Annelies Ursin: In memoriam: Arnold Hottinger

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Annelies Ursin: In memoriam: Arnold Hottinger

Von Journal21, 03.09.2019

Gedenkansprache von Annelies Ursin, Zuger Kulturschaffende

Liebe Anwesende

Ich möchte Sie nicht strapazieren mit einem langfädigen Bericht: nur kurz an die Zeit erinnern, in der ich Arnold Hottinger in Zug erleben durfte. Anfang 2000 gab es eine grosse Zurückhaltung in Zug gegenüber den relativ grossen und verschiedenen  Islamgemein-schaften ( Albaner, Türken, Bosnier). Mein Interesse  für die Palästinenser wurde geweckt von einem Du-heft vom Sep. 2006: mit eindringlichen Fotos und einem ebenso eindringlichen Artikel von Victor Kocher.  Fortsetzung folgte mit einem Dok-Film, den mir  Freundin Brigtte Schön brachte:  „Die eiserne Mauer“. Eine  Sensation und gleichzeitig Wagnis für unseren Filmclub. Kocher war als Referent nicht greifbar, weil auf Zypern wohnhaft – also  telefonierte ich der  NZZ , die mir eine Zuger tel. nr.angab:  die von Arnold Hottinger!! Natürlich kannte ich Hottinger von diversen Büchern, vom Radio und von Vorträgen, hätte  aber nicht gewagt, ihn anzusprechen, weil vom Honorar her für einen gemeinnützigen Filmclub wahrscheinlich nicht leistbar...
Ich nahm dann doch meinen ganzen Mut zusammen, rief an und durfte  einen Menschen kennenlernen, der mich  durch sein Wissen, seine Bescheidenheit und seine Nachsicht meiner Unwissenheit gegenüber tief beeindruckte!! Auch das Honorar war Nebensache!

Das Ergebnis: ein freies, druckreif gehaltenes, aufklärendes und substanzielles Referat im  vollbesetzten Kino  über das Palästinenserproblem und ihre Geschichte. Da Brigitte Schön den Vertrieb der DVDs übernommen hatte und ich den Kino-verleih, wurde immer auch Arnold Hottinger als Referent empfohlen in den grösseren Städten. Aber er kam auch gern in andere Filme, die ihn interessierten und war immer ein wunderbarer Gesprächspartner für Hintergrundprobleme. So lernte ich auch Ignaz Staub näher kennen, der Stammgast im Filmclub war und ebenso Liebhaber des manchmal verqueren Programms. Arnold Hottinger war zu Gast bei Christian Rutishauser im Lassallehaus mit Karin Wenger, die damals noch aus Ramallah für die NZZ berichtete. Es gab ein Podium in der Citykirche nach dem  Wiener Film: „Der Weg nach Mekka“ von Georg Miesch - mit Arnold Hottinger, Ignaz Staub und Saida Keller-Messhali, was  Moslems nicht so gern in meinen Händen sahen, sich aber nachher entschuldigten, was sicher auch der Verdienst war von Arnold Hottingers klar- verständlichen Ausführungen.

Besonders wichtig war die intensive Erfahrung, welch dichtes Netzwerk sich durch das Interesse am Nahen und Mittleren Osten und durch Arnold Hottinger ergab: mit Ignaz Staub, Karin Wenger, Helen Keiser, Christian Rutishauser, mit deutschen Korrespondenten, einer palästinensischen Organisation in Köln, mit der online-institution „quantara.de -dem Dialog mit der islamischen Welt“-samt der bedeutenden Erkenntnis, dass früher der Islam ein ganz anderer war!! Durch Arnold Hottingers reiches Wissen, seine Literatur-Hinweise und Gespräche habe ich gelernt, mich für geschichtliche Entwicklungen und Hintergründe zu interessieren: dafür danke ich ihm!

Zu seinem 90.Geburtstag und nach der grossen Feier in ZH konnte ich dann auch nicht anders, als bei ihm zu klingeln und ihm ein entsprechendes Bild aus meiner letzten Ausstellung schenken, mit dem Aphorismus von Max Huwyler: „ Wir stehen auf dem Pulverfass und geniessen die Aussicht“...

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