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Black*Out

BLACK*OUT

Andreas Eschbach
Buch / Science Fiction

Arena- Verlag
Hardcover 464 Seiten, 17,95€
Thriller
SBN: 3401060627
EAN: 9783401060620
Mai 2010
Empfohlenes Lesealter 12- 13 Jahre

Mit “Black*Out” beginnt Science Fiction Autor Andreas Eschbach eine neue Reihe von Jugendbüchern, in denen er seine Warnungen vor unsachlichem Umgang mit technischen Entwicklungen/ Erfindungen konsequent extrapoliert. Im Vergleich zu seinen fünf Mars - Romanen wirkt der Anfang des Buches ganz bewusst an eher klassischen Thrillerelementen orientiert. Serenity und ihr Bruder Kyle befinden sich auf der Fahrt durch die Wüste. Gemeinsam mit dem gleichaltrigen Christopher sind sie gleichsam auf der Flucht und versuchen das Versteck von Kyles und Serenitys Vater zu erreichen, der vom FBI als Terrorist gesucht wird. Der Leser kann sich ebenso wie die jugendlichen Protagonisten auf die veränderte Situation kaum einstellen. Andreas Eschbach hält ganz bewusst im ersten Drittel des Romans künstlich hoch. Dabei verschiebt er unmerklich den Fokus. Christopher hat panische Angst vor jeglicher Art von Technik. Kyle und Serenity halten ihn für unnötig paranoid, bis sich in der ersten Actionsequenz herausstellt, das Christophers Verfolger buchstäblich bereit sind, über Leichen zu gehen. Christopher kann sich und seine Freunde retten, in dem er die Verfolger technisch lahm legt. So spannend und dramatisch diese Sequenz auch sein mag, sie steht zumindest vordergründig in einem starken Widerspruch zur späteren Entwicklung des Romans. Denn anscheinend möchte die Opposition - später Kohärenz genannt - insbesondere Christopher, den berühmtesten jugendlichen Hacker der Welt in die Finger bekommen. Stück für Stück erläutert Christopher Kyle und Serenity stellvertretend für den Leser von den Ereignissen, die ihn schließlich gezwungen haben, seinen Eltern zu entfliehen und in den USA hoffentlich bei deren Vater Schutz zu suchen. Dabei spinnt Andreas Eschbach plottechnisch ein feines Garn, das in erster Linie funktioniert, wenn der jugendliche Leser an manchen Stellen seinen Verstand ausschaltet. So lässt sich dichterisch noch akzeptieren, das die neue Generation der Investmentbanker - stellvertretend repräsentiert durch Christophers Mutter - bei ihren riskanten Geschäften mit einem Teil ihres Privatvermögens haften müssen. Das sich aber eine gewaltige Order im System mit der Freigabe um Mitternacht nicht Stunden vorher löschen lässt, ist unglaubwürdig. Das dieser Fehler nur entstanden ist, weil die Programmierer in einer der empfindlichsten Stellen des Investmentbankings die Tastaturen ausgewechselt und die Shortcuts neu kalibriert haben, schlägt dem Roman den Boden aus. Christopher ist der einzige, der eine Lösung weiß. Kaum zehn Minuten vor Mitternacht gelingt es ihm, mit der Überweisung von jeweils einer Milliarde Euro oder Dollar auf jedes Privatkonto eine Art Overload herbeizuführen, der die Banken zwingt, die Systeme neu zu starten und den ominösen Tag aus dem Kalender buchungstechnisch zu streichen. Dabei hat Andreas Eschbach mit seinem empfehlenswerten Roman “Eine Billionen Dollar” doch schon die Schwierigkeiten ausreichend genug beschrieben, die es macht, eine riesige Geldsumme zu bewegen. Kaum hat der Leser diese Passagen überstanden, greift Andreas Eschbach das eigentliche Thema des Buches auf. Die Vernetzung von Mensch und Maschine. Ein Angestellter seines Vaters hat sich aus falschem Ehrgeiz einen Computerchip einpflanzen lassen, der ihm schließlich als ersten Schritt eine drahtlose Verbindung zum Internet ermöglicht. Christophers Vater hat diese neurologischen Experiment schließlich rechtzeitig aufgegeben, während der ehemalige Kollege in der Zwischenzeit eine Firma in Singapur gegründet hat. Schnell ahnen Christophers Eltern und er selbst, in welche Richtung die natürliche Entwicklung gehen wird. In einer der schwächsten und leider vorhersehbarsten Passagen des Buches orientiert sich der Plot an Invasionsgeschichten in der Tradition von Jack Finneys “Invasion der Körperfresser” oder einer modernen Version von Ira Levins “Die Frauen von Stepford”. Die Menschen insbesondere in Christophers direkter Umgebung werden teilweise gegen ihren Willen in ein modernes Kollektiv - die Kohärenz - aufgenommen, in welcher sie mittels eingepflanzter Computerchips leicht zu kontrollieren sind. Christopher soll im Grunde die Krönung dieser neuen Menschengeneration bilden. Ein Computergenie, ein Hacker und ein Vernetzter. Aber sein Chip funktioniert durch einen Zufall oder wie sich am Ende des ersten Teils herausstellt Absicht nicht. So flieht er in die USA, um Kyles und Serenitys Vater aufzusuchen, der schon vor Jahren vor einer zu großen Technikabhängigkeit gewarnt hat. In der Zwischenzeit wird er allerdings mit seinen Getreuen wegen mehrere fingierter Bombenanschläge als Terrorist in den USA gesucht.

Sicherlich ist “Black*Out” auch insbesondere im Vergleich zu Andreas Eschbachs ersten Jugendbüchern ein deutlich ambitioniertes Projekt, das nicht in einem Roman erzählt werden kann. Wie gibt Christopher am Ende des ersten Buches unverwunden zu, ein Sieg nach einem derartig kurzen Kampf wäre schlicht unglaubwürdig gewesen. Viele Ideen wie die Vernetzung der Menschen und das Ausbilden einer Art Cyberintelligenz unter Ausnutzung der natürlichen Gehirnfunktionen ist interessant aufgebaut und bietet auch in den folgenden Roman ungewöhnlich viel Potential. Die Vorgehensweise der Kohärenz wirkt ein wenig zu brachial, zu simpel beschrieben und die Bodysnatchers Anspielungen im Mittelteil negieren die sich langsam aufbauende Spannung. Auch das Ende wirkt insbesondere im Vergleich zur langen Extrapolation zu Beginn des Buches durch die verschiedenen Zeitebenen souverän gelöst zu hektisch, zu abrupt. Alles gehört rückblickend zu Christophers waghalsigem Plan. Er ist ja nicht nur ein Computergenie, sondern hinsichtlich seiner taktischen Planung im Grunde unschlagbar. Dabei wäre es ein leichtes, diese Pläne zu durchkreuzen und der Leser kann rückblickend nicht erkennen, warum die zusammen geschaltete Intelligenz die wahrscheinlichste und letzt endlich eingetroffene Lösung derartig lange ignoriert.
Andreas Eschbach steht der modernen Informationsgesellschaft sicherlich auch berechtigt ausgesprochen skeptisch gegenüber. Er sieht, das sich die Menschen von E- Mails und Handys förmlich abhängigen machen und sie ihre durchaus sinnvollen Grundbestimmungen mehr und mehr verlieren. Kommunikation ist inzwischen zu einem Machtfaktor geworden. Es gibt ausreichend Anspielungen auf die schöne, neue Welt der Überwachungsstaaten, die sich Christopher positiv gesprochen auch mehrmals zu Eigen machen muss, um Verfolger loszuwerden oder entsprechende Informationen zu erhalten. Was auf der einen Seite verteufelt wird, ist auf der anderen Seite akzeptabel. In seiner Position bleibt Andreas Eschbach seltsam ambivalent und an einigen Stellen fehlt dem Roman eine gewisse Schärfe. Wie schön wäre es gewesen, wenn Christopher manche Situation alleine aufgrund seines messerscharfen Verstandes und unter Hinzuziehung natürlicher Hilfsmittel gelöst hätte? Manche Lösung wirkt derartig konstruiert, das dem Leser angesichts des Genies Christopher förmlich die Spannung geraubt wird.
Es ist die schöne, technisierte Welt, die Andreas Eschbach von heutigen Stand der Technik ausgehend extrapoliert und plausibel beschreibt, welche die dunkle, aber nicht nihilistische oder deprimierende Atmosphäre des Romans ausmacht. Das Konzept des Gemeinschaftsgeistes wird insbesondere im Vergleich zur Ambition der Kohärenz zu simpel, zu standardisiert beschrieben. Manche Szenen wirken etwas lächerlich.
In Bezug auf die jugendlichen Charaktere konzentriert sich Andreas Eschbach bewusst, aber rückblickend zu stark auf den dreizehnjährigen Christopher, der jeden Rückschlag stoisch wie ein Mann erträgt und als Herausforderung ansieht. Er wird von seinem Elternhaus isoliert und beginnt sich in die gleichaltrige Serenity zu verlieben. Diese emotionalen Szenen handelt der Autor eher klischeehaft bis mechanisch ab. Insbesondere der ältere Kyle, der Christophers Erlebnissen skeptisch gegenübersteht und die Position des außen stehenden Beobachters sehr gut ausfüllt, geht in der zweiten Hälfte des Buches förmlich und zum Leidwesen des ganzen Romans unter. Die Erwachsenen sind teilweise ein wenig zu klischeehaft alle Bandbreiten von cool/ aufgeschlossen bis spießerisch abdeckend, charakterisiert worden. Dabei wirken die Antagonisten teilweise zu eindimensional beschrieben und zu wenig entwickelt. Es ist schon erstaunlich, wie hektisch Christophers Familie auf die erste Begegnung mit einem neuen Menschenpärchen reagiert, ohne das sie mit wissenschaftlicher Neugierde und einer zu diesem Zeitpunkt noch sicheren Position das Geschehen erst einmal aus erster Hand beobachten.
Das Buch ist basierend auf einer interessanten, aber nicht ganz zufrieden stellend entwickelten Idee spannend, das Tempo ist insbesondere in der ersten Hälfte ausgesprochen. Mittels der Rückblendenstruktur kann Andreas Eschbach die wichtigsten in der Vergangenheit abgelaufenen Ereignisse dem Leser komprimiert, aber auch direkt vermitteln. Dabei bleibt der Leser immer auf Augenhöhe der Protagonisten, was das Lesevergnügen drastisch erhöht. Nach einem eher enttäuschenden und zu klischeehaften entwickelten Mittelteil gelingt Christopher und seinen Freunden der hoffentlich erste Sieg. Es bleibt abzuwarten, ob es sich als Pyrrhussieg erweist. Das Ende ist zufrieden stellend, Andreas Eschbach verzichtet auf einen möglichen Cliffhangar. Er hält aber die Spannung beim Leser sehr hoch. Im Vergleich zu den emotional überzeugenderen ersten Jugendbüchern “Perfect Copy” und “Die seltene Gabe”, die unter einer eher mechanischen Extrapolation ihrer nicht unbedingt originellen Grundideen litten, ist “Black Out” das bislang beste Jugendbuch aus Andreas Eschbachs Feder und eine empfehlenswerte Lektüre mit einer grundsätzlich positiv kritischen Einstellung der modernen technologischen Entwicklung gegenüber.

07. Jul. 2010 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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