„Propagandist des Hasses“

Heiner Hug's picture

„Propagandist des Hasses“

Von Heiner Hug, 15.09.2016

Der rassistische französische Journalist Éric Zemmour kann es nicht lassen.

Rachida Dati, die frühere französische Justizministerin, hat eine siebenjährige Tochter. Sie heisst Zohra. Das gefällt Éric Zemmour gar nicht.

Dieser muslimische Name ist „skandalös und unpatriotisch“, wettert er. „Er sollte in Frankreich verboten werden.“

Der jüdisch-algerisch-stämmige Zemmour ist ein rabiater Muslimen-Hasser und ein ebenso rabiater Anhänger der extremen Rechten. Der 58-Jährige ist Bestseller-Autor und Mitarbeiter der Tageszeitung „Le Figaro“ und des Radiosenders „RTL“.  

„Er soll sich behandeln lassen“

Zemmour, mehrmals wegen Rassismus verurteilt, erklärte: „Indem man den Kindern muslimische Namen gibt, lehnt man es ab, die französische Geschichte zu akzeptieren.“

Rachida Dati, heute Europa-Abgeordnete, reagiert gelassen: „Das ist krankhaft. Der Mann soll sich behandeln lassen.“

In einem Interview mit dem französischen Fernsehsender „La Chaîne Info“ (LCI) forderte Zemmour am Montag die Wiedereinführung eines von Napoleon Bonaparte erlassenen Gesetzes. Dieses verlangte, dass den Babys „französische“, das heisst „christliche“ Vornamen gegeben würden. Das Gesetz wurde 1993 abgeschafft. Zemmour argumentiert: „Ein französischer Vorname ist ein christlicher Vorname.“ „Zohra“ stehe nicht auf der Liste der christlichen französischen Namen.

Zemmour ist ein Anhänger von Marine Le Pen, er findet allerdings, dass die Front National-Chefin zu wenig rechts politisiere.

„Molenbeek bombardieren“

Sabrina Goldman, Anwältin der „Internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus“ (Licra) bezeichnete Zemmour als „Propagandist des Hasses“.

Für einen Aufschrei sorgte Zemmour, als er nach den Anschlägen in Paris eine Bombardierung von Molenbeek forderte. Nur durch Bomben auf muslimische Vorstädte, und nicht durch Angriffe im syrischen Raqqa, könnte man die Terroristen treffen. In der Brüsseler Gemeinde Molenbeek hatten sich die Pariser Attentäter versteckt.

„Bürgrkrieg à la Algerienkrieg“

Zemmour zieht seit längerem alle Register. „Le suicide français“, hiess sein 2014 erschienener Bestseller. Darin kritisiert er die „Masseneinwanderung“ und die „Masseneinbürgerung“. Die Vorstädte würden von den Muslimen besetzt, die Franzosen müssten ausziehen. Bald würden auch die Innenstädte islamisiert. Frankreich als Nation gehe vor die Hunde. Deshalb fordert er eine Vertreibung der Muslime. Er prophezeit einen Bürgerkrieg in Frankreich à la Algerienkrieg.

Schuld an der Entwicklung sei die französische Intelligenzija, die Multikultis und die „ach so Toleranten“.

„Entfranzösisierung“

Doch nicht nur gegen Muslime müsse man sich zur Wehr setzen: auch Liberale, Sozialisten, Protestanten und Freimauer würden zur „Entfranzösisierung Frankreichs“ beitragen. Und natürlich ist er auch gegen Homosexuelle, Feministinnen und alleinerziehende Mütter.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ nannte Zemmour vor nicht allzu langer Zeit einen „reaktionären Propagandisten“.

Zemmour wurde unter anderem im vergangenen Dezember von einem Pariser Gericht wegen „Aufstachelung zum Hass gegen Muslime“ zu einer Busse von 3’000 Euro verurteilt. In einem Interview mit dem Mailänder „Corriere della sera“ hatte er gesagt: „Die Muslime leben unter sich in den Vorstädten. Die Franzosen müssen gehen. Ich glaube, wir bewegen uns dem Chaos zu, in Richtung Bürgerkrieg ... Millionen Menschen leben hier in Frankreich, doch sie wollen nicht à la française leben.“

Annabelle Philippe, die Richterin, erklärte damals, man könne sich fragen, ob Zemmours Ziel nicht sei, „gerade diesen Bürgerkrieg, den er prophezeit, zu fördern“.

„... wie Millionen Franzosen es tun“

Die heute 51-jährige Rachida Dati ist die Tochter eines Marokkaners und einer Algerierin. Sie wurde im Burgund geboren, wo sie in einem privaten vom Karmelitenorden geführten katholischen Konvent erzogen wurde. Sie bezeichnet sich als „Tochter Frankreichs“. Dati war 2007 Sprecherin von Nicolas Sarkozy und von 2007–2009 Justizministerin in der Regierung von François Fillon.

„Finden sie es skandalös, wenn man der eigenen Tochter den Namen seiner Mutter gibt?“, fragte sie. „Ich liebte meine Mutter, die leider viel zu früh verstorben ist. Ich habe ein kleines Mädchen und ich nannte es so, wie meine Mutter hiess. So, wie Millionen Franzosen es tun.“

Ähnliche Artikel

Wie absurd ist denn dieses französische Schattenboxen? Nochmals als Zusammenfassung:

1. Ein Journalist mit jüdisch-nordafrikanischen Wurzeln macht sich für christliche Vornamen in Frankreich stark.

2. Er kritisiert eine perfekt integrierte, konservative Ex-Ministerin mit muslimisch-nordafrikanischen Wurzeln wegen ihrer vor 7 Jahren getätigten Namenswahl für ihre Tochter.

3. Die Ex-Ministerin besucht übrigens jede Woche die katholische Messe und Gerüchte besagen, dass Nicolas Sarkozy der Pate der kleinen Zorah sei...

Dieser Hitzkopf scheint sich tatsächlich emotional verrannt zu haben. Seine Aussagen zu französischen Namen sind mehr als Blödsinn, keine Frage. Weniger blöd und unrealistisch finde ich seine Aussagen, wofür er offenbar im Dezember 2015 gebüsst wurde. Was ist falsch an folgenden Aussagen: "Muslime leben unter sich in Vorstädten. Franzosen müssen gehen." (Uebrigens auch Asiaten etc.). Mit Verlaub, Herr Hug: Wann waren Sie das letzte Mal in diesen "Ghettos" in französischen und englischen Grossstädten. Oder in Berlin im Quartier "Neuköln"? Dort ticken Zeitbomben, ob wir wollen oder nicht. Ist das eine populistische Meinung?: hätte ehrlich gesagt kein Problem damit! Vielleicht ist diese Frage auch populistisch; sie stammt nicht von mir: Hat Europa vergessen, dass Freiheit immer wieder verteidigt werden muss? Unser Gutmenschtum in Ehren, das man sich übrigens erst leisten können muss...., unsere Nonchalance gegenüber Realitäten, ideologisch kultiviert wie eh und je: All dies wird uns eines Tages einholen. Islamische Strippenzieher zum Beispiel haben dieses Denken - man könnte es auch Naivität nennen - längst erkannt! Auch Putin ist ein guter Beobachter... Auch er weiss, dass Europa sich immer mehr selber schwächt.

SRF Archiv

Newsletter kostenlos abonnieren