Ein umstrittener Friedenspreis ...

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Ein umstrittener Friedenspreis ...

Von Joerg Thalmann, Brüssel - 10.12.2012

Seltsam, ein Friedenspreis weckt Kritik und Anwürfe, ja Hass von vielen Seiten gegen den Ausgezeichneten und sogar gegen das Komitee, das ihn verliehen hat. Die EU, der diesen Montag vom norwegischen Nobelkomitee dieser Preis überreicht wird, scheint Aversion geradezu anzuziehen.

Dazu ein erstes Wort: Man kann an der EU vieles kritisieren. Vor allem heute, wo sie mit ihrem dilettantischen Euro-Experiment ganz Europa in eine gewaltige Krise gestürzt hat, die es sicher noch zehn Jahre belastet und es welt- und wirtschaftspolitisch schwächen wird. Was unter der gehäuften Masse von Anwürfen untergeht: Die EU ist kein Moloch. Kein Brüsseler „Monster“. Sie ist, sehen Sie das? sie ist Menschenwerk wie alle Staaten und internationalen Organisationen und überhaupt alles, was Menschen politisch-kollektiv organisieren, auch die Schweiz. Aber heute – das ist erst seit einigen Jahren so – stürzen von überall her Vorwürfe auf sie ein, sie kann es niemandem mehr recht machen, niemand findet mehr ein gutes Wort für sie ausser einem versprengten Häufchen fanatischer Proeuropäer, und man missgönnt ihr sogar den Friedensnobelpreis. Wo man sich vornehmer gibt, schreibt man abgewogen-sauersüsse Kommentare wie der Chefredaktor der angesehensten Deutschschweizer Tageszeitung unter dem Titel „Ehrung ohne Strahlkraft“ und „Würdigung der Vergangenheit“. Welche Vergesslichkeit! Was für ein vergangenheitsvergessendes Urteil eines Jüngeren!

Skurril. Unverständlich. Empörend

Nun aber ein zweites: Norweger haben ein volles Recht, gegen den EU-Beitritt ihres Landes zu kämpfen, und sie haben zweimal eine Volksabstimmung gewonnen. Wenn aber diesen Montag hunderte mit Transparenten „keine Waffen, gegen den Krieg!“ durch Oslo ziehen, wenn sie das Komitee verdächtigen, Propaganda für einen Beitritt Norwegens zu machen, wenn sie ihm Verrat am statutarischen Friedensziel des Stifters Alfred Nobel vorwerfen, dann ist das nicht nur skurril. Es ist unverständlich und empörend.

Denn die zur EU gewordene EG ist, ja IST ein Friedenswerk, das wichtigste auf unserem Kontinent und einmalig in der Geschichte der Menschheit. Wie Mäkler monieren, habe hauptsächlich die Nato zum Frieden in Europa beigetragen. Ja, die Nato hat auch grosse Verdienste: Sie hat Westeuropa gegen Gefahren von aussen verteidigt, gegen die hochgerüstete Sowjetunion, und hinter diesem Schutzschirm schaffte sie in Westeuropa der EG-EU den freien Raum, in dem sie die Staaten in gemeinschaftlicher Aufbauarbeit bis hin zum grossen Binnenmarkt von allen Kriegsgedanken befreit hat.

Mit Krieg und Gewalt kein EU-Beitritt

Und als diese Hausaufgabe der Nato nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erledigt war, zog dieses EG-Friedenswerk auch den europäischen Osten und heute den ganzen Balkan mit seiner unversöhnlich-kriegerischen Tradition in seinen Bann. Manchmal standen seine Staaten am Rand einer militärischen Konfrontation, sie wurde vermieden, weil sie alle EU-Mitglied werden wollen und die EU Gewaltlosigkeit zur absoluten Vorbedingung gemacht hat. Und kaum bekannt ist, dass die EG nicht weniger als die Nato und die Amerikaner zum Ende des Kalten Kriegs beigetragen hat: Ohne das von ihr geschaffene, jahrhundertelange Angst verdrängende Vertrauen, dass Deutschland nie mehr Russland angreifen werde, hätten dessen Generäle Gorbatschow und Jeltsin nie erlaubt, das Sowjetreich zu liquidieren.

Und einmalig in der Geschichte der Menschheit: Gewaltlos die Staaten eines ganzen Kontinents zu einigen, die ihm während Jahrhunderten alle dreissig Jahre einen Krieg bescherten, das haben nicht einmal die USA, das hat im Kleinen nicht einmal die Schweiz fertiggebracht. Die Staaten der USA haben sich zuerst auch friedlich geeinigt, doch einige Jahrzehnte nach ihrer Gründung kamen sie nicht um einen grausamen Bürgerkrieg herum; die Schweiz von heute gäbe es nicht, wenn eine Mehrheit nicht eine Minderheit blutig zum Beitritt gezwungen hätte. Die EG-EU hat nie Gewalt gebraucht, um ihre Mitgliedstaaten zusammenzubringen, sie hat Norwegens zwei Nein und den Austritt Grönlands und der dänischen Färöer-Inseln ohne den kleinsten Protest respektiert.

Ein Psychodrama

Das Ressentiment, manchmal geradezu der Hass gegen die EU ist nicht aus Fakten zu erklären. Millionen nicht nur bei uns in der Schweiz, sondern auch in den EU-Ländern bewerfen sie mit unhaltbaren Clichés wie Demokratiedefizit, Zentralismus, Bürokratie, Diktat aus Brüssel, „von oben geschaffen“... alles falsch! Der Beweis hierfür soll ein andermal geliefert und den Protesten ausgesetzt werden. Das sonderbare Verhältnis der EU-Bürger zu ihrer Gemeinschaft, die ihnen einen sechzigjährigen Frieden geschenkt hat und auf unabsehbare Zukunft schenkt, dieses Verhältnis ist nur aus einem kollektiven Psychodrama zu erklären. Auch darüber ein andermal mehr.

Im Moment nur einige Vermutungen: Zu allen Zeiten haben nur gelernte Historiker auf die Vergangenheit geschaut, die Alltagsmenschen auf ihre Gegenwart und mehr auf die Probleme als auf das Schöne. Der von der EG-EU geschaffene Frieden Europas ist so alltäglich geworden, dass die Heutigen nur noch die Euro-Krise sehen und nicht mehr, was die EG sechzig Jahre lang geschaffen hat. Ja die EU ist hochkompliziert und bürgerfern... warum? Weil sie ihre Bürger respektiert! Sie bricht die Einigung nicht übers Knie, sie geht schrittweise vor, sie sucht unter 27 Mitgliedstaaten, deren BürgerInnen sehr Verschiedenes erwarten, in kleinen Schritten und endlosen Verhandlungen einen Kompromiss für alles – darum bleibt sie ein Zwischending zwischen Staat und Staatenbund, darum ist ihre Konstruktion so kompliziert. Wollte sie weniger kompliziert sein, DANN würde sie von oben diktieren und wäre sie zentralistisch!

urs marthaler, gute frage warum ??nehme an die besten lobbyisten waren am werk !!preise in wirtschaft und forschung ok. !! den rest vergessen sie lieber, denn er wirft nur ein negatives bild auf dieses komitee !! eine humoristischer preisverlei hat den vielfach hoeheren stellenwert und erheitert die seele !!

wer ist denn das nobelkomitee ?? laengst zur bedauernwerten lachnummer mit mangelndem verstand verkommen, leider !! darum, wer sind die, und von wem werden sie beherrscht ?? kriegstreiber, offensichtliche verbrecher wie kiss...er, ect. werden da lustvoll bepreist !! friedensprojekt eu, ok , gleichzeitig aber einer der groessten demokratie unterdruecker !! eben nur noch lachnummer und beschiss !! sehr bedenklich und ueberdenkenswert, dieses gremium !!

Nur so viel zum Thema:

http://www.wiwo.de/politik/europa/schuldenkrise-die-zehn-groessten-euro-luegen/6987602.html?slp=true&p=11&a=false#image

Herr Marthaler, ich schliesse mich Ihrem Kommentar 100% an.

Herr Thalmann, bei einigen Ihrer Beiträge, so auch bei Ihrem jetzigen, habe ich mich betroffen gefragt, in welcher Welt Sie leben und ich habe mich ebenfalls noch gefragt, ob Sie wirklich Ernst meinen was sie darin schreiben? Der Friedensnobelpreis für die EU ist etwa in gleichem Masse ein eine Entwertung dieses Preises wie die Vergabe desselben an Mister Barack Obama. Allerdings bekam er ihn aus unerfindlichen Gründen schon vor - oder kurz nach - seinem ersten Amtsantritt, also sozusagen als Vorschusslorbeere, bevor er als amerikanischer Präsident seine "Friedenstauglichkeit" erst mal hätte beweisen sollen. Die EU bekommt diesen Preis nun ausgerechnet in einer Zeit verliehen in der es scheint als wären ihre Tage bereits gezählt. Die Auswirkungen dieser Union zeigen sich je länger je mehr von ihrer düstersten Seite und da von Seiten der Verantwortlichen jede Einsicht über die fatalen Konsequenzen der EU für die Bürger absolut zu fehlen scheint, werden die Aufstände in den Strassen zunehmen bis zum knallharten Zweifrontenkrieg zwischen Bürgern der EU und Brüssels Schergen. Infolge des steigenden sozialen Elends werden die Völkerwanderungen über die EU Grenzen zunehmen, was wiederum Agressionen in den durch erhöhte Zuwanderung beglückten Nicht-EU-Ländern auslösen oder verstärken wird. Wie die sich auswirken kann man sich vorstellen, wenn man in der Geschichte ein wenig zurückblickt. Die EU ist und war eine grössenwahnsinnige Geschichte die langfristig einfach nicht funktionieren kann, auch das kann man sich durch die Geschichte der Menscheit mühelos bestätigen lassen. Grosse zentralistisch regierte Reiche machen es nie lange! In Ihrem Beitrag findet man von den tatsächlichen momentanen Verhältnissen in der EU kein einziges Wort. Sie blenden einfach aus, wie man mit den Leuten umspringt, Sie blenden aus, dass man die Bürger je länger je mehr einteignet weil man sie dafür bezahlen lässt was die entfesselte Hochfinanz in Verflechtung mit der Politik angerichtet hat. Sie blenden ebenfalls aus, dass sich das Elend immer weiter ausbreitet, siehe Griechenland, Irland, Grossbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und auch Deutschland. Die Regierungen dieser Länder nehmen ihre Aufgaben ihren Bürgern gegenüber immer weniger wahr. Der Spardruck und die dadurch entstehende Gewalt gegenüber den Bürgern nehmen zu. Die wichtigsten sozialen Bereiche werden brutal gekürzt, auch die gesundheitliche Betreuung der Bürger ist nicht mehr gewährleistet. Verschuldete Banken werden gerettet und die verschuldeten, Bürger die ihre Hypo's nicht mehr bedienen können, werden auf die Strasse geworfen. Die Bürger dieser Länder haben keine funktionierenden Schulsysteme mehr und die Spitäler können die Menschen zum Teil nicht mehr richtig versorgen. Immer mehr Menschen denen man ihre Wohnungen beschlagnahmt müssen draussen campieren! Nehmen Sie wirklich an, dass diese vom segensreichen Wirken der europäischen Union so gebeutelten Menschen ihnen glauben, wenn sie davon erzählen, dass die EU keine Krake sei, sondern das dort auch nur Menschen sich darum bemühen den Bürgern der EU-Länder Gutes zu tun? Dafür sind die Konsequenzen die das einfache Volk für das zweifelhafte Tun der Technokraten in Brüssel zu spüren bekommt einfach zu hart. Die Reaktionen darauf werden entsprechend ausfallen - und die haben sicher nichts mit Frieden zu tun.

@Hans Wurst (alias BenZion). Fyi Zitat SPON: 20.03.2012

Kieler Werft baut israelische U-Boote

Nach "Spiegel"-Angaben werden die fraglichen Schiffe von einer Werft in Kiel gebaut. Drei U-Boote vom Typ "Dolphin" wurden demnach bereits ausgeliefert, drei weitere sollen bis zum Jahr 2017 übergeben werden. Zudem erwäge Israel, noch einmal drei Schiffe zu bestellen.

Den Vertrag über die Lieferung des sechsten Boots unterschrieb die Bundesregierung dem Bericht zufolge erst kürzlich. Für dieses sechste Boot übernehme die Bundesregierung mit 135 Millionen Euro ein Drittel der Kosten und stunde zudem den israelischen Anteil bis zum Jahr 2015, so der "Spiegel".

Herr Hans Wurst bitte hören Sie auf andere Menschen als "Lügner" zu bezeichnen.

Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre ... (Urs Marthaler), hätte es gereicht wenn die "Grande nation" und die Deutschen sich unter UNO-Aufsicht geeinigt hätten. Marthaler hat Recht, jedoch nur mit "wenn" - denn die beiden haben es so nicht getan. Und die Animositäten wirken bis heute nach: Ich habe als CH-Vertreter in den Jahren 1990 ff in Normierungs- verhandlungen ( ... Wirtschaftskrieg) miterlebt, wie die beiden "Grossen" angriffig einander gegenüber standen. Ob schliesslich das EU-Mandat an das CEN/TC 207 friedensstiftend wirkte, bleibe dahingestellt. Ein anderes Thema ist (mit Blickwinkel aus der Schweiz) immer wieder der angeblich "zentralistische Beamten-Moloch" in Brüssel. Das mag jetzt mit Friedensförderung noch weniger zu tun haben. Aber halo: was soll denn die kleine Gruppe von rund 20' bis 25'000 Beamten/-innen noch mehr (er-)schaffen und nachhaltig fördern? Der Kanton Zürich meldet - für 1,4 Mio Einwohner - 33'000 kantonale Angestellte. Selbst wenn hier die Gymnalsiallehrer mitgezählt sind, ist das ein Luxus, von dem die EU-Zentrale in Brüssel (zum Glück) weit entfernt ist, nicht zuletzt weil die demokratische Hoheit noch immer bei den einzelnen Mitgliedstaaten liegt. Was will ich zusammenfassend sagen: Die Sicht von Jörg Thalmann ist vielleicht etwas zu optimistisch; aber im Kern hat er - meine ich - absolut Recht. p_roethlin@bluemail.ch

Ein unerschütterlicher Glaube an die EU, sogar an die NATO als Friedensprojekt. Trotz der Zerstückelung Jugoslawiens, trotz der Kriege in Afghanistan, Irak, Libyen, trotz Stationierung von Patriots Raketen an der NATO Aussengrenze zwischen der Türkei und Syrien, trotz Kriegsrhetorik gegen weitere Ziele im Nahen Osten. Es geht aber vermutlich mehr um Ressourcensicherung, denn um Frieden. Jedenfalls stelle ich mir Frieden anders vor. Ich glaube nicht an das Friedensprojekt EU-NATO, andere mögen daran glauben.

Herr Marthaler, Ihre Behauptungen betreffend den U-Booten für Israel stimmen nicht. Das 1. U-Boot wurde im Rahmen von Reparationen geliefert. Die weiteren U-Boote mit langen Zahlungsverträgen. Entweder lügen Sie, weil es um Israel (oder um Juden) geht, oder Sie haben keinen Sachverstand. Oder beides? Ansonsten zeugt Ihr Kommentar von ausgezeichnetem politischen Verstand. Durch Ihre Beiträge ändert sich mein Horizont fast täglich.

Ich weiss nicht ob es "Krieg für den Frieden" gibt ? Für mich wäre dies Absurd. Tatsache ist, dass die EU-Staaten Nato-Mitglieder sind und im Auftrag der Nato an diversen Kriegen beteiligt waren und sind. Jugoslavien, Irak, Afganistan, vielleicht bald Syrien, Iran. Wer weiss ?

Einzelne EU-Staaten wie Frankreich, England, Deutschland gehören zu den grössten Waffenlieferanten der Welt. Deutschland liefert gratis Atom-UBoote an Israel, vielleicht bald 1000 Radpanzer nach Saudia-Arabien, Frankreich, Italien und England lieferten jahrzehntelang Waffen an Libyen usw... man könnte die Liste beliebig erweitern.

Ob dieses Verhalten friedensfördern ist mag ich bezweifel. Selbstverständlich gehören zu diesen Waffenhändlern nicht zu vergessen die USA, Russland und China. Aber hiergeht es ja um den Friedensnobelpreis für die EU.

Die Hypothese, dass wenn es die Montan-Union, EWG, EG und schlussendlich die EU nicht gegeben hätte wäre es möglich gewesen, dass kriegerische Handlungen nicht ausgeschlossen worden wären. Wenn das Wörtchen Wenn nicht wär.... Diese Hypothese steht auf tönernen Füssen.

Es hätte gereicht wenn die beiden Grossen Nationen "la grande nation" und die Deutschen, die beide jahrzehntelang, Europa in eine Kiegswüste verwandelt hätten und sich andere Länder zu eigen machten, sich vertraglich unter UNO-Aufsicht geeinigt hätten.

Wenn man die heutige politische Situation betrachtet viele Länder kehren vermehrt zu ihren nationalstaatlichen Gefügen zurück. In Spanien wollen sich die Basken und Katalonen von Madrid lösen. Griechenland, Portugal, Irland Ungarn sind alles neue Problemzonen und Unruheherde in der EU. Die Möglichkeit eines auseinander driften ist also durchaus vorstellbar.

Warum hat nun die EU den Friedensnobelpreis verdient ?

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