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Fieberglas

FIEBERGLAS

Buch / Belletristik

Nachdem Carrolls Werke in Deutschland von Suhrkamp über Europa Verlag nun zum Eichborn Verlag 'gewandert' sind, erscheint endlich wieder einmal ein neues Buch von ihm. Wirklich 'aktuell' ist "Fieberglas" allerdings nicht - in der Zwischenzeit schrieb Carroll "The Wooden Sea" und "White Apples", die noch auf eine deutsche Übersetzung warten.
"Fieberglas" erzählt eigentlich 'nur' die Lebensgeschichte der Buchhändlerin Miranda Romanac, berichtet von ihren Träumen, den Hoffnungen und Enttäuschungen, den Menschen, die sie traf und den wenigen, die sie geliebt hat. Nicht besonders aufregend, so mag man meinen, und tatsächlich liest sich die erste Hälfte des Buches fast wie ein einfühlsamer Gesellschaftsroman, wie das Selbstportrait einer Frau, die ihr Leben lang auf der Suche nach dem Glück ist. Fast. Jonathan Carrolls Romanklaviatur verfügt aber über weitaus mehr Noten. Der Autor gibt sich nie mit nur einer (Wirklichkeits-) Ebene zufrieden. Der Leser, der dies weiß, sucht überall nach versteckten Hinweisen, nach kleinsten Brüchen in der Realität. Und auch diesmal wird er nicht enttäuscht.
Mit Mitte 30 hat Miranda sich damit abgefunden, dass ihre 'große Liebe' offenbar ein Traum bleiben wird. Ihre aktuelle Beziehung zu dem Filmemacher Dough Auerbach ist ausschließlich körperlicher Natur. Als sie auf einem Klassentreffen davon erfährt, dass ihr Jugendfreund James Stillmann bei einem Autounfall tödlich verunglückt ist, trifft sie diese Mitteilung mit unerwarteter Härte. Verwirrt stellt sie fest, dass sie diesen Mann immer noch geliebt hat. Hätte sie vielleicht ein glückliches Leben mit ihm führen können? Ein müßige Frage, oder etwa nicht?
Nur wenig später geschieht das Unerwartete: Miranda lernt den Kunsthändler Hugh Oakley kennen und verliebt sich augenblicklich in den intelligenten, humorvollen Mann. Hugh erwidert ihre Gefühle mit fast noch größerer Intensität. Die Tatsache, dass er eine Frau und zwei Kinder hat, bereitet Miranda nur anfangs Kopfzerbrechen. Mit aller Macht will sie diesen Traummann behalten. Das Glück des Paares scheint perfekt, als ihnen eine reiche Freundin ein Haus nahe New York schenkt. 'Crane's View' (übrigens auch der Handlungsort in "Pauline, umschwärmt" und "The Wooden Sea") ist ein kleiner, ländlicher Ort, genau das richtige für ein gestresstes Paar aus der Stadt. So glaubt Miranda jedenfalls. Der Einzug ins neue Haus verändert ihr Leben vollkommen. Die Veränderungen sind jedoch keineswegs so, wie Miranda sie sich erträumt hat. Ganz allmählich beginnt sich das Bild, das sie bislang von der Welt hatte, zu verschieben. Immer größere Risse entstehen in der sogenannten Wirklichkeit. Als Miranda eines Tages dem toten James Stillmann auf der Straße begegnet, ahnt sie noch nicht, dass dies nur der Auftakt einer ganzen Serie von weitaus bizarreren Ereignissen ist. Zeit und Raum verlieren ihre Bedeutung.
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Das Ruhige, das offensichtlich Unspektakuläre, das so Normale ist es, das das Eindringen des Übernatürlichen so wirkungsvoll, so verstörend erscheinen lässt. Jonathan Carroll ist der unbestrittene Meister dieser stets subtilen Gradwanderung zwischen Realität und phantastischem Chaos. Oder ist es nicht einfach nur die Betrachtung mehrerer Realitäten?
Wie schon in vielen anderen Romanen Carolls zuvor geht es auch in "Fieberglas" in erster Linie um eine kritische Bestandsaufnahme des Lebens seiner Protagonisten.
Wie frei ist der Mensch in seinem Handeln wirklich? Kann man bewusst Einfluss nehmen auf den Ablauf der Dinge? Existiert soetwas wie 'ein Plan', ein Schicksal, das für jeden bereits vorgegeben ist? Es sind diese und andere elementare Fragen, die Carrolls Leser unmerklich in philosophische Diskurse verstricken; Diskurse, die mit der Lektüre des Romans sicher nicht enden werden.
"Fieberglas" mag vielleicht noch etwas ruhiger als seine Vorgänger daher kommen, jene so verstörende, carroll-typische Wirkung erzielt das Buch allerdings auch so.

Jonathan Carroll: "Fieberglas" ("The Marriage of Sticks")
Eichborn Verlag, Frankfurt, 2002
Hc.; 380 Seiten
Aus dem Englischen von Rainer Schmidt

18. Dez. 2006 - Andreas Wolf

Der Rezensent

Andreas Wolf
Deutschland

Total: 84 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen

* Andreas Wolf, auch als Autor unter dem Pseudonym
ARTHUR GORDON WOLF bekannt,

* Jhg. 1962

* Pendler zwischen dem Bergischen Land und dem Niederrhein, wo er als Lehrer an einem Gymnasium arbeitet

* schreibt Rezensionen für das Magazin "phantastisch!" sowie Short - Stories, Erzählunge...

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