Vorwürfe und Massnahmen Russlands

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Vorwürfe und Massnahmen Russlands

Von Arnold Hottinger, 25.09.2018

Russland reagiert auf den Flugzeugabschuss vom 17. September.

Die Schritte, welche die russischen Militärs unternehmen werden, um auf den Abschuss eines russischen Militärflugzeugs und den Tod seiner Besatzung von 15 Personen zu reagieren, lassen sich jetzt erkennen.

Lieferung von Luftabwehrraketen

Das russische Verteidigungsministerium hat seine Version, nach welcher die Israelischen Angriffe auf Ziele bei Lattakiya den irrtümlichen Abschuss des Flugzeugs durch die syrische Luftabwehr mindestens mitbewirkt haben, nicht dementiert, obgleich Putin eine mildere Sicht der Vorgänge vorschlug, als er erklärte, es handle sich um eine Verkettung von tragischen Umständen. Die hohe israelische Luftwaffendelegation unter der Führung des Chefs der israelischen Luftwaffe, die Moskau besuchte, um die Vorfälle abzuklären, konnte nicht bewirken, dass die russischen Anklagen gegen Israel öffentlich zurückgenommen wurden.

Moskau erklärte, Russland werde Syrien innerhalb der nächsten Tage Luftabwehrraketen vom Typ S-300 liefern. Solche Raketen waren den Syrern von Moskau schon im Jahre 2010 versprochen worden, also noch vor dem Ausbruch des gegenwärtigen Bürgerkrieges. Doch Russland hatte sie nie geliefert. Der russische Verteidigungsminister, Sergei Schoigu, erklärte nun, die Lieferungen seien nie zustande gekommen, weil Israel sich dagegen aussprach. Nun aber sollen diese Raketen innerhalb der nächsten zwei Wochen an Syrien geliefert werden. Nach Schoigu haben sie eine Reichweite von 250 Kilometern und können mehre Ziele auf einmal zerstören.

Elektronische Störmassnahmen

Russland, so sagte der Verteidigungsminister auch, werde Flugzeuge, die vom Mittelmeer aus Syrien angriffen, elektronisch in ihren Kommunikationen stören. „Wir sind überzeugt“, sagte der Verteidigungsminister, „dass diese Massnahmen die Hitzköpfe abkühlen und verhindern werden, dass unüberlegte Handlungen unsere Soldaten bedrohen. Im entgegengesetzten Fall werden wir in angemessener Form reagieren.“

Das bestehende Kontakttelefon zwischen Israel und den Russen wurde nicht erwähnt. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass Russland versuchen wird, strengere Regeln bei diesen telefonischen Kontakten einzuführen, beispielsweise eine minimale Frist, innerhalb derer die israelische Seite zu melden hat, dass eine Aktion der Israelis in Syrien, gegen iranische Truppen, Waffentransporte oder Waffendepots stattfinden werde. Diese Zeitgrenzen sind von Gewicht. Wenn es längere Warnfristen gibt, können die Russen den Syrern mitteilen, wo der nächste israelische Schlag erfolgen wird. Damit würden sie den Israelis den Vorteil der Überraschung nehmen.

Der Irankrieg in Syrien wird risikoreicher

Dass die russischen Massnahmen Israel dazu zwingen könnten, seine Politik der Militäraktionen gegen Iran in Syrien aufzugeben, ist unwahrscheinlich. Doch sobald die syrische Luftabwehr die neuen Raketen erhält und ihre Ausbildung, um sie zu gebrauchen, abgeschlossen hat, dürfte es für die israelische Luftwaffe gefährlicher werden als bisher, vom syrischen oder libanesischen Luftraum aus gegen die iranischen Truppen, Waffentransporte und Rüstungsfabriken in Syrien vorzugehen.

Die russischen Schritte bedeuten auch, dass das Verhältnis zwischen Russland und Israel angespannter werden dürfte. Beide Seiten haben kein Interesse daran, einen Konflikt mit der Gegenseite vom Zaun zu brechen. Doch er wird schwer zu vermeiden sein, wenn ein Luftkrieg zwischen Israel und Syrien ausbricht. Besonders gefährlich wird ein derartiger Luftkrieg natürlich, wenn dabei weitere russische Militärs, etwa russische Ausbilder der syrischen Luftabwehr, mit zu den Opfern gehören.

Russisch bediente S-300 gibt es zur Zeit in Syrien im Vorfeld der russischen Luftbasis von Khmeynim. Auf Khmeynim selbst stehen auch Luftabwehrraketen des höchst entwickelten Typs S-400. Es ist dieser Typ, den die Russen der Türkei – sehr zum Missfallen der Nato, zu der die Türkei nach wie vor gehört – zugesagt haben.

In Syrien hat sich gezeigt, wie wirkungsvoll es ist, einem Aggressor die Hoheit über den eigenen Luftraum zu verwehren. Obwohl Syrien dazu allein nicht in der Lage gewesen wäre, hat der Hilferuf nach Moskau Syrien vor dem Schicksal Libyens und des Iraks bewahrt. Der syrische Staat existiert noch und der größte Teil des Landes ist von Verwüstungen durch Bombardements und dem folgenden Chaos verschont geblieben. Die USA haben zwar versucht, das Modell Libyen auf Syrien anzuwenden, indem sie auch hier die UN missbrauchen wollten für die Etablierung einer “no-fly-zone”. Diese hätte nichts anderes bedeutet, als dass die USA dann freie Hand gehabt hätten, wie in Libyen, auch Damaskus direkt zu bombardieren und das Land zu zerstören. Dieser Plan scheiterte am Veto und der Fähigkeit Russlands, den westlichen Luftwaffen Paroli zu bieten. Das liegt nicht nur an den hochentwickelten russischen Kampfflugzeugen, die den westlichen nicht nur gleichwertig, sondern teilweise überlegen sind, sondern vor allem an den Luftabwehrsystemen, die einen Luftraum wirkungsvoll verteidigen können.

Aus den hässlichen Bildern, die schon aus Vietnam und später eben aus dem Irak zu den Bürgern im eigenen Land kamen, haben die USA gelernt und in Libyen auf eine Invasion verzichtet. Sie haben das zerbombte Land einfach ihrem grausamen Schicksal überlassen. Das Ziel war ja erreicht, Gaddafi zu ermorden und so seine Pläne für eine eigenständige und unabhängige Entwicklung Afrikas zu vereiteln. Also nochmals: Hätte Libyen oder der Irak über eine wirksame, unüberwindliche Luftabwehr verfügt, hätten die USA beide Länder nicht angegriffen. Es hätte keinen IS gegeben und Europa wäre von den Migrationsströmen verschont geblieben.

Wer Russland angreift, der lebt nicht lange.
Die russische U-Wasser-Drohne „Poseidon“ taucht tiefer und fährt schneller als jedes U-Boot. Und mit dem nuklearen Sprengkopf kann die Drohne stärker zuschlagen als jeder Torpedo. Um diese Waffe zu stoppen, muss die Nato grundsätzlich neue Spürsysteme entwickeln, schreibt ein Marineexperte.

Die US-Egoisten bedrohen den Weltfrieden nicht nur in Syrien, Libyen oder mit Manövern an den russischen Grenzen.

Die US-Seestreitkräfte sind im Ernstfall in der Lage, eine Seeblockade gegen Russland aufzustellen. Das erklärte dieser Tage US-Innenminister Ryan Zinke. Nach seiner Auffassung wäre das eine akzeptable Methode, um Russlands Rolle auf dem internationalen Energiemarkt einzugrenzen.
„Die Vereinigten Staaten verfügen über die Möglichkeit, mithilfe unserer Flotte zu garantieren, dass die Seewege frei sind; und eine Seeblockade zu verhängen, falls dies nötig sein sollte, um zu garantieren, dass russische Energieträger nicht auf den Weltmarkt kommen“, sagte Zinke in Pittsburgh.

Der Minister verwies darauf, dass die russische Wirtschaft größtenteils vom Export von Energieträgern abhänge. Die USA erwägen nach seinen Worten ähnliche Maßnahmen zum Einfluss auf den Iran und Russland, um die beiden Länder vom Energiemarkt zu verdrängen. „Wir können das tun, weil die Vereinigten Staaten der größte Öl- und Gaslieferant sind“, wurde Innenminister Zinke von der Zeitschrift „Washington Examiner“ zitiert.

Immer diese gefälschten Vorwände, damit man sich einmischen kann, damit man Bomben abwerfen kann. Im Krieg stirbt immer zuerst die Wahrheit.

Der russische Vizeaußenminister Sergej Werschinin hat vor Versuchen gewarnt, die Lage im syrischen Aleppo durch Versorgung der Extremisten mit Waffe zu destabilisieren. Außerdem verwies er auf die anhaltende Gefahr von Inszenierungen von Chemiewaffen-Angriffen, die die USA für einen Schlag gegen Syrien ausnützen könnten. Terrorkämpfer würden sich zu einem tatsächlichen Einsatz von Giftstoffen auf Grundlage von Chlor vorbereiten, um die Regierungstruppen dafür verantwortlich zu machen und den TV-Sendern Aufnahmen von einem „Chemiewaffen-Angriff" zuzuspielen. Dschihadisten sollen zwei Behälter mit Giftstoffen nach Dschisr asch-Schughur gebracht haben.
So wie in jedem Krieg müssen die Desinformationsabteilungen der Army immer wieder Überstunden machen.

Dass bei der multilateralen Flugschau über Syrien bisher noch nicht mehr Unfälle passiert sind ist geradezu ein Wunder.

Der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman hat im April bereits erklärt, die syrischen S-300 würden zerstört, sollte Russland diese an Syrien liefern und würden damit israelische Kampfjets beschossen.

Wie das gehen kann, erklärt der israelische Militärhistoriker Alexander Schulmann. Er nennt fünf Möglichkeiten, die russischen S-300-Systeme in Syrien zu zerstören.

Erste Option: Spezialkräfte besetzen syrische Flugabwehrstellungen und erbeuten die Raketen. Ähnlich verfuhr Israel 1969. Damals kaperten israelische Sonderkommandos eine Radarstation, die die Sowjets an Ägypten geliefert hatten.

Zweite Option: Eine Bodenoffensive gegen die syrischen Stellungen, bei der die russischen Flugabwehrraketen vernichtet werden.

Dritte Option: Ein massiver Luft- und Raketenschlag gegen die Flugabwehrstellungen – wie bereits im Libanonkrieg 1982 von den Israelis gegen die Syrer eingesetzt.

Vierte Option: Eine elektronische Einwirkung, um die Radare der S-300-Systeme zu „betäuben“ – so geschehen 2007, als israelische F-15-Jets syrische Stellungen angriffen.

Und schließlich die fünfte Option: Die russischen Flugabwehrraketen in Syrien werden von Sabotagetrupps zerstört.

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