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Der Dornenring 2 - Krone aus Blut
| DER DORNENRING 2 - KRONE AUS BLUT
Buch / Fantasy
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Wir erinnern uns: Tessa McCamfrey, eine vom Tinnitus geplagte, beziehungsscheue junge Frau, findet einen seltsamen Dornenring, der sie in eine andere Welt befördert, wo sie in einer mittelalterlichen Gesellschaft schnell Fuß fasst, dank der Hilfe des Söldners Ravis von Burano, der für König Izgard von Garizon eine Armee aufgebaut hat, nun aber selbst auf dessen Abschussliste steht und sich also mit Camron von Thorne verbündet, einem Adligen des Landes Rhaize, dem Izgard den Vater ermorden ließ. Der Garizon-Herrscher, Träger der legendären Dornenkrone, schickt sich an, die Welt zu erobern - daher räumt er alle Hindernisse, ob unbelebt oder lebendig, aus dem Weg, und dafür gestaltet sein Schreiber-Magier sogenannte Illuminationen, die Zaubersprüchen gleichen; Magie wird in jener Welt gemalt. Tessa selbst erfährt, dass ein anderer Schreiber, der jüngst verstorbene Deveric, sie zum Dornenring geleitet hat - denn sie besitzt eine angeborene Begabung für das Verfertigen solcher Illuminationen. Deverics ehemaliger Gehilfe Emith schult sie; schon am Ende des ersten Teils versucht sie, Ravis und Camron vor Izgards magisch verstärkten Truppen zu retten. Mitten in diesem Kampf bricht die Handlung ab; nun erfahren wir also, wie es weitergeht.
Freundlicherweise - ich kann dergleichen in der Ära ausufernder Fantasy-Zyklen gar nicht hoch genug schätzen - bringt J. V. Jones ihre Geschichte im zweiten Teil zu einem glatten, bruchlosen Schluss. Tessa, Ravis, Camron und alle anderen verabschieden sich, nachdem sie allerlei Kämpfe zu bestehen hatten. - Natürlich erwartet man von einem Fantasy-Roman ein gutes Ende (Praise them with great praise!); spannend daran (oder eben auch nicht) ist nur, wie und unter welchen Schwierigkeiten (allenfalls noch: wie glaubhaft) es erreicht wird. Nun, Jones enttäuscht in keiner Hinsicht. Das Buch "liest sich flüssig weg, keine Frage bleibt offen, alle Rätsel um Dornenkrone und Dornenring werden gelöst; wir erfahren über Ravis Lebensgeschichte alles, was wir wissen wollten, erleben mit, wie sich die Hauptfiguren verändern und einander näherkommen ... und ordentlich gekämpft wird auch. Jones setzt ihre besondere Erfindung, die Muster-Magie, wiederum effektvoll ein, ohne sie totzuschreiben; eine lange "Lerne deine Macht zu gebrauchen!-Geschichte entfällt, trotzdem Tessa den Meister findet, von dem sie lernen könnte; aber uns wird glaubhaft erklärt, warum gar keine Zeit bleibt für Unterweisungen, die mit den richtigen Atemübungen beginnen (so erspart Jones uns einen dritten Teil). Wie unser aller Luke Skywalker ist Tessa halt ein Naturtalent, da reichen ein paar Lektionen, der Rest fließt aus ihr selbst (doch schließlich hat ein Meistermagier unter allen möglichen Wesen aller möglichen Welten ja gerade sie ausgewählt und das Projekt einundzwanzig Jahre lang betrieben - da muss sie einfach gut sein). Fazit: ein ordentliches Garn - allemal schon viel wert. Literarische Perlen findet man darin freilich nicht eingesponnen, doch das ist ja nun nicht unbedingt der Sinn von Fantasy - man sucht sie also erst gar nicht.
Kritik? Ja, eine kleine. Mancher Nebenstrang der Handlung schien mir etwas zu konstruiert; exemplarisches Beispiel: der Bruderzwist, der Ravis aus der Heimat vertrieb. Natürlich sollen Charaktere gestaltet werden; aber wenn ich zuerst erfahre, wie rührend die Brüder füreinander kämpften, dann höre, wie der Ältere sich - kaum begründet - plötzlich gegen seinen Bruder wendet, und schließlich im - ohnehin rosafarbenen - Epilog auch noch eine nur wenig mehr motivierte Versöhnung erlebe, frage ich mich schon, ob das nötig war. Ähnliche Zweifel hege ich auch gegenüber der früheren Affäre Ravis' mit Violante von Arazzo (einer blassen Figur), deren Hauptfunktion es zu sein scheint, eine leichte Verstimmung zwischen Ravis und Tessa zu erzeugen, damit diese einen Teil ihres Weges allein geht, was die Gefahr für sie steigert. Doch wie gesagt: kleine Kritik; all dies stört im Grunde wenig. - Bemängeln muss man auch das kitschige Cover sowie den albernen deutschen Titel ("Krone aus Blut - viel Spaß beim Krönen), aber dafür kann die Autorin ja nichts. Sie hat zur Unterhaltung ein Buch geschrieben, das wirklich unterhält. Gut.
The Barbed Coil, Part II, © 1997 by J. V. Jones, aus d. amerik. Englisch übers. v. Rainer Schumacher, Taschenbuch-Ausgabe 2002, 502 S., _ 8,90, ISBN 3-404-20432-8
01. Nov. 2006 - Peter Schünemann
http://www.solar-x.de
Der Rezensent
Peter Schünemann
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