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Natur und Mensch

NATUR UND MENSCH

Kurd Laßwitz
Buch / Sachbuch

Dieter von Reeken
Kollektion Laßwitz Abt. 2 Band 8, Hardcover,
292 Seiten, 6 Abbildungen
bitte direkt beim Verlag unter www.dieter-von-reeken.de bestellen

Im vorliegenden achten Band der zweiten Abteilung - bestehend aus sekundärliterarischen Texten - seiner Kollektion Lasswitz legt Dieter von Reeken ein umfangreiches Essay mit dem Thema “Natur und Mrensch” - wobei nach der Lektüre die Überschrift eher “Mensch und Natur” lauten sollte - zum ersten Mal seit mehr als einhundertdreißig Jahren wieder auf und fügt dieser informativen Schrift eine Reihe von Vorträgen hinzu, die Kurd Lasswitz zu sehr unterschiedlichen Themen über einen Zeitraum von mehr 15 Jahren gehalten hat.

“Natur und Mensch” ist 1878 im Verlag “Deutsche Volksschriften” veröffentlicht worden. Im gleichen Jahr publizierte Kurd Lasswitz unter anderem die Erzählungen “Bis zum Nullpunkt des Seins” und “”Gegen das Weltgesetz”. Lasswitz erste rein utopische Geschichten. Der eigentliche Texte ist von Kurd Lasswitz im Verlaufe seiner erfolgreichen Karriere in Teilen überarbeitet und in andere Schriften integriert worden. Es lohnt sich vor allem nach der fast kompletten Veröffentlichung von Kurd Lasswitz literarischem Werk, auf dieses Essay zurückzukommen. Die beseelte Natur und die Stellung des Menschen in einem in sich geschlossenen Weltbild haben sich wie ein roter Faden durch Kurd Lasswitz umfangreiches literarisches Werk gezogen. Als Gymnasiallehrer auch immer um die Bildung seiner Schüler besorgt hat der in seine Arbeiten umfangreiche, aber niemals belehrende Exkurse in die Naturwissenschaften integriert. Im Grunde liegen diese Thesen in dem auch heute noch lesbaren und übersichtlich strukturierten Essay in kompakter Form vor.

Nach einer kurzen Einleitung unterscheidet der Autor in den ersten Beziehungen des Menschen zur Natur im Grunde nur Natur zwischen Tier und Mensch. Während der Mensch seinen Kopf erhoben hat, blickte das Tier weiterhin gen Boden. Nachdem diese Differenzierung etabliert worden, geht der Autor auf das Weltgebäude im Altertum und der Neuzeit ein. Dabei charakterisiert er nicht die Stellung des Menschen in einem geschlossenen Naturkreislauf, sondern fasst sehr kompakte die astronomische Forschung der letzten knapp zweitausend Jahre zusammen. Für Kurd Lasswitz ist dabei untrennbar die Stelle der Erde im Universum mit der Position des Menschen auf seinem Heimatplaneten. In dieser sehr konzentrierten Übersicht kann der Leser erkennen, wie weit insbesondere die astronomischen Beobachtungen in der Antike gewesen sind, bevor diese Ideen auch im Zuge eines sehr viel stärkeren kirchlichen Einfluss in den Hintergrund und die Vergessenheit gedrängt worden sind. Im ganzen offensiv und strategisch geschickt ausgelegten Essay verdrängt der Wissenschaftler Lasswitz jeglichen religiösen Einfluss. Im Weltgebäude der Neuzeit streift der Autor die wichtigsten Naturwissenschaftler und kompensiert ihre teilweise umfangreichen Thesen auf einige wenige, gut verständlich präsentierte Sätze. Dabei werden allerdings nur die Ideen berücksichtigt, die Stand Ende des 19. Jahrhundert auch beweisbar gewesen sind bzw. plausibel erschienen. Nach der räumlichen Stellung des Menschen beginnt Kurd Laßwitz noch einmal von vorne und beschreibt die “physische Stellung des Menschen” in der Welt. Dabei geht es in erster Linie um die Naturwissenschaften und den Intellekt des Menschen, der sich als einziges Lebewesen die Natur dank genauer Beobachtungsgabe und Experimentierfreudigkeit Untertan gemacht hat. Von den Ansätzen einer beseelten Natur in seinen literarischen Arbeiten finden sich keine Hinweise und zusammen mit den Mechanismen der Natur liefert der Autor einen Überblick über die Bereiche der Chemie und Physik. Auch hier bleibt Kurd Laßwitz in seiner textlichen Dichte erstaunlich eng an den bekannten Fakten und beschreibt neutral die Erfindungen und wichtigsten Erkenntnisse. Nach seinem Exkurs in den Bereich des Materialismus beschäftigt sich Laßwitz mit den Ideen des Ideals. Dabei geht es alleine aufgrund der Beschränkung der menschlichen Sinne um die Grenzen der menschlicher Erkenntnis, bevor Laßwitz im letzten Abschnitt über die Erhebung des Menschen über die Natur in Kunst - insbesondere Goethe und Schiller als herausragende Künstler - und weniger intensiv in der Religiön philosophiert. Dabei impliziert der Autor insbesondere hinsichtlich der kirchlichen Dogmen eine gewisse Ignoranz den Fakten gegenüber. Als Gesamtbeitrag liest sich “Natur und Mensch” auch heute noch interessant. Kurd Laßwitz erweist sich als routinierter Essayist, der informativ eine ungewöhnlichen Faktendichte verständlich und nicht belehrend präsentiert.

Siebzehn Vorträge und Aufsätze schließen sich dem langen Essay an. Die erste Schrift erschien 1869 als Erwiderung eines Artikels in der AKADEMISCHEN ZEITSCHRIFT, der letzte Text “Die Ehrenrettung der Xanthippen” aus dem Jahre 1885. In den ersten beiden Texten setzt sich Kurd Laßwitz ernsthaft - ”Zum Colourwesen” - und humorig - “Horaz als römischer Colourstudent entlarvt” mit den Burschenschaften und ihrer Politik auseinander. Dabei differenziert er insbesondere zwischen den Aktionen der Burschenschaften seiner eigenen Studentenzeit und den inzwischen eher zweifelhaften Aktivitäten der jetzigen Burschenschaften. Der Beitrag, in welchem er Horaz humorig als römischer Colourstudent entlarvt, ist lockerer geschrieben. Ein weiteres Essay, das in einem engen Zusammenhang mit seinem Beruf als Gymnasiallehrer steht, ist “Aufgaben der Volksbildung”.

Deutlich mehr Bezug zu seinem literarischen Werk und den Arbeiten anderer utopischer Autoren Ende des 19. Jahrhunderts nehmen die Artikel über den Weltäther - “Über Wahrscheinlichkeit und ihre Bedeutung für Leben und Wissenschaft” (1874) sowie zwei interessante Arbeiten zum Unendlichkeitsbegriff. Wie in “Natur und Mensch” definiert der Autor in den ersten Absätzen seiner Arbeiten die wichtigsten Begriffe und extrapoliert immer auf die Atomtheorie zurückgehend die wissenschaftlichen Erkenntnisse sehr fundiert.

Ein dritter Themenbereich dieser gesammelten Aufsätze sind kleine, nicht ganz bierernst geschriebene Artikel über “Gefälschte Welten” und “Logische Plaudereien”. Letzteres eine Fingerübung zu Ideen, die später in seinen umfangreichen utopischen Texten intensiver behandelt und vielschichtiger eingesetzt worden sind, handelt es sich bei “Gefälschte Welten” um eine Auseinandersetzung mit der Realität bzw. dem Ideal. Die Subjektivität insbesondere aufgrund der Einschränkung durch die eher unvollkommenen menschlichen Sinne hat Laßwitz schon im vorletzten Kapitel von “Natur und Mensch” ausführlich behandelt. Die Gegenüberstellung der sieben Jahre später veröffentlichen kurzen Form mit dem ersten Gedankenmodell in einem längeren Kontext ist faszinierend. Die Abweichungen sind nur punktuell, aber der teilweise noch ambitionierte und zu positive Ausblick auf die Menschenrasse ist einer realistischeren Betrachtung gewichen. Das die Griechen sowohl als Hort des menschlichen Intellekts sowie als eine frühe Hochkultur Kurd Laßwitz immer wieder und Zeit seiner literarischen Karriere fasziniert hat, unterstreichen nicht nur die Artikel über “Hypatia, eine Märtyrerin des Griechenthums” (1881) oder “Die sieben Weisen Griechenlands” (1883), auch die marsianische Kultur in “Auf zwei Planeten” trägt Züge der griechischen Antike.

Wie alle bisherigen Bände der Kollektion Laßwitz ist “Natur und Mensch” mit einem ausführlichen Vorwort des Herausgebers Dieter von Reeken versehen, in dem er auf die einzelnen ursprünglichen Veröffentlichungen der Texte kurz eingeht. Im Gegensatz zu den literarischen Arbeiten werden die Sammlungen mit Laßwitzs sekundärliterarischen Arbeiten eher für Komplettsammler interessant sein. Die hier versammelten Texte stehen aber in einem engen Zusammenhang mit seinen literarischen Arbeiten. Das Thema der beseelten Natur, das insbesondere die erste Schaffensperiode kennzeichnete, wird überraschenderweise bis auf kleinere philosophische Exkursionen ausgeklammert. Die Quellen, auf die sich Laßwitz für seine Romane und Novellen bezogen hat, sind klar erkennbar und im übertragenen Sinne schließt sich mit diesen relevanten Arbeiten ein wichtiger Kreis in Laßwitzs Schaffen. Als Einführung in die Naturwissenschaften - auch wenn viele vorhandene Grundideen in der Zwischenzeit extrapoliert, aber überraschenderweise nicht negiert worden sind - eignet sich insbesondere das informative, kurzweilig zu lesende und sehr umfassende Essay “Natur und Mensch”. Die anderen thematisch sehr unterschiedlichen, doch den angesprochenen Oberthemen leicht zu zuordnenden Artikel und Vorträge sind ein facettenreiches Beiwerk.

03. Okt. 2009 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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