Jugendorganisationen geschröpft

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Jugendorganisationen geschröpft

Von Max Winiger, 11.04.2015

600 Millionen Franken Budgeterhöhung für eine unsinnig grosse Armee? Kein Problem. 12 Millionen mehr für sinnvolle Programme von Jugend+Sport? Kommt nicht in Frage.

Es heisst VBS, das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport. Das VBS und sein Vorsteher, SVP-Bundesrat Ueli Maurer, finden in den Medien vor allem in Zusammenhang mit militärischen Themen Aufmerksamkeit. Per 2016 wird das Budget der Schweizer Armee um 300 Millionen Franken auf 4,7 Milliarden und später auf fünf Milliarden Franken erhöht. Kein anderes Land in Europa hat auch nur annähernd so viele Soldaten pro Kopf der Bevölkerung wie die Schweiz. Unsere Armee ist fast halb so gross wie diejenige Deutschlands, obwohl die bewohnbare (und mit Panzern befahrbare) Fläche nicht mal so gross ist wie das Bundesland Baden-Württemberg.

Sportförderungsgesetz faktisch aufgehoben

Nun ist das VBS auch verantwortlich für die sportliche Ertüchtigung in unserem Land. Dafür zuständig ist das Baspo, das Bundesamt für Sport. Und Teil des Baspo ist das Sportförderungsprogramm Jugend+Sport mit über 800'000 Teilnehmenden im Jahr 2014. Das J+S-Jahresbudget beläuft sich auf 80 Millionen Franken und wurde in dieser Höhe zuletzt Ende 2014 für das laufende Jahr verabschiedet. Am 10. März informierte nun das Baspo, dass die J+S-Beiträge per 1. August um 25 Prozent gesenkt werden. In einem Bereich, in dem lange im Voraus reserviert, gebucht, organisiert werden muss, wird mit einer Vorlaufzeit von vier Monaten mitgeteilt, dass ein Viertel der Gelder gestrichen wird.

Grund gemäss offizieller Baspo-Mitteilung: Das J+S Programm sei Opfer seines eigenen Erfolgs geworden, denn es habe eine weit grössere Nachfrage gegeben als angenommen. Man bewege sich nach der Kürzung budgetmässig wieder auf dem Niveau von 2011. Faktisch bedeutet dies nichts anderes, als dass damit das neue Sportförderungsgesetz vom Oktober 2012 schon wieder aufgelöst wird. Denn dort wurde die Formel definiert: «mehr Sport = mehr Geld». Ergänzt freilich mit der weisen Prämisse «Regelmässige Überprüfung der Ansätze zur Erhaltung des Budgetrahmens».

Eigentlich wollte das Baspo die Kürzungen schon auf den 1. Januar 2015 einführen und hatte die Kantone im November entsprechend informiert. Das Parlament entschied dann aber, das Budget einstweilen bei den 80 Millionen Franken zu belassen. Am 25. März genehmigte der Bundesrat einen Nachtragskredit von 12 Millionen Franken, um den voraussichtlichen Fehlbetrag für 2014 und 2015 gemäss Baspo-Berechnungen zu decken. Das Parlament wird im Juni darüber befinden. Aber das Baspo kürzt das Budget trotzdem, um dann ab August keinen Fehlbetrag mehr zu riskieren.

Dämpfende Wirkung bei Jugend+Sport erwünscht

Im Regen stehen gelassen werden nun vor allem Kinder- und Jugendverbände. Allein die Pfadi- und Jungwachtorganisationen listen bei 300 Lagern über 9’300 Kinder auf, die von der massiven Budgetkürzung direkt betroffen seien. Und das in einem Bereich, wo jedes Jahr durch Jugendliche und junge Erwachsene über 15 Millionen Stunden Freizeit aufgewendet werden.

Der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber hat am 17. März ein Postulat eingereicht und verlangt, dass die Kürzung rückgängig gemacht wird. Er befürchtet freilich in erster Linie, dass nun möglichst alle Anlässe bis Ende Juli noch reingedrückt werden, um nicht von der Kürzung betroffen zu werden. Und er verlangt vor allem, dass die Kürzungen so angepasst werden, dass sie «eine dämpfende Wirkung erzielen». Immerhin schreibt Ständerat Graber am Schluss seines Postulats: «Es wäre ausserordentlich zu bedauern, wenn die bewährten J+S-Programme durch ein bis heute wenig nachvollziehbares Vorgehen Schaden erleiden. Die für den Breitensport so eminent wichtige ehrenamtliche Arbeit würde noch mehr strapaziert als dies bereits heute der Fall ist.» Das Postulat wurde von gerade mal zehn Ratskolleginnen und -kollegen mitunterzeichnet und ist noch nicht behandelt worden.

Es spielt eigentlich gar keine Rolle, wie diese Geschichte nun weitergeht. Sie ist schon jetzt in höchstem Grad peinlich. Für die beste, respektive grösste Armee der Welt werden 300 Millionen Budgeterhöhung durchgewinkt und weitere 300 Millionen hinterhergeworfen. Denn unser Land braucht angeblich mindestens 100'000 Soldaten. So steht’s im neuesten Positionspapier der Schweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG), das Mitte März verabschiedet worden ist. Dafür werden im selben Departement in der Abteilung Sport wegen lumpiger zwölf oder meinetwegen zwanzig Milliönchen die vom Bund finanziell geförderten Jugendorganisationen in ernste Schwierigkeiten gebracht. Die friedliche, konstruktive und sinnvolle Tätigkeit Zehntausender von Kindern und Jugendlichen wird torpediert, und das Engagement Tausender von freiwilligen Helferinnen und Helfern mit Füssen getreten. 

Es scheint zwar, dass fünf Milliarden Franken für die Schweizer Armee unsinnig ausgeben werden. Damit können aber nicht nur heimische Arbeitsplätze und Umsätze gehalten oder gar gesteigert werden, sondern auch die internationalen Geschäftsbeziehungen mit befreundeten Rüstungsnationen werden weiter gepflegt. Nicht zuletzt dadurch haben sie uns ja seit über 200 Jahren alle mit ihren Besuchen verschont.

Wer kennt nicht die Operation Tannenbaum, womit dem hehren Vaterland innert ein paar Wochen aus dem Norden der Garaus gemacht worden wäre. Dafür wurden von dort noch sechs Wochen nach Kriegsende die Rechnungen für Warenlieferungen bezahlt. Oder Natos Gladio, die zwar in der Schweiz illegale und untätige Stay Behind Untergrundarmeen geschaffen hat, welche dafür aber auch keine Terror-Attentate unter falscher Flagge wie in Italien ausführen mussten (oder waren nicht vielleicht Camenischs Schandtaten...false flag, sitzt er eigentlich immer noch ein und who killed Obstlt Alboth?)

"Soldaten sind Mörder", also jeder dienstpflichtige Schweizer, der eine RS absolviert hat, ist ein potentieller Mörder. Und das ist der Geist des Staates. Was sollen da also 12 Millionen Franken bedeuten? Jugend und Sport fördert die Wirtschaft nicht und ist etwas für Gutmenschen. Hingegen sorgen die über 20 vom Bund nicht beachteten internationalen Security und Söldner Firmen, die in der Schweiz Büros unterhalten, sicher für gute Umsätze.
Die kaufen ja nicht bloss etwas Munition bei der Ruag für Gadaffi und Konsorten, sondern schätzen auch die Verschwiegenheit und guten Kontaktmöglichkeiten. Wovon übrigens auch im jüngsten Snowden Interview mit dem welschen RTS berichtet wird, und dass er auch gerne wieder in die Schweiz käme, da sie ein Paradies für Geheimdienste sei, weil es praktisch keinerlei Spionageabwehr gäbe. Dafür müssten doch aber eigentlich auch ein paar Milliönchen mehr locker zu machen sein, würde man meinen. Oder bringt das seit der geknackten Enigma Maschine und Allen Dulles 1943 in Bern und Operation Paperclip eh auch nichts mehr, weil es wie mit den Ausserirdischen ist: Wir sind die und die sind uns?
Aber dafür, dass die skandalösen Snowden Informationen in den einheimischen Medien wegen Germanwings untergingen und keinerlei Echo fanden, dafür drücken wir nun halt mal wieder ein Auge zu /;-=/ http://www.rtdeutsch.com/14903/international/whistleblower-snowden-die-s...

>> Nur weil BR Ogi und seine Kumpane damals den Sport in die Armee gepfercht haben, kann man diese beiden Dinge nicht so billig miteinander vergleichen. Aber das wissen Sie ja. <<

Woher sollte Herr Winiger denn das wissen, oder, wenn er sich wirklich daran erinnert, wieso sollte er denn das sagen, denn schliesslich war Herr SVP Ogi doch froh, dass man den Bundesratsbunker in seiner Nähe baute, gut wenigstens für das heimische Gewerbe, und das mit dem Sport kam ihm gelegen, weil er in diesem Bereich über wichtige Voraussetzungen verfügte, um es möglichst nahtlos ineinanderzufügen, die Armee also damit auch davor zu bewahren, im Friedenstaumel doch noch abgeschafft zu werden.

Die Sportförderung, auch so eine Floskel, was fördert man denn eigentlich damit? Doch höchstens den Kampf, um Ehre und Sieg. Sieger sind gesucht, als Vorbilder für die Verlierer, ehedem vielleicht gedacht als Ansporn, um es Siegern gleichzutun, aber zwischenzeitlich doch eher verkommen zum banalen FanClub Erlebnis, mit organisierten Verlierern, die sich sammeln, um gemeinsam ihre Sieger zu feiern, oder wegen ihren Verlierern zumindest den Medien tatgerecht zu belegen, dass man keine Freude daran hatte, schon zu den Verlierern zu gehören.

Man sollte vielleicht wieder etwas weniger fördern, und etwas mehr zu fordern beginnen, zumindest von Denen, die vom Staat, in welcher Form auch immer, Unterstützung erwarten. Aber da es so Viele gibt, die vom staatlichen Support profitieren, und sei es auch nur als Einer vom Staat, der auch seinen Lohn erhält, um zu fördern, wird sich wohl nicht so schnell viel am System ändern.

Und noch zum Krieg - schon im alten Westen waren nur die bewaffnet, die keine Angst davor hatten, sich möglicherweise gar noch selbst zu erschiessen, vor lauter Herrjee. Es waren dann auch Die, die schrieen, und sogar dafür zahlten, dass Einer kam, um den kleinen Haufen Pack in der Staat wieder zu entsorgen. Ohne Herrjee. Man meinte also damals schon, mit einem Zettel an der Wand dem Pöbel einfach verbieten zu können, böse zu sein.

Wer weiss, vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal. Und Alle werden gut.

Danke für den tollen Bericht.

Danke für diesen Artikel!

Um sein Vaterland zu verteitigen, braucht es vor allem die Überzeugung und den Willen es auch zu tun. Ist dieser Wille da, spielt die Bewaffung eine völlig untergeortnete Rolle. Sie Afganistan, Irak Syrien od er wo immer gerade Krieg herscht.
Darum ist die J+S-Organisation auch im VBS eingegliedert, weil mit ihren Aktivitäten auch das Verständnis und die Überzeugung geweckt wird, dass es sich lohnt sich für unser Land ein zu setzen. Wie stumpfsinnig müssen die Macher dieses Entscheides sein!
Wir brauchen keine Aggressionswaffen wie Kampfflugzeuge und Panzer, wir brauchen Bürger, die gewillt sind für unser Land einzustehen. Das kann mit J+S Freiwilligenarbeit gefördert werden.

Ok, Herr Winiger, Sie mögen die Armee nicht. Das ist Ihr gutes Recht. Aber dass Sie die Armee mit den Sportorganisationen vergleichen, ist nicht nur falsch, sondern bewusst irreführend. Das unterstelle ich Ihnen jetzt einfach so. Ihr ganzer, pazifistischer Text ist entlarvend.

Nur weil BR Ogi und seine Kumpane damals den Sport in die Armee gepfercht haben, kann man diese beiden Dinge nicht so billig miteinander vergleichen. Aber das wissen Sie ja.

Wir brauchen eine funktionierende Landesverteidigung. Dazu gehören z.B. auch funktionstüchtige Flugzeuge; ein Nachfolger für die F-5. Natürlich brauchen wir keine Panzer. Dieser Auftrag wird vom Bundesrat sträflich vernachlässigt.
Dass 300 Millionen durchgewinkt werden, ist richtig.
Dass Sie von "Milliönchen" reden, zeugt von Ihrem rhetorisch laschen und verantwortungslosen Umgang bezüglich unserer Staatsgelder.
Ich weiss nicht, in welcher Welt Sie leben. Tatsache ist, dass wir äusserst unstabile Zeiten haben. Vor allem um uns herum, in Europa. Das sollte Ihnen als Ex-Journalist aufgefallen sein.

Genau deswegen brauchen wir eher eine vernünftige Armee, als teure "Investitionen" für Jungwacht etc.
Dazu gehört übrigens auch, dass Dübendorf als Flugplatz erhalten wird (und nicht den Spekulanten verschenkt wird).

Die Armee hat viele Funktionen; unter anderem auch die der Pfadfinder und der Jungwacht. Vor allem aber ist es ein verbindendes und fürs Leben schulendes Element. Nach wie vor.
Damit wir uns richtig verstehen; ich habe nie gerne Militärdienst geleistet.
Man sieht im Business sehr schnell, ob einer gedient hat oder nicht. Die 1968er sind vorbei. Die Welt hat sich gedreht.

Gruss vom anderen Ende davon.

Werter Max Winiger: Ich (Jg 1944) war in den 1960er-Jahren Pfadi-(Lager)Leiter. Wir haben Sommerlager durchgeführt ohne Beitrag aus "lumpigen Milliönchen" aus der Bundeskasse. Die Eltern haben bezahlt, aber das scheint heute nicht mehr möglich zu sein (aber Ferien-Flüge in die Karibik liegen alleweil drin). Soviel zu diesem Punkt.

Zu Ihren Seitenhieben auf die Armee und derem Grösse kurz folgendes: Haben Sie - einigermassen generalstabsmässig - je nachgerechnet, welchen Mannschaftsbestand es im Bedarfsfall braucht für den Schutz der Infrastruktur (Energieversorgung, Verkehr, Flughäfen, Kommunikationseinrichtungen, usw.) und die von der Verfassung stipulierte Landesverteidigung ? Nach max. drei bis vier Tagen Grosseinsatz sind die Polizeikräfte am Ende. Und was dann? Rufen wir um Hilfe bei der NATO ?

Werter Max Winiger: Ich (Jg 1944) war in den 1960er-Jahren Pfadi-(Lager)Leiter. Wir haben Sommerlager durchgeführt ohne Beitrag aus "lumpigen Milliönchen" aus der Bundeskasse. Die Eltern haben bezahlt, aber das scheint heute nicht mehr möglich zu sein (aber Ferien-Flüge in die Karibik liegen alleweil drin). Soviel zu diesem Punkt.

Zu Ihren Seitenhieben auf die Armee und deren Grösse kurz folgendes: Haben Sie - einigermassen generalstabsmässig - je nachgerechnet, welchen Mannschaftsbestand es im Bedarfsfall braucht für den Schutz der Infrastruktur (Energieversorgung, Verkehr, Flughäfen, Kommunikationseinrichtungen, usw.) und die von der Verfassung stipulierte Landesverteidigung ? Nach max. drei bis vier Tagen Grosseinsatz sind die Polizeikräfte am Ende. Und was dann? Rufen wir um Hilfe bei der NATO ?

Wir brauchen ein Armee für die Existenzsicherung. Nicht Sport. Siehe die Zeit nach 1798, als wir von Franzosen, dann Oesterreichern, Russen überfallen wurden. Wollen Sie mit Sport eine Bedrohung der Schweiz abwenden?

Sehe ich auch so. Bin Pazifist, aber die Zeit für eine Nation ohne Armee ist noch lange nicht gegeben.
Wo ein Schaf ist, ist auch ein Wolf. Und aktuell sehe ich in den Wolf in einer im Zerfall begriffenen EU, Russland, IS - deren Leute jetzt massenhaft als Asylanten reinkommen.

Nein, ich finde wir hätten die Gripen kaufen und die unzähligen Panzer nicht verschrotten oder verkaufen sollen. Auch die Festungen sollte man nicht aufgeben.
Die Schweizer Armee sollte jetzt aufrüsten oder diese Nation wird es irgendwann bereuen.

Wenn das Bisschen Sportförderung gestrichen und so der Verfettung des Nachwuchses das Feld überlassen wird, löst sich das Problem bald einmal weil es dann nicht mehr genug Wehrdienstfähige gibt.

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