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Professor Zamorra 24 - Höllische Visionen
Dämonen und Fußball - schon das stimmige Titelbild fasst den Inhalt des vorliegenden 24. Hardcovers sehr prägnant zusammen. Normalerweise eine explosive Mischung, bei der nichts schief gehen kann. Als Fussballmannschaft führt der Autor eine junge Damenriege ein, von denen ein Mitglied bei einem seltsamen Autounfall ums Leben gekommen ist. Ihr Herz wird gespendet und eine ältere Dame beginnt plötzlich Visionen von Afrika und Sex zu haben. In ihrer Verzweifelung sucht sie Professor Zamorra und Nicole auf, welche Dämonenaktivitäten an ihr messen. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach den Hintergründen und landen bei einem Fall, in dem okkulte Kräfte aus dem dunkelsten Afrika - deren Wurzeln liegen im brutalen Sklavenhandel - über das Dritte Reich - Himmler suchte ein geheimnisvolles Artefakt für seine neue SS- Glaubensschule - schließlich in einigen Mitgliedern eines obskuren Dorfvereins landen.
Fussball und Dämonen könnten eine explosive Mischung sein. Insbesondere wenn man bedenkt, mit welchen Mitteln vor allem die afrikanischen Stämme versuchen, das Unheil von der eigenen Mannschaft abzuwenden, das Glück zu bezwingen und schließlich dank übernatürlicher Mächte nur noch zu gewinnen. Dazu der exotische Hintergrund des dunklen Afrikas. Letzteres beschwört Christian Schwarz in einem Rückblickblock atmosphärisch dicht und überzeugend, ohne allerdings wirklich originell zu sein. Wenn das Geschehen dann aber auf einen Dorfverein mit einer bunt gewürfelten Damenmannschaft überschwenkt, die von einem Trainer namens Björn Lindemann (!) aus de Nirvana plötzlich zur Ligaspitze getrieben wird, verflüchtet sich die dunkle Atmosphäre zu viel schnell. Die Lagespiele werden seltsam statisch und teilweise mit wenig Enthusiasmus beschrieben. Aus diesen Szenen hätte Christian Schwarz deutlich mehr Spannung generieren können. Es zeigt sich, dass sich der Fussball diesen literarischen Ergüssen entzieht. Die zweite Rückblende in die dunkle Vergangenheit Deutschlands wirkt nachgeschoben als beiläufige Erklärung, wie ein afrikanischer Dämon schließlich in die deutsch Provinz kommt. Wirken die vorangestellten fiktiven Informationen noch kompakt und überzeugend, hätte Christian Schwarz aus dieser Nebenhandlung deutlich mehr machen können. Für die Struktur des Romans wäre es fast sinnvoller gewesen, sowohl die Afrikapassage als auch die Suche während des Dritten Reichs weiter nach vorne zu ziehen. Im Mittelteil des Buches können Zamorras und Nicoles Ermittlungen den Spannungsbogen nur ungenügend hochhalten. Da ihnen im Grunde keine charismatischen Antagonisten gegenüberstehen und der Dämon in der Gegenwart nur unzureichend charakterisiert worden ist, fehlt die unmittelbare Bedrohung. Das nach dem Zehn-Negerlein-Prinzip weitere Mitspielerinnen auf obskure Weise sterben werden, ist sowohl den Protagonisten als auch dem Leser klar. Die Zusammenhänge werden zwar von Christian Schwarz am Ende des Buches ausführlich erläutert, aber sie wirken teilweise zu bemüht und zu statisch.
Dafür wird Professor Zamorra immer wieder als ganzer Mann gefordert. Anscheinend gefällt dem Autoren die Idee einer sexuellen aktiven, willfährigen Gespielin/ Sekretärin ausnehmend gut, denn sexuelle Handlungen und doppeldeutige Anspielungen durchziehen die Geschichte in einem verstärkten Masse.
Natürlich wird auch das Klischee des Teenanger körperlich liebenden Trainers eingebaut, das einzig überraschende Element ist dabei, es handelt sich um den Star des Trainers, welcher den dunkle Kräften erlegen ist. Warum der Trainer seinen Einfluss auf Regina nicht weiter ausdehnt und sie in seine Mannschaft holt, ist dann wieder eine logische Frage, die offen bleibt.
Die beiden Dämonenjäger müssen im Verlaufe ihrer Ermittlungen ihr ganzes Repertoire an Waffen aufwenden, um schließlich zum Erfolg zu kommen. In diesen Passagen zeigt sich deutlich, dass Christian Schwarz ein wahrscheinlich langjähriger Anhänger der Serie ist, schließlich zum Autoren aufgestiegen, welcher in schneller Abfolge einige seiner Lieblingsauseinandersetzungen rekapituliert. Es ist nur schade, dass der entwickelte Dämon nur in diesen Szenen wirklich bedrohlich wirkt.
Einige der Nebenfiguren sind Christian Schwarz allerdings gut gelungen. Das beginnt bei der Empfängerin des Spenderherzens, die ihr neues Leben mit neuen Ängsten beginnt. Sie zwar eher Stichwortgeber, aber das Zusammenspiel insbesondere zwischen Nicole und ihr wirkt überzeugend. Die einzelnen Mitglieder der Mannschaft werden nur oberflächlich skizziert, Christian Schwarz bemüht sich allerdings, ihnen individuelle Noten zu geben. Das Ergebnis ist durchwachsen positiv.
Stilistisch bewegt sich der Roman manchmal auf sehr dünnem Eis. Im Vergleich zu einigen anderen Autoren, die bislang mehrere Romane zu den Hardcovern beigesteuert haben, schreibt Christian Schwarz sehr unauffällig. Die Handlung fließt sehr geruhsam dahin, dazwischen immer wieder eingestreut die explosiven Szenen. Die Dialoge sind teilweise pointiert und gespitzt geschrieben - das bezieht sich in erster Linie auf die Geplänkel zwischen Zamorra und Nicole -, aber stellenweise fehlt ihnen ein inneres Feuer. Die Beschreibungen sind gut und fundiert. Nur in einigen Sequenzen wendet sich der Autor zu abrupt vom Geschehen ab und beginnt wieder einen neuen Handlungsbogen. So hätte die Episode im Dritten Reich deutlich interessanter und umfangreicher sein können. Der Zeitraffer von mehr als dreißig Jahren mit dem jungen Lindemann als abenteuerlicher Teenager geht zu schnell und zu glatt über die Bühne. Spätestens ab diesem Moment hat der Band seine innere Spannung gänzlich verloren, der Leser weiß ja, das Zamorra nicht verlieren wird. Das die Mädchenmannschaft mit dem Ende der dämonischen Dominanz wieder auf ein normales, d.h. minder begabtes Niveau zurückfällt, ist ja auch keine Überraschung mehr, die noch extra erwähnt werden müsste. Diese Rückentwicklung hätte Christian Schwarz während eines Fussballspieles vielleicht spannender und intensiver beschreiben sollen, dann wäre dieser Plotbestandteil zumindest auf einem adäquaten Niveau mit einem immer verzweifelter und hilfloser werdenden Trainer abgeschlossen worden. Da der Plot des Romans nicht unbedingt für die Hardcoverlänge reicht - er hätte sehr gut in einem Heftroman Platz gefunden - hätte der Mittelteil mit erzählerischer Energie belebt werden müssen. Hier schleppen sich Stil und Plot über einige Dutzend Seiten sehr schwerfällig dahin und die sich wiederholenden Interviews verschiedenerer Zeugen und potentieller Verdächtigen verwischen. Höllische Visionen ist ein sehr durchschnittlicher Zamorra- Roman, der aus seiner potentiell interessanten Mischung eindeutig zu wenig macht. Viele gute Ansätze bleiben zu wenig entwickelt zurück, insbesondere die beiden Vorgeschichten beinhalten das meiste Potential und hätten deutlich besser im Handlungsverlauf in Szene gesetzt werden müssen. Das Thema Dämonen und Fussball harrt also weiterhin seines großen Romans.
31. Jan. 2008 - Thomas Harbach
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Der Rezensent
Thomas Harbach

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