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Der Stein des Himmels
| DER STEIN DES HIMMELS
Buch / Fantasy
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Nach "Die Brücke der Vögel" erscheint jetzt das zweite Abenteuer um Meister Li mit einem kleinen Charakterfehler und seinen Helfer Nummer Zehn, der Ochse im Rahmen der Piper Fantasy Reihe. Im Gegensatz zum ersten Band hat man den Originaltitel etwas verfremdet übersetzt und nimmt damit dem selbstironischen Titel "The Story of the Stone" etwas die Würze.
Wie in "Die Brücke der Vögel" sind es die Sagen und Legenden, die auf der Erde und insbesondere im mystischen China ein Eigenleben entwickeln. Meister Li hält seinen Diener an, die wichtige, verworrene, aber interessante Geschichte von ihrer Suche nach dem Stein und der gleichzeitigen Aufklärung des Mordes an einem kleinen, unbedeutenden Mönches aufzuschreiben und nach einigen schwierigen Anläufen beginnt d asumfangreicheUnterfangen.
Der Leiter des Klosters im Tal der Trauer kommt zum großen Meister Li, um Hilfe bei der Aufklärung des Mordes an einem seiner Mönche zu bieten. Dem Kloster wurde eine unbedeutende Schrift aus ihrer Bibliothek gestohlen, die sich nach den ersten Recherchen auch noch als Fälschung herausstellt Der erste Verdächtige ist der legendäre lachende Prinz, doch leider gibt es ein Problem: Er ist seit mehreren tausend Jahren tot, seine Schatz im Tal vergraben und Hinweise auf das Versteck sorgen immer wieder für Ärger in dem abgeschiedenen Tal, da Plünderer die wunderschöne Landschaft umgraben. Auf der Suche nach der Lösung müssen unsere beiden Helden nicht nur gegen Barbaren kämpfen, sich mit Amazonen auseinandersetzen, den willigen Frauen entkommen, nein, diese Reise führt sie schließlich mitten in die Hölle. Kein leichtes Unterfangen, selbst für einen gescheiten Mann wie Meister Li.
Der Aufbau des Buches ähnelt auf den ersten Blick sehr stark dem ersten Roman. Sieht man von der notwendigen Einführung (der Kennenlernphase innerhalb der Protagonisten und natürlich auch zwischen den Charakteren und den Lesern) bei einem neuen Szenario ab, haben die Betrachter es wieder mit einem verblüffenden Rätsel zu tun, das gelöst werden muss und wird. Dabei greift Hughart als Background auf sein wunderbares China, das es nie gegeben hat, zurück und nutzt im zweiten Roman diese Bühne vollends aus. Mit der Hölle geht die Handlung schließlich gänzlich in den Bereich des Übernatürlichen über (bislang hatten sich die Wunder immer auf der Erde, nein, in China abgespielt und des weiteren bezogen die meisten magischen Dinge ihre Kraft aus den Erzählungen denn als fassbare Ereignisse). Diese skurrile, farbenprächtig beschriebene und im Bereich der Fantasy sehr exquisite Landschaft unterhält den Leser über weiten Strecke der obligatorischen Quest hervorragend.
Leider hat Hughart im Mittelteil seiner unfreiwilligen Trilogie (er wollte weitere Abenteuer schreiben, doch Probleme mit seinem Verleger führten dazu, dass er die Serie nicht mehr fortsetzte, aber auch selbst nichts mehr schrieb) es mit den Ähnlichkeiten übertrieben und im Bereich des Plots könnten die beiden Bücher Zwillinge sein. Besonders die verschiedenen ungewöhnlichen Begleiter, die sich an der geeigneten Stelle als mehr denn erwartet entpuppen und die Erleuchtung auf den letzten Seiten, die schließlich zu übernatürlichen Besuchern führte, könnten aus dem ersten Buch übernommen worden sein. Genau wie in "Die Brücke der Vögel" ist der Bösewicht der Charakter, auf den selbst der professionelle Krimileser am wenigstens getippt hätte und damit negiert der Autor im Kern seine Krimielemente und lässt den Leser ein bisschen unbefriedigt zurück. Da der Betrachter diese Fahrt ein zweites Mal hinter sich hat, fühlt er sich vom Autoren hinters Licht geführt und diese Dopplungseffekte unterstreichen, dass Hughart im Grunde bislang nur eine gute Idee, eine sehr interessante Landschaft und zwei liebenswerte Charaktertrottel zur Verfügung hatte, aber keine Innovation, die insbesondere für neue Autoren unglaublich wichtig ist.
Doch die Unterschiede zwischen den beiden Büchern gereichen "Story of the Stone" nicht zum Besseren. Im ersten Roman akzeptierte der Leser den frechen, manchmal ein bisschen weinerlichen Stil des Autoren (und damit auch seiner Protagonisten), doch im zweiten Buch finden sich immer wieder Passagen, in denen sich die Charaktere mit offenen Fragen wieder zurück in die Handlung kämpfen (der Autor hat an diesen Stellen aufgegeben). Der Autor suggeriert den Ernst der Handlung, doch wie im ersten Roman angedeutet , soll dem Außenstehenden eine unterhaltsame, lustige Handlung präsentiert werden. Diese Brücke zwischen dem äußerlichen und innerlichen Eindruck kann der Autor an keiner Stelle des Buches wirklich schlagen. Der Auftaktmord ist zu dunkel, bevor er die makabre Geschichte des lachenden Prinzen erzählt (und damit den Leser auf die falsche Spur lockt, wie gehabt) und sich dann schließlich in der Hölle wiederfindet. Hatte der erste Roman seine brutalen Stellen mit lockerer Handlung umkleidet, wirken hier diese Passagen deprimierend und stimmen die Leser nachdenklich. Aus diesen Löchern kommt der Roman nicht mehr heraus. Hinzu kommt, dass der Inhalt des Romans weniger zusammenhängend und konzentriert erzählt worden ist . Das kriminalistische Element ist oberflächlich erzählt, immer wieder werden Lösungen mit Hilfe von Magie präsentiert (im ersten Buch gab es keine tatsächlichen magischen Ereignisse, sondern nur Fabeln und Erzählungen) und die kleinen Episoden, die den ersten Roman so wundersam unterhaltsam machten, wirken hier gequält und aus den Fingern gesogen. Diesen kleinen Geschichten fehlt die natürliche Frische des ersten Romans und von einigen Berichten aus einer anderen Welt erwartet der Leser mehr als Hughart in der Lage ist, zu liefern.
"The Story of the Stone" ist trotz seiner Schwächen und Fehler immer noch eine unterhaltsame Lektüre, eine ungewöhnliche Geschichte in einem fremdartigen Land, das es nie gegeben hat, doch wer mit den Erwartungen des ersten Bandes an das Abenteuer herangeht, wird an einigen Stellen enttäuscht , merkt, dass es sich wiederholt und wundert sich, ob das China Meister Lis vielleicht nicht so farbenfroh und tiefsinnig ist wie uns "Die Brücke der Vögel" suggerierte.
Barry Hughart: "Der Stein des Himmels"
Roman, Softcover, 327 Seiten
Piper 2004
ISBN 3-4922-6520-0
21. Jan. 2007 - Thomas Harbach
http://www.sf-radio.net/buchecke/science_fiction/i...
Der Rezensent
Thomas Harbach

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