In Organisationen ist Vertrauen das “Schmiermittel”. Es lassen sich konkret Faktoren nennen, die bestimmen, wie gut es laufen wird oder eben nicht. Dies gilt im Besonderen für Organisationen, die eher mit Wissensarbeitern ihre Wertschöpfung gestalten.Vertrauen kann nur der gewinnen, der auch enttäuscht werden kann. Nur durch den Vertrauenssprung, dem Sprung ins kalte Wasser, kann festgestellt werden, ob Vertrauen gerechtfertig ist. Der Grund, warum man springt, ist die positive Erwartung. Luhmann bezeichnet Vertrauen als riskante Vorleistung.
Welche konkreten Auswirkungen Vertrauen in Organisationen haben kann, wird auch an verschiedenen Unternehmen dargestellt. So werden Southwest und American Airlines im Rahmen ihres Führungs- und Kommunikationsstils sowie an den Resultaten vorgestellt. Beide Unternehmen sind auf dem Papier “Mitarbeiterorientiert”. Die Ausgestaltung unterscheidet sich allerdings in wesentlichen Punkten. American Airlines wird von den Mitarbeitern eher als kontrollierend erlebt. Die Mitarbeiter von Southwest erleben ihre Kultur eher als vertrauensvoll.
Unter gleichen Marktbedingungen werden andere wirtschaftliche Ergebnisse erzielt. Southwest gelang es auch nach den Anschlägen (11.9.2001) als einziger amerikanische Airline schwarze Zahlen zu schreiben. Die Mitarbeiter sehen den Kundennutzen als ihren Fokus und wollen zusammen als Team ihre Mission erfüllen. Die Mitarbeiter setzen sich gerne ein und gehen die “Extra Meile” mit.
Beide Unternehmen kontrollieren natürlich die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter und Teams. Bei American Airlines wurde die Kontrolle der Arbeitsergebnisse eher als Misstrauen gewertet und löste damit eher eine “Dienst nach Vorschrift” Mentalität aus. Bei Southwest wurde es als positives Feedback gewertet und führte zu guten Ergebnissen (Wirtschaftlich, Fluktuationsrate sehr niedrig, Kundenzufriedenheit). Die Mitarbeiter werden gecoacht und es gibt häufig Feedback. Die Führungskraft arbeitet operativ mit und hat im Vergleich zu American Airlines weniger Mitarbeiter. Bei American Airlines gibt es Einzelprämien.
Southwest unternimmt große Anstrengungen bei der Personalauswahl. Auch das ist eine Empfehlung für Organisationen, die auf Vertrauen setzen wollen. Selbstbestimmtes Handeln wird bei Southwest Ailines gefördert und gefordert. Ein Zitat aus dem Buch, welches eine gut verständliche Definition der verschiedenen Vertrauensarten ist:
“Wir (Menschen) schenken Vertrauen auf der Basis von drei Grundlagen: (Zum besseren Verständnis stellen Sie sich vor, der Vertrauensnehmer ist der Mitarbeiter und der Vertrauensgeber ist die Führungskraft.)
- Situationsbasiertes Vertrauen: Vorraussetzung eines Vertrauens für einen extrinsisch motivierten Vertrauensnehmer ist es, dass ihn die Kosten eines Betruges höher zu stehen kommen als ein möglicher Nutzen.
- Eigenschaftsbasiertes Vertrauen: Wir vertrauen einem Vertrauensnehmer, wenn wir ihn für fähig, integer und wohlwollend halten. Die intrinsische Motivation des Vertrauensnehmers steht im Vordergrund, der Vertrauensgeber kann hingegen durchaus extrinsisch motiviert sein.
- Identifikationsbasiertes Vertrauen: Wir vertrauen einander, weil wir uns mit den Werten, Zielen und Bedürfnissen des Partners identifizieren und gegenseitige Sympathie empfinden. Vertrauensgeber und –nehmer sind intrinsisch motiviert. Die gegenseitige Beziehung steht im Vordergrund.”
Kontrolle ist darüber hinaus für Schadensbegrenzung wichtig und das Sprungbrett zu echtem Vertrauen. Für die Wirkung der Kontrolle kommt es entscheidend auf die Intention an.
Begünstigt wird die Vertrauensbildung durch Fairness in der Organisation. Je mehr Fairness desto mehr Vertrauen.
Die distributive Fairness wird als eher hoch eingeschätzt, wenn die Mitglieder einer Organisation empfinden, dass Pflichten und auch Leistungen gerecht verteilt sind. Dann führt das zu mehr Vertrauen der Mitarbeiter in “ihr” Unternehmen.
Die prozeduale Fairness in der Organisation betrifft die Fragestellung, wie man zur distributiven Fairness kommt. Ist der Prozess dazu fair? “… die Investition in gerechte Verfahren gehört wohl zu den preiswertesten Methoden zur Verbesserung der Verhaltensweisen, des Zusammenhalts und der Pflichterfüllung in einer Organisation. Dies spricht sehr dafür prozeduale Fairness zu realisieren.” (Lind & Tyler 1988, S.201)
Die interaktive Fairness dreht sich um die Kompetenz der Führungskraft, angemessen zu kommunizieren und fair zu sein. Einem fairen Chef traut man eher zu, dass er kompetent, zuverlässig und ehrlich ist. Es zeigt sich aus Forschungsergebnissen, dass Mitarbeiter sehr wohl den “Gürtel” enger schnallen, wenn ihnen die Gründe offen kommuniziert werden und / oder sie in den Prozess der Lösungsfindung mit einbezogen werden.
Eng verbunden damit ist auch der Führungsstil. Der transaktionale Führungsstil basiert auf dem Austauschprinzip – Belohnung gegen Leistung. Im Sinne der Vertrauensbildung kann dieser Stil nur die distributive Fairness adressieren.
Der transformative Führungsstil hingegen unterstützt die Bildung von Vertrauen direkt und indirekt über die prozeduale Fairness.
In der Praxis werden oft beide Stile genutzt. Die Verteilung auf die beiden Stile variiert.
Die Rolle der Frau als Führungskraft wird in dem Zusammenhang besonders herausgearbeitet. Frauen nutzen eher den transformativen Stiil, gewinnen aber laut Studien nicht immer dadurch das entsprechende Vertrauen. Das liegt an inkongruenten Rollenerwartungen, die es abzubauen gilt.
Zum anderen zeigt sich wieder, dass Menschen, deren Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenzerfahrung sowie Zugehörigkeit befriedigt sind, selbstbestimmt Handeln (intrinsisch motiviert) und Verantwortung übernehmen.
Ein weiteres Kapitel widmet sich dem Thema Corporate Governance und untersucht auch unter Berücksichtigung der jüngsten Skandale die Vertrauenskultur in Unternehmen und Wirtschaft. Dazu gehört auch das Thema Managementgehälter. Studien zeigen auf, dass Unternehmen, die ihren CEOs ein sehr hohes Gehalt zahlen, daraus keine Performance Steigerungen erwarten können. Eher jedoch einen Vertrauensschwund in der Organisation, da die Fairness stark in Frage gestellt ist.
Im ersten Schritt der Vertrauensbildung geht es um Vorleistungen. Diese führen nur langsam zum Aufbau von Vertrauenskapital. Dieses jedoch wächst nach einer Zeit überproportional. Fehlverhalten schädigt das aufgebaute Vertrauenskapital allerdings nachhaltig. Vertrauen ist nicht kaufbar. Vertrauen kann nur geschenkt werden.
Allerdings gibt es hierbei eine Paradoxie. Das bewusste Streben nach Vertrauenswürdigkeit kann zerstörerisch wirken. Wer vertrauenswürdig ist, der kann mit der Anerkennung durch andere rechnen. Wer aber bewusst danach strebt, der verliert sie.
Ein rundherum gelungenes Buch zum Thema Vertrauen in Organisationen. Die Forschungsergebnisse der noch jungen Vertrauensforschung sind praxisnah und verständlich für den Praktiker in Unternehmen und in der Beratung dargestellt. Dazu kommen pragmatische Handlungsempfehlungen, um sich in den Organisationen diesen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten.
Sehr zu empfehlen für Führungskräfte, Geschäftsführung und Berater, die nach Wegen suchen Wettbewerbsvorteile zu entwickeln.
Die gute Nachricht ist: Die beschriebenen Faktoren können als Praktiken in Organisationen gelernt und umgesetzt werden. Dazu braucht es den Willen. |
Toll, dass hier immer soviel geschrieben wird.