Kein Wahlrecht mehr für Rentner?
Journal21.ch will die Jungen vermehrt zu Wort kommen lassen. In der Rubrik „Jugend schreibt“ nehmen Schülerinnen und Schüler des Zürcher Realgymnasiums Rämibühl regelmässig Stellung zu aktuellen Themen.
Cyrill Dankwardt ist 16 Jahre alt und lebt in Zürich. Er besucht die vierte Klasse des Realgymnasiums Rämibühl und interessiert sich unter anderem für Geschichte und Politik.
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Nein, machen wir uns nichts vor: Wenn man von Rentnern am Steuer hört, kriegt man gleich ein mulmiges Gefühl. Nicht einmal die Devise «Ich bin schon Auto gefahren, da warst du noch gar nicht geboren!», mag unser durch den merkwürdigen Fahrstil verstimmtes Gemüt besänftigen. Aus irgendeinem Grund braucht man ja ein ärztliches Attest, um mit 75 noch aufs Gaspedal treten zu dürfen. Wenigstens sitzen in der Politik die Jüngeren am Steuer. Oder?
Die Gesellschaft altert. Steigende Lebenserwartung und sinkende Geburtenraten lassen das Machtverhältnis Stück für Stück in Richtung Alters- und Pflegeheim absacken. Aber macht das wirklich einen Unterschied? Durchaus! Gehen wir von der Tatsache aus, dass 70-Jährige anders denken als 20-Jährige. Das leuchtet ein. Weshalb soll man sich mit dem Einstieg ins Berufsleben befassen, wenn man es schon längst hinter sich hat? Und wie sieht das Bildungssystem der Zukunft aus? Die jetzigen Rentner haben keinen Grund, sich damit auseinander zu setzen.
Dabei sind die nachfolgenden Generationen diejenigen, die die Suppe auslöffeln müssen. Die Steine, die ihnen die Alten an der Urne in den Teller legen, liegen schwer auf. Wenn von den Alten nur noch Erde und Erinnerungen geblieben sind, ist es die Jugend von heute, die immer noch an den Entscheidungen von heute zu nagen hat. Warum sollte sie nicht mitbestimmen dürfen? Sollten es nicht ihre Themen, ihre Anliegen und ihre Perspektiven sein, die nicht nur Schule, sondern Politik machen? Oder sollten sie nicht wenigstens mehr gewichtet werden?
Eine Lösung wird gesucht. Man könnte zum Beispiel eine Altersgrenze in der Politik einführen. Ab 70 keinen Urnengang mehr. Oder nur noch sehr stark eingeschränkt. Wer wählt, muss wie beim Autofahren ein Attest besitzen. Man muss beweisen können, dass man geistig noch fit genug ist, um zur Urne zu gehen. Aber aufgepasst: Dadurch verhindert man die Bevormundung nicht, man verschiebt sie allerhöchstens. Man schliesst ganze Altersklassen vom politischen Prozess aus, um dasselbe bei anderen zu verhindern. Nein: Diese Idee geht folglich nicht auf. Wir wollen den Rentnern ihr Wahlrecht nicht wegnehmen, denn nichtsdestotrotz sind die Alten ein wichtiger Bestandteil unserer Politik.
Die Seniorinnen und Senioren haben die Folgen wichtiger Abstimmungen am eigenen Körper erlebt. Wir brauchen und schätzen ihre Erfahrungen und ihre Ansichten, ihre Meinungen und ihre Themen. Genauso wie wir auch die Erfahrungen, Ansichten, Meinungen und Themen aller anderen gesellschaftlichen Gruppen in der Politik brauchen. Allen voran die der Jugend.
Legen wir also kein Höchstalter fest. Senken wir es! Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr! Zwar sagen viele, mit 16 sei man noch nicht reif genug. Aber mit 16 ist man mit der obligatorischen Schulzeit fertig, und viele machen eine Lehre und sind bereits Teil des Berufslebens. Und auch diejenigen, die weiterhin in die Schule gehen, haben sich ihre Weichen gestellt und befassen sich mit gesellschaftspolitischen Themen. Anstatt Menschen auszugrenzen und zu bevormunden, würde man sie durch die Ausweitung des Wahlrechts mit ins Boot holen. Dadurch würden die Themen und Positionen der Jugend an Bedeutung gewinnen.
«Unnötig», munkelt so mancher, «die gehen sowieso nicht wählen!» Ist es tatsächlich nötig, einer ganzen gesellschaftlichen Gruppe das Wahlrecht zu verweigern, mit der Begründung, es könnte allenfalls zu wenig genutzt werden? Wo liegt das Risiko, wenn man es den 16- und 17-Jährigen zugesteht? Spätestens jetzt kreischen alle: «Fehlentscheide!» Das würde heissen, dass bei einer Abstimmung der grösste Teil der Bevölkerung «falsch» abstimmt und die Meinung der überstimmten Minderheit hingegen die einzig «richtige» wäre. Das ist kein sehr reifes Verständnis von Demokratie. Es gehört zur Demokratie, dass der Souverän entscheidet, selbst dann, wenn einzelne Entscheidungen im Nachhinein bereut werden. Und das ist auch gut so. Daran ändern auch die 16- und 17-Jährigen nicht viel.
Fassen wir zusammen: Um die Überalterung in der Politik zu stoppen, muss das Wahlalter gesenkt werden. Mit 16 Jahren ist man ebenso fähig abzustimmen wie die Stimmberechtigten jeden anderen Alters. Die Risiken, wenn man überhaupt von solchen sprechen kann, sind minimal. Erwachsene, seid mutig: Gebt uns das Recht zu wählen! Wir sind ein wichtiger Teil der Bevölkerung und wir sind die Zukunft. Was uns heute bewegt, wird die Welt von morgen bewegen.
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Verantwortlich für die Betreuung der jungen Journalistinnen und Journalisten von „Jugend-schreibt“ ist der Deutsch- und Englischlehrer Remo Federer (r.federer@rgzh.ch).
Weitere Informationen zum Zürcher Realgymnasium Rämibühl unter www.rgzh.ch
Cyril Dankwart sollte die Staatsbürgerschaft entzogen werden, da edr keine Ahnung zu haben scheint was "Demokratie" bedeutet.
Als 68-jähriger kann ich dieser klugen Meinung und Absicht nur meine Unterstützung zusichern. Es gibt auch unzählige alte Menschen die sich nicht mehr an der Meinungsbildung beteiligen wollen oder können. Also ist die Beteiligungsquote der Jungen kein Argument. Die CHANCE müssen sie haben! Um das geht es ausschliesslich.
Absolut treffend! Ich habe Ihren mutigen, intelligenten Beitrag mit Freude gelesen. Gerade wegen der doch eher niedrigen Abstimmungs- und Wahlbeteiligung der jungen Generation, sollte man diese fördern. Das Herabsetzen der Wahlrechte, wie von Ihnen vorgeschlagen ab 16 Jahre, wäre sicherlich hilfreich. Uebrigens auch über eine passende Obergrenze darf speziell als junger Mensch einmal laut nachgedacht werden. Wie sang doch jener Gönemeyer noch: Kinder an die Macht! Na ja, eventuell sollte ich es nicht übertreiben. Aber wenn es jemand darf, dann die Jungen! Vielen Dank an Sie von einem politisch interessierten, kinderlosen "Mittelalter" (50)
Miserable Wahlbeteiligung der Jungwählerinnen und Jungwähler: Versagen des staatsbürgerlichen Unterrichts!
Die kürzlich veröffentlichte Statistik über die Wahlbeteiligung der Jungwählerinnen und Jungwähler hat eine starke Unterbeteiligung dieser Alterskategorie gezeigt. Diese Tatsache hat verschiedene Gründe: Konzentration auf die Ausbildung; andere Interessenschwerpunkte wie Sport, Musik, FreundIn, Gründung einer Familie; mangelnde Erfahrung und Einsicht in das politische Geschehen. Offenbar hat auch der staatsbürgerliche Unterricht an den Schulen die politische Beteiligung der Jungen nicht zu heben vermocht.
Was wird doch alles für Wissensballast in die Schülerinnen und Schüler getrichtert, zu dem im späteren Leben kein Bezug mehr hergestellt wird. Vom politischen Geschehen ist aber jedermann und jede Frau vielfach unmittelbar betroffen; hier sollten möglichst viele möglichst kompetent mitentscheiden. Der heutige staatsbürgerliche Unterricht beschränkt sich aber oft nur auf die Vermittlung von trockener Materie in Form von Institutionskenntnis und Funktionsabläufe; so kann kein Engagement für unsere Staatsform wachsen. Es gilt, die politische Auseinandersetzung an Fallbeispielen zu erklären und die Schülerinnen und Schüler im politischen Werten zu üben. Diese Aufgabe kann für die Lehrenden natürlich heikel werden, da bei politischen Themen immer Einmischung der Eltern und/oder der Schulaufsicht droht. Die Zuweisung dieser Bildungsaufgabe an die Eltern ist aber eine Ausrede, da sich ja viele Eltern auch nicht politisch engagieren. Die politische Urteilsbildung muss in unseren Schulen endlich so unterrichtet werden, dass das Engagement der Jungen wieder spürbar wird. Das sind wir unserer Demokratie schuldig.
Lieber Cyrill!,
als Rentner von nur 65 aber eben auch newsjunkie fühle ich mich auf der Höhe der Zeit und glaube, vernünftig wählen zu können ... noch. Das liegt an meinen Schülern, die mich als Oberstufenlehrer geistig gut auf Trab hielten. Davon werde ich vielleicht noch zehn Jahre profitieren. Unter Gleichaltrigen, die jahrzehntelang nicht mehr mit jungen Menschen in Berührung waren, nehme ich weithin - selbstverstäöndlich mit Ausnahmen - eine bedrückende Vergreisung wahr. Wie mit dem Autofahren sollten ab 75 Strukturen gesetzt werden, die den Zugang Älterer zu Wahlen einschränken. Das zu denken ist politisch sicherlich (noch) nicht korrekt.
Ich finde Ihren Artikel in jeder Hinsicht treffend.
herzlichst, Ihr Thomas Esche
Zitat: "wie sieht das Bildungssystem der Zukunft aus? Die jetzigen Rentner haben keinen Grund, sich damit auseinander zu setzen."
Und welchen Grund haben kinderlose 40-jährige, die dieses System hinter sich haben? Da haben Rentner mit einigen Enkeln sicher mehr Motivationen.. Also: Abstimmen sollten demnach nur jene, die eigene Kinder haben. OK?
Well roared lion!
Alles Gute, Ed. Häfliger (77)
Volkesstimme muss "jugendnaher" werden weil das Überleben der Schweizer Population schliesslich von Jungen abhängt. Wahlrecht ab 16 wäre ein nützlicher Anfang. Eltern sollten zusätzlich das volle Stimmrecht für all ihre minderjährigen Kinder erhalten. Und wenn die Stimme von uns Alten jedes Jahr ab 50 um 2% weniger Gewicht hätte(als 70 jähriger würde meine Stimme nur noch 0.6 wiegen) würde niemand diskriminiert sondern nur der Tatsache Rechnung getragen, dass wir unsere Entscheidungen nicht auslöffeln müssen.
die schreibe ist doch eine ziemlich peinliche anhäufung von chliches und dem verfasser ist zu raten, seinen text in fünfzig jahren noch einmal zu lesen
Das einzig ziemlich Peinliche ist Ihr Kommentar, der dem jungen Verfasser auf äusserst undifferenzierte Art und Weise vorwirft, nicht genug differenziert zu sein. Damit belegen Sie ganz im Sinne des Artikels, dass man im Alter nicht zwingend reifer wird. Ihnen sei deshalb geraten, den eigenen Text nochmals durchzulesen, ehe Sie auf "speichern" drücken!
Und an den Verfasser: Danke für den Artikel! Verantwortung denen, die sie wahrnehmen wollen.
klar doch. jedes alter denkt für sich und blendet die zukunft der jungen aus. kein pensionär kann sich noch daran erinnern, wo der politische schuh mit 16 drückte. auch wir pensionäre haben etwas erfahrung, was gut ist für unser land. dazu gehören primär die anliegen der nächsten generation. das ist unsere pflicht die wir bei jeder abstimmung berücksichtigen.
Ich lese die Schüler Berichte sehr gerne.
Zum genannten Thema ist aber zu sagen, dass es in der Schweiz maximal 25% der Jugendlichen sind (wenn überhaupt), die ohne äusseren Einflüsse zu manchen Themen frei entscheiden könnten.
Ich war 35 Jahre auf Sek I und II tätig.