Öland
„Öland“ ist der Debütroman des schwedischen Krimi-Autors Johan Theorin, der inzwischen auch als preisgünstige Taschenbuchausgabe vorliegt. Erschienen sind weiterhin die Romane „Nebelsturm“ (sowohl als gebundene Ausgabe als auch als Taschenbuch, Piper Verlag, 2009 und 2011) und „Blutstein“ (bisher nur als Hardcover, Piper Verlag, 2011).
Wie der deutsche Titel unmissverständlich deutlich macht („skum“ bedeutet u. a. „düster“ oder „dunkel“, „timmen“ steht für „Stunde“ ...), spielt der Roman auf der schwedischen Insel Öland, die etwa 140 Kilometer lang und 16 Kilometer breit ist, von ca. 25.000 Menschen bewohnt wird und an der Nordostspitze Schwedens liegt. Auch Theorins weitere Romane sind auf Öland angesiedelt.
Anfang der der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts verlässt der sechsjährige Jens das Grundstück des Sommerhauses seiner Großeltern auf Öland und verschwindet im Nebel. Eine Suchaktion bleibt erfolglos; es wird angenommen, dass er im Meer ertrunken ist. Zwei Jahrzehnte später wird dem Großvater des Jungen, Gerlof Davidsson, eine Kindersandale zugeschickt, die Jens gehört haben könnte. Gerlof bittet seine traumatisierte und depressive Tochter Julia, die inzwischen auf dem Festland lebt, nach Öland zu kommen, um diese Spur gemeinsam weiterzuverfolgen.
Die weitere Handlung ist nicht nur eine Reise in die (konfliktreiche) Familiengeschichte der Davidssons, sondern auch in die jüngere Historie Ölands. Julia stößt bei ihren Recherchen auf den Namen Nils Kant, einen Schläger und Mörder, der nach seinen Taten in den vierziger Jahren von der Insel nach Südamerika floh. Sie fragt sich, ob Nils Kant unerkannt zurückgekehrt und der Mörder ihres Sohnes ist. Immerhin besagt ein Gerücht, dass Kant den deutschen Soldaten, die er tötete, einen Schatz abnahm und versteckte. Kant ist in der Tat zurückgekehrt, und zwar als Leiche, und ist auf Öland begraben worden.
In Rückblenden wird die Geschichte Nils Kants von den dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bis zu seinem Treffen mit dem sechsjährigen Nils erzählt. „Öland“ stellt den Protagonisten und dem Leser die naheliegende Frage, ob es tatsächlich Nils Kant ist, der in seinem Grab liegt (trotz positiver Identifizierung). Es wäre für den Autor in der Tat etwas profan gewesen, dieser Versuchung zu folgen. Ihm gelingt eine Wendung, die sich um den Kampf um den Schatz der deutschen Soldaten dreht, die sich in allen Details durchaus in die bisherige Handlung einfügt (auch was die positive Identifizierung der Leiche Nils Kants angeht), aber auch als konventionell bezeichnet werden muss.
Das gilt vor allem für die letzten Kapitel, in denen Gerlof Davidsson in Lebensgefahr gerät, als er die Geschehnisse in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufdeckt. Sein potenzieller Mörder wird gefasst; ein anderer Beteiligter an den Ereignissen Anfang der siebziger Jahre um Nils Kant und Jens Davidsson stellt sich.
„Öland“ folgt diversen Konventionen des Genres, ist aber routiniert, prägnant und authentisch verfasst. Für einen Debütroman ist das eine herausragende Leistung, über die viele andere Krimi-Autoren im Laufe ihrer Karriere nicht hinauskommen. (armö)
11. Okt. 2011 - Armin Möhle
Der Rezensent
Armin Möhle

Website: http://www.armin-moehle.de
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Armin Möhle, Jahrgang 1964, tätig im öffentlichen Dienst, ist nicht nur Herausgeber des FANZINE-KURIER (www.fanzine-kurier.de), der Besprechungen über Fanzines, Magazinen und Büchern aus Kleinverlagen enthält, sondern auch Autor von Rezensionen, Artikel und Kurzgeschichten für bundesdeutsche Fanzines und andere Publikationen.
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