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16. Februar 2021

Die Drei-Pünktchen-Botschaft

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Die Drei-Pünktchen-Botschaft

Von Heiner Hug, 06.04.2018

Was nicht gesagt wird, sagt manchmal viel.

Wahlen in Russland: „Unabhängige Wahlbeobachter gibt es nicht ...“

„In seiner Rede sagte Trump, er sei der beliebteste Präsident der letzten zweihundert Jahre ...“

„Matteo Salvini erklärt, es gehe ihm einzig um das Wohl des Landes und nicht um seine Person ...“

Drei Pünktchen am Schluss eines Satzes, gehören zu den perfidesten sprachlichen Instrumenten.

Anstatt eine klare Aussage und einen Punkt zu machen, setzt man drei Pünktchen. So überlässt man es den Lesern, sich selbst einen Reim zu machen. Und:  Man suggeriert, dass die Aussage nicht stimmt.

Oft – aber nicht immer – ist mit den drei Pünktchen eine negative Botschaft verknüpft. Da wird etwas angedeutet, das man offen nicht aussprechen will.

„Unabhängige Wahlbeobachter gibt es nicht ...“ Die drei Pünktchen bedeuten: Es wird wohl Wahlbetrug gegeben haben.

Meistens sind die drei Punkte Stellvertreter für Ausdrücke wie: „Na ja, du weisst ja schon, was ich meine.“ Oder: Die Pünktchen unterstellen, dass eigentlich genau das Gegenteil richtig ist.

„In seiner Rede sagte Trump, er sei der beliebteste Präsident der letzten zweihundert Jahre ...“ Will heissen: Was für ein Bluffer, er ist der unbeliebteste Präsident!

„Lega-Chef Matteo Salvini erklärt, es gehe ihm einzig um das Wohl des Landes und nicht um seine Person ...“ Das heisst: Dieser Lügner, klar geht es ihm einzig um sich selbst.

Im 18. Jahrhundert waren die Drei-Pünktchen-Sätze beliebt. Die Schweizer Philosophin Christine Abbt schreibt, im Impressionismus seien die drei Punkte „zu einer richtigen Modeerscheinung“ geworden. Auch Autoren wie Arthur Schnitzler oder Robert Musil hätten die drei Punkte häufig verwendet. Und heute ist die Modeerscheinung zurück.

Natürlich können drei Pünktchen auch eine positive Botschaft andeuten: „Ihr neuer Liebhaber ist wirklich ein feiner Mensch ...“ Will heissen: Da hat sie endlich Glück gehabt, endlich nicht einer dieser arroganten Männer!

Doch die negativen Botschaften, die negativen Unterstellungen überwiegen. „Er kam schon wieder erst um drei Uhr in der Früh nach Hause ...“ Will heissen: Er vergnügt sich mit einer Andern.

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Da muss ich mich auch zu den Sündern bekennen, ich brauch die Pünktchen oft... (meint hier: "Huch, ich oute mich als Sünder") ... also nicht unbedingt im Sinne wie oben dargestellt. Ich setze sie eher mit der impliziten Botschaft "Wär das nicht bedenkenswert?" bzw. "DAS wär doch eigentlich eine wesentliche Botschaft"...

Genau! Nichts sagen wird man wohl noch dürfen!

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