Legal und legitim

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Legal und legitim

Von Stephan Wehowsky, 22.04.2016

Wann ist etwas bloss legal und wann ist es wirklich legitim?

Im Zusammenhang mit den Panama-Papieren rauschte diese Frage durch die Medien, und alle waren sich einig. Die Tricksereien mögen zwar legal sein, aber sie sind nicht legitim.

Der Witz an dieser Unterscheidung: Jeder weiss genau, was gemeint ist, obwohl die meisten Zeitgenossen von den Wörtern her den Unterschied nicht erklären könnten. Denn es handelt sich um Fremdwörter, und in beiden steckt die Bedeutung Recht und Gesetz. Aber jeder weiss ganz genau, dass nicht alles Legale auch legitim ist. Seltsam.

In der deutschen Sprache gibt es den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit. Das Recht mit seinen Gesetzen und seinen oft schwer durchschaubaren Verfahren dient nicht immer dem, was der Normalbürger unter Gerechtigkeit versteht. Laien würden zum Beispiel oft weitaus härter strafen als Gerichte. Ihr Furor wird aber durch die Justiz eingedämmt.

Die Frage, ob das Recht gerecht ist, treibt die Juristen und die Rechtsphilosophen seit Jahrhunderten um. Sie haben diverse Antworten gegeben, von denen aber keine bis heute wirklich überzeugt. Und wie so oft reden auch die Theologen ein Wörtchen mit. Dabei übergehen sie heutzutage gerne die Tatsache, dass ihr Gott entsprechend starker Traditionen vom Alten Testament bis zu Augustin rachsüchtiger war als der Mob auf der Strasse. Denn der Mensch war entsprechend ihrer Lesart sündig von Jugend an.

Das passt natürlich nicht mehr in unsere Zeit. Deswegen wurde eine ganz andere Vorstellung populär. Wie wäre es, fragte der Sozialphilosoph Jürgen Habermas, wenn sich alle Menschen als vernünftige Wesen ganz rational darauf einigten, was sie als gerecht betrachten? In der Realität kommt das natürlich nicht vor, aber als Fiktion ist ein solcher „runder Tisch“ bezwingend. Am Ende wäre alles Legale auch wirklich legitim.

Aus solchen Diskussionen ginge immer das bessere Argument als Sieger hervor. Wer wollte dagegen sein? Die Antwort ist ebenso einfach wie deprimierend. Denn das bessere Argument überzeugt nur den, der dafür zugänglich ist. Das ist nicht jedem gegeben. Bauchgefühle sind für viele weitaus wichtiger als rationale Argumente. Aber was deren Bauch als legitim betrachtet, ist nicht in jedem Fall legal. Wer wiederum gerecht und vernünftig denkt, wird es auch nicht als legitim erachten. - Ein schönes Durcheinander.

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Ihrer Meinung kann ich durchaus folgen. Ich habe jedoch etwas anderes in Ihrem Beitrag zu bemängeln. In der "Sprach-Akrobatik" sollten keinerlei Fehler bei der Grammatik und der Rechtschreibung auftreten.

Sie schreiben: "Dabei übergehen sie heutzutage gerne die Tatsache, dass ihr Gott entsprechend starker Traditionen vom Alten Testament bis zu Augustin rachsüchtiger war als der Mob auf der Strasse." Ich stolpere immer wieder, auch hier, über den falschen Genitiv nach oder vor dem Wort "entsprechend". Sie hätten also schreiben sollen "entsprechend starken Traditionen", also den Dativ. Googeln Sie mal nach "entsprechend", und Sie werden massenhaft Beiträge finden, die mich und meine Meinung bestätigen. Wenn Sie so etwas jedoch falsch schreiben, werden Ihre Leser denken: Wenn sogar dieser Sprachakrobat den Genitiv nach "entsprechend" anwendet, dann muss das doch wohl richtig sein. Ist es aber nicht.

Ist es nicht so, dass legitim ist, was einem zusteht und legal nur das, was gerade noch so reingeht und je nach Gummiartikel recht zerdehnt werden kann und eben demzufolge nicht für jeden dasselbe ist. So ist es dann schlussendlich eine Frage des Charakters?

Entschuldigung, Hämiker-Berg ist noch Kanton Luzern!
cathari

Bauchgefühl ist legal, legitim weil persönlich!

Auf dem Hämiker-Berg im Kanton Aargau steht sie, diese nach Bauchgefühl ausgerichtete Kanone.“ Macht vor Recht Justita-Quo Vadis.“ Manchmal erfährt Staatsgewalt ihre Legitimation wirklich nur aus sich selbst heraus. Macht, Recht und Ordnung zu ihrem Zweck neu definiert heisst es dann. Welchem Zweck? Die der Herrschaft über besiegte Minderheiten neu zu regeln und oft nur im Sinne ökonomischer Ausbeutung der Besiegten. Ein gutes Beispiel ist der Kampf gegen die Sucht, gegen Suchende. Hochhalten der Preise zum angeblichen Schutz der Bevölkerung um dann die hohen Preise für illegale und nicht legitime verdeckte Operationen zu benützen. Solche Länder gibt es wirklich! Wohlverstanden ausserhalb jeder Rechtsstaatlichkeit! Ohne echte Transparenz pfeif ich auf solch irreführendes Getue, reines Adelsgeschwätz!.. cathari

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