Aus dem Schatten
Die 16-jährige Debra ist nach einer Party spurlos verschwunden. Die Polizei findet keinerlei Hinweise. Die Sorge der Eltern und Freunde wächst, als plötzlich ein anonymer Anrufer Drohungen ausspricht. Dann ist Debra plötzlich wieder da: unter Drogen gesetzt und traumatisiert. Sie kann sich an nichts von dem erinnern, was passierte, nachdem sie die Tanzfläche verlassen hatte, auch nicht an den Entführer, der geschickt genug war, keine Spuren zu hinterlassen. Die Furcht vor dem Unbekannten ist ihr ständiger Begleiter und ruft Borderline-Symptome hervor. Dann erkennt sie jedoch einen Duft wieder
Aus dem Schatten greift ein Thema auf, das jeden betreffen kann Jugendliche genauso wie Erwachsene: Lässt man in der Disco oder in einer Kneipe sein Glas für einen Moment unbeobachtet, kann jemand die Gelegenheit nutzen, um das Getränk mit K.O-Tropfen zu versehen, mit schlimmen Folgen für das arglose Opfer. Vorfälle dieser Art häufen sich, und man kann nicht vorsichtig genug sein.
Debra hat trotz allem noch Glück, dass der Entführer sich nicht an ihr vergeht, sondern nur seine Macht demonstrieren und ihre Eltern erschrecken will wegen etwas, das ihm und seinen Angehörigen angetan wurde. Wie so oft sieht sich der Täter als Opfer und will Rache. Er bagatellisiert seine eigenen Delikte und outet sich als amoralisch und unverbesserlich, zumal er später eine Mitschülerin von Debra Beth erkennt die Zusammenhänge - in seine Gewalt bringt.
Eigentlich wäre es gar nicht notwendig gewesen, eine so weit ausholende Begründung für das Verbrechen zu konstruieren. Die Vorgeschichte lenkt eher vom Wesentlichen ab und wirkt entschuldigend, zumal am Schluss alles ganz anders ist. Hinzu kommt, dass in der Realität eher keine solchen Motive eine derartige Untat veranlassen: Für gewöhnlich halten Jugendliche es für einen großen Spaß, wenn sie einem Kameraden etwas ins Getränk mischen, nur um zuzusehen, wie er dann hilflos umherstolpert. Raub und Vergewaltigung in Folge sind nicht immer auf ein bestimmtes Opfer ausgerichtet, da es um die Befriedigung von Trieben und Geld geht, während Rache schon aus nichtigen Gründen möglich ist.
Von daher wird der Täter auch erst kurz vor dem Ende entlarvt, denn es gibt mehrere Personen, die plausible Gründe für einen Racheakt hätten. Die verschiedenen Hinweise werden an passenden Stellen eingestreut und dann für falsch erklärt, bis schließlich nur noch der wahre Täter übrig bleibt. Das ist sehr geschickt gemacht und führt parallel zur Aufklärung eines weiteren Falls. Leider nimmt dessen Brisanz der Entführung die Bedeutung und das ist das einzige Manko des Buchs.
Alles in allem ist Aus den Schatten ein realistisch inszenierter Thriller für Jugendliche, der alltägliche Risiken anprangert und an die Leser appelliert, wachsamer und misstrauischer zu sein, damit sie selber oder Freunde nicht die nächsten Opfer eines solchen Verbrechens werden. (IS)
14. Feb. 2009 - Irene Salzmann
Der Rezensent
Irene Salzmann

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Irene Salzmann, Jahrgang 63, verheiratet, drei Kinder, studierte mehrere Semester Südostasienwissenschaften und Völkerkunde an der LMU München.
Schon seit Jahren schreibt sie phantastische und zeitgenössische Erzählungen, die zunächst in den Publikationen der nicht-kommerziellen Presse erschienen sind. In den vergangenen Jahren w...
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