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Der Tomorrow Code

DER TOMORROW CODE

Brian Falkner
Buch / Science Fiction

DTV
DTV Premium, 420 Seiten
Paperback
ISBN 9783423248068

Mit „Der Tomorrow Code“ – ein sehr unglücklicher Titel, der leicht ins Deutsche zu übersetzen ist – liegt im Rahmen des DTV Verlages der erste Roman des in Auckland geborenen und aufgewachsenen Brian Falkner auf Deutsch vor. Weitere Werke des bekannten neuseeländischen Jugendbuchautoren sollen folgen. Immer wieder berührt Faulkner durchaus mit Humor zeitkritische wie phantastische Themen. So werden in „The Real Thing“ die drei Menschen entführt, die als einzige die geheime Formel für die Coca Cola kennen oder in „Super Freak“ muss sich ein Jugendlicher entscheiden, ob er aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten lieber Superheld oder Superschurke werden möchte. „The Tomorrow Code“ ist zeitgleich 2008 in den USA und Kanada sowie seiner neuseeländischen Heimat veröffentlicht worden. Das Buch ist ebenso wie der neuste Roman „Brainjack“ – die Geschichte spielt in der nahen Zukunft, wo man nur noch sein Gehirn einsetzen braucht und jegliche körperliche Arbeit von Maschinen übernommen wird – für „New Zealand Post Book Award“ nominiert worden.

Handlungstechnisch versucht sich Brian Falkner an einer interessanten Synthese aus ökologisch relevanten Themen – siehe auch Frank Schätzings überschätzten „Der Schwarm“ – und einer Idee, die aus dem amerikanischen Film „Frequency“ übernommen worden ist. Es geht um Nachrichten aus der Zukunft, deren Absender in einem sehr engen familiären Verhältnis zum Empfänger der mahnenden Botschaft steht. Die beiden Jugendlichen Tane und Rebecca kennen sich seit vielen Jahren, sind zusammen aufgewachsen. Während Tane mit seinem älteren Bruder Fatboy in geordneten Verhältnissen lebt, leidet Rebeccas Familie nach dem frühen Unfalltod ihres Vaters unter finanziellen Problemen. Ihre Mutter ignoriert fast apathisch die finanziellen Probleme und so wird ihr Haus zwangsversteigert, was allerdings nur einen Teil der Schulden tilgt. Sowohl auf der persönlichen Ebene als auch durch plötzlich von ihrem Computer empfangene Nachrichten wird Rebecca aus ihrem bislang geordneten Leben gerissen. Während Tane sich am Verfassen eines Science Fiction Romans mit Zeitreisen und Neonazis versucht, ist die mathematisch begabte Rebecca der festen Auffassung, das es möglich ist, Daten in die Vergangenheit zu schicken. Sie recherchiert und kommt auf Umwegen zu einer Lösungsmöglichkeit. Trotz der aufgezeigten mathematisch wissenschaftlicher Erklärungsversuche bleibt Brian Falkner in diesem Punkt verhalten vage. Dem Leser ist schnell klar, dass die über Nacht empfangenen Botschaften nur aus der Zukunft stammen können. Neben den Lottozahlen der nächsten Ausspielung enthalten sie eine Warnung in Form eines simplen SOS. Mit diesem Trick versucht Brian Falkner die Spannung zu erhöhen. Es wird aber nicht klar herausgearbeitet, warum das zukünftige „Ich“ nicht eine vollständige Botschaft geschickt hat. Nach dem erfolgreichen Lottogewinn glauben die Drei – Fatboy musste als Volljähriger den Lottoschein abgeben - ein Spezial U-Boot kaufen zu müssen, um einen wichtigen weiteren Teil der Botschaft zu erfüllen. Ihre erste Expedition mit dem Boot bringt sie in Lebensgefahr. Die in der Umweltschutzorganisation aktive Rebecca ist der festen Überzeugung, das die gesamte Menschheit vielleicht durch Experimente mit Viren oder biologischen Kampfstoffen in Lebensgefahr ist und sie drei in den nicht eindeutigen Botschaften aus der Zukunft Ihrerseits den Schlüssel für ein Happy End finden müssen.

Betrachtet man Brian Falkners Thriller sowohl auf der plottechnischen wie auch emotionalen Ebene fallen starke Diskrepanzen auf. Die drei wichtigsten Charaktere sind solide, aber nicht wirklich herausragend gezeichnet. Sowohl Rebecca als auch Tane kennen sich ein wenig mit der ungewöhnlichen Materie „Zeitreise“ bzw. Botschaften durch die Zeit senden aus. Falkner versucht zwar das Bild eines durchschnittlichen Teenagers zu zeichnen, aber der innere Widerstand in den Figuren selbst wird zu schnell gebrochen. Hinzu kommt die eher überflüssige Dreiecksgeschichte. Fatboy geht mit Rebecca aus. Tane hat sich schon lange in Rebecca verliebt, die zumindest anfänglich in ihm nur einen sehr guten Freund sieht. Falkner sprengt nachher in einer dramatischen Sequenz das Dreckecksverhältnis, ohne den Leser wirklich auf diese plottechnisch notwendige Veränderung überzeugend vorzubereiten. Als Figuren sind Fatboy, Tane und Rebecca für ein jugendliches Publikum zu glatt, zu passend gestaltet, um wirklich als Identifikationsfigur zu dienen.

Plottechnisch agiert Falkner sehr entschlossen. Mit einem Umfang von knapp über vierhundert Seiten bleibt wenig Raum für Extrapolation. Nach der ersten spektakulären Aktion an der Außenfassade des Hotels entwickelt der Autor ein rasantes Tempo, das teilweise allerdings handlungstechnische Kompromisse bedingt. Nicht jede Aktion ist wirklich durchdacht und die Botschaften aus der Zukunft lassen einen deutlich breiteten Interpretationsspielraum als es der Autor seinen Figuren und damit impliziert auch dem Leser zugestehen möchte. Hinzu kommt, dass der Lottogewinn sowohl Rebeccas persönliche Situation verbessert als auch beim Erwerb des Spezial U- Boots hilfreich ist. Diese Idee gehört zu den am schwächsten umgesetzten Passagen des Buches. Unabhängig vom „passenden“ Kaufpreis ist es unwahrscheinlich, dass drei Jugendlichen auch mit den entsprechenden Anwälten ausgestattet ein derartiges U- Boot zu freien Verfügung überlassen wird. Nimmt der Leser diese Prämisse als gegeben hin, wirkt die erste Begegnung mit dem bedrohlichen Nebel anschaulich und atmosphärisch dicht geschrieben. Vor allem gelingt es Brian Faulkner das Potential der Vorhersagemöglichkeit – siehe Filme wie „Frequency“ und mit Abstrichen auch „Knowing“ – zu negieren und den Leser von dieser Idee zu lösen. Im Mittelabschnitt entwickelt sich die Geschichte zu einer interessanten Doomsdaystory, wobei der Leser den zu reißerischen und nicht ganz zutreffenden Covertext des Verlages möglichst ignorieren sollte. Die ökologische Kritik wird fundiert und solide recherchiert dargereicht. Brian Falkner spricht der Reihe nach einige insbesondere für Leser Down Under sehr relevante Kernpunkte an und extrapoliert die Problematiken zufriedenstellend und zumindest in dieser Hinsicht nicht belehrend, sondern erklärend. Bei anderen Abschnitten – siehe die verschiedenen mathematischen Formeln, bei denen Falkner sehr gerne auf visuelle Unterstützung in Form von Graphiken zurückgreift – gelingt es ihm nicht so gut, Wissenswertes ansprechend zu präsentieren. Trotzdem wirkt sein Roman aber niemals wirklich knochentrocken.
Das eigentliche Problem des Plots ist das Ende des Buches. Brian Falkner muss ein zufriedenstellendes Ende für die Botschaften aus der Zukunft finden. Die Grundidee einer Zeitschleife ist ein insbesondere literarisch schwer handelbares Plotelement, das weniger befriedigt als den eigentlichen Antworten ausweicht. Immerhin greifen die zukünftigen „Ichs“ mit ihren Botschaften in die Vergangenheit ein und würden konsequenterweise ihre eigene Basis verändern. In diesem Punkt argumentiert Brian Falkner ein wenig zu ambivalent und nimmt seinem ökologisch ansprechenden Roman in wichtigen Punkten die Grundlage. Etwas mehr Tiefgang hätte dem Buch gut getan. Auch hinsichtlich der Thrillerelemente wirkt manches zu stark konstruiert. Falkner lässt Handlungsalternativen nicht zu. Der Leser befindet sich zwar immer auf Augenhöhe der Charaktere und die ganze Geschichte wird ausschließlich aus ihrer Perspektive erzählt, aber aufgrund fehlender Hintergrundinformationen bzw. manchem Dialog, der eher verwirrt als die Gedankengänge erläutert bleibt der Leser in einzelnen Abschnitten außen vor.
Zusammengefasst ist „The Tomorrow Code“ trotz der angesprochenen Schwächen eine unterhaltsame, lehrreiche allerdings mit einem deutlich spürbaren Hang zum Belehren Lektüre mit einigen sehr guten Passagen, manch unnötiger plottechnischer Konstruktion sowie einem nicht ganz logischen, aber zumindest zum Überdenken anregenden Schluss.

18. Mai. 2010 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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