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Arthurs Begräbnis
von Dorothea Puschmann

Wolfgang Sigl Wolfgang Sigl
© http://www.wolfgangsigl-grafiken.de/
Es gab Dinge, die jagten einem beim bloßen Nachdenken Schauer über den Rücken.
Da war zum Beispiel die Sache mit dem Tod. Genauer gesagt: das, was danach mit einem geschah, lag man, Arthur wusste nicht exakt wie tief, schließlich in der Erde. Auch wenn er sich bemühte, es sich nicht genauer vorzustellen, so drängten sich ihm die Gedanken doch geradezu auf! Würmer, Käfer und was sonst noch an Getier in der Erde steckte, beziehungsweise sich entwickelte, würde sich in Kürze an ihm gütlich tun! Arthur fand die Vorstellung, diesem ausgeliefert zu sein, grauenvoll. Und obwohl der andere Weg ihm nicht weniger grausam erschien, so war er doch entschieden kürzer und von daher vorzuziehen!
Die Temperatur des Ofens würde hoffentlich hoch genug sein, so dass es recht schnell mit ihm ginge. Danach würde sein Häuflein Asche, oder wessen auch immer, in aller Stille und ohne Zeugen unter dem Rasen eingegraben werden. Keine unnützen Reden, keine geheuchelten Tränen und kein schwerer Stein, der auf ihm zu liegen käme!

***

Nachdem Arthur die Entscheidung getroffen hatte, hieß es, diese amtlich zu machen, damit die Dinge, wenn es einmal so weit war, ungestört ihren Lauf nehmen konnten. Er wusste, manches konnte man nicht früh genug regeln, war doch seine eigene Frau vor ein paar Jahren plötzlich aus dem Leben geschieden!
Der Großteil der Familie war gegen eine Feuerbestattung. Da Artur eine Einäscherung jedoch ausdrücklich wünschte, ja sogar bereit war, sie in seinem letzten Willen zu formulieren, ließ man ihn gewähren. Vielleicht kam er im Laufe der Zeit noch zur Vernunft und änderte seine Meinung!
Der Lauf der Zeit gab Arthur diese Möglichkeit nicht, da er recht bald nach Bekanntgabe seiner Bestattungswünsche völlig unerwartet schwer erkrankte und kurz darauf verstarb. Aus diesem bedauerlichen Anlass kam der große Familienrat im Sterbehaus zusammen.
Während sich die Inneneinrichtung bereits an einigen Stellen zu lichten begann, Gegenstände durch den Hinterausgang befördert wurden, um dort verladen zu werden, ließen sich drinnen die ersten Stimmen vernehmen: Nun sei Arthur tot und da müsse an die Hinterbliebenen gedacht werden! Und was läge näher, als ein angemessenes Begräbnis und eine ebensolche Feier zu veranlassen. Dazu gehörte selbstverständlich eine anständige Erdbestattung! Sicher, die hohen Kosten einer solchen Beisetzung, aber schließlich hatte der Mann einen Posten und Geld!
»Braucht jemand die Waschmaschine?«, ertönte es aus der hinteren Reihe, »meine ist kaputt! Und hilft mir jemand beim Tragen?«
»Aber er hat sich doch eine Verbrennung gewünscht!«, meldete sich Frieda, eine Schwester von Arthurs verstorbener Frau, zu Wort. »Da können wir jetzt doch nicht einfach etwas anderes tun!«
»Papperlapapp«, sagte Hugo, Arthurs älterer Bruder. »Erdbestattung und das übliche Brimborium!«
»Aber«, beharrte Frieda, »er hatte doch so große Angst vor einer Erdbestattung!«
»Anständige Menschen«, erwiderte Hugo, »lassen sich nicht verbrennen und ihre Asche dann auch noch heimlich verscharren. Er wird in der Erde bestattet, und jetzt ist Schluss mit dieser Diskussion!«

***

Während die Verwandtschaft im Wohnzimmer aß und trank, die Aufgaben für das Begräbnis mit all seinen Formalitäten verteilt wurden, lag Arthur aufgebahrt im Nebenraum.
Die Gesellschaft wurde zunehmend ausgelassener. Hugo hatte sie ermuntert, Weinkeller und Vorratsräume zu plündern und - damit nichts umkomme - allem kräftig zuzusprechen.
Hans, einer der vier Söhne Arthurs, ergriff schließlich dessen Schifferklavier und spielte zum Tanz auf. Während alledem verschwanden nach und nach Bilder von den Wänden. Kostbare Uhren, wertvolle Möbelstücke, darunter alte Sekretäre, fanden ihre Liebhaber, wenn auch oft nicht ohne heftigen Streit, und wurden rechtzeitig vor dem aufziehenden Unwetter in die mitgebrachten Anhänger verfrachtet.
»Pietätlos«, murmelte Frieda, »wie die Aasgeier!« Sie stand auf, ging in den Nebenraum, küsste Arthur unter Tränen und bat ihn still um Vergebung für das, was sich gerade in seinem Haus abspielte. Dann ging sie hinaus auf die Straße, unfähig, diesem Treiben weiterhin zuzuschauen. Keiner der Anwesenden bemerkte ihr Fortgehen. Sie alle waren inzwischen recht betrunken und saßen laut grölend in Ermangelung des Mobiliars auf dem Boden. Und so hörten sie auch nicht den Regen, der immer stärker hernieder ging, ja nicht einmal den Donner, der die Luft zerriss. Und als der Blitz in den Dachstuhl einschlug, der Dachboden daraufhin wie Zunder brannte, wurde ihnen lediglich heiß, was den einen oder anderen veranlasste, sich überflüssiger Kleidung zu entledigen.
Erst als die Feuerwehr mit heulender Sirene direkt vor dem Haus hielt, meinte Hugo lallend, irgendwo in der Nähe müsse wohl etwas passiert sein.
Fast alle konnten noch gerade rechtzeitig aus den Flammen gerettet werden, bis auf Hugo, der sich so lange weigerte, das Haus ohne den toten Arthur (und wegen der anstehenden Feierlichkeiten) zu verlassen, bis ihm ein schwerer, brennender Balken auf den Kopf fiel und ihm damit die Entscheidung abnahm.
Auf diese Weise kam Arthur, seinem Wunsch entsprechend, doch noch zu einer Feuerbestattung.

03. Aug. 2007 - Dorothea Puschmann

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