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Liebling der Götter

LIEBLING DER GÖTTER

Buch / Historischer Roman

Aha! Tom Holt ist zurück im FunFantasyGeschäft, mit dem er bei uns ja zuallererst bekannt wurde. In "Liebling der Götter" präsentiert sich der britische Autor wieder von seiner witzigen, spritzigen und so weiter Seite. Gnadenlos nimmt er die heilige griechische Mythologie auf die Schippe, anscheinend nicht nur in Deutschland klassische Domäne früherer Generationen von Studienräten und Pennälern.
Um es vorwegzunehmen, ich finde den Roman ganz toll. Nach dem "Beowulf" folgten in Deutschland mit dem "Fliegenden Holländer" und der WagnerTravestie "Wir haben Sie irgendwie größer erwartet" ja zwei Bücher, welche zwar auch ziemlich lustig waren, aber doch das Gagfeuerwerk des deutschen Erstlings (siehe Chronologie unten) ein wenig vermissen ließen. Und dann brachte Heyne die beiden Romane um den griechischen Dramatiker Eupolis von Pallene heraus, zwar ebenfalls augenzwinkernd erzählt, aber sehr ernst zu nehmen, vor allem Nr. 2, "Der Garten hinter der Mauer". Außerdem handelt es sich bei ihnen wohl eher um rein historische Werke (wie Wilko mir sagte, schätzt auch ein englisches Nachwort sie so ein).
Aaaaber jetzt! Holt läßt nichts aus einfach gar nichts. Die Story geht furios los: Der kleine Jason Derry, Sohn englischer Mittelständler, hat die nervenaufreibende Angewohnheit, ständig alle möglichen gefährlichen Tiere totzuschlagen, die Daddy dann im Garten verbuddeln muß. Da kann auch schon mal eine "merkwürdig aussehende Echse" drunter sein; Jason macht das gar nichts aus. Verzweifelt fragt Daddy: "Von wem hat er das nur?" aber der aufmerksame und mythologiegeschulte Leser weiß seit der zweiten Seite des Textes, was mit dem Jungen nicht stimmt: Da ist von einem Baby die Rede, das in der Wiege von zwei Klapperschlangen attackiert wurde und die erwürgte. Die Tat hat ein historisches Vorbild; beim kleinen Herakles lief's ähnlich ab, wenn's da auch keine Klapperschlangen gewesen sein werden. Nun, auch Mr. Derry wird Aufklärung: Als er eines Tages einen toten Elefanten in der Garage findet und verlangt, daß das jetzt endlich aufhören muß, öffnet sich die Wohnzimmertür, "und eine merkwürdige männliche Gestalt erschien. Blaue Flammen flackerten rings um ihre Schultern ..." Der "alte Freund", den Mrs. Derry ihrem Ehegemahl nun endlich schüchtern vorstellt, heißt na? richtig! Jupiter, Exgöttervater; mit derzeitigem Wohnsitz auf nein, falsch, nicht auf dem Olymp, sondern auf der Sonne. (Warum Ex, warum Sonne, das erfährt man recht bald.) Tja, bei dem Papa konnte Jason nur ein richtiggehender Held werden. Und so verfolgen wir denn seine weitere Laufbahn, streng nach Plan geregelt, sehen ihn Hydren häckseln und Gorgonen den Garaus machen, Zentauren zerstückeln und Löwen lynchen ... Und alles nur, weil Jupiter einen 1aRambo benötigt gegen seinen größten Feind. Denn am Anfang war zwar das Wort, aber danach folgte eine konkurrierende Gruppe, die Götter: Kronos, Rhea und Dingsbums. Und wer von euch Mythologiekennern jetzt vermutet, daß der Gang und der Gag der Geschichte irgendwie mit diesem "Dingsbums" zu tun haben, hat vollkommen recht. Außerdem mischen mit: Prometheus und sein Adler, einige andere griechischrömische Götter ("Mini", "Marsi", "Apo" etc.) und BettyLou Fisichelli, die achttausendundsechste Sybille von Delphi. Man erfährt einiges über olympische Software, Gameshows auf Alternativerden und etwas über die drei ersten Witze. Ein U-Bahn-Bummel mit dem dreiköpfigen Zerberus, Schlachten gegen gewerkschaftsbewußte Geisterkrieger und ein sinnlos saufender Meeresgott sind genauso drin wie die Übergabe des Schwertes von WieheißterdochgleichklingtwieGlühkerzenton (eine herrliche Parodie auf derartige üble KlischeeSzenen in FantasyFilmen). Das alles und noch vieles mehr. Die Handlung ist nicht von vornherein zu durchschauen, die Gags folgen oft dicht aufeinander. Ein rundum gelungener Holt; an vielen Stellen mußte ich einfach loslachen (da ich derzeit fast nur im Bus zum Lesen komme, hat mir das einige Aufmerksamkeit eingetragen).
Das Buch hat nur einen Fehler: Selbst viele unserer humanistisch gebildeten Abiturienten würden manchen Spaß nicht verstehen. Holts Anspielungen zu begreifen setzt nämlich eine Allgemeinbildung voraus, die heutzutage nur noch den wenigsten zuteil wird. Vor lauter Wissenschaftlichkeit des Unterrichts und Abrechenbarkeit der vielen Arbeiten hat man keine Zeit mehr dazu; und wer kommt schon zum Lesen zu Hause??
Übrigens: Was ist grau, lebt im Meer und greift junge Frauen an?
Wer nicht draufkommt: lesen!

Ye Gods!, © Tom Holt 1992, übersetzt von Kalla Wefel 1995, 380 S., DM 14,90

31. Okt. 2006 - Peter Schünemann
http://www.solar-x.de

Der Rezensent

Peter Schünemann

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