Burkini-Hysterie

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Burkini-Hysterie

Von Ulrich Meister, 04.09.2016

Frankreich und seine Regierung zeigen am Burkini, wie man es nicht machen soll, wenn man Vernunft und damit politische Macht behalten will.

Ein Minister nach dem andern demissioniert  (weil in acht Monaten Präsidentenwahlen sind), der Verlust hält sich angesichts der kleinen Kaliber in Grenzen, nicht aber das Pathos von Hollandes Premierminister. Manuel Valls, Sohn von katalanisch-schweizerischen Eltern, zelebrierte die nationale revolutionäre Allegoriefigur "Marianne", von Delacroix verewigt. Sie zeige ihren nackten Busen, weil sie "das Volk nährt" und trage keinen Schleier, "weil sie frei ist". Das sei die Republik. Wir hatten dagegen nur oder immerhin Tell und Stauffacher als Gründermythen, aber – es ist wahr – damals noch keine Burkini.

Valls denunzierte damit den islamistischen Bikini als Unterwerfung der Frau und als Gründung einer "Gegengesellschaft" und als "Zeichen eines todbringenden Islamismus". Die Mehrheit der Franzosen – und offenbar auch der Schweizer – geben ihm Recht. Fälschlicherweise. Denn der Burkini wurde 2004 in Australien von einer Libanesin entworfen, um den Musliminnen das Schwimmen und damit die Integration zu erleichtern. Sie gleichen unseren Badenden der Jahrhundertwende, ausgenommen dem Elastan statt der damaligen aufsaugenden Baumwolle. Burkini ist nicht Burka, nicht Vollvermummung, die rechtens verboten werden kann/muss. Vor allem, wenn sie in Schwarz proselitisch die "Uniform" des sog. Islamischen Staates repräsentieren soll. Die Regierung hat wieder einmal den sozialistischen alt-Minister Chevènement mit der Aufgabe betraut, eine französisch-islamische Kommision zu bilden, um eine Staatskontrolle über die ausländische Finanzierung des Islam sicherzustellen.

Die Engländer sind sehr viel "cooler" in ihrem multikulturellen Schema als die Franzosen: je getrennter, desto besser. Ein pakistanischer (sozialistischer) Engländer wurde so aber trotzdem Stadtpräsident von London und konnte umso weniger den Brexit (den sein konservativer und trotzdem ewig pubertärer Vorgänger populistisch vorangetrieben hatte), noch die französische Integrationspolitik und das Burkini-Vebot verstehen. Aber alle Immigranten sind in Calais blockiert, weil die Engländer sie nicht aufnehmen wollen.

Wenn eine verhüllte Moslema von meinen Steuern, Abgaben und Gebührel leben will, dann sollte sie wenigstens so höflich sein und ihr Gesicht zeigen.
Burka ist eine Art von Abgrenzung und Integrationsverweigerung.

“Porter un Burkini sur les plages de Nice est une provocation dégoûtante" (Elisabeth Badinter)
Der religiöse Frieden ist bedroht, nicht durch Gottlose oder Atheisten, sondern durch religiöse Menschen. Monotheismus ist rechthaberisch und deshalb unterschwellig aggressiv, wird er virulent, muss man ihn an die Kandare nehmen, um grösseren Gefahren vorzubeugen. Die Religionsfreiheit vorübergehend einschränken und Kleidervorschriften erlassen.

Der Tschador im Strassenbild, das ist die muslimische Frau. Weithin sichtbar, für unser Zusammenleben aber nicht förderlich. Wir wollen uns als ein einigendes Land darstellen und nicht als Bazar unserer Differenzen. Öffentliche Zeichen der Religion sind unerwünscht.

Das Burkini am Strand, ein weiteres religiöses Statement: die züchtig gekleidete Frau. Die andern am Strand zeigen viel Haut: das sind dann die unzüchtigen Ungläubigen, wie Mami ihren Kleinen erklären kann. Die Anmutung ist unerträglich.

Ich bin nicht dagegen, dass Muslimas nach ihrem Gusto baden. Aber an separaten Strandabschnitten, wie die Nudisten auch.

Burka und Burkini werden hierzulande nicht goutiert.Glaube ist Kultur und Kultur ist regional. Bist du in Rom, benimm dich wie die Römer, so oder ähnlich ein altes Sprichwort. Schade dass es gleich Gesetze braucht, damit sich Gäste in fremden Landen anpassen.

Einfach noch zur Klarstellung, um was es in der Schweiz geht, Burka-Hysterie hin oder her. Wir brauchen ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum, zur Erhöhung der Sicherheit gegenüber Raubüberfällen, Terroristen, Hooligans, links-chaotischen Abendspaziergängern usw. Genau das verlangt die gleichnamige Volksinitiative, die Mitte März lanciert worden ist. Auch die Verhüllung des Gesichts aus religiösen Gründen fällt darunter, nicht nur, aber auch aus Gründen der Sicherheit.

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