Main Logo
LITERRA - Die Welt der Literatur
Home Autoren und ihre Werke Künstler und ihre Werke Hörbücher / Hörspiele Neuerscheinungen Vorschau Musik Filme Kurzgeschichten Magazine Verlage Specials Rezensionen Übersicht
Neu hinzugefügt
Rezensenten
Genres
Sammelkategorien Interviews Kolumnen Artikel Partner Das Team
PDF
Startseite > Rezensionen > Peter Schünemann > Science-Fiction > Die Fackel der Freiheit

Die Fackel der Freiheit

DIE FACKEL DER FREIHEIT

Buch / Science-Fiction

Ja, da wollte ich also auch mal einen MSF-Roman lesen, nachdem man in letzter Zeit sowohl im SX als auch in der APA soviel über dieses Subgenre geschrieben hatte. Und Roger MacBride Allens “Die Fackel der Freiheit”, meinte ich, täte es ebenso gut wie jedes andere Buch dieser Sparte. Aber da hatte ich mich wohl geirrt. Meine Gewohnheiten führten mich diesmal ganz schön aufs Glatteis. Wenn ich nämlich ein Buch kaufen will, von dem ich absolut keine Ahnung habe, d. h. wenn ich weder den Autor noch das Thema noch das Subgenre kenne, dann lese ich immer die ersten paar Seiten an und entscheide nach diesem Eindruck. Und der kurze Prolog - MacBride Allen schildert hier knapp und wuchtig die Eroberung der Welt Neu-Finnland durch die Hüter, eine mächtige rechtsextremistische Gruppierung - las sich immerhin rasant und schien eine spannende Handlung zu garantieren. Also griff ich zu. Und schaffte es sogar, die 360 Seiten bis zum Ende durchzustehen! Was die einzige mutige Tat ist, die mir im Zusammenhang mit dieser Lektüre Achtung abnötigt - obschon es im Text ja um mutige Taten en gros gehen sollte.
Der Inhalt des Werkes ist simpel: Die Hüter erobern und unterdrücken also Neu-Finnland, eine ehemalige Kolonie der Finnen im Weltraum; die Neu-Finnländer und fünftausend Soldaten der Planetenliga entreißen sie ihnen wieder. Tja, das wär’s auch schon. Der Rest heißt Fregattenkapitän Terrance MacKenzie Larson, Ich-Erzähler und Held.
Larson gehört zu einer Gruppe von Elitesoldaten, welche hervorragend ausgebildet wurden, da sie in kleinen Gruppen ausziehen sollen, neue Welten zu entdecken und neue Zivilisationen ... Doch das Projekt ist umstritten, es kostet viel und scheint nichts einzubringen. Ja, “die oben” wollen der kleinen Flotte sogar die Raumschiffe entziehen; also “stehlen” Larson und seine Frau Joslyn auf Befehl ihrer unmittelbaren Vorgesetzten ihr Schiff und fliegen los. Mitten auf diesem Erkundungstrip holt sie dann eine Nachrichtendrohne ein und befiehlt, sofort Neu-Finnland anzusteuern, denn sie seien die einzige Crew (natürlich!) in rettungsfähiger Nähe. Um die unterdrückte Welt zurückzuerobern, soll dort ein Materietransmitter installiert werden, der 5000 Soldaten der Liga hinüberholen kann - Schiffe kommen keine mehr durch, wegen des Raketenabwehrsystems der Hüter. Aber natürlich schaffen es die Larsons, und Terrances gefahrvolle Einmann-Mission beginnt ...
Ich könnte hier noch mehr erzählen, ohne die Spannung zu mindern; denn solche wollte zumindest bei mir nicht aufkommen, trotz der Raumkämpfe, Bodenkämpfe, Einzelkämpfe, Massenkämpfe. Natürlich verlieren die Guten nicht, soviel ist schon mal sicher; so bleiben dem Autor, um den Leser zu fesseln, bloß noch die Höhe der Verluste, immer größere (und unglaubwürdigere) Gefahren - oder die Psychologie seiner Figuren und die Qualität der Sprache. Diese läßt sich bei einer Übersetzung nicht beurteilen, aber psychologisch versagt MacBride Allen total. Also gibt er sich alle Mühe, uns künstlich zu beeindrucken: Die Gefechte laufen für die Guten sehr verlustreich ab, er erdenkt das Raketensystem, das kein Schiff ins System hinein- oder aus diesem herausläßt, er bringt seinen Helden in alle möglichen Schwierigkeiten und liefert umfangreiche “wissenschaftliche” Erklärungen für die Prozesse, die ablaufen ... Und schließlich läßt er die Hüter das Super-Schiff Leviathan entsenden, um die eroberte Welt endgültig für sie zu sichern. Alles toll - und einseitig, und platt. Unterdrücker ... Freiheitskämpfer ... Kanonenfutter ... Einzelheld. Um eine Figur zu “gestalten”, reicht es bei solcher Art Schreiberei anscheinend aus, ihr einen Platz in diesem Raster zu verpassen, und aus.
Alles andere bringt MacBride Allen dröge und hohl mal eben gerade so herum: Larsons Beziehung zu seiner Frau Joslyn, zu seinen KameradInnen, zu den Vorgesetzten, den Neu-Finnen, den Hütern ... Schemen, keine Charaktere; Geballer, keine echte Spannung; Plattheiten von Ehre und Freiheit, keine Philosophie; Techno-Blabla statt einer glaubhaft konstruierten Handlung, Wirrnis statt politischer Hintergründe. Und natürlich darf die abgedroschene Konstellation “Beamte und Kaufleute contra ehrliche Männer und Frauen, letztere am besten aus dem Militär” nicht fehlen. “Oben” wird spekuliert, gezögert, widerrufen - “vor Ort” (an der Front) übersieht man natürlich alles besser und trifft die richtigen Entscheidungen.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Ich bin absolut kein Freund von Überstaat, Zentralverwaltung und Bürokratie, und mit diesem Teil “Kritik” - oder besser: flacher Übernahme von Kritik - hat selbst MacBride Allen sicherlich recht; aber seine Alternative gefällt mir nicht. Die Militärs handeln richtig, denn sie werden von ihrer Ehre und einem untrüglichen Sinn für das Richtige geleitet? Dann setzen wir also am besten eine Junta aus unbestechlichen, kernigen Generälen ein und lösen alle Probleme in Kommandostrukturen - SIR, JA, SIR! - und durch persönliches Heldentum.
Im übrigen zeigt MacBride Allen selbst ungewollt die Schwäche dieses Konzepts. Der Trend zum Helden impliziert natürlich, alles an dessen Person festzumachen, sonst ist der Held kein richtiger solcher. Also wird Larson im Kampf gegen die Leviathan auf eine Todesmission geschickt (die er natürlich heil übersteht), und sofort danach muß er das Oberkommando über die eigenen Streitkräfte übernehmen, weil er der einzig geeignete Kopf dafür ist ... und natürlich hat er dann auch die Idee, wie man den Feind schlagen kann (nachdem sich andere Leute, die seiner Aussage nach zum Oberkommandierenden besser geeignet sind, wochenlang ergebnislos die Köpfe zerbrochen haben). Das wirkt nicht einfach nur unglaubhaft: Es ist jetzt also auch nicht mehr der Militär schlechthin, sondern nur der eine Militär - der Held. Aber was, falls den mal einer trifft? Gottlob gibt es den Autor, der dies verhindert, sonst hätten, nicht auszudenken, die Bösen gewonnen ...
Kurz, ich halte “Die Fackel der Freiheit” für inhaltlichen wie erzählerischen Schund. Und selbst wenn der Übersetzer schon den Titel falsch wiedergibt (es müßte stramm “Die Fackel der Ehre” heißen), so kann ich doch nicht glauben, daß alle Schwächen des Buches nur auf eine schlechte Übersetzung zurückzuführen sind. Mein erster Ausflug in die MSF endete also mit einem Reinfall. Aber vielleicht machen es Autoren wie Feintuch oder Weber ja besser als MacBride Allen hier?

The Torch of Honour, 1985 by Roger MacBride Allen, übersetzt von Thomas Schichtel 1993, 364 Seiten, DM 9,90

02. Nov. 2006 - Peter Schünemann

Der Rezensent

Peter Schünemann

Total: 138 Rezensionen
April 2018: keine Rezensionen



[Zurück zur Übersicht]

Manuskripte

BITTE KEINE MANUS­KRIP­TE EIN­SENDEN!
Auf unverlangt ein­ge­sandte Texte erfolgt keine Antwort.

Über LITERRA

News-Archiv

Special Info

Batmans ewiger Kampf gegen den Joker erreicht eine neue Dimension. Gezeichnet im düsteren Noir-Stil erzählt Enrico Marini in cineastischen Bildern eine Geschichte voller Action und Dramatik. BATMAN: DER DUNKLE PRINZ ist ein Muss für alle Fans des Dunklen Ritters.

LITERRA - Die Welt der Literatur Facebook-Profil
Signierte Bücher
Die neueste Rattus Libri-Ausgabe
Home | Impressum | News-Archiv | RSS-Feeds Alle RSS-Feeds | Facebook-Seite Facebook LITERRA Literaturportal
Copyright © 2007 - 2018 literra.info