Alphabet

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Alphabet

Von Stephan Wehowsky, 17.08.2015

Aus der Suchmaschine Google ist schon längst eine Geldmaschine geworden.

Jeder nutzt Google, aber der Unmut ist ein ständiger Begleiter. Kaum hat man nach irgendeinem Produkt oder Hotel gesucht, begegnet es einem wieder und wieder als Werbeeinblendung auf anderen Webseiten. Und ständig wird irgendetwas „synchronisiert“, so dass man tun und lassen kann, was man will: Google weiss und sortiert es. Kein schönes Gefühl.

Jetzt hat sich dieser Konzern umgebaut und dafür den Namen „Alphabet“ gefunden. Unter diesem Dach versammeln sich von nun an selbstfahrende Autos und Lieferdronen (Google X), die Vernetzung von Häusern (Nest), Breitbandservice (Google Fiber), Gesundheit (Calico), Medizintechnik (Life Sciences) und Investitionen in Startups (Google Ventures). Die Suchmaschine bleibt natürlich bestehen, aber die Pointe der neuen Aktivitäten besteht darin, dass Google in immer mehr Bereiche eindringt, die früher Sache des Staates beziehungsweise der öffentlichen Wohlfahrt waren. So arbeitet Google an pfiffigen Technologien, die es ermöglichen, auch abgelegenste Gebiete mit Internetzugängen zu versorgen.

„Alphabet“ klingt ambitioniert, und genau so ist dieser Firmenname gemeint. Google will das gesamte Leben neu buchstabieren. Die Kritiker schreien auf: Ballung wirtschaftlicher Macht! Google werde quasi zum Staat. Aber soll die Kreativität eines Konzerns wie Google verboten werden, um die überkommenen Zuständigkeiten staatlicher Institutionen auf alle Zeiten einzuhegen? Da ist es doch besser, wenn etwas geschieht. Und es ist nicht so sicher, dass staatliche Instanzen immer uneigennützig handeln. Man denke zum Beispiel an eine gewisse Sammelleidenschaft von staatlichen Geheimdiensten. Der Staat kann Wirtschaftsunternehmen mit Gesetzen und Verfahren an die Leine legen. Mit seinen eigenen Diensten tut er sich ungleich schwerer.

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Morgens. U-Bahn. Fast jeder starrt apathisch auf sein Smartphone, wischt geistesabwesend darauf herum, liest seine neuesten WhatsApp-Nachrichten und kommuniziert gleichzeitig mit zig „Freunden“ über diverse Plattformen. Die wenigsten dürften einen Gedanken daran verschwenden, was mit diesem Datenwust alles machbar, kontrollierbar und nachvollziehbar ist. Big Data ist Trumpf. Und Big Data bedeutet gleichzeitig Überwachung – in allen Lebenslagen.

Die Menschheit hat sich freiwillig in ein Kontrollnetz begeben von dem die Diktatoren und Tyrannen der Geschichte nur träumen konnten. (Fast) Jeder trägt heute seine ganz persönliche Wanze mit sich herum. Aus eigenem Antrieb, ohne Zutun staatlicher Stellen. Wir geben damit nicht nur Unternehmen und Geheimdiensten, sondern auch dem Staat die Möglichkeit das Verhalten der gesamten Bevölkerung zu überwachen, zu kontrollieren und vor allem vorherzusagen.

Herrn Stephan Wehowsky und allen Lesern empfehle ich zum Thema den Presseclub ARD von gestern, nach meinem Empfinden hochstehende Diskussion ueber Bedeutung Google und Blick in die Zukunft.
Werde diese Woche 80, dachte nach der Sendung, es waere spannend 100 oder gar noch aelter zu werden, geistig wach, auch mit wackligen Beinen ;-) http://www.ardmediathek.de/tv/Presseclub/Innovations-Fabrik-und-Datenkra...

Danke Herr Wehowsky, wie immer wohltuend nüchterner Kommentar. Googles "Sammelwut" anzuklagen werde ich mich hüten. Die einzige Sammelwut, die ich wirklich als bedrohlich ansehe, ist die des Staates, weil das die einzige Macht ist, die auch Gewalt ausüben kann - wenn ich deren Forderungen nicht nachkomme oder bezahle, werde ich mit physischem Zwang bedroht. Auch wenn seine Forderungen noch so unsinnig und schlecht legitimiert sind. Deshalb ist mir jede private, nicht gewalttägige Gegenmacht recht. Google und Wikipedia sind Projekte, die den Menschen wirklich emanzipieren können. Bargeld übrigens auch, darum wird es jetzt vom Staat bekämpft.

Der Goggel ist eine fantastische Geldmaschine. Seine Sammelwut aber ebenso unerträglich wie diejenige staatlicher Geheimdienste und Geheimbünde.

Das wird sich aber bestimmt nicht rasch ändern, weil noch viel zu wenig Menschen es unerträglich finden.

Das fängt an mit der Akzeptanz von Cumulus und endet nicht mit der Coop Supercard - himmlische Wolken, einfach nur super!

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