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Der Ruf des Drachen
Bei Maliande handelt es sich nicht, wie man zunächst vermuten könnte, um einen Namen, sondern um die Bezeichnung für eine geheimnisvolle kristalline Flüssigkeit, die die Magie in sich trägt. Thea Lichtenstein, eine Autorin, die ihre Fantasy-Romane unter Pseudonym schreibt, macht diese Substanz zum Aufhänger ihrer Geschichte und spinnt ein Abenteuer, das vermutlich drei, wenn nicht mehr Bände umfassen wird. Der Auftakt ist nun mit Der Ruf des Drachen erschienen.
Nachdem der Verband von Olomin zusammen gebrochen ist, weil sein letztes Mitglied, der Dämonenbeschwörer Resilir, der nur noch alleine den richtigen Umgang und die Anwendung des Maliande kannte, verschwunden ist, bricht das Chaos in der Region, die auch Rokals Lande genannt wird, aus. Die Orks, die ihren Oberherrn verloren haben, streifen marodierend durch die Lande und versuchen, ihren Reichtum und ihre Macht zu erweitern, weil sie ansonsten kein Ziel mehr haben.
Die Menschen, die die Macht und Bedeutung des Maliande kaum verstehen, beginnen, es unterdessen neugierig zu erforschen, auch wenn sie es so gut wie gar nicht beherrschen können, was andere Völker wie die Drachen und Elben auf den Plan bringt, die sich bisher ziemlich zurückgehalten haben.
In dieser turbulenten Zeit kommt Nahim, das junge Mitglied eines geheimnisvollen Ordens, in ein namenloses Tal, dessen menschliche Bewohner noch so gut wie gar nichts von den Wirren mitbekommen haben, da sie vom Rest der Welt abgeschieden leben und, bis auf einige aus der jungen Generation, auch keinen Kontakt wollen.
Der Wintereinbruch zwingt ihn, bei dem Bauern Balam Trubur und seiner Familie zu bleiben, die ihn schon vorher gastfreundlich aufgenommen hatte. Er versucht, den freundlichen Menschen das, so gut wie möglich, zu vergelten und unterrichtet Tevils, den Sohn des Hauses, im Kampf, während sich langsam aber sicher zarte Bande zu Lehen, der ältesten Tochter, entwickeln. Zudem bekommt er viel vom alltäglichen Leben im Tal mit, von den kleinen Lügen und Intrigen die vor allem Lehens jüngere Schwester Allehe zu beherrschen scheint.
Doch dann können die Bewohner des Tales ihre Augen nicht länger vor dem, was außerhalb ihrer geschützten Region vor sich geht, verschließen. Nun ist es an Nahim, sie auf die Orks vorzubereiten, die unausweichlich kommen werden, und regelmäßig zu erkunden, ob die Grenzen noch sicher sind.
Dabei wird er vor allem von Lehen unterstützt, die ihn einerseits ebenfalls zu mögen scheint, andererseits aber immer wieder zurück schreckt, weil sie offenbar ein düsteres Geheimnis hütet.
Die im Titel erwähnten Drachen tauchen leider nur ganz kurz in der Geschichte auf, als das Dorf überraschende Besucher bekommt. Ansonsten nimmt sich Thea Lichtenstein eher die Zeit, erst einmal die Figuren und das alltägliche Leben im Dorf vorzustellen, das zwar auch seine dunklen Seiten besitzt, aber im Gegensatz zu dem in anderen Regionen noch idyllisch zu nennen ist, auch wenn hier die Machtgier und Selbstsucht Einzelner vielen anderen ebenso Probleme bereitet. Das kann man besonders gut an der dominanten Allehe erkennen, die zwar ihren Mann nicht wirklich kontrollieren kann, ihre Familie einschließlich der Eltern aber umso besser in der Hand hat und Lehen geradezu terrorisiert.
Erst in der zweiten Hälfte des Buches verlässt die Autorin die Ebene des zwischenmenschlichen Geplänkels und wendet sich wieder dem Hintergrund zu, weil Lehens Bruder es nicht lassen konnte, nach dem Winter in die Welt zu ziehen und überraschende Besucher mitbringt, während Nahim als Beschützer bleibt.
Action sollte man dabei allerdings nicht erwarten, da sie eine stark untergeordnete Rolle spielt. Es gibt zwar den einen oder anderen Kampf, aber Gewalt wird nur als allerletztes Mittel eingesetzt, Verhandlungen und Dialog stehen im Vordergrund, selbst mit den Orks. Spannung bezieht das Buch eher aus der Interaktion und Entwicklung der Charaktere. Immerhin bleibt auch die auf dem Klappentext angekündigte Liebesgeschichte erst einmal im Hintergrund und entwickelt sich nur langsam, dafür aber recht realistisch. Einzig die Orks wirken zu stark vermenschlicht und bleiben ebenso wie die anderen magischen Völker von Rokals Lande noch sehr blass.
Damit wendet sich Maliande Der Ruf des Drachen eher an die Fans von ruhiger und nachdenklicher Fantasy, in der die Menschen im Vordergrund und kein epischer Konflikt stehen, auch wenn einer im Hintergrund zu lauern scheint, was sich aber durchaus in kommenden Bänden ändern kann. (CS)
12. Feb. 2009 - Christel Scheja
Der Rezensent
Christel Scheja
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