Was tun erfolgreiche Manager bei Ihrer Arbeit nicht?
In der Zentrale sitzen und in Ruhe Strategien und Maßnahmen planen und einfach umsetzen.
Was tun erfolgreiche Manager bei Ihrer Arbeit?
Die Antwort dazu liefert die Praxis. 29 Führungskräfte wurden bei ihrer Arbeit begleitet und beobachtet. Der Alltag und die Tätigkeiten des Managens werden interpretiert und mit der Lehre des Managements (BWL, MBA) kritisch verglichen.
Henry Mintzberg, (* 2. September 1939 in Kanada) ist ein kanadischer Professor für Betriebswirtschaftslehre und Management. In seinem Buch “Managen” fasst er seine Erkenntnisse zusammen.
Der Manager ist kein systematischer Planer. Stattdessen und das bestätigen meine und vielleicht auch Ihre eigenen Erfahrungen ist es eher so: „Wie Untersuchungen immer wieder ergeben, arbeitet der Manager (a) in einem gnadenlosen Tempo, sind seine Tätigkeiten (b) in der Regel durch Kürze, Vielfalt, Fragmentierung und Diskontinuität gekennzeichnet und geht er (c) streng handlungsorientiert vor.“
Beim Vergleichen mit meinen Erfahrungen mit Managern aus unterschiedlichen Branchen kann ich dem nur zustimmen. Ich kenne keinen, der nur strategisch plant, entscheidet, kontrolliert und so sein “Unternehmen” in Ruhe von der Zentrale aus steuert. Das ist nicht der Alltag des Managers.
„Indem wir das Führungsprinzip hochhalten, halten wir alle anderen Beteiligten unten. Wir erzeugen Scharen von Gefolgsleuten, die zur Leistung angetrieben werden müssen, anstatt auf den natürlichen Drang des Menschen zur Kooperation in Gemeinschaften zu setzen. So gesehen scheint erfolgreiches Management dadurch gekennzeichnet zu sein, dass es ebenso Engagement erzeugt, wie es selbst engagiert ist, dass es andere vernetzt und selbst vernetzt ist, dass es unterstützt und Unterstützung erhält.“
“Managen” wird in 6 verschiedenen und sehr praxisnahen Kapiteln beleuchtet. Dabei geht es um die Charakteristika, die Erscheinungsformen des Managens und die Inhalte wie Führung, Kontrolle, Delegation, Strategie und Kommunikation. Auch die Dilemmata des Managens werden ausführlich beschrieben und nicht aufgelöst. Um zu “managen” braucht es Erfahrungen und Reflexion.
Im Anhang finden sich auf 60 Seiten 8 Protokolle des Tageswerks von Managern. Diese machen das Buch besonders praxisnah. Die beobachteten Manager sind und auch das ist sehr lehrreich aus völlig unterschiedlichen Branchen.
Das Buch bietet für Leser mit weniger Zeit, wichtige Sätze in „fett“ an. Dazu finden sich Fragen zum Selbstcheck und für die Reflexion. Der Reflexion, dem Schritt zurück wird sehr viel Wert zugemessen. Seine Untersuchungen zeigen, dass erfolgreiche Manger Zeit dafür finden.
Um ein erfolgreicher Manager zu sein, braucht man keine einzigartige Begabung als vielmehr emotionale Gesundheit und einen klaren Verstand. Das „heroische Management“ findet unter normalen Bedingungen überhaupt nicht seinen Zuspruch. Die Auswirkungen auf die Organisation wirken zu nachteilig.
„CEOs“, die als Bedingungen zum Einstieg ein überdurchschnittlich hohes Gehalt sowie vorab eine Abfindung im Falle des Scheiterns fordern, würde er sinngemäß vom Hof jagen.
Neben diesen plakativen Aussagen ist es überdies ein Buch über systemisches Managen, ohne dass dieser Begriff explizit verwendet wird. Es stellt den Kontext in den Vordergrund des Managens und in den Überlegungen über das Managen. Das zieht sich durch alle Kapitel.
Die Frage: „Was macht einen Manager erfolgreich?“ wird nicht versucht einfach zu beantworten. Im Gegenteil es wird der Komplexität dieser Frage nachgegangen und besonders dieses Kapitel lädt zum Nachdenken ein. Zum Nachdenken weit über Key Performance Indikatoren (KPI) hinaus, wenn Sie sich mit der Auswahl, Bewertung und Entwicklung von Managern beschäftigen. Für manche CEOs und Manager geht es um einfache KPIs, wie z.B. Ob die Börsenkurse in einem Zeitintervall steigen. Solche Vereinbarungen sind sehr unglücklich und zu Recht weist er darauf hin. Worauf wird der Manager ausschließlich hinarbeiten? Welche Auswirkungen wird es für die Organisation haben?
Wenn z.B. ein neuer Manager startet und nach 3 Monaten wichtige KPIs seines Bereiches steigen, was davon ist sein Beitrag? Was davon liegt an seinem Team? Was liegt am Markt? Was an seinen Vorgängern? Welche anderen Faktoren gibt es, die Bedeutung für die Beurteilung haben, denn der Erfolg sollte nicht nur gemessen sondern beurteilt werden.
Zum Abschluss ein weiteres Ziatat: „Wir haben schon mehr als genug rechnende Manager. Wir brauchen stattdessen solche, die sich im kalkulierten Chaos des Managens – in seiner Kunst und seinem Handwerk – auskennen und um die Bedeutung der Reflexion, der Weltlichkeit, der Kooperation und des Handelns wissen.“
Er spricht viel von dem gesunden Menschenverstand. Ich denke er meint den „reflektierten“ gesunden Menschenverstand. Dem stimme ich zu.
Manager und Management Teams brauchen eher Unterstützung beim “Reflektieren” und dem Umgang mit Druck und Zielkonflikten als mehr Unterricht zum Thema “Führen”. Wie treffe ich auch unter Stress und Druck gute Entscheidungen und bleibe handlungsfähig? Dazu liefert die PSI Forschung nach Julius Kuhl und die Arbeiten von Maja Storch zu Mottozielen (ZRM) gute und praktische Antworten.
Idee und Anregung:
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine neue Stelle im Management Team intern zu besetzen. Kein Assessment Center, sondern das Team wählt geheim aus, von wem es geführt werden will? Utopisch?
McKinsey & Company hat diese sehr interessante Idee in seiner Organisation für die Position des CEOs verwirklicht. Das Top Management wählt in geheimer Abstimmung ihren CEO. Dieser kann maximal drei Perioden (3 Jahre) in dieser Position bleiben.
Wie lässt sich Innovation in Organisationen überhaupt verhindern?
Ist Innovation überhaupt und grundsätzlich eine gute Sache? Routinen geben Sicherheit und Verlässlichkeit. Innovationen sorgen für Veränderung in der Organisation.
Ein Ei war das Symbol für den Kongress mit dem Titel: „Wie kommt Neues in die Welt?“. Es waren hoch interessante Vorträge und Workshops dabei, die mich zum Nachdenken brachten und auch noch heute beschäftigen. Entsteht so etwas Neues?
Es gibt viele Kreativitätsworkshops am Markt, die Organisationen Innovationen versprechen. Ein Zitat dazu lautete: „Kreativitätsworkshops für Menschen sind genauso sinnvoll wie Schwimmkurse für Fische.“
Wir Menschen sind nämlich von Natur aus kreativ. Wir pendeln zwischen den Polen Gleichgewicht („Homöostase“) und Entwicklung („Morphogenese“).
Wenn dem so ist, dann ist natürlich die Frage, wie es in Organisationen gelingen kann die Fähigkeit zu Innovationen, zu unterdrücken, oder?
Sicher gilt, dass Innovationen, bzw. Kreativität ähnlich wie Spontaneität nicht angeordnet werden können: „Sein Sie nun mal konkret innovativ“ – wird als Anweisung alleine keine Innovationen hervorbringen. Es braucht dazu auch einen Möglichkeitsraum und es braucht Zeit. Was nicht dauerhaft in die Kommunikation der Organisation kommt, wird nicht beachtet und hat somit keine Realität.
Zeit und Möglichkeiten sind in normalen Organisationen eine knappe Ressource und stehen im Interessenkonflikt mit anderen Unternehmenszielen wie z.B. Effizienz und Verfolgung von KPIs.
Dazu kommt das Controlling, welches schnell wissen möchte, wie gut sich eine Idee rechnet, um sie weiter zu verfolgen. Es gibt Untersuchungen, die zeigen auf, dass es 175 Versuche braucht, bis ein Produkt eine „Cash Cow“ wird. Also streichen wir einfach die 174 Fehlversuche und sind dann enorm kosteneffektiv. Allerdings weiß leider niemand, welches Produkt es zu was bringen wird. Nicht alles lässt sich planen. Unsicherheit gehört zum Leben. Das ist leider kein Unterrichtspunkt in der BWL und bei MBA Studiengängen.
Die Lichtseite von Kreativität ist Innovation und Gewinne. Die Schattenseite ist Unsicherheit.
Ein weiterer Punkt in Organisationen ist die Art und Weise des Umgangs mit Menschen, die Ideen haben. Damit meine ich in erster Linie den Umgang auf Basis der Unternehmens- und Führungskultur. Diese ist in Organisationen teilweise unbewusst und unreflektiert.
Eigentlich sind wir offen für unsere Mitarbeiter. Leider sind die Zahlen schwach und der Fokus liegt auf „Zahlen“ machen. Das Management hat eine “Open door policy” und empfängt natürlich Mitarbeiter. Der kommt nun mit seiner Idee und der Manager hört angestrengt zu. Doch gerade in so einer Zeit wird ihm das Management gar nicht erst wirklich zuhören können. Der Fokus ist ganz woanders und aus seiner Sicht zu Recht. Wir Menschen und auch Manager sind begrenzt in unseren Fähigkeiten. Leider machen wir zu wenig Gebrauch davon uns situativ mitzuteilen, was wir gerade brauchen und was nicht. Wir tun meist so, als ob wir immer alles können (Heroisches Management). So ist die vielleicht gute Idee weg und der Mitarbeiter wird sich beim nächsten Mal zweimal fragen, ob er wieder Lust und Laune hat so was vorzubringen.
In der Kantine und auf dem Gang wird der Mitarbeiter diese Ideen noch mit anderen Mitarbeitern auf seiner Ebene teilen. Was passiert wenn Manager dazu kommen? Sprechen die Mitarbeiter dann über was anderes? Wie reagieren die Manager (Interessiert nachfragen oder Fokus auf die “Realität)?
Oder es gibt großzügig eingerichtete Kommunikationsecken für Mitarbeiter. Doch jeder der da sitzt, zeigt auf einer anderen Ebene: “Er hat Zeit und arbeitet nicht mit Hochdruck an den aktuellen Projekten. Er zeigt so wenig “Commitment”.”
So bilden sich Paradoxien.
Der anderer wichtiger Punkt ist der Unternehmensfokus: Stehen alle Mitarbeiter wie eine Eins hinter dem aktuellen Produkt, dann ist der Aufmerksamkeitsfokus auf neue mögliche Ideen und auch Wandel sehr eingeschränkt. Worauf ist der Fokus der Organisation ausgerichtet? Daran lässt sich ablesen, worauf er nicht ausgerichtet ist und was demzufolge nicht wahrgenommen wird.
Das kann man auch die „blinden Flecken“ der Organisation nennen. Diese zu sehen und konstruktiv in die Kommunikation zu bringen, gelingt nach meiner Erfahrung gut über ein „Coaching on the Job“, d.h. ein Berater ist in ihren normalen Meetings und Alltag dabei und schaut sich um, was Sie wie machen und was Sie nicht sehen und machen. Darin liegt eine enorme Entwicklungschance. Es gibt, denke ich, keine Kochrezepte für Innovation in Unternehmen, die immer und in jeder Situation passen.
Ein praktisches Beispiel von Torsten Groth fand ich sehr interessant. “Ein Mittelstandsunternehmen ließ zu Werbezwecken „Post-it’s“ mit seinen Produktangeboten auf der Vorderseite für sich drucken. Es gelang ein Fehldruck. Die Rückseite zeigte aus ungeklärten Gründen einen Staubsauger, der mit dem Angebot des Unternehmens gar nichts zu tun hatte. Der Unternehmer nutzte die Werbung trotzdem. Interessanterweise kam es zu vielen Anfragen nach den Staubsauger. Er fand einen Ingenieur und entwickelte mit ihm einen Staubsauger, den er bis heute erfolgreich verkauft.”
Es braucht also auch eine Offenheit um Möglichkeiten zu sehen und dann anzugehen. Das Risiko bleibt.
Eine praktische Idee: Entwickeln Sie ein Unternehmens- oder Bereichsfrühstück mit maximal 8 Teilnehmern und fragen Sie immer wieder nach: Wenn Ihr jetzt „Chefs“ seid, was würdet Ihr angehen? Welche Ideen hättet Ihr für unsere internen Prozesse? Was brauchen unsere Kunden? Was wäre eine total verrückte Idee für uns?
Wie austauschbar sind Sie im Markt?
Manfred Spitzer greift in seinem Buch “Selbstbestimmungen – Gehirnforschung und die Frage: Was sollen wir tun?” ein bekanntes Beispiel aus der BWL auf, um zu zeigen, dass der Markt alleine nicht alles zum Besten regelt und es daher Sinn macht “Nachzudenken”.
Immer wieder höre ich, dass der Markt nicht wirklich “gut” sei. Wettbewerber bieten zu günstig an und machen so den Markt kaputt. Der Kunde versteht den angebotenen Mehrwert nicht und kauft dann häufig das “günstigste” Angebot. Umsatz- und Margenprobleme sind die Folgen. Dann kann der Druck auf die Vertriebsorganisation steigen und/oder die Gehälter werden runter geschraubt. Dann kann es zu mehr Burnout in den Organisationen kommen, …
Die Zeit steht nicht still. Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle verändern sich. Leider nehmen wir Menschen das eher in Bereichen wahr, die nicht direkt zu uns gehören (z.B. Amazon – Buchhandel oder Apple – Musikindustrie).
Das Hotellings Gesetz (1929) besagt, dass rational handelnde Produzenten versuchen, ihre Produkte so ähnlich wie möglich im Vergleich zu ihren Wettbewerbern zu gestalten.
Stellen Sie sich zwei Eisbuden am Strand vor, der ca. 2 KM lang ist. Am Standort A und B, der ca. 1 Km auseinander ist, bedienen die Verkäufer in den Eisbuden ihre Kunden. Die Kunden sind gleich auf dem Strand verteilt und die Eisverkäufer bieten ähnliche Produkte zu ähnlichen Preisen an. Nach und nach gehen die Eisverkäufer in die Optimierung ihres Unternehmens. In unserer Wirtschaft stellt sich dabei heraus, dass das Endergebnis wäre, dass beide Eisverkäufer so nah wie möglich im Punkt C zusammenrücken. Nicht alle Kunden aus der Randlage, laufen so weit. Die Eisverkäufer drehen den Preis nach unten, um attraktiv für Ihre Kunden zu sein. Für alle eigentlich im Ergebnis wenig günstig. Verrückt?
Prüfen Sie bitte, wie es in Ihrer Umgebung aussieht: Nach meiner Beobachtung in Nürnberg und Umgebung kann ich Ansammlungen von ähnlichen Unternehmen überall finden. Zu einem Aldi gesellt sich bald der Penny Markt. Wo früher ein Bäcker war, sind nun neue ähnliche Angebote in direkter Nachbarschaft dazugekommen. Telekom Shops auch vom gleichen Anbieter finden sich in hoher Anzahl im Zentrum auf engsten Raum. Wie kann sich das eigentlich rechnen? Wofür ist das nützlich? Welche Auswirkungen hat es?
Auch in anderen Märkten lässt sich das aus meiner Sicht beobachten. Im Bereich der IT, der Carrier und auch der Dienstleister (Finanzen, Versicherungen) sind nicht zwingend die Standorte gleich. Dafür gleichen sich die Angebote an die Kunden. Mit den Folgen, dass die Kunden oft keine echten Mehrwerte für sich erkennen. Bei austauschbaren Produkten und Dienstleistungen wählt der Kunde den günstigsten Anbieter. Darauf wird ein professioneller Einkauf drängen. Wir nehmen die Ursachen der Veränderung im Kundenverhalten nicht ganzheitlich wahr und durchdenken diese nicht gründlich im Hinblick auf unsere Wertschöpfungskette und die des Kunden. Wir versuchen dann oft “mehr vom selben” zu machen. Wir wünschen uns dann vieleicht auch eher heimlich die “alte” Zeit zurück, in der es im Markt einfacher und lukrativer war. Attraktive Märkte locken neue Anbieter.
Auch große Unternehmensberatungen unterstützen mit dem “Benchmarking” eine Angleichung von Anbietern und Angeboten im Markt.
Kürzlich konnte ich zwei Unternehmen in Fragen des “Standorts”, der Mission und Unternehmensziele unterstützen. Es macht aus meiner Sicht sehr viel Sinn immer wieder inne zu halten und sich zu hinterfragen. In beiden Fällen war die “Auszeit” vom Alltag gewinnbringend. Das geht im Alltag, besonders im Wachstum und allerdings auch bei Marktproblemen unter. Es fehlt Zeit zum konstruktiven Nachdenken im Management Team über die aktuelle Unternehmenssituation. Vorsicht: Das macht aus meiner Sicht nur im neugierigen Dialog Sinn. Sonst laufen Sie Gefahr “alte” Meinungen und Politik zu wiederholen. Ein Berater kann eine Dialoghaltung gut unterstützen.
- Wozu gibt es uns (gestern, heute, morgen)?
- Wofür bezahlen uns unsere Kunden wirklich (gestern, heute, morgen)? Woher wissen Sie das genau?
- Was sind unsere Schlüsselaktivitäten um unsere Leistung und Wert anzubieten?
- Wie steht es um unsere Schlüsselressourcen um unsere Schlüsselaktivitäten zu erbringen?
- Wie gut steht es um unser Geschäftsmodell (gestern, heute, morgen)?
- Wie steht es um unsere Einkünfte und Kostenstrukturen?
- Wie gesund und fit ist unsere Organisation?
- Welche Veränderungen stehen an, die unseren Markt und Geschäftsmodell betreffen (Technologisch, Demographisch, Gesellschaftlich, Gesetzlich, Kundenbedürfnisse, …)?
- Wie können wir uns gut differenzieren und passende Kunden entwickeln, die unseren Mehrwert für ihre Wertschöpfung brauchen?
- SWOT Analyse der gefundenen Antworten und Maßnahmen ableiten
Was meinen Sie?
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Macht hat, wer macht. Moderne Einkaufsorganisationen schaffen Werte. Der moderne Vertrieb auch.
Im Rahmen von Projekten mit meinem Kooperationspartner, der upDATE Gesellschaft für Training und Beratung in Nürnberg, habe ich mich verstärkt mit der aktuellen Entwicklung von Einkaufsabteilungen in Mittelstand und Konzernen beschäftigt. Dazu studierte ich aktuelle Literatur zum Thema Einkauf und führte Interviews mit Einkäufern.
Immer mehr Unternehmen entdecken das Potential eines professionellen Einkaufs für ihre Geschäftsziele. Es liegt auf der Hand, dass ein Unternehmen sich Wettbewerbsvorteile erarbeiten kann, wenn es günstiger als die Marktbegleiter einkauft und diese Vorteile im eigenen Wertschöpfungsprozess effektiv umzusetzen kann.
Der Einkauf nimmt in modernen Organisationen über die direkte Funktion im Vorstand oder der Geschäftsführung aktiv Einfluss auf die Unternehmensziele. Das hat natürlich Folgen auf die Machtposition der Einkaufsabteilung innerhalb der Organisation.
Als Folge daraus wird jede Einkaufsabteilung darauf aus sein, alle Einkaufsprozesse in der eigenen Organisation zu kontrollieren. Sie wird das sogenannte Maverick Buying (http://de.wikipedia.org/wiki/Maverick-Buying) von Fachabteilungen nicht mehr dulden, d.h. der eigenständigen Vergabe von Aufträgen von Fachabteilungen ohne einen strukturierten und professionellen Beschaffungsprozess.

Einkaufsstrategien: Operative Lieferanten - Kosten managen - TOP Lieferanten finden und binden - Wertschöpfung optimieren
Diesen Aspekt schätzen IT Vertriebsorganisationen natürlich wenig. Bisher wurde über gute Leistungen und Beziehungen an die IT Abteilung verkauft. Das wird immer mehr Vergangenheit. Im Rahmen des organisierten Beschaffungsprozesses sorgt der Einkauf für Transparenz und vor allem für Wettbewerb. Es werden mehrere Vergleichsangebote eingeholt. Gute Beziehungen zu den Fachabteilungen zählen nicht mehr wie früher. Wenn das Angebot im Produktbereich faktisch gleich ist, liegen die Chancen für den Vertrieb im Bereich der Beratungs- und Servicequalität und den daraus entstehenden Nutzen für den Kunden. Damit dies Gewicht hat, gilt es diesen Nutzen in Zahlen auszudrücken und plausibel zu argumentieren. Dazu später mehr im Rahmen des wichtigen „Health Checks“.
Wenige IT Unternehmen sind nach meiner Erfahrung in der Lage die Frage nach dem erzielten Nutzen bei Ihrem Kunden konkret zu beantworten. Das bemerken auch die Einkäufer und ziehen daraus ihre Schlüsse. Das ist nachvollziehbar, oder? Ich meine damit nicht, dass die Frage leicht zu beantworten ist. Doch da, wo es nicht mal im Ansatz möglich ist, ist auch ein noch so kleiner Preisunterschied für den Einkauf verständlicherweise nicht diskutierbar. Der Einkäufer würde Kapital verschwenden.
Selbst anspruchsvolle IT Services, sollen nach dem Willen eines TOP Einkäufers für globale IT Projekte eines DAX Konzerns über Online Auktionen eingekauft werden. Die Stichworte heißen maximale Vergleichbarkeit und strukturierter Beschaffungsprozess.
Dazu lieferte er auch die Marschroute für die Zukunft: IT sollte ohnehin am Besten wie Strom eingekauft werden. Nutzen wir es, zahlen wir. Sonst nicht. Das hat natürlich Vorteile für Unternehmen. Keine Investitionen mehr, sondern nur noch laufende und nutzungsabhängige Kosten. Die Idee des Cloud Computings zielt in diese Richtung. Nicht wenige Marktexperten sehen darin die nächste Revolution, die Revolution, die der PC in der IT Industrie auslöste, in den Schatten stellen wird.
Ich fragte den TOP Einkäufer auch, ob es neben dem Kaufpreis noch andere Kriterien für eine Einkaufsentscheidung gibt. Sie setzen sich in ihrem Unternehmen mit den Fachabteilungen zusammen und fragen sich unter anderem, ob sie dem Unternehmen zutrauen, das Angebot nachhaltig umzusetzen. Er fügt an, dass es ihm ebenfalls sehr wichtig ist, ob das Unternehmen in der Vergangenheit mitgeholfen hat, die eigene Organisation besser zu machen. Die meisten Unternehmen schätzen Lieferanten, die die Extrameile für sie gehen. Doch die Unternehmen müssen es auch mitbekommen. Wie stellen Sie als Vertriebsorganisation aktiv sicher, dass Ihr Engagement und Leistung an den richtigen Stellen ankommt?
Es gilt jedoch auch: Nichts ist für den Einkauf schlimmer als eine Lösung zweimal einzukaufen. Damit macht sich der Einkauf weder bei der Fachabteilung noch bei der Geschäftsführung beliebt.
Die Kosten durch den Einkauf zu senken ist eine zentrale Funktion des modernen Einkaufs. Bleibt es bei der einseitigen Betrachtung im Beschaffungsprozesses so läuft der Einkauf große Gefahr den Lopez Effekt (http://encyclopedie-de.snyke.com/articles/lopez_effekt.html) auch bei sich zu realisieren. Damit entsteht dem eigenen Unternehmen relativ sicher mittel- und langfristig großer Schaden. Daher darf die Vergütung und Bewertung der Einkaufsleistung nicht nur auf die Senkung der Beschaffungskosten ausgerichtet sein. Der Lieferant muss gut verdienen, denn sonst kann dieser seine Beratungs- und Servicequalität nicht mehr leisten. Das sollten nicht nur Einkäufer wissen und schätzen.
Die andere wichtige Seite des modernen Einkaufs ist es WERTE zu schaffen, indem gezielt Lieferanten nicht nur nach den Einkaufskonditionen sondern auch in Bezug auf den eigenen Wertschöpfungsprozess ausgewählt werden. Diese wichtigen Lieferanten werden dann an das Unternehmen gebunden. Nicht jede Einkaufsabteilung wird diese Seite schon aktiv zu 100% umsetzen. Welcher Lieferant ist TOP für uns und hilft uns unsere Wettbewerbsposition zu verbessern? Um diese Frage zu stellen, muss der Einkauf strategisch denken und auch in dieser Hinsicht bewertet werden.
Um erfolgreich strategisch zu arbeiten braucht die Einkaufsabteilung einen kooperativen sowie zielorientierten internen Dialog mit den Fachabteilungen. Sie braucht dazu mehr Kompetenzen, Ressourcen und Vernetzung. Dazu braucht es die Haltung im Unternehmen: „Wir ziehen an einem Strang und wir wollen gemeinsam unser Unternehmen wettbewerbsfähiger gestalten.“ Der Einkauf muss zusammen mit den Fachabteilungen den Zusammenhang vom Einkaufen zum Wertbeitrag verstehen. Ist das nicht der Fall, kann dieser Ansatz nicht funktionieren.
Für die Lieferanten stellt sich in dem Zusammenhang mit modernen Einkaufsorganisationen immer mehr die anspruchsvolle Frage nach dem eigenen Wertbeitrag zum Wertschöpfungsprozess des Kunden. In der IT Welt hat sich in den letzten Jahren vieles verändert und nach meiner Beobachtung passen nur wenige IT Systemhäuser ihre Mission, Ziele und Wertbeiträge den veränderten Kundenbedürfnissen an. Der Alltag und Gewohnheiten führen zu mehr des „Gleichen“. Das ist sehr menschlich. Doch leider ist das, was uns erfolgreich machte, nicht zwingend das, was heute und morgen auch zum Erfolg führen wird.
Das Buch mit dem Titel „Business Model Generation“ hat mir in Bezug auf Ideengenerierung zu Geschäftsmodellen sehr gefallen: Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer. Es kann Ansätze liefern, sich neu zu positionieren. Gut für so einen Prozess ist die Nutzung des Know Hows der eigenen Unternehmung. Mutige und kluge Systemhäuser binden auch Partner sowie Kunden in den Prozess ein und finden gemeinsam Antworten und Ideen zu folgenden Fragen: Wofür gibt es uns heute? Wie gut passt unser Geschäftsmodel für unsere Kunden? Was können wir wirklich echt gut? Was verändert sich durch unser Angebot beim Kunden? Was machen die Kunden unseres Kunden? Welche Werte können wir in den Wertschöpfungsprozess des Kunden einbringen? Welchen Wert macht das für den Kunden aus? Welche Entwicklungen sehen wir kommen und wie können wir diese für unser Angebot und Kunden nutzen?
Meine Empfehlung: Gehen Sie frühzeitig in den Dialog mit Ihren Kunden. Holen Sie sich Feedback und Anregungen über Ihren Beitrag zum Wertschöpfungsprozess Ihres Kunden. Das kann gut im Rahmen eines „Health Checks“ geschehen. Das macht natürlich nur Sinn, wenn Sie wirklich Interesse an dem Dialog haben und den daraus entstehenden Möglichkeiten haben. Nicht immer sind diese Gespräche angenehm. Jede gute Einkaufabteilung erstellt ohnehin regelmäßig zusammen mit den Fachabteilungen eine Lieferantenbewertung. Gestalten Sie diese inhaltlich mit. Macht hat, wer macht. Sorgen Sie für eine entsprechende Lieferantenbewertung oder nehmen Sie wertvolles Feedback für Optimierungen mit. Für Ihre Geschäftsführung sollte dies sehr wichtig sein. Was läuft in der Zusammenarbeit gut? Was lässt sich optimieren? Welche Werte schaffen Sie wo und wie im Unternehmen? Welche Entwicklungen will der Kunde realisieren? Welche Ihrer Kompetenzen auszubauen oder zu ergänzen macht für den Kunden (und vielleicht auch für andere Kunden von Ihnen) Sinn?
Sind Sie im Bereich Neukundengewinnung unterwegs, sollten Sie frühzeitig auch die Einkaufsabteilung mit in Ihre Gespräche einbeziehen. Sie ersparen sich so unliebsame Überraschungen. Sie haben so die Möglichkeit Interessen und Ziele Ihres Kunden ganzheitlicher zu erfassen. Möglicherweise zeigt sich früh, dass das nicht Ihr Kunde ist. Oder Sie sehen gute Chancen und bringen mögliche Wertbeiträge Ihres Unternehmens ins Gespräch. Zusammen mit Ihrem Wunschkunden prüfen Sie diese Ideen auf Plausibilität, Stimmigkeit und Effekte in der Organisation.
Es gibt sicher auch Marktbereiche, wo der Kunde keine Beratung wünscht und in Anspruch nimmt oder dafür zahlen mag. Daher zählt nur der Preis und Lieferfähigkeit des Produktes. Wenn der Anbieter vermehrt in solche Situationen kommt, bedeutet dies entweder die internen Prozesse und Strukturen so anzupassen, dass „günstig“ angeboten werden kann, oder aber aktiv über das eigene Angebot und Wertbeitrag in Frage zu stellen und anzupassen oder bewusst „Nein“ zu dieser Möglichkeit zu sagen. Ganz im Sinne von: Change it. Love it. Or leave it. Nicht jeder Kunde passt für das eigene Angebot. Welche Kunden passen ideal zum eigenen Angebot? Was zeichnet diese aus?
Im praktischen Umgang mit Einkaufsorganisationen sollten Vertriebsmitarbeiter und Management die Makro – und Mirkostrategien von Einkäufern kennen und verstehen.
Dazu braucht es eine solide Kommunikations- und Verhandlungskompetenz, die immer individuell auf die Kundensituation und Organisationskultur eingestellt sein sollte.
Grundsätzlich sind Einkäufer in der Regel gute Schauspieler. Diese gehen gut vorbereitet in Verhandlungen. Das oberste Ziel es ist, die Vertriebsmitarbeiter zu verunsichern und im Unklaren über ihre Position zu lassen, um über diesen Druck, Zugeständnisse bei Preisen und Lieferbedingungen zu erzielen.
In der Schweiz, so erfuhr ich kürzlich in einem Workshop, geht man eher realistisch, entspannter und auf Augenhöhe in Verhandlungen. Das Harvard Verhandlungsmodel wird eher genutzt. Untersuchungen haben ergeben, das damit die nachhaltigsten Ergebnisse erzielt werden. Das hat aus meiner Sicht vor allem mit der persönlichen und organisatorischen Haltung zu tun. Diese gibt es sicher auch in manchen Einkaufsorganisationen in Deutschland. In solch einer Verhandlungsumgebung können kreative und stimmige Lösungen gefunden werden.
Es macht aus meiner Sicht auch unter ungünstigen Bedingungen wenig Sinn die Einkaufsabteilung als Gegner aufzufassen. Auch die Hirnforschung zeigt auf, dass diese Einstellung eher nachteilig wirkt. Es sind einfach weitere Gesprächspartner mit Interessen und Zielen. Es gilt wie immer im Vertrieb darum Nutzen zu stiften. Das wird nicht immer gelingen können.
Mein Fazit: Verkaufen und auch Einkaufen wird immer anspruchsvoller. Gute Vorbereitung, Dialog und die Bereitschaft in Wertschöpfungsprozessen zu denken, gibt beiden Seiten Chancen fair und kooperativ zusammen zu arbeiten. Da liegen für beide Seiten auch große Chancen um Wertschöpfungsprozesse sinnvoll gemeinsam zu gestalten. Da wo einseitig verhandelt und gefordert wird, gilt es umzudenken.
P.S. Was alle von mir interviewten Einkäufer bemängelten, war die Wahrnehmung, das nur sehr wenige Vertriebsmitarbeiter wirklich zuzuhören. Die meisten präsentieren ihre Story und der Kunde kommt zumindest „gefühlt“ nicht vor.