Oh du schöne Sommerzeit

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Oh du schöne Sommerzeit

Von Heiner Hug, 21.03.2018

Bald werden die Uhren wieder eine Stunde vorgestellt. Das ist gut so.

Wie immer Ende März wird gegen die Zeitumstellung gewettert. Laut einer eben veröffentlichten Forsa-Umfrage wollen 73 Prozent der befragten Deutschen die Sommerzeit abschaffen. Sie bringe Depressionen, Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme. Genannt werden auch Müdigkeit, Gereiztheit und Beschwerden.

Ist da nicht viel Einbildung im Spiel? Und Stimmungsmache?

Einige Politiker sind längst auf den Zug aufgesprungen. 1982 startete Christoph Blocher einen Vorstoss zur Abschaffung der Sommerzeit. Die Initiative kam nicht einmal zustande. Die biologische Uhr werde „komplett durcheinandergebracht“, behauptet SVP-Nationalrätin Yvette Estermann. Schülerinnen und Schüler würden wegen der Zeitumstellung Prüfungen vermasseln.

Wenn Schüler wegen dieser einen Stunde an diesem einen Montag nach Einführung der Sommerzeit die Prüfung vermasseln, sind sie wohl derart unvorbereitet, dass sie auch sonst die Prüfung vermasseln würden.

Das Hauptargument, das gegen die Zeitumstellung vorgebracht wird: Die Sommerzeit schadet nur und bringt wirtschaftlich nichts. Doch das stimmt nicht.

Es ist seltsam: Wir fliegen schnell nach London oder Helsinki; den einstündigen Zeitunterschied stecken wir problemlos weg. Wir jetten in der Welt umher, Ferien da, Geschäfte dort – der Jetlag ist kein Thema. Doch die Sommerzeit ist ein Thema und wird angeprangert.

Oder: Wir feiern, wir gehen eine, zwei, drei Stunden später ins Bett als sonst. Die Müdigkeit am Morgen nehmen wir hin. Wenn wir aber am kommenden Sonntag eine Stunde weniger lang schlafen, ist das plötzlich ein Problem. Doch man kann auch ohne Zeitumstellung unausgeschlafen und gereizt sein.

Schon immer wurden auch die Kühe in den Kampf gegen die Sommerzeit geschickt. Sie seien unruhig, gestresst und würden weniger Milch geben. Ihre innere Uhr, ihr Biorhythmus gerate aus dem Takt.

Die Diskussion um die Sommerzeit wird vor allem von den Gegnern der Zeitumstellung angeführt.

Der Zeitenwechsel bringe keine Stromeinsparungen, wie dies angestrebt war. Vielleicht stimmt das. Doch die Sommerzeit hat andere Vorteile.

Der normale Schweizer steht zwischen 06.00 und 07.00 Uhr auf. Ohne Sommerzeit hat er da schon anderthalb Stunden Sonnenlicht verpasst. Wenn er abends um 22.30 Uhr oder 23.00 Uhr ins Bett geht, ist er – ohne Sommerzeit – schon anderthalb Stunden im Dunkeln. Also: Die Sommerzeit bringt uns pro Tag eine bis zwei Stunden mehr Sonne, mehr Helligkeit.

Gerade das Sonnenlicht ist es, das dem Menschen Energie und Lebensfreude bringt – und Vitamine bildet. In Ländern, in denen die Sonne lange scheint, sind die Menschen weniger depressiv.

Und: Gibt es auf den Strassen bei Helligkeit nicht weniger Unfälle als bei Dunkelheit? Und weniger Gewalt?

Es mag Menschen geben, denen sagen schöne Sommerabende wenig. Sie sitzen verkrampft und lebensunlustig vor dem Fernseher – ob nun die Sonne scheint oder nicht.

Doch andere geniessen diese wunderbaren langen und milden Abende. Sie sitzen draussen, trinken ein Glas Wein, ein kühles Bier, plaudern mit Freunden und freuen sich des Lebens. Sommerzeit ist zusätzliche Lebensqualität. Endlich, für einige Monate, können auch wir nördlich der Alpen die lauen Lüfte geniessen.

Dazu kommt: die Sommerzeit bringt wirtschaftliche Vorteile: die Bars und Restaurants verdienen mehr Geld, wenn die Gäste länger im Freien bleiben. Die Sommerzeit bringe ihm 15 Prozent mehr Umsatz, sagt uns ein bekannter Zürcher Wirt. Auch Badeanstalten, Openair-Festivals und Sportveranstaltungen profitieren.

Und die armen Kühe, die armen Schweine und Rinder? Ob denn seine Tiere unter der Sommerzeit leiden würden, fragen wir im Zürcher Unterland einen mittelgrossen Bauern, der über 500 Tiere hält. „So ein Quatsch“, sagt er. „Ich habe Wichtigeres zu tun, als mich mit solch dummen Fragen abzugeben.“

Ich komme nicht umhin zu bemerken, dass ich die “Sommerzeit“ als Blödsinn empfinde. Jedem das Seine, o.k.! Ich mag den Eingriff in das natürliche Zeitgefühl nicht.
My 2 Cents

So ist es!!! Vive l'heure d'été.

Man könnte ja einfach das ganze Jahr die Sommerzeit gelten lassen, im Winter ist es ja sowieso am Morgen dunkel ob ich um 5, 6 oder 7 aufstehe und am Abend ist es auch dunkel ob ich um 5, 6 oder 7 Feierabend mache. Irgendwie sollte man sich in einer Zeitzone auf eine einheitliche Zeit einigen ohen dieses lästige zweimalige Umstellen pro Jahr.

Bitte um Sommerzeit das ganze Jahr. Dann hat man im Winter auch Zeit wie im Sommer.

Ein Vorteil der Umstellung wird hier glatt vergessen: Wer zur richtigen Jahreszeit geboren wird, und zur günstigen Jahreszeit stirbt, der oder die gewinnt eine Lebensstunde (nimmt sie mit ins Grab). Die Frage lautet nur: Wann was? Jetzt aber genau rechnen! Niklaus Ramseyer, BERN

Zu den hier weggelassenen Fakten: Gegner der Sommerzeit war die Mehrheit des Schweizer Volkes.
Zitate aus tell.ch:
Die Volksinitiative gegen die Sommerzeit, ist am 28. Mai 1978 zur Abstimmung gebracht worden und mit 83,8% angenommen worden...
Das Schweizer Volk sagte ja zu diesem Referendum, und die Schweiz wurde zur Zeitinsel. Jetzt war die Schweiz 1980 in Europa eine Zeitinsel. Rings um das Land gab es die Sommerzeit schon, die dort mit dem Argument des Energiesparens eingeführt wurde.
Darum sputete sich der Nationalrat und gab für 1981 grünes Licht zur Einführung der Sommerzeit.
21.3.1980 Das Parlament erteilt dem Bundesrat die Kompetenz zur Einführung der Sommerzeit.
In der Schweiz wurde die Sommerzeit im Frühjahr 1981 eingeführt.

Ja Herr Hug, wie Sie sagen: "Es ist seltsam: Wir fliegen schnell nach London oder Helsinki; den einstündigen Zeitunterschied stecken wir problemlos weg. Wir jetten in der Welt umher, Ferien da, Geschäfte dort – der Jetlag ist kein Thema. Doch die Sommerzeit ist ein Thema und wird angeprangert."
Dazu kann ich nur sagen, für viele Leute ist es wichtig, irgendetwas zu meckern, egal was, sogar wenn man das Viehzeug der Bauern bemühen muss.
Wenn schon etwas geändert werden muss, dann bitte die Sommerzeit das ganze Jahr bestehen lassen.

Eine Umstellung bleibt eine Umstellung, auch die Umstellung der Zeit 2x im Jahr. Viel Aufwand für wenig Nutzen. Statt Kühe bringe ich halt Kleinkinder ins Spiel und lasse mich wegen der Kritik daran nicht in die SVP Ecke drängen (das Totschlagargument ). Andersrum wäre der Nutzen der Winterzeit zu berechnen: im Winter gehen die Uhren 1 Stunde nach.

Naja, schon wieder dieser Irrtum: es gibt wegen der Sommerzeit keine Millisekunde Sonne mehr, und der Tag hat auch nicht plötzlich 25 anstatt 24 Stunden. Die, die mehr Sonne wollen, könnten einfach auch eine Stunde früher aufstehen. Punkt. Oder sich Viertelstundenweise an das Früheraufstehen herantasten. Und die anderen hätten ihre Ruhe. Wäre auch machbar. Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier und lässt sich darum gerne durch so etwas Idiotisches wie eine Uhr herumstressen - lachhaft ;-)

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