Die Datenkrake

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Die Datenkrake

Von Stephan Wehowsky, 28.04.2016

Windows 10 ist ein als Betriebssystem getarntes Spionageprogramm.

Seit Monaten werden Nutzer von Windows-Betriebssystemen mehrmals in der Woche von Microsoft aufgefordert, kostenlos das neue Betriebssystems Windows 10 herunterzuladen und zu installieren. Windows verspricht mehr Komfort und natürlich jede Menge neuer Funktionen, die die Nutzung des Computers noch "erlebnisreicher" machen.

Dass dabei das Unterste zuoberst gekehrt wird, schreibt Windows selbst in seinen „Datenrichtlinien“: „Wir sammeln Daten über Sie, Ihr Gerät und die Art und Weise, wie Sie Windows verwenden.“ Und natürlich gibt es ständig irgendwelche Updates, die die schöne Eigenschaft haben, hin und wieder alles über den Haufen zu werfen, was sich der Nutzer vorher selbst mühevoll eingestellt hat.

Im Februar 2016 berichtete die FAZ, dass Microsoft gemäss einer Analyse von Hartmut Pohl, Informatikprofessor, alles Verwertbare ausspäht, „vom Namen und den Kontaktdaten über demographische Daten zu den Inhalten von Dokumenten, Fotos, Musik oder Videos“. Das dient in erster Linie der Werbung und dem Marketing, denn mit diesen Daten werden die massgeschneiderten Angebote erstellt, die immer genau das enthalten, was den vermeintlichen Bedürfnissen und Interessen der Nutzer entspricht.

Wer sich nicht für die Expressinstallation, sondern für die manuelle Installation entscheidet, hat die Chance, einige Zugriffsmöglichkeiten von Microsoft zu blockieren, aber längst nicht alle. Und niemand kann verhindern, dass Microsoft noch stärker als bei früheren Betriebssystemen jederzeit auf den eigenen Computer zugreift und Veränderungen vornimmt. Das ist eine Form der Enteignung.

Doch ganz so dumm, wie Microsoft wohl gehofft hat, sind die Kunden nicht. Das Gratisangebot läuft angeblich am 29. Juli 2016 aus. Eine Milliarde Geräte sollen mit Windows 10 ausgestattet werden, bislang sind es erst 270 Millionen - trotz der aufdringlichen Werbung. Die meisten Nutzer bleiben lieber bei den älteren Betriebssystemen oder sehen sich nach Alternativen um. Gut so.

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Diese Warnung kommt reichlich spät: Bereits im Zusammenhang mit dem "technical preview", den Microsoft von Windows 10 bereitstellte, warnte das deutsche IT-Portal heise.de am 1.10.2014 (ja: 2014!) vor den umfangreichen Spionage-Funktionen, die damals angeblich noch vorrangig dazu dienen sollten, Rückmeldungen darüber zu erhalten, wie das System bei den Testern lief. Wer seitdem geglaubt hat, Microsoft würde auf diese einmal eingebauten Möglichkeiten später verzichten, muss wohl auch glauben, dass Zitronenfalter Zitronen falten – und wurde jedenfalls seitdem in jeder (irrwitzigen) Hoffnung auf das "Gute" in Microsoft enttäuscht. Aber was erwartet man auch von einem Konzern, der seine Marktmacht gerichtsnotorisch mit illegalen Mitteln erlangt hat? Und was erwartet man in einer Zeit, wo selbst die deutsche Bundeskanzlerin davon schwärmt, dass die personenbezogenen Daten der User das Öl des 21. Jahrhunderts seien? Mit dem Verkauf von Betriebssystemen und Software mag man als Fast-Monopolist noch einige Zeit Gewinn erwirtschaften, aber natürlich hat man auch bei Microsoft längst erkannt, dass im (buchstäblichen) "Ausschlachten" der Kunden (bzgl. der Daten) die Zukunft liegt. Google, Facebook u.a. machen es vor. Schöne neue Welt …

Die Entscheidung für ältere Betriebssysteme ist alles andere als ein gute Idee(keine Weiterentwicklung) und entspricht eher der uralten Erkenntnis, das der Bauer nur das frisst, was er kennt. Im wesentlichen beschränkt sich die anonyme Datenerhebung von Microsoft darauf, welche auf dem PC installierte Software in welchem Umfang genutzt wird. Die einzige brauchbare Alternative ist im übrigen Linux. Davon sind aber die am Anfang euphorischen öffentlichen Verwaltungen wieder abgerückt, weil sich weder der erhoffte Kostenvorteil ergeben hat noch der erhoffte Sicherheitsgewinn eingetreten ist. Wesentlich bedenklicher sind die sich krakenartig ausbreitenden Schnüffelaktivitäten vom Vater Staat, der sich nicht um effizientere Werbemaßnahmen kümmert, sondern in Privatangelegenheiten herum stochert, die ihn einen feuchten Kehricht angehen..

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