächeln auf die Lippen. Bald würde ihr Hunger gestillt sein, das wusste sie. Sie öffnete die Augen und sah einen jungen Mann, der vor ihr tanzte und den Blick nicht von ihrem Körper lassen konnte. Er war recht klein, aber seine muskulösen Oberarme ließen keinen Zweifel daran, dass er versuchte das durch Breite wieder wettzumachen. Unter den kurzen Ärmeln seines extra engen T-Shirts schlängelte sich eine dieser Tribal-Tätowierungen, wie sie in den Neunzigern modern gewesen waren. Dieser Kerl strahlte aus jedem Atom seines Wesens Selbstüberschätzung aus. Aranea mochte solche Männer.
Sie waren es, die sie am liebsten aß.
Ein Blick von ihr reichte und er war gefangen.
Wie ein Schoßhündchen folgte der Mann Aranea in den VIP-Bereich, wo sie einen besonderen Raum für besondere Anlässe hatte. Ihr Opfer war dermaßen blind vor Geilheit, dass er gar nicht bemerkte, wo er sich befand. Er störte sich nicht daran, dass in dem Zimmer zwar ein Bett war, der Rest aber wie in einem Operationsaal aus weißen Fliesen bestand. Aranea lächelte, ließ langsam ihr Kleid zu Boden gleiten und entblößte dabei ihren perfekten nackten Körper. Alles daran war echt, wenn auch nicht menschlich.
Als der Mann ihre schweren Brüste sah, die in ihrer perfekten Rundung der Schwerkraft zu trotzen schienen, lief ihm ein Speichelfaden aus dem Mund.
Aranea ging zwei Schritte rückwärts und setzte sich auf das Bett. Immer noch lächelnd spreizte sie die Beine.
Ein einsamer roter Streifen zierte ihre Scham, die sich dem Mann darbot, wie eine Frucht, die es jetzt zu pflücken galt.
„Ich will, dass du mich leckst“, sagte Aranea und der Ton in ihrer Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
Der Mann stürzte sich zwischen ihre Beine, wie ein Kind, das sich an Weihnachten auf die Geschenke stürzt.
Er drang mit seiner Zunge in sie ein, getrieben von der unnatürlichen Geilheit, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Aranea krallte sich in die Haare des Mannes fest, legte den Kopf in den Nacken und genoss den wilden Tanz in ihrem Schoß. Die Erregung ließ Araena erzittern. Sie spürte wie sich der Höhepunkt in jede Faser ihres menschlichen Wirtes festkrallte und sie beinahe vor Lust schmelzen ließ. Während sie sich laut stöhnend dem Orgasmus ergab, rammte sie ihre Hände in die Schläfen des Mannes. Als sich ihre Fingernägel erst durch das Fleisch, dann durch die Schädelknochen bohrten, leckte ihr Opfer sie eifrig weiter. Erst als sie ihm mit einem urgewaltigen Schrei und einem kräftigen Ruck den Kopf vom Körper riss, hörte er damit auf.
Das Blut sprudelte aus dem Hals ihres Opfers und ergoss sich auf die nackte Aranea, die immer noch zitternd den Kopf in ihren Händen hielt und laut stöhnte.
Der rote Lebenssaft fiel auf ihr Gesicht und rann in ihren Mund. Der Hunger übernahm die Oberhand. Wie sich der Kerl vorhin auf sie gestürzt hatte, so stürzte sich Aranea nun auf den leblosen Körper vor ihr. Sie tauchte ihr Gesicht in die Wunde und begann sich mit schmatzenden Geräuschen an ihrem Opfer zu laben.
***
Aranea betrachtete das Arbeitszimmer des Russen, und sie war immer wieder überrascht wie ordentlich, nein sogar pedantisch, es aufgeräumt war. Alexej Kusmin war nicht nur der Geschäftsleiter des Babylon, er war auch noch der Kopf der örtlichen Bratwa, eines Zweiges der Russenmafia, und darüber hinaus noch ein mächtiger Dämon.
So mächtig, dass sich sogar Aranea zweimal überlegen würde, sich mit ihm anzulegen.
Aber das stand im Moment auch nicht zur Diskussion. Sie hatten einen Pakt geschlossen, um sich eines größeren Übels zu entledigen. So etwas wie echte Partnerschaften oder gar Freundschaften gab es unter Dämonen nicht, dazu waren die Diener der Hölle zu sehr auf ihren eigenen Vorteil aus. Doch manchmal mussten sie Kompromisse schließen und Aranae und Alexej hatten solch eine Übereinkunft geschlossen. Sie waren die beiden mächtigsten Dämonen im Ruhrpott. Das Revier hatten sie unter sich aufgeteilt, und es herrschte eine Art Pattsituation, die inzwischen schon so lange währte, dass man sich beinahe aneinander gewöhnt hatte. Sie hatten gelernt voneinander zu profitieren. Das konnte sich natürlich jeden Augenblick ändern, aber im Moment hatten sie auch noch einen gemeinsamen Feind, den sie beide loswerden wollten.
„Bist du sicher, dass die beiden Idioten angebissen haben, Aranea?“
Alexej, der die rothaarige Dämonin immer an ein fettes Wiesel erinnerte, zog sie ungeniert mit den Augen aus, während er auf eine Antwort wartete.
„Es gibt keinen Grund an meinem Plan zu zweifeln. Du weißt doch, dass ich eine Meisterin darin bin Fäden zu spinnen, die Menschen dorthin führen, wo ich sie haben will.“
„Oh, ja, du bist sicher in so einigem eine Meisterin“, sagte der Russe und leckte sich über die fleischigen Lippen.
„Also bekomme ich deine Männer?“
„Ja, du bekommst sie. Vermassel es nur nicht, Baby. Sonst versohlt uns der Boss persönlich den Hintern.“
„Ich werde diese beiden Kerle ein für allemal los, das verspreche ich dir.“
„Unterschätze die Typen nicht. Die sehen vielleicht aus, wie zwei Ruhrpott-Idioten, aber unser Vorgänger hat sie auch unterschätzt und der schaufelt jetzt Kohle in der Hölle.“
„Wenn ich mit irgendetwas fertig werde, dann mit Männern“, antworte Aranea und ihr Lächeln ließ keinen Zweifel daran.
***
„Warum zum Teufel ballerst du hier ein Loch in den Boden? Bist du jetzt total durchgeknallt, Pitbull!“
Ralles Gesicht war rot angelaufen und Adern pochten vor Wut an seinem Hals.
„Da war eine Spinne!“, antwortete Pitbull kleinlaut.
„Und die musst du unbedingt mit deiner Schrotflinte totballern? Haben sie dir ins Gehirn geschissen?“
„Du weißt doch, dass ich die Viecher nicht leiden kann.“
Kopfschüttelnd betrachtete Ralle den Schaden, den die Schrotladung inmitten ihres Wohnzimmerparketts angerichtet hatte. Mit einem Fuß zog er den versifften Teppich in die Richtung des Lochs, offenbarte dabei aber an anderer Stelle einen getrockneten Blutfleck. Er ließ das Perserimitat einige Male hin und her rutschen, entschied sich dann beide Stellen nur halb zu verdecken.
Immer noch kopfschüttelnd, fuhr er mit einer Hand über seinen kahlrasierten Schädel. Er hatte sich beim Rasieren geschnitten, sodass ein wenig Blut an seiner Handinnenfläche klebte.
„Hast du deine Sachen gepackt? Es wird gleich Nacht und wir müssen los“, sagte er.
„Du willst es wirklich heute Abend mit einem Dämon des dritten Grades aufnehmen?“, fragte Pitbull, der Ralle jetzt ernst musterte.
„Diese Nacht ist genauso gut, wie jede andere. Außerdem: Wer weiß, wie lange sich der Bastard dort noch aufhält. Der Tipp, den wir gestern von der Aldi-Kassiererin bekommen haben …“
„Die übrigens ziemlich scharf war“, unterbrach ihn Pitbull.
„Die übrigens von einem Dämon besessen war. Na ja, auf jeden Fall, sollte man der Spur folgen, solange sie noch heiß ist.“
Pitbull begann damit Granaten in eine schwarze Sporttasche zu stecken.
„Bist du sicher, dass es keine Falle ist?“, fragte er, während er den Lauf seiner Schrotflinte mit einem Tuch abrieb.
Es war eine Mossberg 590 aus Armeebeständen, die er liebevoll Monica nannte, nach der Schauspielerin Monica Belucci.
„Und wenn es eine Falle ist, sind wir halt vorbereitet. Ich gebe zu, dass der Gammelfleisch-Dämon erstaunlich schnell geredet hat. Das ist sonst nicht ihre Art. Wir sollten auf jeden Fall verdammt vorsichtig sein.“
„Sind wir das nicht immer, Ralle?“
„Ich glaube wir haben beide verschiedene Auffassungen vom Begriff vorsichtig. Das bedeutet zum Beispiel nicht, dass man erst eine Granate in einen Raum wirft, bevor man ihn stürmt, sondern, dass man erst einmal auskundschaftet und dann entscheidet wie man vorgeht.“
„Das mit der Granate hat doch bisher immer gut geklappt“, sagte Pitbull und Ralle fand es immer wieder faszinierend, dass ein Kerl, der ohne mit der Wimper zu zucken eine ganze Biker-Gang außer Gefecht setzte, plötzlich wie ein schmollendes Kind aussehen konnte.
„Ja, das hat es. Aber diesmal sollten wir wirklich vorsichtig sein. Ein Dämon des dritten Grades kann man nicht einfach mit ein paar Schrotkugeln zurück in die Hölle schicken. Eigentlich brauchen wir einen Priester, der ihn mit einem Exorzismus verbannt.“
„Fragen wir doch Pater Wolf?“
„Der arbeitet nicht mehr mit uns zusammen, seitdem wir sein Pfarrhaus in die Luft gesprengt haben.“
„Pater Englert?“
„Kein Kontakt mehr, seit der Geschichte mit dir und Schwester Angelika im Beichtstuhl.“
„Die war aber wirklich süß, oder?“
Ralle hob die Augenbrauen. „Ja, das war sie. Aber sie war auch erst sechzehn.“
„Ok, was ist denn mit diesem Voodoo-Priester aus Wattenscheid?“
„Du meinst diesen zugekifften Spinner? Der ist noch nicht mal richtig schwarz!“
„Tja, also scheiß auf den Priester. Wir packen jede Menge Sprengstoff ein und blasen den Höllenwichser einfach zurück in sein stinkendes Schwefelloch.“
Ralle kräuselte die Stirn, wie immer wenn er nachdachte.
„Dein Wort in Gottes Ohr, Pitbull.“
„Ach, bisher hat sich der gute Mann ja noch nicht über unsere Methoden beschwert.“
***
Ralle parkte den Commodore außerhalb des verlassenen Zechengeländes auf einem matschigen Feldweg. Es hatte den ganzen Tag geregnet und auch jetzt noch fielen vereinzelt kleine Schauer, als würde Petrus sein Ding nach einem ordentlichen Piss nochmal ausschütteln.
Während Pitbull seinen massigen Körper aus dem Sitz schälte, begann Ralle damit seine Ausrüstung aus dem Kofferraum zu holen.
Anders als sein bulliger Partner schwor Ralle eher auf leichte Waffen. Er besaß ein paar Micro-Uzis, die er aus den toten Händen eines Vampirs gerissen hatte und ein Buschmesser für den Nahkampf. Dieses Prachtexemplar war beinahe ein Meter lang und so scharf, dass es Knochen schneiden konnte.
„Wollten die aus dem Ding nicht irgendwann mal ein Museum machen?“, fragte Pitbull, der mit ernster Miene auf die Silhouette eines Förderturms blickte, der sich vor dem bewölkte Abendhimmel abzeichnete.
„Das war bevor die Stadt pleite war. Jetzt tummeln sich hier nur noch Penner und Dämonen, die Apokalypse spielen wollen.“
„Dann wird es mal Zeit ein paar Arschtritte zu verteilen.“
Sie suchten sich ein Loch im Zaun und betraten das Gelände der ehemaligen Zeche. Die Industrieruine war nur noch ein Skelett, ein Stummer Zeuge einer besseren Zeit, in der Männer in die Eingeweide der Erde gezogen waren, um ihr Tagwerk zu verrichten.
Sie wateten durch die tiefe Erde und hielten auf das Hauptgebäude der Zeche zu. Es war eine große Halle, die wie ein umgefallener Monolith inmitten des Geländes lag.
Sie sprachen keinen Ton.
Sie mussten nicht reden.
Sie wussten was vor ihnen lag, und dass sie den Abend vielleicht nicht überleben –
aber dass sie sich mit einem großen Knall verabschieden würden.
***
Showdown.
Die Welt bewegte sich plötzlich langsamer, als Pitbull und Kalle die Lagerhalle betraten.
Wie in einem Western schritten sie voran, die Waffen locker an ihrer Seite.
Obwohl es windstill war, wehten ihre Mäntel, auch als sie stehen blieben und sich mit leicht gesenktem Haupt in der Halle umsahen.
Vor ihnen standen dreißig Männer, die sich im Halbkreis aufgestellt hatten.
„Das sind Russen“, sagte Ralle und seine Stimme klang plötzlich mehrere Oktaven tiefer.
„Woher weißt du das?“
„Die tragen alle Trainingsanzüge.“
„Vampire?“
„Nein, auch Blutsauger haben ihren Stolz.“
Einen Augenblick lang herrschte gespannte Stille.
Dann fiel der erste Schuss.
Pitbull wirbelte herum und ließ seine Schrottflinte Monica ihr Todeslied singen. Obwohl er wie ein Wildschwein gebaut war, besaß er die Beweglichkeit einer Raubkatze. Mit einem überraschenden Tempo überwand er einige Meter und zog einen der Russen mit einem besonders geschmacklosen lila Trainingsanzug zu sich heran und benutze ihn als menschlichen Schutzschild, während er mit seiner Schrotflinte einem anderen Typen in den Bauch schoss.
Ralle hatte beide Uzis gehoben und hielt seitlich rennend in den Russen-Mafia-Pulk hinein. Er warf sich hinter eine umgeworfene Lore in Deckung und steckte seine Maschinenpistolen weg.
Kugeln prasselten auf das Metall des Wagens.
Ralle griff an seinen Gurt und löste zwei Blendgranaten, die über seine Schultern in die Halle warf.
„Es werde Licht“, rief er.
Pitbull kannte das Zeichen und hielt sich den Arm vor die Augen. Die Granaten gaben einen zischenden Laut von sich, gefolgt von russischen Flüchen, Stöhnen und einigen undefinierbaren Lauten.
Ralle sprang von seiner Deckung auf, zog dabei seine Machete und stürzte sich auf den Pulk geblendeter Ganoven.
Sein Kampfstil war alles andere als grazil, dafür aber äußerst effektiv. Wie ein tasmanischer Teufel auf Amphetaminen wütete er durch die Reihen der osteuropäischen Trainingsanzugjünger, schlug tiefe Kerben in billigem Polyester, aus denen sich literweise Blut auf den Hallenboden ergossen.
Pitbull indes erledigte mit seiner Schrotflinte die Russen, die ohne zu wissen wohin durch die Halle liefen und zu flüchten versuchten.
Es dauerte keine Minute bis der Letzte von ihnen winselnd in einer Lache Blut lag.
Ralle gab ihm mit dem Griff seines Buschmessers den Rest.
Schwer atmend sah er sich das Massaker an, das sie angerichtet hatten.
Einige der Trainingsanzugträger lebten noch, doch mehr als stöhnen oder kriechen konnten sie nicht mehr.
„Und wo ist jetzt dieser verdammte Dämon?“, wollte Pitbull wissen, während er Monica nachlud.
„Eigentlich handelt es sich um eine Dämonin.“
Die Stimme klang süß, wie türkisches Gebäck und als Ralle und Pitbull herumwirbelten, um die Quelle auszumachen, waren sie erstaunt einen jungen Mann aus einer dunklen Ecke der Halle treten zu sehen.
Er war völlig in Leder gekleidet, schlank wie ein bulimischer Teenager und sein Haupt war von einer schwarzen Haarpracht gekrönt, die ihm bis zur Hüfte ging.
Seine Gesichtszüge zeigten sich sehr markant, was aber eher seiner Dürre anzuhaften war, als einer potentiellen Männlichkeit. Ein Lächeln, das aussah wie ein bösartiger Schatten, lag auf seinem Antlitz.
„Wenn ich mich vorstellen darf. Mein Name ist Baldur von Hohenthal und ich wurde beauftragt euch zu töten.“
Pitbull legte die Stirn in Falten. „Ist das ein Vampir?“, fragte er Ralle.
„Könnte ich mir gut vorstellen. Ich glaube er glitzert sogar.“
Pitbull ging ein paar Schritte um den vermeintlichen Vampir herum und musterte ihn eindringlich.
„Ich glaube du hast recht. Er hat tatsächlich Glitzer im Haar.“
„Könntet ihr bitte aufhören, euch so zu unterhalten als wäre ich nicht anwesend“, forderte Baldur von Hohenthal pikiert.
Er rang sichtlich um Fassung.
„Außerdem ist das kein Glitzer, sondern Feuchtigkeit. Falls ihr beiden Idioten es nicht gemerkt haben solltet, es regnet.“
„Hast du das auch gehört, Pitbull?“ Ralle sah sich in der Halle um, als suche er etwas.
„Das klang gerade so, als würde hier irgendein bockiges Kind rumheulen“, fuhr er fort.
Das war zu viel für Baldur und er stürmte mit hassverzerrtem Gesicht auf Ralle zu.
Pitbull hob seine Schrotflinte.
Der Schuss traf den Vampir am rechten Ellbogen und trennte ihm in einer blutigen Explosion den Unterarm ab.
Die Wucht ließ Baldur wanken, bremste ihn aber nur minimal aus. Mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze sprang er auf Ralle zu.
Was Pitbull aber mehr erstaunte als die Wendigkeit des Vampirs, war die Tatsache, dass sein Unterarm in einer irren Geschwindigkeit nachwuchs.
Das war ein verdammt mächtiger Vampir.
Ralle hob die Machete, entschied sich aber in letzter Sekunde dafür, dem Angriff Baldurs auszuweichen.
Er sprang seitlich zu Boden und rollte sich auf einem der schwerverletzten Russen ab.
Dieser stöhnte vor Schmerzen auf.
Nur knapp entging Ralle dem Angriff des rasenden Vampirs, der ihn jetzt aus der Hocke hasserfüllt anstarrte.
Sein Unterarm war wieder vollständig nachgewachsen.
Pitbull konnte nicht das Risiko eingehen mit der Schrotflinte draufzuhalten, weil Ralle im Weg lag.
Der versuchte rückwärts kriechend von seinem Gegner wegzukommen, der ihn ansah wie eine Schlange ein appetitliches Küken.
Das Lächeln auf dem Gesicht des Vampirs war verschwunden, dafür offenbarte er eine Reihe scharfer Zähne, die wenig mit dem Kino-Klischee zu tun hatten. Dieses Gebiss war dafür da Menschenfleisch zu zerreißen.
Ralle war nicht weit gekommen, als Baldur auf ihn stürzte.
Er sah den Schatten über sich, riss seine Machete hoch und schloss die Augen. Doch der Aufprall kam nicht, dafür hörte er ein tiefes Grollen, das eindeutig aus Pitbulls Kehle kam.
Der bullige Rocker war dem Vampir entgegengesprungen und hatte ihn mit der vollen Wucht von hundertzwanzig Kilo tätowiertem Fleisch gerammt.
Baldur schrie auf, schaffte es aber sich an Pitbull festzukrallen, so dass sie beide in einer Umarmung um Leben und Tod auf den Boden klatschten.
Dabei trafen sie wieder den verwundeten Russen, den schon Ralle zuvor als Puffer benutzt hatte. Diesmal war das Stöhnen das letzte Geräusch, das er als lebendes Wesen von sich gab.
Pitbull und Baldur rangen um die Oberhand und wälzten sich dabei auf dem blutbesudelten Boden.
Ralle raffte sich auf, hielt es aber für keine gute Idee mit dem Buschmesser einzugreifen.
Plötzlich flog Pitbull an ihm vorbei und krachte gegen die Lore, die Ralle vorhin noch Schutz geboten hatte.
Der Vampir war stark. Das bedeutete, dass er alt und mächtig war. Da konnte man sich die Kreuze, den Knoblauch und den restlichen Mist sparen. Da half nur Sonnenlicht – und bis Tagesanbruch waren es noch ein paar Stunden – oder genug Sprengstoff, um das Gehirn des Wichsers so zu pulverisieren, dass nur noch Staubpartikel übrig waren.
Pitbull war außer Gefecht gesetzt, so lag es jetzt an ihm dem Vampir in den Arsch zu treten.
Er steckte das Buschmesser weg und zog seine beiden Uzis.
Ihm war klar, dass er den Vampir nicht damit töten konnte, aber er würde ihn sich eine Weile vom Leib halten, bis er einen besseren Plan hatte.
Baldur vom Hohenthal, oder die verzerrte Version dessen, was er einmal als Mensch war, richtete seine Aufmerksamkeit auf Ralle. Der Vampir hatte seinen Kiefer ausgerenkt und offenbarte zischend ein Gebiss, das man eher bei einem Hai erwartete als bei einem Blutsauger.
Diese Wesen waren immer noch Monster und keine tragisch angehauchten Liebhaber für feuchte Teenieträume.
Auf den Angriff wartend riss Ralle beide Uzis hoch.
„Na, komm schon du schleimiger Egel, ich werde dir so viel Blei in deinen verfluchten Körper pumpen, dass du dich vierhundert Jahre nicht mehr bewegen kannst!“
Der Vampir baute sich zu voller Größe auf, neigte den Kopf zur Seite und sah Ralle abschätzig an.
„Was ist los, Baldur? Hast du etwa Angst vor einem Sterblichen?“
Ralle war nicht sicher ob Provokation jetzt das richtige Mittel war, aber wütende Gegner tendierten dazu Fehler zu machen.
„Komm schon du Wichser! Hol‘ dir deine Portion Blei ab! Ich werde dich so durchlöchern, dass man dich danach als untotes Nudelsieb benutzen kann!“
Das reichte dem Vampir, der giftige Laute von sich gab und zum Angriff überwechselte.
Ralle drückte ab.
Die Kugeln schlugen in Baldur ein, was ihn zwar verlangsamte aber nicht stoppen konnte.
Das Leder seines Mantels wurde zerfetzt, wie ein Taschentuch in einem Tornado. Irgendwann klickten beide Uzis nur noch und Baldur nahm an Fahrt auf.
Ralle ließ die Maschinenpistolen fallen und griff nach seinem Buschmesser.
Sein Gesicht war in grimmiger Entschlossenheit versteinert.
Baldur sprang ab.
Statt seitlich auszuweichen, hob Ralle die Machete, bückte sich und macht einen schnellen Schritt nach vorne.
Damit hatte der Vampir nicht gerechnet.
Da er im Flug nicht mehr bremsen konnte, fiel er auf Ralle und es gab ein fleischiges Geräusch, als sich das Buschmesser durch seine Gedärme fraß.
Baldur schrie auf, als Ralle, der unter ihm lag, von dem Blut des Vampirs übergossen wurde.
Doch der Vampir war hart im Nehmen. Das zischende Fauchen ließ keine Sekunde nach, während er auf Ralle einschlug, der die Machete losgelassen hatte und seine Arme zum Schutz vor sein Gesicht legte.
Die Krallen des Vampirs schnitten wütend durch das Fleisch seines Unterarms.
Aber wenn er schon sterben sollte, dann würde er den Wichser in die Hölle mitnehmen.
Er hatte noch Granaten am Gürtel … er musste nur irgendwie drankommen …
Durch den Nebel aus Adrenalin und Schmerz, hörte er plötzlich eine vertraute Stimme.
„Da wollen wir sehen, ob das hier auch nachwächst.“
Dann explodierte Ralles Welt in einem lauten Knall.
Irgendwas Warmes ergoss sich über ihn, dann spürte er den Körper Baldurs über sich erschlaffen.
***
„Das ist schon das zweite Mal, dass ich dir heute den Arsch rette“, sagte Pitbull, der genüsslich an einer Zigarre zog, als hätte er gerade ein gutes Mittagessen zu sich genommen. Grinsend betrachtete er Ralle, der aussah wie Carrie in der King-Verfilmung, nachdem ihr ein Eimer Schweineblut über den Kopf gekippt wurde.
„Ich dachte du seist ohnmächtig“, sagte Ralle.
„Ja, an mir ist echt ein Schauspieler verlorengegangen“, erwiderte Pitbull süffisant.
„Ich komme mir schon vor wie in einem verfluchten Videospiel, bei dem immer wieder neue Gegner auf dem Bildschirm erscheinen“, sagte Ralle.
„Dann fehlt jetzt nur der Endgegner.“
„Redet ihr etwa über mich?“, fragte Aranea, die langsam aus dem Schatten auf sie zukam.
Ralle und Pitbull sahen sich gegenseitig an und begannen zu lachen.
„Was ist daran so lustig?“, fragte die Dämonin.
Doch die beiden lachten nur lauter, als sie Aranea sahen, die in einem roten Hauch von Nichts gekleidet war. Lediglich ein farblich dazu passender Umhang verdiente den Namen Kleidungsstück.
„Die sind doch nicht echt, oder?“, fragte Pitbull prustend, während er vor Lachen gekrümmt auf Araneas beeindruckende Oberweite zeigte.
„Du bist doch nicht etwa scharf auf die Alte, oder Pitbull?“
„He, ich habe auch meinen Stolz!“
Wieder prusteten sie beide los.
Aranae starrte die beiden mit großen Augen an.
Ein Kopfschütteln war das Einzige was sie zustande brachte, angesichts dessen was die beiden Idioten da gerade veranstalteten.
„Ihr wollt mich doch verarschen?“
Nur heiseres Lachen als Antwort.
„Mal sehen, ob ihr das hier auch lustig findet!“
Sie legte den Kopf in den Nacken und sprach einige Worte in der gutturalen Sprache der Dämonen.
Um sie herum wirbelte plötzlich ein starker Wind auf, der ihre roten Haare wie ein Feuer tanzen ließ.
Das Lachen der beiden verstummte als Araneas Körper einen wilden Tanz aufzuführen begann, der zum Teil aus lasziven Bewegungen und zum Teil aus unkontrollierten Zuckungen bestand.
„Irgendwie ist die Alte schon scharf“, stellte Pitbull fest.
„Du würdest doch alles ficken was einen Puls hat“, bemerkte Ralle.
„Puls ist kein Muss, Hauptsache warm.“
Pitbull schnippte seinen Zigarrenstummel auf die Dämonin.
Als der die wirbelnden Winde um Aranea erreichte, gab es ein lautes Zischen und der Stummel war nur noch ein Häufchen Asche, das weggeweht wurde.
Plötzlich schrie die Dämonin.
Der Laut war viel zu tief, als dass er aus dem Körper eines Menschen stammen konnte.
Dann krochen faustgroße Spinnen aus ihrem Mund und Pitbull bekam eine Gänsehaut.
„Verdammte Scheiße, ich hasse die Viecher“, schrie er.
„Die haben doch mehr Angst vor dir, als du vor denen“, brüllte Ralle zurück.
Ein lautes Knacken erfüllte den Raum, wie von brechenden Knochen.
An den Seiten von Araneas Oberkörper riss die Haut und riesige Spinnenbeine entfalteten sich langsam.
„Oh, die vielleicht nicht“, korrigierte sich Ralle.
„Vielleicht hätten wir sie nicht provozieren sollen?“
„Jetzt mach dir nicht ins Hemd, Pitbull. Hast du eine Idee, wie wir das Vieh platt machen können.“
Pitbull runzelte die Stirn. „Nicht wirklich.“
Einen Augenblick sagten sie nichts und beobachteten, wie sich Aranea auf ihre neuen acht Beine stellte und dabei schrille Zischlaute von sich gab.
„Was hältst du davon, wenn wir jetzt einfach laufen?“, schlug Ralle vor, der fassungslos auf die drei Meter hohe Aranea-Spinnen-Kreatur starrte.
„Guter Plan“, antwortete Pitbull und lief los.
***
Sie hatten bereits die Halle ein gutes Stück hinter sich gelassen, als sie das Krachen hinter sich hörten.
Ralle wagte einen Blick.
Durch den Nieselregen-Vorhang sah er, wie Aranea in ihrer neuen Gestalt durch eines der großen mit Spannplatten gesicherten Fenster der Halle krachte.
Ralle sah sich um.
Sie konnten unmöglich irgendwohin, wo es Menschen gab.
Die Dämonin war so aufgebracht, dass sie alles Töten würde, was vor ihren acht Beinen auftauchte.
Dann sah er plötzlich etwas und er hatte eine Idee.
Er blieb abrupt stehen und Pitbull wäre beinahe in ihn rein gerannt.
„Pitbull, ich habe eine Plan. Bleib du hier und lenke das Vieh ab.“
„Das Vieh ablenke!? Sag mal, Ralle, hast du noch alle Tassen im Schrank!?“
Aber Ralle war schon in der Dunkelheit verschwunden.
Langsam drehte sich Pitbull um.
Er konnte den Schatten Araneas nur erahnen.
Sie war bereits näher, als ihm lieb sein konnte.
Kopfschüttelnd griff er an seinen Gürtel.
Drei Granaten hatte er noch.
Mit zugekniffenen Augen versuchte er abzuschätzen, wo die Dämonin gerade war.
Er löste eine der Granate, zog den Stift und warf sie.
Die Explosion war ohrenbetäubend.
Eine Fontäne aus Matsch und Gestein schoss in den Himmel.
Doch das Spinnenwesen war weder zu hören, noch zu sehen.
Er warf eine zweite Granate und diesmal erspähte er im Licht der Explosion einen gewaltigen Schatten, der keine fünfzig Meter zu seiner rechten auf ihn zugelaufen kam.
Er beeilte sich auch die dritte Granate zu lösen und schmiss sie in die Richtung, in der er das Ding vermutete.
Sobald er die Granate losgelassen hatte, schmiss er sich in einen Graben und hielt sich die Ohren zu.
Die Detonation ließ den Boden erbeben.
Steine und Matsch regneten auf Pitbull nieder, der die Arme jetzt über den Kopf gelegt hatte, um sich zu schützen.
Er hörte ein lautes, gequältes Zischen.
Er hatte das Monster anscheinend getroffen.
„Kaboom, Baby!“, rief er, als plötzlich ein Spinnenbein unvermittelt einen halben Meter vor ihm in den Boden einschlug.
Pitbull sprang auf und zog seine Schrotflinte.
Rückwärts laufend, rotzte er alles was Monica hergab, auf die sich nähernde Dämonin.
Das vormals wunderschöne Gesicht Araneas, war jetzt zu einer geifernden Fratze verkommen.
Obwohl die Kugeln in ihr einprasselten, kam sie immer weiter auf Pitbull zumarschiert.
Irgendwann hatte Monica nichts mehr zu sagen.
Pitbull lief los.
Er hörte wie hinter sich die Beine der Spinnendämonin in den matschigen Boden einschlugen.
Er schlug Haken, aber der Boden war schwer, so dass er kein richtiges Tempo aufnehmen konnte.
Eines der Beine, traf ihn am Rücken.
Der Schlag war so fest, dass Pitbull die Bodenhaftung verlor und Kopfüber in den Matsch geschleudert wurde.
Der Aufprall auf dem nassen Grund war hart, aber nicht so hart, dass er Pitbul in dieser Situation irgendetwas ausgemacht hätte.
Auf allen vieren versuchte er wegzukriechen, aber seine Füße fanden keinen richtigen Halt und er rutschte aus.
Er drehte sich auf den Rück und sah, dass Aranea über ihn stand und die beiden vorderen Spinnenbeine erhob, um zum finalen Stoß auszuholen.
In dem Augenblick nahm Pitbull erst eine leichte Erschütterung des Bodens wahr, dann ein tiefes Motorengeräusch.
Die Schaufel des Radladers traf die Dämonin mit der vollen Wucht von zehn Tonnen Baumaschine.
Ralle schaltete die beiden Frontleuchten der Maschine an und er sah, dass er das Spinnenwesen tatsächlich so erwischt hatte, dass es jetzt auf der Schaufel lag und versuchte sich aus dieser Lage zu befreien.
Die Beine der Kreatur, die er voll erwischt hatte, waren an mehreren Stellen gebrochen, so dass sie keinen Halt fand, um sich aus der metallenen Kralle zu befreien.
Ralle hielt auf die Außenwand der großen Halle zu, legte einen schweren Stein auf das Gaspedal und zündete die Lunte des Dynamitpäckchens an, das er im Fußraum gelegt hatte.
Dann sprang er ab und lief so schnell, wie der matschige Boden es zuließ in die entgegengesetzte Richtung.
Auf den Einschlag der Baumaschine, folgte eine Detonation, die einen Feuerball in den Gelsenkirchener Nachthimmel warf, den man sogar in Herne noch sehen konnte.
Als Pitbull und Kalle wenig später in den Opel Commodore einstiegen, waren sie durchnässt, von oben bis unten verdreckt und ziemlich fertig.
Trotzdem lächelten sie beide.
„Ach, wir haben schon einen verdammt geilen Job“, sagte Pitbull, der zwei Bierflaschen unter dem Sitz hervor holte.
Ralle nickte.
Den Rest der Fahrt tranken sie Bier und sagten kein Wort.
22. Aug. 2012 - David Grashoff
[Zurück zur Übersicht]
|
|