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ERde 2000- Band 15 Welt am Abgrund
| ERDE 2000- BAND 15 WELT AM ABGRUND
Buch / Science Fiction
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O.J. Birner & W.A. Travers:
"ERde 2000- Band 15 Welt am Abgrund"
Roman, Softcover, 149 Seiten
Heinz Mohlberg-Verlag 2007
Mit Band 15 der Neuauflage im Mohlberg- Verlag werden zum vorerst letzten Mal zwei im Grunde abgeschlossene Abenteuer durch eine kurze, aber erkennbare Überleitung miteinander verbunden präsentiert. Mit dem achtzehnten Heftroman der alter Kelter- Ausgabe ging das Erde 2000 Team mehr und mehr dazu über, Kurzzyklen zu präsentieren. Das liegt sicherlich zum einen in dem Versuch, der Serie eine größere Kontinuität zu geben, zum anderen aber auch mit der Maßgabe, eine bessere Leserbindung herzustellen. Einzelne abgeschlossene Heftromane verführen zu schnell zum Wechseln, eine Erfahrung, die insbesondere auch der Erbe des Universums mit jedem abgeschlossenen hunderter Zyklus positiv wie auch negativ bemerkt hat. Jörg Bielefeld hat die Überarbeitung der hier zusammengefassten Roman Sie erbten den Tod Erde 2000 Band 11 von O.J. Birner und Die sterbenden Städte Erde 2000 Band 25 von W. A. Travers alias Wilfried A. Hary übernommen. In seinem kurzen Vorwort geht Bielefeld auf die drastischere Bearbeitung der vorliegenden Romane ein. Wilfried A. Hary hat ja in einem der vorher veröffentlichten Mohlberg- Erde 2000 Bände von der teilweise chaotischen Terminplanung und dem extremen Zeitdruck berichtet, unter welchem die Heftromane im wahrsten Sinne des Wortes zusammengeschustert werden mussten. Beide vorliegenden Romane fielen trotz interessanter und aktueller Prämissen in der Qualität gegenüber anderen Romanen ab. So hat sich Jörg Bielefeld entschlossen, die Romane deutlich umfangreicher zu überarbeiten als es bislang der Fall gewesen ist und zukünftig der Fall sein soll. Im Falle des zweiten Bandes Die sterbenden Städte hat Bielefeld nicht nur Fehler im Aufbau und der Logik verändert, sondern einen ganzen Handlungsstrang verändert. Ein Vergleich mit dem vorliegenden Original lässt sich aus Zeitgründen nicht realisieren, aber stilistisch gehörten insbesondere die von der Idee progressiven Erde 2000 Romane oft zu den schwächeren Science Fiction Serien. Das lag in erster Linie an der hölzernen Charakterzeichnung und vor allem an der Unsitte, die Bände einfach herunter zuschreiben und auf den letzten Metern sprich Seiten zu erkennen, dass der Platz nicht ausreicht, um die Handlung mit dem bisher eingeschlagenen Tempo zu beenden. Von den beiden vorliegenden Werken ist Birners Sie erbten den Tod der Lesenwertere. Die Menschheit hat sich in der fernen Zukunft entschlossen, seine biologischen Kampfstoffe zu entsorgen. Im All. Das Zeitreiseteam hat bei seinen Expeditionen in eine fernere Zukunft schon mehrmals Andeutungen gefunden, dass bei dieser Verschiffung etwas schief gelaufen ist und diese Aktion in einem engen Zusammenhang mit dem Homo Superior, den neuen Menschen gestanden hat. Also sucht das Team um Professor Lindtberg diese Epoche auf. Sie landen auf dem abgeschirmten Flughafen im schottischen Bergland, von dem aus das Raumschiff HYDRA mit einer ausgesuchten Besatzung auf ihre geheime Verklappungsmission starten soll. Einige Wissenschaftler haben Bedenken, da eine Explosion der Waffen im All ganze Planeten aus der Bahn schieben könnte, auf denen die Menschen Kolonien gegründet haben. Die Zeitkugel- Mannschaft erfährt, dass Saboteure diese Mission zum Scheitern bringen wollen. Ein Virus soll noch in der Erdatmosphäre ausgesetzt werden, um für Chaos zu sorgen und der neuen Herrenrasse die Möglichkeit geben, die Herrschaft an sich zu reißen. Anscheinend kommen die Verschwörer aber nicht nur von außen stehenden Logen, sie haben schon die Kommandostruktur des Raumschiffes durchsetzt.
Sie erbten den Tod ist wie viele Erde 2000 Romane eine sehr geradlinige Geschichte, deren Plot interessanter ist als die teilweise durch hölzerne Ausführungsweise suggeriert. Insbesondere zu Beginn des Romans ist zum wiederholten Male vieles dem Zufall überlassen. Die drei Mitglieder des Zeitkugel- Teams geraten wieder in Schwierigkeiten, werden auf ihrer Mission entdeckt und müssen sich durch Improvisation und Bluff auch der Gefahrensituation retten. Schnell übernehmen sie allerdings die Initiative und können mit ihrer Mischung aus Kraft Ben und Intellekt Professor Lindtberg die Situation bereinigen. In den siebziger Jahren und heute leider wieder aktuell ist das Thema der bewussten Opferung von Zivilpersonen, um die eigenen verqueren Ziele zu erreichen. Im Vergleich zu einigen anderen Erde 2000 Romanen splittert Birner die Handlung nicht nur zwischen den Mitgliedern des Zeitreiseteams auf, sondern gibt dem Leser zusätzliche Informationen, wenn zum Beispiel die Berichterstattung über eine Raumschiffkatastrophe aufgrund unzulänglicher Kommandostrukturen vertuscht wird. Im Nachhinein wird sich zeigen, dass dieses Misstrauen im vorliegenden Fall gerechtfertigt ist. Im Vergleich zu einigen anderen Romanen aus Birners Feder wirkt Sie erbten den Tod deutlich stringenter und bis auf den letzten Showdown, der vor allem aufgrund seiner Prämisse deutlicher besser und dramatischer hätte geschrieben werden können und müssen, wahrscheinlich auch durch die Bearbeitung von Jörg Bielefeld lesenswerter. Die Idee, die gefährlichen Produkte der Vergangenheit, auf eine dramatische, aber endgültige Art und Weise zu entsorgen, wird überzeugend in eine spannende Handlung integriert. Vor allem entwickelt Birner nicht von Beginn an erkennbare Antagonisten, sondern bemüht sich, deren Haltung zumindest bis zur Hälfte des Romans eher ambivalent zu beschreiben. Dadurch gewinnt der Heftroman in seinem letzten Drittel an zusätzlicher Dramatik und einzelne Personen wirken nuancierter und dreidimensionaler gezeichnet als in einigen von Birners anderen Erde 2000 Romanen.
Auch wenn der zweite Roman Die sterbenden Städte aus der Feder Wilfried A. Harys nicht zu letzt dank der Bearbeitung Jörg Bielefeld sich moderner und geradliniger liest, ist seine Handlung - das liegt weniger an der Bearbeitung, sondern am Original - eher eine Aneinanderreihung von bekannten Fragmenten und Ideen. In dieser fernen Zukunft leben die Menschen in ihrer Millionenstädten, die von Energiekuppeln umgeben sind. Diese sollen natürlich vordergründig die Menschen schützen, in Wirklichkeit sind dazu da, die Menschen unter Kontrolle zu halten. In den modernen, aber leblosen Städten fehlt es ihnen an nichts. Das Essen ist frei und jederzeit verfügbar, es gibt anscheinend keine großen Arbeitsplatzmöglichkeiten mehr. Das Leben ist auf einem sehr hohen Niveau dekadent. Trotzdem sind die Menschen mit ihrer Existenz nicht mehr zufrieden. Es gibt eine Zurück zur Natur Bewegung. Als die Zeitkugel in dieser Zukunft landet, bricht einer der Energieschirme durch Sabotage für eine kurze Zeit zusammen und einigen Tausend Menschen gelingt die Flucht. Aber ob sie außerhalb ihrer bislang behüteten Existenz und ohne eine reguläre Lebensmittelversorgung überhaupt eine Überlebenschance haben, ist eines der Themen, das der Roman zumindest streift. Bei ihren Untersuchungen stößt das Zeitkugel- Team weiterhin auf ein geheimes Bioniden- Projekt, die Erschaffung künstlicher Menschen, von der sie in ferneren Zukünften schon einmal gehört haben. Ehe sie sich versehen, sind die mitten in der Bürgerrevolte und teilweise bleibt ihnen nichts anderes übrig, als Partei zu ergreifen.
Travers konzentriert sich in der ersten Hälfte seines Romans auf die Stadthandlung. Zwei Handlungsebenen - das Zeitreiseteam und ein aus seinem Dienst entlassener höherer Wachoffizier - geben dem Leser einen guten Überblick über die futuristische Situation. Allerdings wirken insbesondere die Handlungen der Rebellen mechanisch und diesem Spannungsbogen fehlt deutlich das Pathos der Überzeugung. Auch lässt Travers - das ist weniger eine Schwäche des Manuskripts oder der Zeitnot, in welcher es entstanden ist, sondern eine Schwäche des Autoren - seine Leser nicht an die Figuren heran. Sie wirken distanziert und teilweise unsympathisch. Der Autor kann sich auch nicht so richtig für eine politische Position entscheiden, von Kapitel zu Kapitel entscheidet sich Travers eher ambivalent, auf welchen Faktor er dieses Mal die Betonung legt. Das macht seinen ganzen Roman handlungstechnisch schwierig zu greifen und viele gute, kleinere Ideen gehen in dem actionbetonten und in dieser Hinsicht interessant geschriebenen Plot unter. Mit der zweiten Idee - dem Fund der Bioniden - geht das Heft fahrlässig um. Sie wird viel zu spät und im Kern zu unentschlossen eingeführt, das Ende ist wiederum abrupt und lässt den Leser förmlich in der Luft hängen. Das Thema wird wahrscheinlich in einem späteren Roman wieder aufgegriffen, aber im Verlaufe von Die sterbenden Städte hätte es dem Roman außerordentlich gut getan, über eine weitere, in diesem Fall originelle und noch nicht so verbraute Handlungsebene zu verfügen. Auch wenn ein Vergleich zum Originaltext aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen ist, liest sich die vorliegende Fassung von Die sterbenden Städte sehr geradlinig und handlungstechnisch fast zu rasant. Wie so oft eilen die Zeitkugel- Besatzungsmitglieder getrennt von einer Gefahrensituation zur nächsten, wirken keinesfalls wie Menschen, die fünfhundert Jahre in der Vergangenheit geboren worden sind. Sie kennen sich sehr gut mit der vorhandenen Technik aus und können sich fast nahtlos in die unbekannte Gemeinschaft assimilieren. Das ist vielleicht auch einer der Kritikpunkte an der ganzen Serie, die trotz ihrem Bestreben, vor unmenschlichen, technologischen Entwicklungen zu warnen, Zukünfte präsentiert haben, in die sich zumindest das Zeitkugelteam trotz allen Widerwillens schnell integrieren ließ. Deutlich mehr Konfliktpotential und vor allem eine handlungstechnisch interessante und variantenreichere Gestaltung der Plots hätten die guten Ideen unterstützt. In ihren Prämissen ist Erde 2000 vielen anderen Heftromanserien - wie auch mehrfach schon angesprochen, selbst den legendären Terranauten - überlegen gewesen und die Nachdrucke ermöglichen es einer neuen Lesergeneration, diese Serie mit heutigen Lesegewohnheiten kennen zu lernen. In diesem Fall ist der Kontrast sehr stark, denn auch wenn beide Romane - wie Jörg Bielefeld in seinem Vorwort ununumwunden zugibt - nicht zu den Glanzleistungen der Serie gehören, sind es vor allem ihre Ideenkerne, die vom Niveau einen starken Kontrast zeigen. Trotz aller Schwächen gehört Sie erbten den Tod zu den plottechnisch interessantesten Romanen der Serie, während Die sterbenden Städte zu viele Ideen der klassischen Anti- Utopie recycelt und das neue Element zu spät und dann zu hektisch integriert.
16. Nov. 2007 - Thomas Harbach
http://www.sf-radio.net/buchecke/science_fiction/i...
Der Rezensent
Thomas Harbach

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