|
Flucht zum Mars
Nach einem verheerenden ost-westlichen Krieg herrscht auf der Erde ein Zustand völligen Stillstands; es gibt keine Wissenschaft mehr, es wird nichts geforscht, auch die Weltraumfahrt wurde wieder eingestellt. Die Erde wird praktisch von den Computern verwaltet, regiert kann man kaum sagen, denn es gibt anscheinend auch keine Politik, nur ein System des Wohlbefindens, und die Maschinen wachen darüber, dass sich kein Mensch auf gefährliche Abenteuer einlässt. Zuviel Neugierde gilt als asoziales Verhalten, die Betreffenden werden als "Nichtangepasste" eingestuft und je nach der Schwere der Abweichung wird ihre Bewegungsfreiheit auf bestimmte Gebiete beschränkt, werden sie therapeutischen Maßnahmen unterzogen oder ihnen auch das Gedächtnis geraubt. Als Beschäftigungstherapie für alle Menschen dienen Spiele, die jedoch, da eine reale Ausübung für Menschen zu gefährlich wäre, nur als Simulation über die Bühne gehen. Die wohlwollende Roboterherrschaft, die den Menschen vor sich selbst beschützen muss, ist in der SF ja nichts Neues, eines der frühesten und besten Beispiele ist noch immer Jack Williamsons Wing 4 (The Humanoids,1949).
Eine Gruppe von acht Menschen Unangepasste und hohe Funktionäre soll eine Marsexpedition unternehmen, angeblich um wertvolle Kunstschätze zur Erde zu bringen, welche die Chinesen einst auf den Mars ausgelagert haben; dort soll es auch eine chinesische Station, "die Festung" geben, die seinerzeit als Zufluchtsort für die politische Elite errichtet worden ist, sollte der ostwestliche Krieg verloren gehen. Das ganze Unternehmen könnte natürlich eine Simulation sein aber es ist echt, und die Reise wird mit einem uralten Raumschiff aus einem Museum angetreten. Das Raumschiff erreicht tatsächlich den Mars damit beginnt die Romanhandlung, und man beschäftigt sich mit der Erforschung des Planeten. Die fortlaufende Handlung ist von Kurzbiographien der handelnden Personen unterbrochen; dort erfährt man, worin sich ihre verbotene Neugierde geäußert hat und wie sie bestraft wurden und doch hat man sie für die Expedition ausgewählt; gerade, weil sie noch Fertigkeiten und eine intellektuelle Wissbegierde entwickelt haben, die es im Allgemeinen in der menschlichen Gesellschaft nicht mehr gibt. Während der Mars erforscht wird und man auch auf die gesuchte chinesische Station stößt, in der es jedoch kein menschliches Leben mehr gibt, sondern nur Roboter und merkwürdige Kunstwesen, "Heuschrecken", stellt es sich auch heraus, dass die wahren Ziele der Leiter der Expedition, die die Zusammensetzung der Mannschaft arrangiert haben, ganz andere sind es geht ums nackte Überleben, denn ein gewaltiger Asteroid droht mit der Erde zusammenzustoßen und sie völlig zu vernichten. Die Bevölkerung ist darüber im Unklaren gelassen worden, weil das nur eine Panik auslösen würde und es ohnedies absolut kein Mittel gegen den Asteroiden gibt. Wenn er einschlägt, bedeutet es das Ende allen menschlichen Lebens auf der Erde. Tatsächlich kommt es nicht zu dem Frontalzusammenstoß, nur Teile des Asteroiden brechen ab und treffen die Erde, richten aber keinen Totalschaden an; die andere Erdhälfte bleibt völlig unberührt.
Nun, es gibt unter der Besatzung welche, die manche ihrer Mitmenschen beseitigen, es gibt in der chinesischen Station z.B. Apparate für einen Tiefschlaf, manche werden automatisch dorthin gebracht und "eingesponnen", und einige, die sich weder selbst befreien können noch befreit werden, trocknen aus und überleben den Prozess nicht. Und einer will überhaupt, sobald sich herausstellt, dass die Erde davongekommen ist, überhaupt das vorgefundene chinesische Raumschiff mit wertvollem Palladium volladen (das die Chinesen auf dem Mars abgebaut haben) und allein zur Erde zurück fliegen.
Es gibt also Begegnungen mit fremdartigen Mechanismen aus der Vergangenheit, die noch immer ohne Menschen funktionieren und deren Funktion und Arbeitsweise erforscht werden muss, und dann gibt es die altbekannten zwischenmenschlichen Intrigen und Störpläne. Reizvoll ist die Schilderung der Marswelt, die natürlich, dafür bürgt Franke, dem letzten Stand der Erforschung des Planeten durch die Marssonden Sonden entspricht. Auch die Einzelschicksale sind teilweise interessant, insgesamt kommt die Geschichte aber ziemlich trocken daher, die bildhaften Beschreibungen unterscheiden sich nicht sehr von denen früherer Franke-Romane, in denen sie in konzentrierterer Form vorkamen.
12. Jun. 2007 - Dr. Franz Rottensteiner
Der Rezensent
Dr. Franz Rottensteiner

Total: 59 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen
Franz Rottensteiner
wurde am 18.01.1942 in Waidmannsfeld/Niederösterreich geboren.
Studium der Publizistik, Anglistik und Geschichte an der Universität Wien,
1968 Dr. phil.
Rund 15 Jahre Bibliothekar an einem Forschungsinstitut, daneben Tätigkeit für verschiedene Verlage, unter ander...
[Weiterlesen...]
[Zurück zur Übersicht]
|
|